Herthas neuer Stürmer Reese - "Im letzten halben Jahr haben zwei Herzen in meiner Brust geschlagen"
Als sich Fabian Reese im Winter für Hertha entschied, spielten die Berliner noch in der Bundesliga. Nun peilt der Außenstürmer mit dem Klub den Aufstieg an. Reese über seine Funktion im Team, Vorurteile über Fußballer und seine lackierten Fingernägel.
Bereits in der Winterpause unterschrieb Fabian Reese einen Vertrag beim damaligen Fußball-Bundesligisten Hertha, spielte dann aber noch die Saison mit Zweitligist Holstein Kiel zu Ende. Am Rande des Mannschafts-Trainings sprach der Stürmer am Montag in einer Medienrunde über seine ersten Eindrücke des Hauptstadt-Klubs und thematisierte seine Vorbildrolle.
Fabian Reese über...
... die besondere Situation in der Mannschaft, weil mehrere Spieler noch in der Sommerpause den Klub verlassen werden.
Darüber könnte man sich lange unterhalten, aber für mich persönlich geht es darum, hier anzukommen. Ich habe meine, einzig und allein meine, Leistung im Kopf. Darauf habe ich Einfluss. Den Rest habe ich nur bedingt unter Kontrolle, von daher verschwende ich keinen Gedanken daran. (...) Der Trainer (Pal Dardai, Anm. d. Red.) moderiert es sehr gut. Ich glaube, es ist eine Herausforderung auch für den Trainer, mit so vielen unterschiedlichen Charakteren. Die einen wollen gehen, die anderen wollen bleiben, sich durchsetzen.
... über seinen persönlichen Plan, wie er der Mannschaft helfen kann.
Ich möchte die bestmögliche Performance auf den Platz bringen und da anknüpfen, wo ich letzte Saison aufgehört habe. Ich möchte mit Leistung auf dem Platz vorangehen. Ich glaube auch, dass ich kommunikativ bin und ich die zweite Liga in den vergangenen Jahren kennengelernt habe.
... über seinen Eindruck von Hertha, seit er sich im Winter 22/23 für den Klub entschieden hatte.
Ich muss ehrlich und offen sagen, dass die Bundesliga mein Ziel war. Ich wollte schon ab Winter hier helfen, das hat aber leider nicht geklappt, aus diversen Gründen. Im letzten halben Jahr haben zwei Herzen in meiner Brust geschlagen. Einmal von Holstein, meinem Heimatverein, wo ich unter Vertrag war. Und Hertha: Man hat mitgefiebert, gehofft und gebangt. Klar, wenn die Spiele verloren gehen am Samstagabend und man muss am Sonntag auf den Platz, dann ist das eine Herausforderung für den Kopf. Aber es hat mich reifen lassen, das letzte halbe Jahr.
... seine Wahrnehmung der kriselnden Hertha in den vorangegangen Jahren.
Es ist eine Frage der Perspektive. Wenn man das Glas halbleer sehen will, konzentriert man sich auf die Probleme. Wenn man es halbvoll sehen will, sieht man die Hauptstadt, einen riesigen Klub, der großes Potenzial hat und höher hinaus will, seine Hausaufgaben machen und langfristig erfolgreich sein möchte. Davon möchte ich Teil sein und den Verein dahin führen, wo er hingehört.
... das mediale Echo auf seine lackierten Fingernägel.
Diese Woche ist eine neue Woche, deswegen auch eine neue Farbe: hellblau. Ich habe eine andere Frisur als der typische Fußballer, trage Nagellack und stehe für meine Werte ein. Ich möchte als Vorbild den Leuten draußen sagen: Traut euch einfach das, worauf ihr Lust habt. Und es ist völlig egal, was andere sagen. Natürlich freut es mich umso mehr, wenn ich damit andere ermutigen kann und Zuspruch bekomme. Aber es geht eher darum, dass Menschen da draußen den Mut bekommen, es auch zu machen. Klar hat man auch da Menschen, die anderer Meinung sind. Solange es nicht unter der Gürtellinie ist, kann jeder auch sagen, dass es scheiße aussieht. Geschmäcker sind verschieden.
... über das öffentliche Bild des glattgebügelten Profi-Fußballers.
Dazu möchte ich mich nicht äußern, das Recht steht mir gar nicht zu. Mir persönlich tut gut, das zu machen, worauf ich Lust habe. Aber es ist in jeder Branche so, dass es gewisse Vorurteile gibt. Die einen stimmen, die anderen nicht. Dazwischen liegt glaube ich die Wahrheit.
... worauf es in der zweiten Liga ankommt.
Die zweite Liga ist sehr, sehr eng. Ich hatte schon eine Relegation, war unten mit drin. Die ganze Bandbreite. Manches ist tagesformabhängig: Es passiert wahrscheinlich häufiger als in der Bundesliga, dass der Erste gegen den Letzten verliert. Das sind enge Spiele, bei denen es um die Grundtugenden geht. Meistens sind die Spiele bis zur 60. Minute sehr offen oder werden sogar noch später entschieden. Wir haben eine komplett neue Mannschaft hier. So, wie wir jetzt auf dem Platz standen, werden wir am ersten Spieltag sicher nicht auf dem Platz stehen. Das ist normal.
... sein Angel-Hobby.
Ich bin damit aufgewachsen. Wenn man von den Eltern oder Großeltern etwas mitbekommt, dann ist das in der DNA drin. Mir gibt Angeln mittlerweile im hektischen, medienüberfluteten Alltag sehr viel Ruhe. Es geht nicht darum, unbedingt zig Fische zu fangen, sondern die Natur zu genießen, ein bisschen runterzufahren, nicht so viele Einflüsse zu haben.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.07.2023, 16:15 Uhr