Ortrand in der Lausitz - Eisenhütte löst mit Produktion für Rüstungsindustrie Diskussionen aus

Mi 02.10.24 | 20:53 Uhr | Von Jasmin Schomber und Phillipp Manske
  14
Archivbild: Ein Arbeiter überwacht am 03.07.2014 einen Schmelzofen und das Abgiessen von fluessigem Metall in Formen bei der Ortrander Eisenhuette GmbH. (Quelle: Picture Alliance/Thomas Koehler)
Audio: Antenne Brandenburg | 02.10.2024 | Jasmin Schomber | Bild: Picture Alliance/Thomas Koehler/photothek.net

Ein Rettungsanker für die Eisenhütte in Ortrand - eine rote Linie für die Mehrheit der Stadtverordneten: Seit einer Weile produziert das Lausitzer Traditionsunternehmen Teile für Munition. Das löst Diskussionen in der Stadt aus. Von J. Schomber und P. Manske

"Ich finde es schlimm, dass die Eisenhütte Ortrand so etwas produziert", sagt Hans Jörg Hauswald, ein Einwohner aus Ortrand (Oberspreewald-Lausitz). "Wir haben mal friedliche Produktionen gehabt, Öfen gebaut und für Fahrzeuge - und wenn das wegbricht, dann auf Waffen umzustellen, finde ich gar nicht gut."

Das Traditionsunternehmen "Ortrander Eisenhütte" beschäftigt 250 Menschen - die Gemeinde hat 2.000 Einwohner. Seit einiger Zeit produziert das Unternehmen laut einem Bericht der "Lausitzer Rundschau" [Bezahlinhalt] Rohgussteile für Munition und exportiert sie nach Tschechien. Kritiker wie Hauswald gibt es einige im Ort, viele sitzen in der Stadtverordnetenversammlung. Im September hatten sich dort die Mehrheit in einem Beschluss gegen Waffenlieferungen ausgesprochen.

Maik Bethke (parteilos) an seinem Schreibtisch (Foto: rbb/Manske)
Bürgermeister Maik Bethke | Bild: rbb/Manske

Beschluss ohne Konsequenzen

Bürgermeister Maik Bethke (parteilos) hatte sich bei der Abstimmung enthalten. Er leitete einst selbst für ein halbes Jahr die Eisenhütte. "Mit dem Inhalt sind wir durchaus einverstanden", sagte er am Mittwoch dem rbb. "Ich persönlich und auch viele hatten einfach das Problem, dass wir dieses Thema der Waffenlieferung in die Ukraine oder wo auch immer hin nicht in Ortrand lösen können."

Es sei kein Thema einer Kommunal-, sondern der Bundespolitik, so Bethke. "Und da gehört es hin." Konsequenzen für die Eisenhütte habe der Beschluss der Stadtverordneten keine. "Wir können als Stadtverordnetenversammlung keinem Unternehmen irgendwas verbieten, da müssen ganz andere Gremien mit rein."

Die Stadtverordnetenversammlung könne rein rechtlich gesehen niemandem das Gewerbe verweigern oder entziehen, so der Bürgermeister. "Dafür ist das Gewerbeamt da, dafür ist die Aufsichtsbehörde da."

Die Eisenhütte Ortrand äußerte sich dem rbb gegenüber nicht. Der Zeitung "Lausitzer Rundschau" bestätigte Geschäftsführer Jens van Haß, dass die Produktion seit einigen Monaten laufe. Vertragspartner sei ein tschechisches Unternehmen, das diese Rohgussteile weiterverarbeite und sie an ein tschechisches Rüstungsunternehmen liefere.

Der Export erfolge demnach auf Basis erteilter Einzelgenehmigungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, heißt es in dem Artikel weiter.

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.10.2024, 16:10 Uhr

Beitrag von Jasmin Schomber und Phillipp Manske

14 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 14.

    Das allein Diplomatie und Handel rein gar nichts zum “Schutz” beiträgt, zeigt der russische Angriffskrieg in der Ukraine sowie schon vorher die Okkupation der Krim und die mit russischen Söldnern fingierten “Aufstände”. Ja, Handel und Diplomatie können durchaus zum Frieden beitragen, aber nur wenn beide Seiten daran interessiert sind. Russland hatte florierenden Handel mit Deutschland und der EU. Der war aber unwichtiger als die Vergrößerung des eigenen Territoriums auf Kosten anderer.

