Fall Kantstraße - Müssen Berliner Pop-up-Radwege jetzt verlegt werden?

Di 05.11.24 | 11:13 Uhr
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Archivbild: Der Radweg in der Kantstraße in dem Berliner Stadtteil Charlottenburg führt zwischen parkenden Autos und dem Fußgängerweg entlang. (Quelle: dpa/Deckwerth)
Bild: dpa/Deckwerth

Der Pop-up-Radweg auf der Kantstraße soll aus Brandschutzgründen seinen Platz mit den links daneben parkenden Autos tauschen. Radfahr-Verbände kritisieren das. Droht anderen Pop-up-Radwegen Berlins das gleiche Schicksal?

Auf der Kantstraße können Radfahrende aktuell auf einem geschützten Radweg fahren. Er wurde vor rund vier Jahren als Pop-up-Radweg unter dem rot-rot-grünen Senat geschaffen.

Das Besondere: Obwohl der Radweg durch eine Straße mit viel Autoverkehr führt, düsen hier an den Radfahrenden keine SUVs oder Kleinwagen direkt vorbei. Dieser Radweg liegt eingebettet zwischen Bürgersteig und parkenden Autos. Also von rechts nach links: Gehweg, Radweg, Parkstreifen und dann die Spur für den fließenden Autoverkehr.

Doch das soll sich nun ändern: Die parkenden Autos und der Radweg sollen die Plätze tauschen. Laut Bezirksstadtrat Christoph Brzezinski (CDU) ist der Radweg zu schmal für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr: Im Falle eines Brandes könnte sie keine Drehleiter aufstellen und Menschen aus den oberen Stockwerken retten.

Fahrradverband bemängelt Sicherheitsverlust

Doch von der Idee, den Radweg und die parkenden Autos die Plätze tauschen zu lassen, hält Karl Grünberg gar nichts. Er ist Pressesprecher des Landesverbands Berlin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). "Dadurch entsteht eine große Gefährdung der Radfahrenden, dies sich dann wieder ungeschützt auf der Kantstraße befinden würden", sagt Grünberg.

Die Kantstraße habe aber unter anderem ein großes Raser- und Poserproblem, bemängelt Grünberg. "Der Radstreifen wäre die einladende, zweite Spur für die Rennen. Außerdem gäbe es dann wieder das Problem mit den Zweite-Reihe-Parkern. Dann müssten sich die Radfahrenden wieder in den fließenden Verkehr eingliedern, was gefährlich für sie ist." Er sehe keinen vernünftigen Grund, warum die Radfahrer gefährdet werden sollten. "Man muss sich fragen, was ist dem Senat wichtiger: die Gefährdung von Parkplätzen oder die von Radfahrenden?"

Grünberg ist überzeugt: "Sicherheit für Radfahrende und genug Platz für die Feuerwehr geht zusammen, man muss es nur wollen."

Brandschutzprobleme auch ohne Radweg

Tatsächlich scheint die Feuerwehr auch andernorts Platzprobleme durch zu enge oder zugeparkte Straßen zu haben - unabhängig von Radwegen.

So heißt es zum Beispiel von der Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck aus Tempelhof-Schöneberg, eine Abfrage bei der Berliner Feuerwehr habe ergeben, dass es große Defizite in den Nebenstraßen des Bezirks gebe. "Insbesondere in den dichten Wohngebieten wird die Mindestbreite auf den Straßen zum Teil unterschritten", erklärte Ellenbeck. Die Feuerwehr melde regelmäßig Straßen mit besonders gravierenden Mängeln. "Der zuständige Fachbereich prüft daraufhin die Situation vor Ort und erlässt entsprechende Maßnahme. So wurde beispielsweise in diesem Monat die Parkordnung in der Werfelstraße geändert. Außerdem hat die Einrichtung einer Fahrradstraße in der Handjerystraße auch zur Verbesserung der Situation für die Feuerwehr geführt", sagte die Bezirksstadträtin.

