Neue Betrugsmasche - Abschleppdienst fordert Dutzende Autobesitzer zu Lösegeld auf

Mo 03.07.23 | 07:59 Uhr | Von Anna Corves
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Symbolbild:Ein parkendes Auto wird abgeschleppt.(Quelle:dpa/R.Michael)
Video: rbb|24 Abendschau | 03.07.2023 | Anja Herr | Bild: dpa/R.Michael

Kidnapping kennt man aus dem "Tatort": Ein Mensch wird entführt, Verbrecher fordern Lösegeld für die Freilassung. "Auto-Kidnapping" aber ist neu. Einige Berliner sind damit bereits konfrontiert worden. Die Polizei wurde unfreiwillig zum Helfershelfer. Von Anna Corves

  • Abschleppdienst soll abgeschleppt und unrechtmäßig viel Geld gefordert haben
  • Berliner Polizei vermittelte zwischen Autobesitzern und Abschleppdienst
  • Tatverdächtige von der Polizei gestellt

Georgi Komitov ist frustriert und sauer, auch auf die Polizei. Er gehört zu den ersten Opfern einer neuen, perfiden Betrugsmasche, die in Berlin ihren Ursprung hat. 476 Euro hat Komitov verloren.

Seine Geschichte beginnt in Spandau, am frühen Morgen des 1. Juni. Georgi Komitov lief zu seinem Auto, wie er erzählt. Doch da, wo sein Wagen stehen sollte, stand nichts mehr. "Mein erster Gedanke war: Das Auto wurde gestohlen." GPS habe der zehn Jahre alte Wagen nicht. Komitov wählte die 110, die Polizei checkte daraufhin sein Kennzeichen in einer Datenbank. Ergebnis: Sein Auto sei nicht gestohlen, sondern umgesetzt worden, erklärt man ihm, von der Yana GmbH, einer privaten Abschleppfirma. Hier sei die Nummer, da müsse er anrufen und alles Weitere klären.

Tatsächlich ist dies das Standardverfahren, wenn ein Auto im privaten Auftrag - also nicht im Auftrag von Polizei oder Ordnungsämtern - abgeschleppt wird: Bei der zentralen "Auskunfts- und Fahndungsstelle" der Polizei sind private Abschleppfirmen registriert. Diese können - müssen aber nicht - melden, welches Fahrzeug sie umgesetzt haben. Ruft dann ein Autohalter an, der sein Fahrzeug vermisst, kann ihm die Polizei den Namen der zuständigen Firma nennen.

Zahlung trotz schlechten Gefühls

Tatsächlich hatte Georgi Komitov sein Auto über Nacht auf dem Parkplatz eines Supermarkts abgestellt, also auf einem Privatgelände. "Das machen da aber viele so", sagt er im Gespräch mit dem rbb, "das hat nie jemanden gestört". Trotzdem habe er sich die Umsetzung nur so erklären können, dass sie vom Supermarkt beauftragt worden sei. Mit dem Marktleiter habe er das klären wollen, ihn aber so früh am Morgen nicht erreichen können.

Also habe er die Nummer gewählt, die ihm die Polizei gegeben hatte. Die Yana GmbH habe allerdings nur per WhatsApp kommunizieren wollen, und ihm dort eine Rechnung über 476 Euro geschickt. Die müsse er sofort bezahlen, erst dann erfahre er, wo sein Auto stehe.

Screenshot: Zahlungsaufforderung-Whatsapp (Quelle: Screenshot)Zahlungsaufforderung per Whatsapp

Standort erst nach Echtzeitüberweisung bekanntgegeben

Die Summe sei Komitov sehr hoch vorgekommen - im Internet habe er schließlich gelesen, dass private Abschleppfirmen üblicherweise eher 220 Euro fordern. Er habe geflucht, sagt er im Gespräch mit dem rbb, am Ende aber dennoch gezahlt. "Schließlich lief das über die Polizei, in die ich - bis dahin - großes Vertrauen hatte." Deswegen habe er das Geld überwiesen, obwohl er die Summe und die Whatsapp-Kommunikation der Firma merkwürdig fand.

Die Yana GmbH habe ihm dann schließlich den Standort seines Autos genannt. Fünf Kilometer vom letzten Standort entfernt sei es am Straßenrand abgestellt worden. Erst danach erreicht Komitov den Supermarktleiter.

Der widerum habe ihm versichert, gar keinen Abschleppdienst beauftragt zu haben. "Und dann war klar: Die Sache stinkt." Wieder habe er sich an die Polizei gewandt. Dieses Mal, um Anzeige zu erstatten. "Aber die Beamten wollten die erst gar nicht aufnehmen. Das müsse ich zivilrechtlich mit dem klären, der für das Abschleppen verantwortlich sei." Doch als Komitrov habe nachweisen können, dass es gar keinen Auftrag für die Umsetzung gab, seien die Beamten hellhörig geworden.

