Neue Bestattungsform "Reerdigung" - Vom Leichnam zu Blumenerde in 40 Tagen
Stirbt ein Mensch, stellt sich die Frage nach der Bestattungsform: Einäschern lassen oder im Sarg bestatten? Oder doch "reerdigen"? Bei dieser neuen Bestattungsmethode wird aus dem Leichnam fruchtbare Erde. Von Yasser Speck
Wenn ein Mensch in Deutschland stirbt, gibt es zwei Optionen, was man mit dem Leichnam machen kann. Entweder die Angehörigen lassen ihn einäschern oder der Verstorbene wird in einem Sarg beigesetzt. In Schleswig-Holstein gibt es bereits eine dritte, eine neue Bestattungsform: die "Reerdigung".
Pablo Metz ist Gründer von "Meine Erde". Das Berliner Unternehmen ist die einzige Firma in Europa, die Reerdigungen anbietet. Dabei wird ein Leichnam in einem Metallsarg eingeschlossen und innerhalb von 40 Tagen in fruchtbare Erde umgewandelt. Metz will nach eigenen Angaben mit seinem alternativen Beerdigungskonzept nun auch nach Berlin expandieren.
Ohne Zusatz von Chemikalien
Bei der Reerdigung wird der Leichnam in einen sogenannten "Kokon" gelegt. Das ist ein Metallsarg, in dem Heu, Stroh und Blumen liegen. Auf dieses Bett wird der Leichnam dann gelegt und anschließend mit einem Deckel versehen. "Der Kokon wird für 40 Tage geschlossen. Da geht niemand mehr ran, der wird nicht geöffnet", betont Pablo Metz. Sie würden auch keine Chemikalien oder Insekten hinzugeben, so der Gründer von "Meine Erde".
"Es sind nur die Mikroorganismen, das Bett aus Heu und Stroh, Wasser, Sauerstoff und der Körper der verstorbenen Person selbst." Während der 40 Tage wird der "Kokon" sanft hin und her bewegt, damit sich die Flüssigkeit verteilen kann. Außerdem wird er die gesamte Zeit belüftet. Bei einer Reerdigung passiert nichts anderes als der natürliche Zersetzungsprozess - nur eben in optimalsten Bedingungen und damit viel schneller als in der Natur.
Nur in einem Bundesland geduldet
In Deutschland sieht das Bestattungsgesetz nur zwei Bestattungsarten vor: die Erd- und die Feuerbestattung. In Schleswig-Holstein ist das auch so. Allerdings hat das Bundesland im Norden als bislang einziges Reerdigungen geduldet. Das heißt, Pablo Metz und sein Team dürfen dort Reerdigungen durchführen. Die Erde aus den Reerdigungen, die in Schleswig-Holstein durchgeführt werden, darf außerdem in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg beigesetzt werden. Das reicht Pablo Metz noch nicht. "Natürlich wünschen wir uns, dass wir ganz bald auch in Berlin die Reerdigungen anbieten können."
Zuständig für eine Duldung ist die Berliner Senatsgesundheitsverwaltung. Diese verfolge das Pilotprojekt zur Reerdigung in Schleswig-Holstein mit Interesse, sagt Oliver Fey, Sprecher der Gesundheitsverwaltung, dem rbb auf Anfrage. "Es gilt aber, zunächst die dort gewonnenen Erkenntnisse und Auswertungsergebnisse abzuwarten, um auf dieser Basis über eine Regelung für das Land Berlin diskutieren und entscheiden zu können", erklärt Fey. Wann das so weit ist, sagt er nicht. Nur, dass das Vorhaben nicht im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD stehe.
Nur die Knochen bleiben übrig
Pablo Metz würde gerne so schnell es geht mit den Reerdigungen in Berlin starten. "Wenn es nach uns geht, dann könnten wir übermorgen anfangen", sagt er. Sie würden die "Kokons" dann in ungenutzten Kapellen auf Berliner Friedhöfen aufstellen.
Wenn so ein "Kokon" dann nach 40 Tagen wieder geöffnet wird, dann sind Mensch, Stroh und Blumen zu Erde geworden. Es finden sich dann nur noch die Knochen des Verstorbenen in der Erde. "Die Knochen werden dann zusammen mit der Erde verfeinert und werden so zum mineralischen Anteil der Erde", erklärt Metz. Es könnten fast alle Menschen reerdigt werden, sagt Metz. "Bei sehr seltenen Krankheiten wie zum Beispiel Ebola würden wir den Leichnam nicht reerdigen. Solche Fälle werden immer feuerbestattet."
Etwas teurer als eine Feuerbestattung
Eine Reerdigung kostet rund 3.000 Euro. Feuer- oder Sargbestattungen beginnen meistens bei rund 2.000 Euro. Das sind aber schon die günstigsten Angebote. Bei manchen Bestattern kann eine Feuerbestattung auch über 3.000 Euro kosten.
Die Erde der Reerdigung wird dann auf einem Friedhof beigesetzt. Auf sie wird dann noch eine Schicht Friedhofserde gestreut. In diese Friedhofserde können dann Blumen oder Pflanzen gepflanzt werden. Die Wurzeln werden dann auch in die Erde des Verstorbenen hineinragen.