Kinderkliniken überlastet - Gote will "gemischte Teams" einsetzen und Ressourcen für Erwachsene umschichten

Di 06.12.22 | 10:11 Uhr
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Archivbild: Ulrike Gote (Bündnis 90/Die Grünen), Berliner Senatorin für Gesundheit und Wissenschaft, spricht bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung des Berliner Senats. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Audio: Antenne Brandenburg | 06.12.2022 | Bernd Baumann | Bild: dpa/Christoph Soeder

Die Berliner Gesundheitssenatorin Ulrike Gote sieht Fortschritte bei den Bemühungen, die Situation in den Kinderkliniken zu verbessern. Ein Corona-System kommt zur Anwendung. Zudem sollen "gemischte Teams" eingesetzt werden.

Um die angespannte Lage kurzfristig auch in den Berliner Kinderkliniken zu verbessern, müssen aus Sicht von Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) auch die Ressourcen für Erwachsene herangezogen werden.

Momentan wäre es gut, wenn Pflegekräfte und Ärzte "soweit das möglich ist jetzt aushelfen in gemischten Teams", sagte sie dem rbb24 Inforadio am Dienstagmorgen.

"Und gegebenenfalls müssen wir schauen, ob wir auch Betten, die für Erwachsene gedacht sind, jetzt vorübergehend in dieser dringenden Lage auch für Kinder nutzen können", konkretisierte die Senatorin.

Mehrere Verbände hatten Ende vergangener Woche in einem offenen Brief an Gote geschrieben, dass sie die Sicherheit der kleinen Patienten ernsthaft in Gefahr sähen. Nicht nur in den zentralen Notaufnahmen, sondern auch in der ambulanten und der stationären Pädiatrie herrschten zunehmend unverantwortbare Zustände.

Situation überall in Deutschland "sehr, sehr prekär"

Die Situation sei überall in Deutschland "sehr, sehr prekär", bestätigte Gote. Es gebe eine starke RSV-Welle, von der insbesondere Kinder betroffen seien. RSV steht für Respiratorisches Synzytial-Virus. Der Erreger verursacht derzeit in Deutschland und anderen Ländern viele Infektionen bei Kindern.

Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren diese zeitweise ausgeblieben. Die Immunsysteme der Kinder seien in der Zeit nicht trainiert worden, erklärte Jakob Maske, Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte.

Beim RS-Virus kann es sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln. Laut Ratgeber des Robert Koch-Instituts [rki.de] sind in seltenen Fällen aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod möglich. Als Risikopatienten gelten demnach zum Beispiel Frühgeborene, Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen und Kinder mit angeborenem Herzfehler.

Meldesystem soll Überblick über Kinderbetten geben

Gote bekräftigte, der Senat habe bereits viel getan, um die Lage in den Kinderkliniken zu entspannen. "Wir haben hier in Berlin jetzt dafür gesorgt, dass die knappen Ressourcen wirklich so verteilt und so gesteuert werden, dass alle Kinder noch versorgt werden können", betonte die Senatorin.

Dafür greife der Senat in Abstimmung mit den Kliniken auf das Konzept während der Corona-Pandemie zurück. Kinderbetten seien jetzt in Meldesysteme einbezogen, um ihre Verteilung besser zu steuern. "Bisher musste viel mehr rumtelefoniert werden. Das haben wir jetzt verändert."

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach plane, das System für ganz Deutschland zu übernehmen, ergänzte Gote: "Hier sind wir in Berlin tatsächlich schon ein bisschen weiter."

Maske schlägt derweil Alarm: "Weil in den Kliniken über die Jahre die Betten gekürzt wurden und sie politisch kaputt gespart wurden, muss man sagen, dass das Personal inzwischen fehlt."

Schwerstkranke Kinder müssten über Hunderte Kilometer aus Berlin verlegt werden, weil es keine Betten gebe. Die Behauptung, dass derartige Aussagen Panikmache seien, wollte er nicht gelten lassen. "Das ist nicht Panikmache, das ist unser tägliches Leben", so Maske.

