Bürgschaft - Der Staat hängt mit Millionen Euro in der KaDeWe-Insolvenz

Fr 09.02.24 | 20:35 Uhr
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Symbolbild: Vor dem Kaufhaus KaDeWe steht eine rote Ampel. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
Video: rbb24 Abendschau | 06.02.2024 | Arndt Breitfeld | Bild: dpa/Christophe Gateau

Die KaDeWe-Group hat für vergangenes Jahr einen Rekordumsatz gemeldet. Gleichzeitig warten Händler immer noch auf die Auszahlung ihrer Weihnachtsumsätze. Auch den Staat könnte die Pleite Millionen kosten. Von J. Sagmeister, U. Barthel, W. Siebert, A. Breitfeld

Das Geschäft läuft zwar weiter, nachdem die KaDeWe-Gruppe Ende Januar überraschend Insolvenz angemeldet hat. Bisher wurden auch keine Mitarbeiter entlassen. Doch wie es um die Luxus-Kaufhäuser in Berlin, Hamburg und München tatsächlich steht, ist weiter unklar und bei einigen Händlern steigt der Frust.

So warten etwa im Berliner "Kaufhaus des Westens" manche Händler noch immer auf ihr Geld aus dem Weihnachtsgeschäft. "Wir warten auf knapp 100.000 Euro, die das KaDeWe uns schuldet", erhält Hamid Djadda, der Mitgesellschafter von OHDE Berlin Marzipan ist. Das Unternehmen hat im KaDeWe einen Stand, die Ware kann man allerdings an allen Kassen des Kaufhauses zahlen. "Einen Monat später hat das KaDeWe das Geld dann immer überwiesen"”, erzählt Djadda.

Doch seit Mitte Dezember sei keins mehr gekommen. Die wichtigsten Gewinne des Weihnachtsgeschäfts würden ihm und vielen anderen Betroffenen also fehlen, sagt er. "Das ist für eine Firma wie OHDE sowie andere familiengeführte, kleinere Firmen existenzbedrohend." Das KaDeWe möchte sich zu einzelnen Fällen nicht äußern.

KaDeWe-Gruppe meldet Rekordumsatz

Das Kaufhaus des Westens in Berlin gehört gemeinsam mit dem Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München zur KaDeWe-Gruppe, die knapp zur Hälfte der ebenfalls insolventen Signa Holding des österreichischen Investors René Benko gehört.

Seit der Insolvenzmeldung ist die KaDeWe-Gruppe bemüht, positive Botschaften zu senden: So veröffentlichte sie in dieser Woche die Meldung, dass 2022/23 das umsatzstärkste Jahr der Unternehmensgeschichte gewesen sei. Der Umsatz lag demnach mit knapp 728 Millionen Euro um fast 24 Prozent über dem Vor-Coronajahr 2018/19.

Diese Meldung dürfe man allerdings nicht zu hoch bewerten, sagt Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbands der Insolvenzverwalter, VID. "Umsatz ist nicht gleich Gewinn und sagt deshalb nichts über die Profitabilität aus." Es sei nicht unüblich, dass Unternehmen in dieser Situation mit so einer Meldung "die Flucht nach vorne" antreten.

Seit 2016 keine Jahresabschlüsse veröffentlicht

Wie es tatsächlich um das Unternehmen steht, bleibt weiter unklar. Den letzten Jahresabschluss hat die KaDeWe-Gruppe im Jahr 2016 veröffentlicht. Nach Informationen von rbb|24 verstößt das Unternehmen seitdem offenbar gegen die Offenlegungspflichten. Die KaDeWe-Gruppe teilt nun auf Anfrage mit, die seitdem fehlenden Geschäftsabschlüsse beim Bundesanzeiger eingereicht zu haben, wo sie "zeitnah öffentlich einsehbar" sein werden.

Dennoch hat der Staat dem Unternehmen im Jahr 2020 eine Bürgschaft gewährt, die die Steuerzahler jetzt Millionen kosten könnte. Dabei geht es um einen Kredit von 90 Millionen Euro, den die KaDeWe-Gruppe von der BNP-Bank "im Zusammenhang mit den monatelangen erzwungenen Schließungen unserer Stores während der Corona-Pandemie" bekommen hat, schreibt das Unternehmen.