Kurz darauf häuften sich dann auf einmal die Beschwerden über die Yana GmbH.

Eine Lücke im System

Die Intensität, mit der die Firma ihr Unwesen getrieben hat, sei enorm gewesen, sagt Polizeisprecherin Anja Dierschke dem rbb. In wenigen Nächten, zwischen dem 1. und dem 8. Juni, habe die Yana GmbH in einem recht kleinen Radius, ausschließlich in Spandau, 58 Autos ohne Auftrag umgesetzt - und jedes Mal 476 Euro als Voraussetzung gefordert, dass sie den Standort nennt.

Die "Auskunfts- und Fahndungsstelle" der Polizei wird dabei unfreiwillig zum Helfer. Die Tatverdächtigen machten sich zunutze, dass diese Zentrale nicht überprüft, ob ein Auto überhaupt zurecht abgeschleppt wurde. "Das ist in dem Prozedere nicht enthalten", bestätigt Dierschke. "Bei unserer Vermittlung handelt es sich lediglich um eine gut gemeinte Serviceleistung, damit Autohalter ihr Fahrzeug schneller wiederfinden." Die Tatverdächtigen hätten da tatsächlich eine Lücke im System gefunden.

Kopf der Yana GmbH ist eine 36-jährige Frau, die nach bisherigen Erkenntnissen mit 5 Männern zusammenarbeitete. Sie wurden von der Polizei am 8. Juni auf frischer Tat, beim Umsetzen eines PKW, ertappt. Dass die Gruppe aufflog, hat sie sich wohl vor allem ihrer eigenen Dreistigkeit zuzuschreiben: Dass sie so viele Wagen in so kurzer Zeit in so kleinem Areal umsetzte, fiel auf. Außerdem schleppten sie auch viele Autos ab, die überhaupt nicht im Park- oder Halteverbot standen, berichtet die Polizei. Das habe dann auch angesichts der hohen Forderungen zu Misstrauen, Meldungen und der Verweigerung der Zahlungen geführt.

Polizei für Masche sensibilisiert

Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft Berlin laufen nun im Deliktfeld zwischen Betrug und Erpressung. Die Polizei Berlin prüft, wie sie einen Missbrauch des Abschleppmeldewesens künftig verhindern kann.

Sprecherin Anja Dierschke rät Autofahrern, die von einem Privatgelände abgeschleppt wurden, Geldforderungen kritisch zu hinterfragen: "Wenn man unter hohem Zeitdruck zahlen soll und erst dann würde der Aufenthaltsort des Autos genannt, sollte man definitiv misstrauisch werden und sich dann an die Polizei wenden." Die sei jetzt für solche Fälle sensibilisiert.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.07.2023, 6:25 Uhr

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Beitrag von Anna Corves

143 Kommentare

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  1. 143.

    Das war mal wieder ein typischer Max. Zieh aufs Land - da kannste alleine leben ohne Mitmenschen. Da kannste Dir alles liefern lassen, musst nie Deine Hütte verlassen im Dauerhomeoffice und da kannste mit Deinem Rad stundenlang durchs Gelände pflügen ohne Kontakt zu anderen Menschen. Da brauchste Dich über nichts aufregen

  2. 142.

    Schön, dass Sie es verstanden haben! Ich lasse -mich auch von Ihnen- nicht als Lügner hinstellen! Als ich das Auto abgestellt habe, waren dort KEINE Schilder und wenn ich das "Die Schilder sind mind. 72h vorher aufzustellen." gewusst hätte, wäre ich gegen die Geldstrafe vorgegangen, wahrscheinlich chancenlos, da ich keine Beweise hatte.

  3. 141.

    In dem Artikel geht es um mein Auto.
    An alle Auto-Hasser, die hier sich ihre Gefühle fliessen lassen, mein Auto wurde geklaut und nur gegen Lösegeld habe ich es wieder bekommen. Egal ob ich ordnungsgemäss oder falsch geparkt habe, ist jede Berührung an meinem Fahrzeug ohne Autrag der Eigentümer, Besitzer, Mieter oder Ordnungsamt kriminell. So ein Auftrag gab definitiv nicht. Sluss jetzt mit den Unsinn!

  4. 140.

    Das ist nur in Berlin möglich, wo man alles privatisiert und nur noch seine Bleistifte anspitzt.

  5. 139.

    Die Schilder sind mind. 72h vorher aufzustellen. Daher ist ihre Geschichte unglaubwürdig. Habe sogar ich verstanden.

  6. 138.

    Wer es nötig hat, so eine Aktion durchzuziehen, wird wohl kein Robin Hood sein. Ähnlich wie unser aktueller Bürgermeister suchen die sich als Opfer wahrscheinlich direkt "Schwache". Alte (ohne GPS) und kleine (leicht umzusetzende) Wagen, die so aussehen als würden ihre Besitzer nicht sofort (1) zum Anwalt rennen und (2) in den ZweitSUV steigen. Mit Sicherheit das Gegenteil von den Autos die vom schwarzen Block entglast werden würden.

