Antidiskriminierungsgesetz - Berliner Ombudsstelle registriert mehr Beschwerden über Diskriminierung

So 02.04.23 | 14:32 Uhr
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Die Fahne der Stadt Berlin weht vor dem Roten Rathaus (Quelle: DPA/Xamax)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.04.2023 | Nicola Graf | Bild: DPA/Xamax

Wer sich in Berlin von Behörden diskriminiert fühlt, kann sich dank eines besonderen Gesetzes dagegen wehren. Immer mehr Menschen nutzen dies, wie aktuelle Zahlen der entsprechenden Ombudsstelle zeigen.

Die Beschwerden, die nach dem Berliner Antidiskriminierungsgesetz (LADG) bei der zuständigen Ombudsstelle ankommen, sind vielfältig. Und sie werden mehr. 2022 gab es 645 Hinweise (2021: 613), wie Leiterin Doris Liebscher der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Im ersten Quartal des aktuellen Jahres habe es 205 Beschwerden gegeben. Das seien 45 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, so die Juristin.

Bei den Beschwerden gibt es nach ihren Angaben drei große Themenkomplexe: Rassismus (2022: 36 Prozent), Behinderung (24 Prozent) und Geschlecht/geschlechtliche und sexuelle Identität (12 Prozent). Diese Zahlen entsprächen den Statistiken anderer Beratungsstellen, hieß es.

Diskriminierung im Alltag

Derzeit verzeichne ihre Einrichtung eine zudem "große Beschwerdelast im Bereich Bildung", so Liebscher. "Derzeit sind wir die einzige staatliche Stelle, die Diskriminierungen im Bereich der Bildung behandelt." Man sei sie mit den Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen sowie Beratungsstellen für Schuldiskriminierung in Kontakt. "Es hat sich rumgesprochen, dass es uns gibt."

Die meisten Beschwerden erreichen Liebscher und ihr Team nach eigenen Angaben im Zusammenhang mit Behördenkontakt - etwa nach dem Gang zum Gesundheits-, Standes- oder Jugendamt oder der Kfz-Zulassungsbehörde. "Das sind Ämter, mit denen die Menschen im ganz Alltäglichen zu tun haben - und wo es für sie um etwas geht." Ein weiterer Bereich seien Sicherheit und Ordnung - also Erfahrungen mit Polizei, Ordnungsamt oder Security-Firmen etwa bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG).

Menschen mit Migrationsgeschichte erlebten bei Behörden schnell Mehrfachdiskriminierungen, so Liebscher. Aber auch bei tauben oder schwerhörigen Menschen gebe es großes Potenzial für Diskriminierung. Obwohl die Gebärdensprache eine anerkannte Sprache sei, fehle es an entsprechenden Dolmetschern bei den Behörden. "Bei den Mitarbeitenden herrscht dann viel Unsicherheit im Umgang mit den Menschen - und daraus resultiert dann Diskriminierung." Solche individuellen Fälle offenbarten auch strukturelle Diskriminierung. Dazu zähle die Sprache in Formularen aber auch, ob eine Behörde barrierefrei zugänglich ist.

Ombudsstelle unterstützt bei Klagen

Berlin ist bislang das einzige Bundesland, das ein eigenes Antidiskriminierungsgesetz hat. Es soll die Menschen vor Diskriminierung seitens der Behörden schützen und Ansprüche auf Schadenersatz gegen das Land Berlin ermöglichen. Wer sich diskriminiert fühlt, kann sich an die betroffene Behörde wenden oder an die Ombudsstelle, die bei der Justizverwaltung angesiedelt ist [berlin.de]. Dann wird der Vorwurf geprüft und zunächst nach Lösungen jenseits von Klagen gesucht. Betroffene werden aber auch bei Klagen unterstützt.

Der bislang prominenteste Fall ist die Entschädigungsklage einer Frau, die wegen ihres nackten Oberkörpers eines Wasserspielplatzes verwiesen wurde. Diese blieb 2022 vor dem Landgericht Berlin ohne Erfolg. Der Fall wird die Justiz weiter beschäftigen, weil die Frau Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Unabhängig davon hat die Ombudsstelle erreicht, dass der Spielplatz seine Nutzungsordnung ergänzt hat und der freie Oberkörper für alle Besucher erlaubt ist.

Hilfe, auch bei nicht Zuständigkeit

"Wir haben den Auftrag, außergerichtlich zu schlichten", erklärte Liebscher. Das gelinge oft. "Viele Menschen wollen nicht klagen. Es geht um eine Entschuldigung. Um die Anerkennung, dass dem Menschen ein Unrecht geschehen ist - und dass es nicht wieder passiert."