Berlin und Brandenburg wollen enger zusammenarbeiten

Angesichts der derzeit hohen Zahl von Kindern mit Atemwegserkrankungen wollen Berlin und Brandenburg enger zusammenarbeiten. "Ähnlich wie bei Corona werden bei Bedarf Kliniken länderübergreifend angefragt und Patientinnen und Patienten gegenseitig aufgenommen", sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher am Montag laut einer gemeinsamen Mitteilung mit Berlins Gesundheitssenatorin Gote.

Die Grünen-Politikerinnen forderten eine bessere Finanzierung der Kinderkliniken durch den Bund. Wegen Personalmangels in Kliniken sei die aktuelle Lage "sehr angespannt". Die Rede war von einer "akuten Krisensituation".

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.12.2022, 6 Uhr

48 Kommentare

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  1. 48.

    Das ist gelogen. Wir sind in Berlin nicht weiter und wir telefonieren die halbe Nacht nach freien Betten in anderen Häusern

  2. 47.

    Das ist das Ergebnis der jahrelangen Ignoranz der Politiker. Meine Erfahrung ist, dass man die fachlich begründeten Sorgen nicht hören wollte. Da wurde man zurecht gewiesen mit der Begründung, man würde den Teufel an die Wand malen und es wäre alles nicht so schlimm. Leider folgt Politik ihren eigenen Gesetzen, die Realität der Betroffenen spielt nur eine Rolle, wenn der eigene Posten oder die Macht gefährdet ist.

  3. 46.

    Weil man Sie als Geoökologin für eine gesundheitspolitische Fachkraft hält, haben die Grünen sie zur Senatorin gemacht. Und ihre Leistung zeigt es mal wieder, Senatorin ist ein Wahl-, kein Qualifikationsamt.

  4. 45.

    Klare und deutliche Worte eines Kinderarztes:
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/12/berlin-kinder-arzt-klinik-rsv-ueberlastet-interview-steffen-lueder.html

  5. 44.

    Ja, Deutschland ist der Spitzereiter im Geld ausgeben.
    Deutschland hat für laufende Gesunheitsausgaben im Jahr 2020 12,8% des BIP ausgegeben, damit war es der Spitzenreiter in der EU. Der EU - Durchschnitt lag bei 10,95%.

    Deutschland gibt 12,8% des BiPs aus, und dann sind nicht genügend Krankenhausbetten für kranke Kinder vorhanden. Ja wo bleibt das viele Geld, dass es nicht einmal für die Grundversorgung reicht? Das Argument von Personalmangel vorzuschieben ist unredlich, da dieses Problem seit 20 Jahren bekannt ist, aber wenn es um angemessene Bezahlung geht, dann ist kein Geld da.



  6. 43.

    Ein wenig rumtrollen? Sie dürfen gerne das Internet bemühen. Aber natürlich nur wenn Sie offiziellen Seiten trauen.

  7. 42.

    Hohes Jammern hätte man vorher ordentlich investiert wäre genügend Personal vorhanden. Sparpolitik bringt nie was gutes dieses sehen wir an allen Enden zur Zeit in vielen Bereichen der Wirtschaft und Pflege.

  8. 41.

    Behaupten kann man viel.

    Aus unerfindlichen Gründen mag der rbb meine Quelle (Handelsblatt) nicht.

    "Fehler: Leider konnte Ihr Kommentar wegen technischer Probleme nicht erfasst werden. "

  9. 40.

    Ja klar, weil ja auch ALLE so vernünftig sind und JETZT Maske aufsetzen, so dass dann in 3 Monaten, wenn der Frühling beginnt, ALLE GLEICHZEITIG die Maske absetzen und krank werden. Total logisch.

