Wegen möglicher Umweltschäden - Verwaltungsgericht in Warschau stoppt Arbeiten zum Ausbau der Oder

Di 20.12.22 | 12:38 Uhr
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Archivbild:Der Ausbau der Oder am 15.09.2022 geht auf polnischer Seite, im Bild sind die erneuerten Buhnen zu sehen.(Quelle:imago images/W.Mausolf)
Audio: rbb24 Inforadio | 20.12.2022 | Bild: imago images/W.Mausolf

Mehrere Umweltorganisationen und das Land Brandenburg hatten geklagt. Jetzt wurden die Arbeiten zur Vertiefung der Oder zumindest vorerst gestoppt. Begründet wird der Schritt mit möglichen Folgen für die Umwelt.

Ein Verwaltungsgericht in Warschau hat die Genehmigung der polnischen Umweltbehörde zum Ausbau der Oder vorläufig aufgehoben und die Bauarbeiten gestoppt. Eine entsprechende einstweilige Verfügung sei in der vergangenen Woche erlassen worden, teilte ein Sprecher des woiwodschaftlichen Verwaltungsgerichts in Warschau der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag mit.

Umweltschäden durch Baumaßnahmen?

In dem Beschluss heißt es, die Bauarbeiten müssten zunächst gestoppt werden, da das Gericht nicht ausschließen könne, dass irreversible Umweltschäden durch sie entstehen. Eine endgültige Entscheidung muss das Gericht noch im Hauptverfahren treffen, der Termin dafür steht noch nicht fest.

Naturschützer und Land Brandenburg hatten geklagt

Geklagt hatten die Umweltorganisationen Deutscher Naturschutzring (DNR), der Naturschutzbund (Nabu) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). "Gerade nach der Umweltkatastrophe an der Oder sind die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Baumaßnahmen auf geschützte Arten und Lebensräume stärker zu berücksichtigen", hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung der Umweltschutzverbände. Eine Umweltkatastrophe hatte im August in der Oder zu einem großen Fischsterben geführt.

Auch das Umweltministerium von Brandenburg klagte gegen den polnischen Umweltbescheid für die Ausbauarbeiten an der Oder. Dem Land zufolge sind Auswirkungen auf die Umwelt und die angrenzenden Auen in der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ausreichend berücksichtigt. Es geht um Baumaßnahmen an Buhnen am Oderufer.

Berufung noch möglich

Der jetzige Gerichtsbeschluss ist nicht rechtskräftig. Polens Vize-Infrastrukturminister Marek Grobarczyk (PiS) kündigte zwar an, man wolle in Berufung gehen. Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts ist ein entsprechendes Gesuch dazu bislang aber nicht eingegangen.

Buhnen sollen Strom vertiefen

Polen hatte im März dieses Jahres mit den Ausbauarbeiten begonnen. Dabei werden auf der Höhe zwischen Frankfurt (Oder) und Hohensaaten (Märkisch-Oderland) hunderte Buhnen in fünf Abschnitten mit insgesamt 54 Kilometer saniert oder neu aufgebaut.

Die Steinschüttungen, die in die Oder ragen, sollen den Hauptstrom des Flusses in die Mitte lenken und vertiefen. Damit sollen enge und flache Stellen entschärft werden, die der Schifffahrt Schwierigkeiten machen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.12.2022, 12:40 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    Ja richtig, Goldalge -> Chlorophyll -> Photosynthese -> O2 - Output-> höherer gelöster Sauerstoff in Wasser.

  2. 12.

    Richtig, soviel zu den kausalen Zusammenhängen und durchzuführenden Primärgegenmaßnahmen. Allerdings sehen Biologen unter dem derzeitig angeschlagenen Biotop, denn das Massensterben geht ja nicht mir nichts dir nichts spurlos an einem Ökosystem vorbei, größere Eingriffe in den Oderverlauf als kontraproduktiv an. Denn entscheidend ist neben der Ursacheneinstellung auch eine darüberhinausgehende Vermeidung von wachstumshemenden Eingriffen (Sekundärmaßnahmen).
    Aus diesem Grund bin ich persönlich mit der einstweiligen Ausbaustopp bis zur, hoffentlich wissenschaftlich gelenkten, endgültigen Entscheidung des polnischen Verwaltungsgerichts in mehrfacher Hinsicht zufrieden.

  3. 11.

    "hohen Salzfrachten, Wassertemperaturen und niedrigen Sauerstoffgehalt?" Kleine Korrektur: Sauerstoff gelöst war extrem hoch, höher als bei gegebener Temperatur eigentlich im Wasser zu halten war.

  4. 10.

