Zum Euroleague-Saisonende - Wie Alba Berlin in eine ungewisse Zukunft im europäischen Basketball schaut
In Athen endet am Donnerstag Alba Berlins Euroleague-Saison 2023/24. Auch wegen vieler Verletzungen und eines begrenzten Budgets wird Alba sie als Tabellenletzter abschließen - begleitet von der Frage nach Lehren und der europäischen Zukunft.
Zumindest was das Wetter angeht, dürfte der vorerst letzte europäische Städtetrip der großen Reisegruppe von Alba Berlin ein angenehmer werden. Rund 26 Grad und griechischer Sonnenschein warten auf die Basketballer, wenn sie am Mittwoch in Athen aus dem Flugzeug steigen. Es wird ein sonniges Kontrastprogramm zum Abschluss einer sportlich eher schattigen Berliner Euroleague-Saison 2023/24.
Ende einer schweren Euroleague-Saison
Symbolisch für die schwierige bis schlechte internationale Alba-Saison steht die Bilanz vor dem letzten Spieltag: Fünf Siegen in der Beletage des europäischen Basketballs stehen 28 Niederlagen gegenüber. Bereits jetzt ist klar: Selbst bei einem Sieg bei Panathinaikos Athen am Donnerstag (20:15 Uhr) wird diese Saison als Albas bislang schlechteste in der Euroleague enden. Bleibt die Frage, was Berlins Basketballer aus ihr lernen können und auch müssen? Und noch etwas elementarer: Was ist dran an den aktuellen Gerüchten, dass Alba in der kommenden Saison womöglich gar nicht mehr in der Euroleague spielt?
Zum Start ein Blick zurück: Dass Alba nach dem großen Umbruch im Vorsommer ein schwieriges Europapokal-Jahr bevorstehen würde, war schon vor Saisonstart klar. Die Abgänge von Leistungsträgern wie Maodo Lo, Luke Sikma und Jaleen Smith, das Aufrüsten der europäischen Konkurrenz, deren nochmal gewachsene Finanzkraft im Kontrast zu Albas Einbußen nach der Mieterhöhung durch Hallenbetreiber Anschutz – das alles würde schwer wiegen. Aber so schwer? "Natürlich haben wir uns etwas anderes vorgenommen und vorgestellt", erklärte auch der Geschäftsführer Marco Baldi vor dem letzten Euroleague-Heimspiel gegen Partizan Belgrad Ende vergangener Woche.
Zwischen starken Gegnern und Verletzungen
Kurz bevor Alba gegen das serbische Top-Team lange stark dagegenhielt, schlussendlich aber dennoch eine Niederlage kassierte – auch das ist symptomatisch für diese Euroleague-Saison – war Baldi am Mikrofon von Magenta Sport um eine realistische Einschätzung und schlüssiges Einordnen bemüht. So sprach Baldi von "ein paar deftigen Klatschen" und "einer Dynamik, die nicht unbedingt hilft", verwies allerdings auch auf "die stärkste Euroleague, die wir jemals hatten" und Albas abermals zahlreiche Verletzungen im Saisonverlauf.
Der zum Anführer auserkorene Louis Olinde etwa absolvierte nur 16 der bislang möglichen 33 Euroleague-Spiele. Zudem verletzten sich die wichtigen Italiener Gabriele Procida und Matteo Spagnolo, als sie gerade Fahrt aufnahmen - sie stehen bei nur 25 absolvierten Spielen. Ganz zu schweigen von Aufbauspieler Ziga Samar, der sich diese Saison an das Niveau der Euroleague gewöhnen sollte, stattdessen aber monatelang mit einer Fußverletzung fehlte. Dass ein solches, nahezu dauerhaftes Verletzungspech die für Alba so wichtige Entwicklung Einzelner und als Mannschaft spürbar bremst, ist eine (aufgefrischte) Lehre dieser Saison. So wie die Tatsache, dass Albas Kader nicht die leistungsstarke Tiefe hat, dies international zu kompensieren.
Alba im Spannungsfeld zweier Ligen
Auf dem nationalen Parkett der Basketball-Bundesliga (BBL) verhält sich das anders. Mit einer dezimierten Mini-Rotation von acht Spielern gewannen die Berliner dort am Sonntag gegen Ludwigsburg, und auch sonst trotzen sie den Verletzungen sehr konsequent. Zuletzt neun BBL-Siege in Serie belegen diese Mischung aus Berliner Resilienz und Qualität eindrucksvoll, stehen aber symbolisch für noch mehr: die stetig wachsende Schere zwischen dem Niveau der BBL und dem der Euroleague. Die großen, nur selten wirtschaftlichen Investitionen der Euroleague-Klubs haben das Spannungsfeld zwischen Talententwicklung und internationaler Spitze, in dem Alba sich seit Jahren bewegt, zusätzlich aufgeladen.