KaDeWe-Gruppe spricht von Rückzahlungen - Höhe unklar

Eine Bedingung für diesen Kredit war, dass der Bund und die Länder Berlin, Hamburg und Bayern beim Zahlungsausfall für 90 Prozent der Summe einspringen. Mit der Insolvenz der KaDeWe-Group könnte diese Bürgschaft nun fällig werden: "Ich gehe davon aus, dass das Unternehmen für den Kredit keine Sicherheiten in der entsprechenden Größenordnung hat. Sonst hätte es ja keine Bürgschaft gebraucht", sagt Insolvenzverwalter Niering.

Die KaDeWe-Gruppe teilt mit, dass die Bürgschaft bisher nicht in Anspruch genommen worden sei. Die Rückzahlung des Kredits erfolge planmäßig und das Unternehmen habe "Rückzahlungen in relevanter Höhe an den Kreditgeber geleistet". Um welche Summen es genau geht, beantwortete das Unternehmen nicht.

Falls der Bund einspringen muss, übernimmt er die Hälfte der ausstehenden Zahlungen, und die drei beteiligten Bundesländer teilen sich die andere Hälfte. Laut Berliner Senatsverwaltung für Finanzen werden die Anteile nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel (z.B. Mitarbeiteranzahl) aufgeteilt.

Händler im KaDeWe setzen auf eigene Kassen

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Staat dieses Geld im Insolvenzverfahren wieder bekommt, schätzt Christoph Niering als eher gering ein. "In der Regel sind staatliche Bürgschaften nicht abgesichert. Ungesicherte Gläubiger erhalten gerade bei Insolvenzen von Handelsunternehmen nur Quoten im einstelligen Bereich", so der Insolvenzverwalter.

Auch Hamid Djadda von OHDE Berlin Marzipan, muss sich darauf einstellen, nur einen Bruchteil der 100.000 Euro wieder zu bekommen, die ihm die KaDeWe-Group noch schuldet. Den Verkauf seiner Ware hat er allerdings nicht gestoppt. Stattdessen setzt er wie mittlerweile viele andere Händler auch auf eigene Kassen – und schützt sich so vor der Gefahr, irgendwann selbst Insolvenz anmelden zu müssen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 06.02.2024, 19:30 Uhr

28 Kommentare

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  1. 28.

    Ich fasse mal zusammen:

    Die Gelder an die Berechtigten wurden seit 12/02 zu Unrecht einbehalten. Was nun aber mit Unterschlagung so gar nichts zu tun hat.

    Der Insolvenzantrag wurde am 26.01.2024 gestellt. Ab da, und erst ab da, dürfen keine Gelder mehr ausgezahlt werden. Zuvor einbehaltene Gelder hätten durchaus an die Berechtigten ausgezahlt werden dürfen.

    Lieber "mitleser", bevor man anderen arrogant vorhält, sie würden sich blamieren, besser erst einmal in den Spiegel schauen.

  2. 27.

    1. Kommentar ist von mir gestern Abend
    Ich fasse die noch kommenden Kommentare zusammen - wie es der Staaat macht ist es falsch. Mischt er sich heißt es jaja freies Unternehmertum Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Die Anderen weisen widerum auf die Arbeitsplätze hin. Obwohl ja kommt das Abwägen doch bei diesem Arbeitskräftemangel es kein Problem sein dürfte ... und dann weist noch jemand darauf hin, dass ja Herr B. schon in Austria schief angeschaut wurde und an den, mit eigenen Firmen, überhöhten Mieten und sowieso, er wird schon nicht untergehen auch nicht im Hamburger Hafen und wenn's zu unsachlich wird ... ;-)

  3. 26.

    Nein. Nochmal das Insolvenzrecht - InsO - lesen. Soviel Zeit sollte schon sein, bevor man sich hier blamiert.

  4. 24.

    wenn das KADEWE eingenommene Gelder nicht an die Berechtigten auszahlte, kommt der Straftatbestand der Unterschlagung in Betracht

  5. 23.

    Ich mag auch keine Privatflugzeuge. Zu dekadent. Kann aber auch daran liegen, dass ich persönlich mir das nicht leisten kann. Daher beschränke ich mich auf Neid.