    Da haben Sie wohl Recht. Allerdings stellt sich die Frage, was hat das Salz in der Oder zu suchen? Wieder ein vom Menschen gemachtes Problem. Einen Fluss als Abfallkanal zu benutzen ist auch nicht gerade die feine Art. Und mir ist es egal wer dafür verantwortlich ist, so etwas gehört sofort eingestellt. Die Ursache ist die Salzeinleitung, die Wirkung war die Bildung der Alge und daraus dann das massive Fischsterben.

  5. 9.

    Eben der ZUSAMMENHANG ist IMMER entscheident. Und zum Zusammenhang gehört nicht nur die benötigte Fahrrinne der Schiffe. also die Buhne für den Venturi-Effekt, sondern hier geht es eben auch um ein sehr angeschlagenes Oderbiotop (spätestens seit Sommer 2022).
    Sie erinnern sich, dass Ding mit den hohen Salzfrachten, Wassertemperaturen und niedrigen Sauerstoffgehalt? Wie wir der Presse entnehmen können, sind die Salzfrachten IMMER noch zu hoch, sodass spätestens in 08.2023 wieder die Goldalge in der Oder grüßen lässt. Was hat das eine nun mit dem anderen zu tun? Wahrscheinlich sehr viel, was Verweildauer der Salzfrachten in der Oder und damit Wachstumsbedingungen der Goldalge anbelangt.

    Gut nun können sie sagen, was interessieren mich Fische, Krebse, Biber etc. für mich ist die Oder sowieso nur Wasserstraße, halt so ein künstlicher Kanal. Das wäre aber der typische Tunnelblick, dessen Folgen wir bereits jedes Jahr potenziert zu spüren bekommen.

  6. 8.

    Oh,oh, Herr Oderschiffer, wenn Sie sich da mal nicht mit dem Falschen angelegt haben? Immerhin kennt Lincoln aus Gesprächen Widerstandskämpfer, Ingenieure und Kapitäne. Ansonsten stimme ich Ihnen voll und ganz zu, es gibt Bereiche wie in Ihrem Beruf in dem allgemeine Bildung nicht zum Erfassen der Komplexität reicht. Wie sich ein Fluss in seiner Strömung verändert, wenn umfangreiche Baumaßnahmen im Uferbereich stattfinden. Da haben Sie mehr Erfahrung. Wünsche Ihnen schöne Weihnachten.

  7. 7.

    Ausbau, Ausbau. Die Buhnen sind vorhanden, nur im schlechten Zustand. Die werden renoviert, repariert und nicht gebaut. Soll die "polnische" Oder keine Konkurrenz für Elbe sein, oder?

  8. 6.

    Ich lese immer Ausbau. Nein, hier geht es um Buhnen-Instandsetzung. 2015 zwischen Polen und Deutschland vereinbart. Laut Märkischer Oderzeitung beginnen 2023 die Arbeiten auf deutscher Seite. Hier ist leider sehr viel Polemik in der Diskussion.

  9. 5.

    Noch nicht zu früh frühen ich sehe das man das Urteil wie die Bayrische Landesregierung beim Feinstaub einfach ignoriert. Mögliche Gelder zahlt man dann an sich selbst zurück, ein Staat kann sich nicht betrafen wenn es die verantwortlichen nicht in Beugehaft nimmt. Was die Bayrische Landesregierung angeht hat man einfach geschwiegen, bis das Europäische Gerichte urteilten. Wer jetzt den Polen Rechtsbruch vorwirft, sollte sich an die eigene Nase fassen. Genau jene die ja härte Strafen für Klimaaktivisten fordern.

  10. 4.

    Ich frage mich schon wie Sie auf diese Weisheiten und Zusammenhänge kommen. Ich, als Schiffer, sehe diese Zusammenhänge weder auf "den anderen Flüssen" noch auf der Oder. Hier sollte doch bitte nur Wissenschaftler streiten oder sich über dieses Thema austauschen. Nicht Hobbywissende!

  11. 3.

    Buhnen sind eine alte wasserbauliche Maßnahmen, die irreversible Schäden hervorruft. Das zeigt sich an großen Flüssen, wo diese Maßnahmen eingesetzt wurden. Mittlerweile gibt es Techniken, wie Leitdämme die sowohl eine wirtschaftliche Nutzung des Flusses als auch dem Naturschutz gerecht werden.

  12. 2.

    Also wenn das kein (polnisches) Zeichen ist, sich nun endlich sachlich damit zu befassen, dann weiß ich auch nicht. Da ergibt sich doch die Chance des ehemaligen Polenbeauftragten Woidke, dem Außenministerium zu zeigen, wie es (richtig) geht. Denn da gibt es noch ein sehr teures Schiffshebewerk.... und eine Papierfabrik, die durch polnisches Gebiet per Schiff bedient werden will. Wird man es angehen oder vermasseln?

  13. 1.

    Ganz so schlimm scheint es um die polnische Justiz ja doch nicht zu stehen. Warten wir mal den Ausgang des Prozesses ab. Vielleicht werden wir überrascht.

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