Wann der Pop-up-Radweg auf der Kantstraße den Platz mit den parkenden Autos tauschen soll, ist noch nicht klar. Der für Straßen zuständige Bezirksstadtrat Oliver Schruoffenegger (Bündnis90/Die Grünen) sagte der rbb24 Abendschau kürzlich, er habe noch keine verkehrsrechtliche Anordnung des Senats erhalten, auch keine Förderzusage. Es gebe dementsprechend noch keine Ausschreibung. Außerdem sehe er es als problematisch an, eine neue Fahrbahn-Markierung im Winter aufzubringen, weil die Farbe nicht hält.

Auch in der Bülowstraße und der Kleiststraße in Tempelhof-Schöneberg, der Stromstraße in Mitte, der Hermannstraße in Neukölln und dem Kottbusser Damm, der Kottbusser Straße und der Lichtenberger Straße in Friedrichshain-Kreuzberg sind Radwege so angelegt wie in der Kantstraße. Dass sie aus Brandschutzgründen das gleiche Schicksal ereilt, scheint aber unwahrscheinlich.

Vom Bezirk Mitte hieß es, man habe "die Belange der Feuerwehr, insbesondere die Aufstellflächen für Hubrettungsgeräte berücksichtigt". Auch Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck aus Tempelhof-Schöneberg versichert, dass man die Bedürfnisse der Feuerwehr beim Anlegen der Radwege in der Bülow- und Kleiststraße bereits eingerechnet habe. Auch von den Bezirksämtern Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln heißt es, dass keine Beschwerden der Feuerwehr vorliegen würden.

Auf die Frage, ob der Feuerwehr für diese Radwege Brandschutzprobleme bekannt seien, teilte die Pressestelle der Berliner Feuerwehr schriftlich mit: "Die Berliner Feuerwehr ist in dieser Sache nicht die aktenführende Stelle und kann daher leider keine Aussage treffen, da uns die Informationen zu dem in der Baugenehmigung beauflagten Rettungswegkonzept nicht vorliegen."

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.10.2024, 19:30 Uhr.

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145 Kommentare

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  1. 145.

    Es müssen die Aufleger drüber oder durchpassen. Bei den Auslegern in dieser Broschüre hier S. 3 https://www.rosenbauer.com/fileadmin/sharepoint/products/vehicles/aerial_ladders/docs/VI0182_152763_Prospekt_Drehleitern_DE_web.pdf
    würden die wahrscheinich zb über die üblichen rot-weiss gestreiften Blöcke drüberpassen bei anderen Auslegern aber vielleicht nicht. Ich weiss nicht was da alles für Auslegertypen existieren.

  2. 144.

    Ja, natürlich sollen das keine meterhohen Mauern oder unüberwindliche Schwellen sein. Nur eben gerade so eckig und hoch und optisch abweisend, dass man da nicht in voller oder auch halber Fahrt einfach so drüber fahren kann. Das reicht schon, um die Leute zu disziplinieren. Also hoffe ich....

  3. 143.

    Nachtrag zu meiner Antwort 133. für Sascha1 :
    Man darf vor allem auch nicht vergessen, dass die Durchbrüche zwischen den Barrieren auch für die Ausleger der Feuerwehr passen müssten - wenn das überhaupt geht mit Durchbrüchen, denn dadurch würden die Aufstellmöglichkeiten eingeschränkt. So wie ich die Feuerwehr verstand sind max. 8cm Schwellen erlaubt und die müssen senkrecht zur Fahrtrichtung sein.

  4. 142.

    Und nochmal: ich habe nur den adfc zitiert und interpretiert. Und nicht MEINE Meinung gesagt. Sie schießen am Ziel vorbei.

  5. 141.

