Fußball-Bundesliga - Unions Transfersommer in der Analyse: Ende gut, alles gut

Sa 31.08.24 | 14:00 Uhr | Von Till Oppermann
  17
Horst Heldt denkt mit der Hand vor dem Mund nach (Quelle: Imago/Jan Huebner)
Audio: radioeins | 31.08.2024 | Interview mit Union-Manager Horst Heldt | Bild: Imago/Jan Huebner

Der (Transfer-)Sommer endete für Union Berlin am Freitag hektisch. Wenige Stunden vor der Deadline gab es noch einmal einige Bewegung im Kader. Der neue Manager Horst Heldt konnte so zwei seiner Aufgaben gerade noch rechtzeitig erfüllen. Von Till Oppermann

Trotz des Sieges gegen den FC St. Pauli war Rani Khedira am Freitagabend nicht zum Feiern zumute. "Es ist eine Katastrophe", schimpfte der Vizekapitän des 1. FC Union Berlin am Mikrofon des übertragenden Senders DAZN.

Es war nicht das Spiel, sondern der Last-Minute-Abgang von Robin Gosens, der den sonst so sachlichen Mittelfeldspieler sichtlich mitgenommen hatte. Noch beim gemeinsamen Mittagessen vor der Partie gegen die Hamburger waren alle bei Union davon ausgegangen, dass der Ex-Nationalspieler auch in dieser Saison für die Eisernen spielt. Zwei Stunden später verabschiedete sich der Flügelverteidiger dann zum Medizincheck bei seinem neuen Verein AC Florenz.

Gosens habe immer gesagt, dass er wechseln wolle, erklärte Unions Sport-Geschäftsführer Horst Heldt. "Und dann macht es auch keinen Sinn, einen Spieler zu behalten, der dann nicht richtig bei der Sache ist."

Missverständnis beendet

Die Art und Weise seines Abgangs steht sinnbildlich für Gosens' Zeit bei Union, die für beide Seiten nicht nach Plan lief. Gosens wechselte vor einem Jahr in die Bundesliga, um sich vor der Heim-EM wieder in Position für die Nationalmannschaft zu bringen. Der 1. FC Union wünschte sich in seiner Champions-League-Saison einen Spieler, der das sportliche Niveau der Mannschaft spürbar erhöht. Beide Hoffnungen wurden enttäuscht.

Auch finanziell: Im vergangenen Jahr zahlten die Eisernen noch 13 Millionen Euro für Gosens. Dass der 30-Jährige dem Verein durch eine Leihe mit Kaufpflicht dem Vernehmen nach nun nur noch 7,5 Millionen Euro in die Kasse spült, spricht Bände über seine Leistungen in Köpenick.

"Für immer in meinem Herzen"

Am Samstagmittag äußerte sich dann auch Robin Gosens selbst via Instagram [instagram.com]. Er wolle sich gar nicht erklären, aber er betonte, dass er es jede Sekunde geliebt habe, sich für Union Berlin zu zerreißen.

"Das Leben zwingt einen manchmal zu schwierigen Entscheidungen. Den Verein zu verlassen - am letzen Tag des Transferfensters und noch dazu am Spieltag - ist eine solche Entscheidung.
Aber ich stehe hinter dieser Entscheidung. Die Gründe dafür zu nennen würde nur in einer Rechtfertigung enden. Und das will ich nicht", schrieb er weiter.

Gosens bedankte sich bei Union, bei den Fans, bei den Trainern und den Mitarbeitern. Aber jetzt beginne ein neues Kapitel.

Rothe stellt Paradigmenwechsel dar

Gosens' Nachfolger auf der linken Außenbahn stand bereits seit Wochen im Kader. Tom Rothe wurde in diesem Sommer für fünf Millionen Euro von Borussia Dortmund verpflichtet und ist sowas wie der Anti-Gosens. Der hochgewachsene Blondschopf ist erst 19 Jahre alt, bezieht ein deutlich geringeres Gehalt und soll Union irgendwann mal mehr einbringen, als er gekostet hat.

Dass er das kann, zeigte er gegen St. Pauli. Zwar habe er sich bei seinem Bundesligadebüt in der ersten Halbzeit schwergetan, fand Trainer Bo Svensson, aber: "Die zweite Halbzeit war er besser, wir werden viel Freude mit ihm haben."

Transfer-Überblick Union Berlin

Zugänge:

Tom Rothe (Borussia Dortmund)

Laszlo Benes (Hamburger SV)

Leopold Querfeld (Rapid Wien)

Ivan Prtajin (Wehen Wiesbaden)

Wooyeong Jeong (VfB Stuttgart)

Carl Klaus (1. FC Nürnberg)

Andrej Ilic (LOSC Lille)

Jordan (Leih-Ende Borussia Mönchengladbach)

Tim Skarke (Leih-Ende Darmstadt 98)

Aljoscha Kemlein (Leih-Ende FC St. Pauli)

David Preu (Leih-Ende VfR Aalen)

 

Abgänge:

Robin Gosens (AC Florenz)

Aissa Laidouni (Al-Wakrah SC)