    Von Touristen, die durchrennen, überall Stau bilden, aber nichts kaufen, kann das KaDeWe nicht leben. Die Berliner Kunden hat man bewusst vertrieben.

    Wir haben viel und gern dort gekauft. Heute mag ich nicht mehr durch meterlange Schmuck- und Parfümabteilungen laufen und gehe lieber gleich woanders hin.

    Jetzt, nach dem Insolvenzantrag sieht es dort aus wie in einem chinesischen Ramschladen. Alles wird verhökert. Sale - Sale - Sale. Macht das Angebotene allerdings auch nicht attraktiver.

  6. 22.

    Sehe ich auch so, man muß sich nur selbst darum bemühen, und da liegt bei vielen schon das Problem.

  7. 19.

    Die Ausgaben für Soziales betrugen in 2023 über 170 Milliarden. Da müsset doch für jeden was dabei sein !

  8. 18.

    Sich um die Offenlegungspflicht drücken können scheinbar nur große Umternehmen. Oder die zahlen die Bußgelder aus der Portokasse. Dass dann aber öffentliche Bürgschaften gemacht wurden, kann ich mir nur mit der Prestigeträchtigkeit des KaDeWe erklären. Das ist wahrscheinlich so ein Touristenmagnet wie Harrods. Ärgerlich ist nur, dass die Verursacher meist ungeschoren aus der Krise gehen.

  9. 17.

    Die AfD mit 20% Wählern?, nicht jeder 5 Deutsche ist NAZI, auch in Italien hat sich die Regierung liberalisiert. CDU/CSU + AfD warum nicht?, allemal besser als eine Merz Regierung mit Scholz als Außenminister oder Berbock weiter als Außenministerin.
    Ich bin Hochschulabsolvent und Parteilos

  10. 16.

    Ich mochte das KaDeWe nie, weil ich dermaßen viel Dekadenz nicht mag. Aber das ist Geschmachssache, ein Touristenmagnet, das Geld in die Kassen spült, ist es auf jeden Fall, besonders die oberste Etage :-)

  11. 15.

    Ihr Kommentar läßt wirklich zu wünschen übrig, viel unlogisches und unrichtiges dabei!

  12. 14.

    Sie sollten Ihr Erinnerungsvermögen überprüfen, da lag der Fall doch wohl ein wenig anders!

  13. 13.

    Na nun stecken Sie Herrn Bendzko mal nicht in die falsche Schublade, besser vorher informieren, der Herr heißt Benko!

  14. 11.

    Danke!

    Sehe ich schon lange so. Da die Reichen die Infrastruktur nutzen, aber sich kaum daran beteiligen!!

  15. 10.

    Der Staat subventioniert in großem Stil seid 30 Jahren nur die Reichen! Während bei den Armen gespart wird!
    Siehe HARTZ IV MIT VIEL ZU NIEDRIGEM Satz!
    Der müsste ca 200 Euro mehr sein.
    Und die Mitte goutiert das alles auch noch, in dem sie die immer gleichen Parteien wählt. Rassismus wohin man schaut!
    Wenn das so weiter geht, wird die Zivilisation scheitern. Da immer mehr Menschen nicht mehr klar kommen und psychisch erkranken! Der Volkswirtschaftliche Schaden ist enorm.

    Der Westen leidet an Dekadenz!! Und wird unter gehen. Da es an mutigen Politikern fehlt, die die Reichen endlich mal zur Kasse bitten!
    Empfehle auch dazu Ulrike Herrmann Ihre Bücher!

  16. 9.

    Erinnert mich irgendwie an den Bankenskandal Anfang der 2000er. Nur mit dem Unterschied, dass die Landesbank größtenteils Berlin gehörte und damit auch Berlin haftete. Die Verantwortlichen gingen straffrei aus, zig Mitarbeiter verloren ihren Job und den Steuerzahler hat es Millionen gekostet.
    Hier geht es wieder um große Summen an Steuergeldern und Arbeitsplätze. Und wieder wurde ein Unternehmen über Jahre in den Bach gewirtschaftet und Einnahmen in private Taschen verschoben.
    In meinen Augen ein Unding - vorsichtig ausgedrückt.

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