    Leider ist die Zugangsberechtigung zum Merkblatt der Feuerwehr: https://www.berliner-feuerwehr.de/fileadmin/bfw/dokumente/VB/Merkblaetter/ seit gestern abend (als ich Kommentar 6. schrieb war es noch zugänglich) plötzlich geändert worden und es taucht auch nicht unter den Broschüren oder Verordnungen auf ! Was ist denn das ?! Unglaublich. Wie soll man denn dann nun wissen, wie der Feuerschutz baulich umzusetzen ist. Auch seltsam dass das diese Nacht passiert ist. Eigerntlich ein Fall für die Presse.
    Nachtrag zu meiner Antwort 133. für Sascha1 :
    Man darf vor allem auch nicht vergessen, dass die Durchbrüche zwischen den Barrieren auch für die Ausleger der Feuerwehr passen müssten - wenn das überhaupt geht mit Durchbrüchen, denn dadurch würden die Aufstellmöglichkeiten eingeschränkt. So wie ich die Feuerwehr verstand sind max. 8cm Schwellen erlaubt und die müssen senkrecht zur Fahrtrichtung sein.

  6. 140.

    Eben doch. Sie müssen sich nur informieren und schon kann es losgehen. Sicherheit und das Miteinander wäre dann ein anderes Thema. Aber Straßen sind eben nicht nur für Autos da und Parkplätze auch nicht. Das ist Blödsinn.

  7. 139.

    Und nocheinmal: wozu gibt es Löschdrohnen? Es kann damit alles so bleiben, wie es ist! Umsonst die ganze Aufregung!

  8. 138.

    Weiss nicht genau wie die situation derzeit auf der Kantstr ist. Die Busspur wird man ja wahrscheinlich nur zu bestimmten Stunden brauchen, da könnte man ja in den anderen Zeiten den Streifen auch zb für den Lieferverkehr und andere Halte und Parkmöglichkeiten ( zb nachts) nutzen.

  9. 137.

    "Warum sollte man die Parkplätze zu Gunsten der Fahrräder opfern. Das ist absolut falsch die Menschen haben ein echt und Parkhäuser gibt es da nicht. Tauscht die Spuren und gut ist. Es ist nicht fair einfach ersatzlos Parkplätze alles auf Kosten der Pkw jetzt für grüne zu ändern. Fahrräder können entspannt die Nebenstraßen verwenden da ist es Verlehrsruhig und kann sicher genauso befahren werden hoch und runter parallel der Kantstraße. Also mit der jetzigen Dummen Lösung und hin zu Vernunft."

    Parkplätze werden nicht geopfert. Der Parkstreifen sollte durch eine Busspur ersetzt werden. Schließlich fahren auf der Kantstraße viel mehr Menschen im Bus, als dort Autos geparkt werden. Es ist nicht fair diese so zu benachteiligen, zugunsten von einigen wenigen Parkern.

    Diese wichtige Straße mit parkenden Autos zu verstopfen macht keinen Sinn. Autobesitzer können ihre Autos bequem in den Parkhäusern der Umgebung unterbringen.
    So geht sinnvolle Verkehrspolitik

  10. 136.

    Das ist Quatsch und bagatellisiert von aggressiven Radfahrverhalten. Aber sie sind nun mal eine Extreme mit dogmatischer Haltung.
    Wenn man ins Licht gesehen hat, sind die Einzelheiten wohl nur noch schwer erkennbar.

  11. 135.

    Schnelle Radfahrer hinter Autos sind sogar ein noch grösseres Problem beim Linksabbiegen in eine Seiten-Strasse, sofern sie nicht auf dem Mittelstreifen halten können. Umgekehrt es gibt auch Nachteile im Fall dass die Radfahrer auf der Strasse sind - beim Einbiegen in eine schnellere Strasse zb. Da sind die Radfahrer dann auch oft hinter parkenden Autos versteckt, ausser sie rollen weit in die Fahrbahn.

  12. 134.

    Ach so, die Radler müssen einen Schritt mehr auf die Autofahrer zugehen, damit die gegenseitige Rücksichtnahme gewährleistet werden kann. Denn andernfalls kommen A-Fahrer ja in die Bedrängnis, beim Rechtsabbiegen zu sehr aufpassen zu müssen, um ihre Sicherheit nicht zu gefährden.