  7. 137.

    Haben sie auch inhaltlich etwas beizutragen? Berlin-Bashing und allgemeine Stimmungsmache gegen alle, die nicht in ihr Weltbild passen, ist absolut überflüssig.

  8. 136.

    Aus meiner täglichen Erfahrung kann ich sagen, der Name dieser "Firma" sagt alles!!!
    SO und nicht anders läuft das heutzutage, und nicht nur bei Abschleppdiensten!
    Schöne neue (Berliner) Welt!!!

  9. 135.

    "Schöne Geschichte, nur absolut unglaubwürdig." Was bilden Sie sich eigentlich ein?? Nur IHRE Lebenserfahrung ist glaubwürdig oder was?

  10. 134.

    "Schöne Geschichte, nur absolut unglaubwürdig." Was bilden Sie sich eigentlich ein?? Nur IHRE Lebenserfahrung ist glaubwürdig oder was?

  11. 133.

    Cool! Wenn das nicht die neueste Masche der Letzten Generation ist. Darauf muss man erst mal kommen. Achso, das hat mit denen gar nichts zu tun??? Na dann hoffe ich doch, es ist ein Tipp zur Nachahmung. Lohnt sich bestimmt bei großen Panzer-SUV, Porsches, Caravans. Stehen doch überall nur rum oder im Stau. Viele würden es, selbst dabei im Auto sitzend, gar nicht merken, dass sie gekidnappt werden. Starren doch eh alle nur beim Fahren aufs Handy.

    Ich vermute das wird mir mit meinem 500 Euro Fahrrad nie passieren.

  12. 132.

    Nun wer die Verkehrsregeln nicht kennt, der hat in einem Auto nichts zu suchen, er ist nur ein Blechkutscher! Sie fühlen sich getroffen? Kennen Sie die StVO? Und halten sie auch ein?

  13. 131.

    Sie nennen also Blechkutscher die gegen die StVO und evt auch gegen das StGB verstoßen Opfer? Welches Rechtsverständnis haben Sie? Bei Ihnen gilt wohl nur das Recht des Egoisten und keine gegenseitige Rücksichtnahme?
    Wer solche Äußerungen von sich gibt, sollte sich selber erstmal hinterfragen ob er hier sich selber nicht der Peinlichkeit preisgibt? Ach ja, im Jurastudium hat ich auch eine Vorlesung in Kriminologie!

  14. 130.

    Zum einen bin ich Jurist und hatte in meinem Studium auch ein Vorlesung über Kriminologie. Da lernen sie wie Straftäter denken und ihre Maschen zu analysieren. Zum Anderen wer meint es müsse seine Ellenbogen ausfahren und damit andere behindern der dürfte selber wohl sich in Gefahr gebracht haben!

  15. 129.

    Ich möchte mich einem der vor mir Kommentirenden anschließen. Auch ich bin im Jahr 2018 in Marienfelde, waldsassener Straße auf diese Art und Weise abgezockt worden. Da die Polizei ja indirekt mithalf, habe ich bezahlt und mein Auto in einer Entfernung von 3,5 km, in der Motzener Straße, abholen dürfen. Ich als pensionierter Polizeibeamter bin sogar auf diese Masche hereingefallen. Wie gesagt, die Polizei wurde von der Bande missbraucht.

  16. 128.

    "Fahrräder sind Freizeitutensilien."

    Behaupten sie nicht immer sie wären tagtäglich mit dem Rad unterwegs? Sie machen sich immer weiter unglaubwürdig.

  17. 127.

    "Freizeitutensil"?
    Fahrräder sind Verkehrsmittel! Ich fahre jährlich mehr als 6000km, größtenteils Arbeitsweg...
    Mit dem Auto schaffe ich keine 2000...

  18. 126.

    Können Sie also nicht. Ich wünsche mir, ich hätte das nicht beweisen müssen.

  19. 125.

    Ein Grund mehr, nicht falsch zu parken…

  20. 124.

    Polizei will Anzeige nicht aufnehmen?
    Beamte sind aber nicht in der Position zu entscheiden, schon gar nicht rechtlich zu bewerten. Die sind doch VERPFLICHTET die Anzeige aufzunehmen...
    Aber OK... Polizei - bei mir auf dem Arbeitsplatz werden immer wieder gestohlene Fahrräder abgestellt. Drei mal war ich bei der Polizei um es zu melden, drei mal wurde ich mit "wir haben für sowas keine Zeit" weggeschickt.
    Mein Vertrauen in die Polizei liegt bei ungefähr 0,0 - nein... es LIEGT bei 0,0 genau!

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