Staatliche Ballettschule in Berlin - Bildungsverwaltung entlastet früheren künstlerischen Leiter der Ballettschule
Der ehemalige künstlerische Leiter der Staatlichen Ballettschule wird rehabilitiert. Die Vorwürfe gegen ihn haben sich laut Berliner Bildungsverwaltung als "gegenstandslos" erwiesen. An die Schule kehrt er trotzdem nicht zurück. Von Tina Friedrich
Die Berliner Senatsbildungsverwaltung hat sich beim früheren künstlerischen Leiter der Staatlichen Ballettschule entschuldigt. Vorwürfe gegen Gregor Seyffert hätten sich als "gegenstandslos" erwiesen, heißt es in einem Schreiben. Dieses wurde in den Osterferien bekannt.
Wörtlich heißt es: "Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie bedauert, dass in Verbindung mit der zurückliegenden öffentlichen Diskussion um die Staatliche Ballett- und Artistikschule Berlin der Eindruck entstanden ist, als seien dem ehemaligen Künstlerischen Leiter, Prof. Seyffert, fachliche und persönliche Verfehlungen vorzuwerfen."
Kündigung unwirksam
Vor vier Jahren hatte die Bildungsverwaltung den beiden ehemaligen Führungskräften Gregor Seyffert und Ralf Stabel, damals Schulleiter der Ballettschule, gekündigt, nachdem der rbb über Vorwürfe von Kindeswohlgefährdung und einem Klima der Angst berichtet hatte. Demnach soll es unter an der Schule überlastungsbedingte Verletzungen, Bodyshaming im Unterricht, und sehr lange Arbeitstage gegeben haben.
Beide gingen juristisch gegen die Kündigungen vor. Die Berliner Arbeitsgerichte erklärten sie nach mehreren Verhandlungen für unwirksam. Seither waren Stabel und Seyffert zwar abberufen, erhielten aber weiter ihre Gehälter. Offen blieb, ob einer der beiden an die Schule zurückkehren würde.
Keine Rückkehr an die Schule
Dies ist jetzt zumindest für Gregor Seyffert entschieden: Man habe vereinbart, dass Seyffert nicht an die Schule zurückkehre, heißt es nun in dem Schreiben. Begründet wird die Entscheidung darin unter anderem mit "der Umstrukturierung der Staatlichen Ballettschule Berlin und Schule für Artistik". Damit verbunden sei eine "Änderung der Zielsetzung und Arbeitsweise". Seyffert werde sich im Rahmen seines Arbeitsvertrags anderen Tätigkeiten widmen, so die Erklärung.
Welche Tätigkeiten das sind, wurde von der Senatsbildungsverwaltung nicht bekannt gegeben. Das Schreiben ist vom Leiter der Abteilung für die berufsbildenden und zentralverwalteten Schulen unterschrieben.
Auf Nachfrage teilt ein Sprecher der Bildungsverwaltung im Zusammenhang mit der Erklärung mit: "Die juristische Auseinandersetzung im Kontext der Staatlichen Ballettschule Berlin hatte sich über Jahre hingezogen und konnte nun einer Lösung zugeführt werden." Das Rehabilitationsschreiben sei "im Prinzip" als ein Deal zur Beilegung des juristischen Streits zu verstehen.
Mit Ralf Stabel, dem ehemaligen Leiter der Schule, laufen die Gespräche den Angaben des Pressesprechers zufolge noch. Weitere Details hierzu nannte er nicht.
Burkert-Eulitz sieht Gesamtverantwortung
Die Bildungssprecherin der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Marianne Burkert-Eulitz, verwies auf Anfrage von rbb24 Recherche auf die Erkenntnisse der Expertenkommission, die 2020 die Vorwürfe von Machtmissbrauch und Kindeswohlgefährdung an der Schule untersucht hatte. Dass es über Jahre systematische Missstände an der Schule gegeben habe, stehe weiterhin außer Frage, sagte sie. "Herr Seyffert und Herr Stabel waren Teil des Systems, welches diese kindeswohlgefährdenden Verhältnisse ermöglicht haben", so Burkert-Eulitz. "Dies müssen sie sich zurechnen lassen."
Burkert-Eulitz beschrieb dabei eine schwierige Situation für die Aufarbeitung. “Die Ballettszene ist eine sehr kleine, und viele Betroffene wollten ihre Namen nicht öffentlich nennen, weil sie befürchteten, dann keine beruflichen Chancen zu haben." Sie kritisierte zugleich die Bildungsverwaltung: Diese habe ihrer Ansicht ihrer Aufsichtspflicht stärker nachkommen müssen.
Wichtig sei, dass Seyffert nicht an die Schule zurückkehre, betonte die Grünen-Politikerin. Auf Anfrage von rbb24 Recherche teilte Gregor Seyfferts Anwalt telefonisch mit, Seyffert werde sich nicht zu den aktuellen Vorgängen äußern.
Umstrukturierung der Schule geplant
Die Bildungsverwaltung deutet bereits länger an, dass sie an der Neustrukturierung der Schule arbeite - jedoch ohne weitere Details zu nennen. Den Hinweis im Rehabilitationsschreiben auf eine "neue Zielsetzung oder veränderte Arbeitsweise" konkretisierte auch der Pressesprecher nicht. Er schreibt, die Herausforderungen der vergangenen Jahre hätten sich als "äußerst vielschichtig und komplex" erwiesen, und es gebe in den kommenden Wochen "weitere Gespräche" über die Zukunft der Ballettschule.
Vor den Osterferien hatte die amtierende Schulleiterin Martina Räther in einem Schreiben an große Teile der Schulgemeinschaft beklagt, dass die begonnenen Reformen nicht in ausreichendem Maß vorankommen. Teile des Tanzkollegiums hatten erwidert, dass die Probleme auch an der Entscheidungsschwäche der amtierenden Schulleiterin selbst lägen. Einig sind sich die Vertreter des Tanzkollegiums und die amtierende Schulleiterin, dass sie sich für die Schule mehr Unterstützung durch die Senatsverwaltung für Bildung wünschen.
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