Jamie Leweling (VfB Stuttgart, nach Leihe)

Mikkel Kaufmann (1. FC Heidenheim)

Robin Knoche (1. FC Nürnberg)

Alex Kral (Leihe an Espanyol Barcelona)

Chris Bedia (Leihe an Hull City)

Paul Jaeckel (Leihe an Eintracht Braunschweig)

Brendan Aaronson (Leih-Ende, zurück zu Leeds United)

Heldts schwere Aufgabe

Viel Freude wünscht man auch Horst Heldt. Seine ersten Monate bei Union waren vor allem von Stress geprägt. Nicht nur der Gosens-Transfer beschäftigte ihn bis kurz vor Ende des Wechselfensters. Mit der Verpflichtung des serbischen Angreifers Andrej Ilic erfüllte der Union-Manager sein wichtigstes Versprechen erst auf den letzten Drücker.

Ein neuer Stürmer sollte her und das "definitiv". So hatte es Heldt wenige Tage vor dem sogenannten Deadline Day im Sport1-"Doppelpass" selbst gesagt. Nachdem Wunschspieler Ragnar Ache vom 1. FC Kaiserslautern zu teuer war, entschied sich Union für Ilic. Das Happy End einer Wechselperiode, in der für seinen Verein wenig nach Plan lief.

Ilic soll besser funktionieren als seine Vorgänger

Neben den ständigen Gerüchten um Gosens wurde das Sturmzentrum zum Dauerthema bei Union. Den Mittelstürmern Kevin Behrens, Kevin Volland, Mikkel Kaufmann und Chris Bedia waren in der vergangenen Saison zusammengerechnet nur neun Tore gelungen. Behrens ging im Winter zum VfL Wolfsburg, Kaufmann und Bedia wurden nun schon wieder abgegeben. Heldt musste in der Offensive also nachrüsten. Mit dem Kroaten Ivan Prtajin stellte er schon Mitte Juni einen neuen Neuner vor, der vom Zweitliga-Absteiger SV Wehen Wiesbaden kam.

Leider erwies sich der Kroate in der Vorbereitung auch nicht als die erhoffe Verstärkung – und so brach bei den Köpenickern Hektik aus. Ob Ilic, der sich bei seinem letzten Verein LOSC Lille nach einem Wadenbeinbruch nicht durchsetzen konnte, die Probleme löst, kann niemand so genau sagen. Zumindest füllt er im Kader die Lücke.

Nicht nur Heldt wird sich an Ilics Leistungen messen lassen müssen. Auch die Scouting-Abteilung der Eisernen, in die sich der sportliche Ex-Boss Oliver Ruhnert in diesem Sommer zurückzog, rückt in den Fokus. Denn mit Prtajin, Bedia, Kaufmann aber auch dem nach einer Leihe aus Mönchengladbach zurückgekehrten Jordan Siebatcheu hielt keiner der letzten wuchtigen Neuzugänge im Sturmzentrum, was er versprach.

Schwierige Aufgabe erfüllt

Die Zeiten, als viele in der Bundesliga die Eisernen für ihre Transferpolitik beneideten, sind vorbei. Trotzdem ist bei der Bewertung des gerade abgeschlossenen Wechselfensters Nachsicht geboten. Denn Heldt musste gleich mehreren Aufgaben auf einmal gerecht werden.

Er sollte die Mannschaft, die sich in der letzten Saison erst am letzten Spieltag vor dem Abstieg rettete, nicht nur verbessern. Es galt auch, den Kader zu verjüngen und das Gehaltsniveau zu senken. Zumindest die beiden letzten Wünsche hat Heldt seinem Chef Dirk Zingler erfüllt. So könnte sich der Schreck am Deadline Day rückblickend als wichtige Weichenstellung erweisen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.08.2024, 12:15 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

17 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 16.

    BZ brachte die Meldung gross raus, beim RBB war diesbezüglich Sendepause.

    https://www.bz-berlin.de/berlin-sport/union-berlin/fan-plakat-faeser

  2. 15.

    Hallo ÖRR RBB, in eurem Sendegebiet hat es beim FC Union im Stadion an deer Alten Försterei eine bemerkenswerte Aktion von Union Fäns gegeben. Hunderte Union Fans organisierten im Stadion ein Riesen-Transparent um ihre Wut gegen die amtierende Ampel-Innenministerin Faeser zum Ausdruck zu bringen. Habe ich das übersehen, ich finde darüber kein einziges Wort beim RBB!

  3. 14.

    Hier muss ich Ihnen widersprechen. Artikel benennt doch durchaus wichtige Aspekte: Fehleinkäufe und übersteigerte Erwartungen gibt es doch bei jedem Klub! Villeicht hat sich Ruhnert ja von der lieben Sarah zu sehr ablenken lassen…
    Bundesligatransfers sind immer ein Glücksspiel, manchmal verzockt man sich eben teuer. Die jungen Zugänge versprechen doch Gutes, können aber auch in die Hose gehen. Entscheidend ist der Trainer, und da ist doch einiges zu erwarten - RBB hin und her.

