Vermittlungs-Hotline 116 117 - Tausende Arzttermine bleiben in Berlin jeden Monat ungenutzt
Die Suche nach einem freien Arzttermin kann schnell zur Qual werden. Dabei gibt es seit Jahren eine zentrale Terminvermittlung: die 116 117. Doch die wird anscheinend nur selten genutzt. Von Sara Simons
Die Hausärztin ist im Urlaub, die Vertretungspraxis hat zu – mit Fieber und Halsschmerzen musste sich ein Kollege unlängst einen Arzt suchen. Zwei Praxen wiesen ihn sofort ab. Neue Patient:innen würden nicht aufgenommen. Bei der dritten Praxis wurde er endlich fündig, drei Stunden hat die Suche gedauert.
Auch Instagram-Follower:innen von rbb|24 kennen das Problem. "Als ich nach Berlin gezogen bin und einen Frauenarzt brauchte, habe ich alle in der Gegend und darüber hinaus abtelefoniert. Ich wurde zweimal ausgelacht als ich gefragt habe, ob sie noch neue Patientinnen aufnehmen", schreibt eine Nutzerin. Eine andere kritisiert: "Einen neuen Hausarzt zu finden, funktioniert auch nur noch über Kontakte – am besten gar nicht mehr krank werden."
Mit diesen Erfahrungen stehen sie nicht allein da: 3.634 Nutzer:innen haben sich an einer rbb|24-Umfrage auf Instagram beteiligt. 85 Prozent gaben an, immer wieder Probleme bei der Suche nach einem Arzttermin in Berlin gehabt zu haben.
Tausende Termine bleiben ungenutzt
Dabei hätten sie alle ihre Suche abkürzen können, sagt zumindest die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV). Für gesetzlich Versicherte gibt es nämlich seit 2016 einen bundesweiten Terminvermittlungsservice, erreichbar per Telefon unter "116 117", per App oder im Internet unter 116117.de.
Für diesen Service müssen Kassenärzt:innen Termine bereitstellen. Die bleiben aber häufig ungenutzt. So wurden im März von 27.000 in Berlin verfügbaren Terminen nur 48 Prozent vermittelt. Die Zahlen für Januar und Februar sehen ähnlich aus. Insgesamt blieben im ersten Quartal 2023 fast die Hälfte der Termine ungenutzt.
Angebot zu unbekannt?
Woran liegt das? Viele Menschen scheinen das Angebot noch nicht zu kennen: Nur 45 Prozent der Instagram-Follower:innen, die sich an unserer Umfrage beteiligt haben, wussten überhaupt von dem Angebot.
Oder funktioniert das Angebot nicht richtig? Im ersten Quartal dieses Jahres warteten Hilfesuchende am Telefon durchschnittlich 8,5 Minuten, bis sie mit den Mitarbeiter:innen verbunden wurden, antwortet die KV auf Anfrage. Bei einigen Tests warteten rbb|24-Kolleg:innen jedoch länger, in einem Fall am späten Nachmittag fast eine Stunde. Zwischen 6 und 8 Uhr und zwischen 19 und 21 Uhr soll die Wartezeit angeblich am kürzesten sein.
Digitale Vermittlung funktioniert besser als telefonische
Auf der Internetseite und per App geht es schneller. Für Haus-, Augen-, Frauen-, Kinder- und Jugendärzt:innen kann direkt ein Termin gebucht werden. Für andere Fachärzt:innen braucht es eine Überweisung und einen Vermittlungscode, den die Hausärzt:innen eintragen müssen. Testergebnis für Website und App: keine Probleme.
Dabei ist es eine potenzielle Win-Win-Situation. Ärztinnen und Ärzte, die eine Behandlung anbieten, bekommen für die über die "116 117" vermittelten neuen Patienten und Patientinnen mehr Honorar - und die wiederum auf der Suche nach einem Arzttermin angesichts der geringen Nachfrage schnell Hilfe.
Sendung: rbb-Bürgertalk "Wir müssen reden", 02.05.2023, 20:15 Uhr