    Das liest sich fast so interessant wie Ihr Vorschlag, die Kantstraße mit "Bremsbuckeln" zuzupflastern oder ein Tempolimit zur Bekämpfung von Rasern und Posern einzuführen, Cassandra.

  13. 133.

    Waere eine Möglichkeit, falls genügend durchbrochen um keine Barriere für kleinfahrzeuge und fussgänger zu sein. Könnte aber eventuell, da unüblich, auch zu (mehr) Unfällen führen. Ich finde die Lösung Fahrradstreifen neben Fussgängern und dann parkende Autos ( also wie jetzt) besser, mit den Zusatzanforderungen, wenn möglich und falls nichts vergessen:
    -mehr Abstand zu parkenden Autos ( tür!)
    - barrieren die das zuparken von mind 10 m vor Kreuzungen verhindern
    - genügend Parklücken , diese sind in Berlin oft durch Einfahrten gegeben, aber nicht immer, damit man nahende Fahrradfahrer etc. besser sieht
    - schnelle Fahrradfahrer gehören eher auf die Strasse.
    und speziell zur kantstr. siehe vorherige Kommentare insbesondere nr. 6

  14. 132.

    Und Ihre Logik?
    Nun den Mittelstreifen plattmachen?
    Das einzige bisschen Rasengrün, wenn es nicht verdreckt ist und sich die Bäume mühsam "ihren Weg nach oben kämpfen"?

  15. 131.

    Ja. Dann wäre es halt wieder wie früher. Also eigentlich inakzeptabel(äh: für Fahrradfahrer...:-)). Lösung wäre ein schmaler Betonstreifen als Abgrenzung zur Autospur. Gerade so, dass da kein Auto rüberfährt.

  16. 130.

    Es sollte an dieser Stelle auch noch einmal an die Rentnermobile erinnert werden, die ja wohl auch eher auf den Radweg gehören und die wahrscheinlich auch, wie Radfahrer, eventuell öfter zum shoppen auf dem Bürgersteig halten bzw. gleich in einen laden fahren wollen. dh diese kommen dann - je nach Parkabstand- ziemlich schlecht an parkenden Autos durch…wenn der Radweg auf der Spur in Fahrtrichtung links von den parkenden Autos liegt.

  17. 129.

    Würde - gerade als längerfristige Lösung aber wahrscheinlich bedeuten, dass der Haltestreifen entweder als zweite autofahrspur ( womöglich sogar als rechtsüberholerspur, wie dies eben bei vielen radspuren direkt neben der fahrbahn geschieht ) oder wieder - diesmal illegal - als parkspur benutzt werden würde

  18. 128.

    Das ist Unsinn. Was meinen sie wie oft ich für Fußgänger bremsen muß die bei Rot an der Fußgängerampel einfach loslatschen oder meinen der Radweg wäre zum spazieren oder Gassi gehen da?

    Die Antwort ist in Wahrheit ganz simpel. Ein Unfall mit einem Fußgänger geht für einen Radfahrer auch nicht gut aus.

    Würden sie nicht so maßlos übertreiben könnte man ja ihre unbegründeten Ängste ernst nehmen aber so? Was die erfassten Unfälle angeht sind Autofahrer einsam an der Spitze und was Verkehrsverstöße angeht auch.

    Was schon dazu führt, dass man gewisse Delikte und Verstöße schon nicht mehr ahndet, wie Zweite Reihe parken, Parken auf dem Radweg, Rasen, zu dichtes Auffahren/Überholen.

    Die angebliche Realität die sie uns vermitteln wollen existiert nur in ihrem Kopf.

  19. 126.

    Sie zeigen Ihre Ahnungslosigkeit! Die Fahrradwege müssen selbstverständlich bleiben! Wozu gibt es Löschdrohnen?

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