  4. 13.

    Gosens war nie bei Juventus, er kam von Inter Mailand. Wenn du keine Ahnung hast, erzähl doch nicht so nen Käse!

  5. 12.

    Ja, Gosens brachte nicht komplett das, was man sich erhoffte. Was aber nicht an ihm alleine lag. Wenn das Team es nicht packt, reißt es einer alleine auch nicht.
    Und der Zeitpunkt des Wechsels war, vornehm ausgedrückt, suboptimal.

    Aber ihn jetzt zu verteufeln, wie es einige tun (auch im anderen Beitrag zu seinem Wechsel) ist schlichtweg daneben.
    Er hat Tore und Vorlagen geliefert, hat sich voll eingesetzt, war ein Rückhalt in der Mannschaft - auf dem Feld und in der Kabine.
    Diesen Umgang mit Spielern durch Fans, der hier anklingt, habe ich bisher nur im Berliner Zweitligaclub erlebt. Ich hoffe. das wird nicht die neue Realität.

  6. 11.

    Gosens war Spieler von Inter Mailand, bevor er zu Union kam. Da war er aber auch schon zuvor an Atalanta ausgeliehen worden. Wo Du Juve her nimmst, bleibt Dein Geheimnis

  7. 10.

    Gosens wollte sich bei Union präsentieren und sich für die N11 zur EM empfehlen.
    Genau das ist daneben gegangen, weil Unions Saison zu grottig war.

  8. 9.

    Gosens hat Union sportlich nicht viel gebracht, finanziell war es ein Zuschussgeschäft. Hoffentlich haben sie in dieser Saison ein besseres Fingerspitzengefühl.

  9. 8.

    Gosens war bis zu Union in der Nationalmannschaft. Gosens war zuletzt bei Juventus, nicht Bergamo.

  10. 7.

    Der Transfersommer 2023 ist nicht zu toppen. Da machte Zingler und Ruhnert fast 30 Millionen Euro Minus, um in der CL gut aufgestellt zu sein. Es kamen Bonucci, der schnell wieder weg war, Volland, mit dem Fischer nichts anfangen konnte und Gosens, der Union nur für seine Ambitionen in der N11 nutzen wollte. 30 Millionen Euro Minus, hohe Gehälter in der Folge.... Da musste Held erst einmal klar Schiff machen.

  11. 6.

    Den katastrophalen Transfersommer 2023, als Zingler und Ruhnert im Größenwahn der CL fast 30 Millionen Euro Minus gemacht haben, musste Held nun aufarbeiten. Das nun auch die Ich-AG Gosens endlich weg ist, spart Gehalt. Gosens hatte sich verkalkuliert, als er glaubte, die CL für seine Ambitionen in der N11 zu nutzen. Stattdessen musste er mit Union gegen den Abstieg kämpfen. Eine Herzenssache war Union für ihn jedenfalls nicht. Und besonders bitter für Gosens : Ohne ihn rockte Bergamo die EL.

  12. 5.

    Hinter das Ergebnis einer Analyse setzt kein Mensch ein Fragezeichen. Sie können die Analyse anzweifeln. Aber wenn der Redakteur das mit seinem Ergebnis machen würde, wäre das schon schlecht.

  13. 4.

    Der RBB mal wieder .
    Alles gut zum Schluss - Ende gut alles gut - , ne wenn die Neuzugänge passen , dann ist alles gut.
    Fußballverstand dieses Senders , sehr Fragwürdig.

  14. 3.

    Ich verstehe den Transfermarkt irgendwie nicht so wirklich. Ich meine... wie lange weiss Svensson (und somit auch HH) dass Prtajin nicht die erhoffte Sturmverstärkung ist ? sicher nicht erst seit ner Woche.

    Am Ende nen Rekonvalezent ohne Kaufoption ? Wie viele Absagen angefragter MS hat sich Heldt im Sommer da wohl geholt ? 20 ? Da bin ich echt nen wenig neidisch auf Gladbach mit Kleindienst.

    Andersrum könnte man sich auch fragen, wie lange Florenz bereits weiss, dass Gosens zu denen passen würde. Ob ne Million weniger Leihgebühr das aussitzen am Ende wert war statt ner gesunden Vorbereitung mit Gosens.

    Um den Boulevard mal etwas zu entspannen: Wenn die CL nicht erreicht wird, dann heisst das nicht, dass HH schlecht gearbeitet hat ! Mal realistisch: Klassenerhalt bereits 2 ST vor Schluss wäre schön.

  15. 2.

    Also, ich habe von einigen Unioner Freunden gehört, dass sie diese Transferperiode als die Schlechteste seit langem empfinden. Was auch immer das bedeuten mag. Vielleicht reicht es ja trotzdem für eine erfolgreiche Saison.

  16. 1.

    klasse Artikel allerdings, momentan finden wir, per heute, in der Überschrift fehlt das Fragezeichen-
    auf alle Fälle wünschen wir viel Erfolg, es möge gelingen, dann kann es ein Ausrufezeichen werden
    U.N.V.E.U.

Nächster Artikel