Etwa gut ein Drittel der Fälle, die die Ombudsstelle erreichen, fallen nicht unter das LADG, berichtete Liebscher. Es handele sich um Diskriminierung auf der Arbeit, durch private Vermieter oder Ladendetektive, die schwarze Menschen nur aufgrund ihrer Hautfarbe kontrollierten. Dies Menschen würden qualifiziert beraten und an entsprechende Organisationen verwiesen. "Das kostet Zeit. Aber wir wollen die Menschen an die richtige Stelle verweisen", betonte sie.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.04.2023, 11:30 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Naja ... wenn ich für eine Formularseite, drei Seiten Erklärungen zur Beantwortung der Fragen brauche, fühle ich mich auch teilweise etwas "doof" bzw. diskriminiert.
    "Amtsdeutsch" ist schon eine Sache für sich und ein falsch gesetztes Kreuzchen kann eine Menge entscheiden.

  2. 10.

    Die Geister, die ich rief....Warum gibt es dieses dämliche Gesetz? Anzeigen konnte man Diskriminierung schon immer, aber jetzt fühlt sich jeder bemüssigt....s. die Frau, die gegen "oben ohne auf dem Kinderspielplatz" geklagt hat.

  3. 9.

    Warum ist die Sprache in Formularen strukturelle Diskriminierung? Amtssprache in diesem Land ist Deutsch.

  4. 8.

    Das Land Berlin hätte das Personal dieser Ombudsstelle einfach besser in den Behörden eingesetzt, hätte die Kollegen entlastet und wahrscheinlich auch einen anderen Umgang dadurch geschaffen. Die wirklich betroffenen gehen doch unter, unter den Wichtigtuern.
    Durch das ewige rechtfertigen dieser Gesellschaft achtet aber auch jeder penibel auf die Fehler der anderen.
    Mir tun unsere Kinder leid, wenn ich daran denke was noch kommen wird.
    Fehlersuche als Unterrichtsfach!

  5. 7.

    Ich habe kein Migrationshintergrund und bin Berlinerin.Ich würde schon so oft von Ausländern(dunkle und halbdunkle)beschimpft oder auch bedroht durch zeigen mit der Hand das ich des öfteren im Amt sitzen müßte. Als ich Verkäuferin war täglich. Ich hatte und habe die Zeit nicht.Ich frage mich oft ob die Leute nichts zu tun haben ausser beschweren.Man darf nicht vergessen das die Zeit rauer geworden ist und viele nur darauf reiten. Na, ich glaube das wird wie schon einiges von mir nicht gesendet.

  6. 6.

    Wenn sie ähnlich sprechen wie sie schreiben, besteht die Gefahr das niemand sie versteht.

    Denn sprachlich ist ihr Beitrag auch nicht gerade ideal, um es mal höflich auszudrücken.

    Und ja auch bei mir dürften Fehler zu finden sein, nur rege ich mich nicht über die Fehler anderer auf, sofern sie nicht etwas kritisieren, was sie selbst nicht sauber beherrschen.

  7. 5.

    Ich fühle mich als Autonutzer diskriminiert von Grünen, Klimakleber, FFF und roten Ampeln. Sinnlose Strassenumbenennungen, Kiezsperrungen ohne Zuspruch der Anwohner, Radspuren auf Straßen neben denen bereits Radwege existieren, Radfahrer die bei Rot an mir vorbei über die Ampel fahren, Umweltschützer die nichts für die Umwelt tuen außer reden jedoch nie einen Baum gießen oder Pflanzen, 30 Zonen auf Hauptstraßen und die Seitenstraßen lassen 50km/h zu

  8. 4.

    Bemerkenswert, dass Sie "seit Jahren" trotzdem dort hingehen. Also wenn Sie den Laden nicht meiden, dann bitte auch nicht beschweren.

  9. 3.

    Ich war neulich im Burger King am 17 Juni, da konnte mich auch keiner verstehen! Hab mein Geld dann lieber woanders ausgegeben. Hinweis an bk ergab eine schwachsinnige Standartmail im Gernderwahn! Nie wieder!

  10. 2.

    Es ist der einzige Zweck und damit Auftrag dieser „Beschwerdestelle“, mehr Diskriminierungen zu registrieren. Denn sie wurde einzig dafür eingerichtet, um das linksgrüne Geschäftsmodell „Kampf gegen Diskriminierung“, ein Unterfall des ominösen „Kampf gegen Rechts“, mit Steuergeldern zu befeuern und so möglichst viele (sinnlose), staatlich finanzierte Jobs im linksgrünen Milieu zu generieren.

  11. 1.

    Vielleicht sollte man auch mal die Kaffeeröstereikette "The Barn" anzeigen: da spricht das gesamte Verkaufspersonal in der Filiale in der Schönhauser Allee seit Jahren kein Wort Deutsch und geht grundsätzlich davon aus, dass die gesamte Kundschaft Englisch spricht. Und falls nicht, heißt es lediglich sorry und dann gibt´s ein Schulterzucken. Da fühle ich mich als deutscher Muttersprachler in meiner Heimatsstadt ebenfalls diskriminiert.

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