Gustav-Klimt-Ausstellung in Berlin - Gold, wohin man schaut
Gustav Klimts Gemälde "Der Kuss" ist immer noch in aller Munde. Das Meisterwerk hat die Romantik-Industrie dieser Welt inspiriert. Jetzt gibt es eine Multimedia-Inszenierung zu Klimts Leben und Werk in Prenzlauer Berg. Von Andrea Handels
Die Musikbrauerei auf einem Hinterhofgelände an der Greifswalder Straße in Berlin-Prenzlauer Berg ist von außen eine halbe Ruine. Umso heller glänzt das Gold in dieser Ausstellung. Zur Einstimmung gibt es als erstes einen Spiegelraum, bei dem von allen Wänden Goldplättchen hängen und zurückstrahlen. So schon mal goldig gelaunt, erfährt man an Schautafeln die wichtigsten Stationen von Gustav Klimts Leben (1862–1918), kann sich in einem Extraraum zu dem Gemälde "Wasserschlangen" akustisch mit Wassergesäusel berieseln lassen, um dann in die Hauptattraktion, die Multi-Media-Installation einzusteigen.
Durch einen Vorhang, auf dem goldiges Feuer züngelt, geht es in eine Halle mit rohen Wänden und vielen Projektoren an der hohen Decke. Wände und Boden werden bespielt mit Gustav Klimts Kunstwerken, während das Publikum herum wandelt oder sich auf einem der Sitzsäcke niederlässt.
Zwei Frauen erzählen Klimts Leben
Korrespondierend zu den über die Wände flimmernden Bildern wird aus den Lautsprechern Klimts Leben erzählt. Dafür haben sich die Ausstellungsmacher eines Kunstgriffs bedient: Sie lassen eine fiktive Kunstgeschichtsstudentin von heute mit Klimts langjähriger Lebensgefährtin und Muse, der Modeschöpferin Emilie Flöge, im Gespräch sein Leben erzählen.
Man erfährt, wie der 1862 geborene und mit nur 55 Jahren verstorbene Künstler zunächst ganz traditionell und erfolgreich gemalt hat, und dann anfing die konventionelle Malerei hinter sich zu lassen. Wie er im Auftrag der Wiener Universität Bilder zu den einzelnen Fakultäten malen sollte, die er so avantgardistisch anlegte, dass sie abgelehnt wurden. Und wie eine Gruppe von österreichischen Malern um Klimt die progressive Künstlervereinigung Wiener Secession gründete, deren Leitspruch "Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit" lautete. Klimt wurde ihr erster Präsident.
Dynamische Choreographie zu Klimts Werken
Es ist ein farbenfrohes Spektakel, eine dynamische Bilder-Choreographie mit den wichtigsten Kunstwerken aus Klimts Schaffen, die an die rohen Wände projiziert wird. Teilweise werden die Gemälde in ihre Bestandteile zerlegt und wieder zusammengesetzt. Gut 45 Minuten dauert die Show, zusätzlich angereichert mit historischen Bildern aus Wien und jeder Menge Wiener Walzer und anderen klassischen Werken, die die Ausstellungsmacher als historisch oder emotional passend empfanden.
Nick Hellenbroich und Nepomuk Schessl von der Alegria Exhibition GmbH haben schon die immersiven Ausstellungen über Claude Monet und Frida Kahlo produziert. Klimt ist ihr dritter Aufschlag. Dafür haben sie mit Drehbuchautoren und Digitalkünstlern zusammengearbeitet, und sich unter anderem Expertise bei dem Wiener Klimt-Experten Tobias Natter eingeholt.
Nacktbilder, die für Skandale sorgten
Klimts Frauenbilder, goldgeschmückt, teilweise nackt in sinnlichen Posen, waren damals für konservative Geister eine Provokation. In Zeiten von Sexismusdebatten sind sie es vielleicht heute wieder. Darüber diskutieren die fiktive Kunststudentin und Klimts Partnerin Emilie Flöge im Audio. Klimt und ihr sei es um die Befreiung der Frauen von gesellschaftlichen Zwängen gegangen, so wird Flöge zitiert, sie als Modeschöpferin habe sich gegen das Korsett eingesetzt, er für die weibliche Lust.
Es geht also nicht nur um den Kuss. Auch wenn der Klimts berühmtestes Gemälde ist. Entstanden 1908/1909 in Klimts goldener Phase. Ursprünglich hieß das Bild "Das Liebespaar", und wahrscheinlich zeigt es Klimt selbst, wie er sich im Kuss mit Emilie Flöge vereinigt.
Am Ende der über 1.000 Quadratmeter großen Ausstellung "Klimts Kuss - Spiel mit dem Feuer" wird dem Publikum noch eine ordentliche Portion Romantik mitgegeben: Wenn sich ein Paar vor einer zunächst unscheinbaren Wand hinstellt und sich näherkommt, explodieren hinter ihm die goldenen Elemente aus dem Kuss-Gemälde zu einem Feuerwerk. Da sind die Selfie-Schlangen vorprogrammiert.
Die Ausstellung "Klimts Kuss - Spiel mit dem Feuer" ist vom 27.01. bis 10.4.2023 täglich von 10 bis 21 Uhr in der Musikbrauerei zu sehen.
Sendung: Fritz, 28.01.2023, 6:50 Uhr