  2. 13.

    Konrad Adenauer soll auf eine ähnliche Frage geantwortet haben, daß fast alles irgendwie Rüstungsgüter sind, sogar Hosenknöpfe. Soldaten müssten sonst ihre Hosen festhalten und könnten nicht schießen. Den Klettverschluss gab es damals evtl noch nicht überall.
    Wichtiger, als irgendeine Firma zu kritisieren, wäre die Ursachen von Krieg und militärischer Gewalt aufzulösen. Dann erübrigt sich solche „moralische“ Aufgeregtheit.

  3. 12.

    Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass im Fall eines wie auch immer gearteten Eintritts der NATO in den Ukrainekrieg, diese Hersteller zu einem unvermeidlichen Sekundärziel werden. Wenn Eisenhütte schon Rüstungsteile an die Tschechen zur Weiterverarbeitung liefert, muss das viel sein, was da in die Ukraine geliefert wird.

  4. 11.

    "Handel und Diplomatie, Interessenausgleich und Solidarität" schützen also vor Angriffskriegen? Wäre zwar schön, aber die Realität ist eine andere, als die solche Traumwelt.

  5. 10.

    Also die Stadtverordneten sind keine Angestellten bzw. Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, sondern gewählte Volksvertreter. Sie erhalten keine üppigen Pensionen.

  6. 9.

    Besser als 200m hohe Windräder oder 10000 Quadratmeter Solarpaneele.

  7. 8.

    woher wollen sie wissen welchem Zweck die Waffen dienen sollen ? Um sich zu schützen braucht man Handel und Diplomatie, Interessenausgleich und Solidarität aber keine Waffen.

  8. 7.

    ... wenn die Bauindustrie am Boden liegt, produzieren wir eben mit grünem Strom für die Rüstungsindustrie... Hauptsache der Rub... rollt.

  9. 6.

    Ich verstehe die künstliche Aufregung nicht. Wäre es besser, wenn die dort Beschäftigten arbeitslos würden? Die Teile würden dann irgendwo anders hergestellt. Was für eine scheinheilige, aber leider auch typisch (ost-?)deutsche Debatte. Putin kommt vor Lachen nicht in den Schlaf. Ich wünsche einen schönen Tag der Deutschen Einheit.

  10. 5.

    Da hat der Bürgermeister Recht.
    Und liebe friedliebenden Stadtverordneten/innen auf die Steuereinnahmen müsstet ihr dann auch verzichten.
    Traurig, aber wahr.
    Aber immer nur dagegen ist auch keine Lösung.

  11. 4.

    Als Mitarbeiter in der Öffentlichen Verwaltung kann man sehr schön darüber klagen und seine Betroffenenheit zeigen.
    Wo aber Gehälter und die sehr üppigen Pensionen herkommen wird nicht gefragt.
    Ohne Waffen und entsprechender Munition lässt es sich nun mal nicht verteidigen.

  12. 3.

    So sind die Menschen halt, und ganz speziell in Deutschland. Man will keine Müllerverbrennungsanlagen und keine Deponien, aber der Müll soll natürlich abgeholt werden. Der Strom kommt aus der Steckdose, aber wehe es soll ein Windrad gebaut werden oder ein Umspannwerk, oder sogar ein Kraftwerk. Und der Frieden soll halt einfach da sein, nach dem Motto "Wenn ich unbewaffnet bin, greift mich auch niemand an".

  13. 2.

    Was ist denn jetzt da das Problem? Einerseits wird in der Gegend geheult weil alles ach so schlecht ist, keiner Arbeit hat und kein Geld vom Himmel fällt und dann wird diskutiert ob das Ethisch korrekt ist hier irgend welche Hülsen zu gießen? Da versteht man echt die Welt nicht mehr

  14. 1.

    …dann woanders. So bleibt wenigstens die Beschäftigung und Know-how in der Region. Frieden kann man auch nicht erzeugen, wenn die Roh-Rüstungsteile im Nachbarland gegossen werden. Um im Vergleich zum massiv rüstenden Riesen östlich von Polen ist die Menge sicher ohnehin ein Witz.

Nächster Artikel