    Ich setze meine Maske auf. Schon alleine, weil die Kollegen wie eh und je hustend und schniefend ins Büro kommen.
    Die Asiaten machen es anders herum.... da setzen diejenigen Maske auf, die die Bakterien und Viren durch die Gegend schleudern, um andere Menschen zu schützen. Für mich eine Frage des guten Benehmens. Hier setzen diejenigen Maske auf, die keine Zeit und Lust haben, krank zu werden und vielleicht auch sehen, dass das Ärzte- und Pflegepersonal völlig überlastet ist und auch die vielen Bus- und Bahnfahrer (Zugführende)oder Auspacker im Supermarkt, die krank sind, Versorgungsprobleme nach sich ziehen.
    Und zum eigentlichen Thema - schlimm, dass es so weit gekommen ist und man nicht vorher schon anerkannt hat, dass Personalmangel ein Riesenproblem ist.

  10. 39.

    Dem ist nichts hinzuzufügen!
    Genau so ist es !
    Unser Land wird sehenden Auges gegen die Wand gefahren!

  11. 38.

    Muss ich sie enttäuschen. Gemessen am BIP Deutschland 9,9 %. Luxemburg 5,4 %. Wir sind europäischer Spitzenreiter.

  12. 37.

    "In der Privatwirtschaft würde man für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz haften."

    *lol* DER Witz war gut! Das war doch ein Witz oder?

  13. 36.

    Ich habe von ihm gar nichts erwartet. Wenn man sich seine Vorstellung aus der Schröderzeit, die gute Ansätze hatte, Bürgerversicherung, etc., anschaut, hatte er die richtigen Ansätze. Nur leider ist er als Revoluzzer gestartet, und schon vor geraumer Zeit als Lobbyist gelandet. Die Möglichkeit zur Umsetzung sind seit einem Jahr gegeben. Aber damals wie heute sind die Reformen nicht erwähnenswert. Er ist ein medizinischer "Erbsenzähler". Auch ihm ist die praktische Arbeit in der Medizin fremd.

  14. 35.

    Hausgemachte Probleme. In der Privatwirtschaft würde man für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz haften.
    Wann endlich haften Politiker für ihr Missmanagement.
    Geld für Daimler, VW, RWE, Lufthansa & Co. ist immer reichlich da!

  15. 34.

    Genau so ist es.Die Facharztausbildung zum Kinderarzt sind 5Jahre.Und der FA für Kinderheilkunde wird auch sicherlich keine Meniskus —op wie ein FA für Chirurgie durchführen.Die fachspezifische Ausbildung zur Kinderkrankenschwester ist ja auch nicht einfach Pflege eines“kleinen“Erwachsenen.Eine Schwester von einer Geriatrie dürfte da schon ihre Probleme und Ängste haben .Also einfach Umstzen sehe ich etwas problematisch

  16. 33.

    "Wir haben schon das teuerste Gesundheitssystem Europas." Fake News.

    "Die Schweiz und Liechtenstein haben das teuerste Gesundheitssystem Europas. Rund 9000 Franken pro Kopf gibt die Schweiz pro Jahr für ihr Gesundheitssystem aus. Dies zeigt eine Statistik der EU. Dort kostet die Gesundheit im Schnitt 3250 Franken pro Jahr."

  17. 32.

    @Blümel
    Da haben Sie recht. Andererseits kann man mehr Fachmann sein als Prof. Lauterbach? Sehen Sie einen Unterschied? Was hatten wir von ihm nicht alles erwartet? Heute wetten sie, ob er oder Frau Lambrecht als erste/r gehen muss.

  18. 31.

    So ist es, es gilt um so mehr, um so die Kinder jünger. sind!
    Ich fände es unverantwortlich ersthaft kranke Kinder in Betreung von nicht dafür ausgebildetes Personal zu geben.

  19. 30.

    Gote will...
    Die Decke hin und her ziehen?
    Will = Könnte, oder auch nicht.

  20. 29.

    Um dann die Infektion ein paar Monate später geballt nachzuholen, wie gerade zu erleben.

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