Nun ist dieses Spannungsfeld beileibe nicht nur etwas Schlechtes – im Gegenteil: Johannes Thiemann wurde in ihm zum Weltmeister und einem der besten Power Forwards der Euroleague. Malte Delow etablierte sich spätestens diese Saison als gestandener Euroleague-Akteur und auch das italienische Duo Procida/Spagnolo machte bis zu seinen Verletzungen große Fortschritte.
Es sind positive Erkenntnisse und Beobachtungen, denen allerdings auch weniger Positives gegenübersteht. Sei es der erwartete, aber ausgebliebene nächste Schritt von Center Khalifa Koumadje oder auch die bis dato noch nicht wirklich aufgegangenen Wetten auf Spieler wie Sterling Brown und Justin Bean. Die daraus folgende, nächste Erkenntnis: Nach vielen Sommern, in denen Sportdirektor Himar Ojeda sich stets fragen musste, welche seiner Spieler er wie halten kann, dürfte sich der Spanier diesen Sommer auch fragen, ob es Spieler gibt, die er eher nicht halten möchte.
Die Euroleague ist eingeplant
Eine andere Frage beantworten sowohl Himar Ojeda als auch Marco Baldi schon jetzt mit Vehemenz: die nach Albas Euroleague-Zugehörigkeit in der kommenden Saison. "Wir gehen davon aus", sagte Baldi am Sonntag und Ojeda erklärte jüngst gegenüber rbb|24: "Jede Voraussetzung, die die Euroleague uns in ihrem Plan vorgeschrieben hat, erfüllen wir." Der Plan, von dem Ojeda spricht, meint den gemeinsamen Prozess der Euroleague und Alba, der die Berliner mit einer sogenannten A-Lizenz zum Anteileigner und festen Starter der Euroleague machen soll. Oder doch eher sollte?
Diese Frage gilt es nun zu klären. Seit besagter Prozess initiiert wurde, hat sich in der Euroleague durch zahlreiche Führungswechsel viel getan – nicht zuletzt durch die Demission von Ex-Präsident und Geschäftsführer Jordi Bertomeu, der einer von Albas großen Fürsprechern war. Das Ergebnis war zuletzt Uneinigkeit über große Fragen – nach einer Expansion der Liga, Flirts mit einem Team aus Abu Dhabi und die Rolle aufstrebender und finanzstarker Basketball-Projekte wie in Paris und London. Die Frage nach der Rolle von Alba schwingt da stets mit, weil fast alle der 18 Euroleague-Klubs ihre Lizenz für die kommende Saison entweder gänzlich oder nahezu sicher haben.
Auslaufende A-Lizenzen und Alba-Argumente
Im Sommer 2026 ändert sich das grundlegend. Dann nämlich laufen die aktuell 13 A-Lizenzen der Anteilseigner aus. Bis dahin muss Alba entweder auf den Abschluss des von Ojeda zitierten "Plans" mit der Euroleague hoffen oder aber auf weitere Wildcards. Das in dieser Saison mitunter von Seiten Dritter aufgeführte Argument fehlender Konkurrenzfähigkeit will Ojeda dabei nicht gelten lassen. "Es war unsere fünfte Euroleague-Saison, seitdem wir zurück in der Liga sind. In allen fünf Saisons hatten wir mit Abstand das niedrigste Budget, sind mit Ausnahme dieser Saison aber nie Letzter geworden", sagt der Spanier.
Hinzu kommt, dass Alba in den vergangenen Jahren als einziger Euroleague-Klub keine finanziellen Verluste gemacht hat, in einem der von der Euroleague heißgeliebten "großen Märkte" spielt und dort auch gesellschaftlich tief verwurzelt ist. Auch das sportliche Konzept, mit dem die Berliner Jahr für Jahr neue junge Spieler in den ansonsten eher geschlossenen Kreis der Euroleague einführen, ist in der Liga einzigartig. Dennoch wissen auch Albas Verantwortliche, dass sie die Anzahl ihrer Siege zumindest wieder in den zweistelligen Bereich hieven sollten, um weiteren Diskussionen vorzubeugen. Auch Marco Baldi sprach so am Sonntag von einer "Momentaufnahme" und betonte: "Wir müssen wieder angreifen und das wollen wir auch."
Sendung: rbb24, 08.04.2024, 21:45 Uhr