Grenzfluss zu Brandenburg - Polen schließt ersten Teil des Oder-Ausbaus im Februar ab

Do 08.02.24 | 16:32 Uhr
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Oder-Baustelle nahe Hohenwutzener Brücke (Quelle: rbb/Michel Nowak)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 07.02.2024 | Michel Nowak | Bild: rbb/Michel Nowak

Seit Jahren wird auf polnischer Seite das Ufer der Oder umgebaut, trotz Kritik von Naturschützern und trotz angeordnetem Stopp durch ein Gericht. Auch unter der neuen polnischen Regierung gehen die Arbeiten weiter - allerdings ist eine Baupause in Sicht.

Beim Ausbau des Grenzflusses Oder auf polnischer Seite soll Ende Februar die erste Etappe abgeschlossen werden. Das sagte ein Sprecher der polnischen Wasserstraßenverwaltung "Wody Polskie" am Mittwoch dem rbb.

Den Angaben zufolge soll es ab März nur noch punktuelle Arbeiten im Bereich des nördlichen Oderbruchs geben. Diese könnten sich mit Rücksicht auf Laich- und Brutzeiten noch bis ins dritte Quartal ziehen, sagte Adam Lazarow von Wody Polskie in Stettin dem rbb.

Der Bauabschnitt in Hohenwutzen, einem Ortsteil von Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland), soll ebenfalls noch abgeschlossen werden.

Ausbau in Phasen unterteilt

Vor einem Jahr hatte Polens oberstes Verwaltungsgericht einen Baustopp einstweilig angeordnet und damit einer Klage von Naturschützern Recht gegeben. Das von der damaligen PiS-Regierung geführte Infrastrukturministerium weigerte sich jedoch, die Beschlüsse umzusetzen.

Auch von der neuen Regierung gab es bislang keine vorgesehene Pläne, einen Baustopp zu realisieren. Stattdessen soll nun die erste Phase des Oder-Ausbaus planmäßig zu Ende gebracht werden. Eine zweite Phase ist laut Angaben der Wasserstraßenverwaltung ab 2026 geplant.

Naturschützer zeigen sich enttäuscht

"Es enttäuscht uns, denn wir haben uns da mehr versprochen, als die neue Regierung an die Macht kam", sagte der Vorsitzende des Nabu Brandenburg, Björn Ellner, dem rbb. Er setzt dennoch auf einen Richtungswechsel der neuen polnischen Regierung, denn aus Sicht des Nabu werden in diesem Verfahren weiterhin rechtsstaatliche Prinzipien verletzt.

Dass sich die zuständigen Behörden entschlossen haben, die Bauschnitte trotz Gerichtsurteil abzuschließen, sieht Ellner als "Unding". Doch immerhin sei der geplante Baustopp besser als gar nichts. "Vorher wurde es völlig ignoriert. Das ist jetzt ein Signal in die richtige Richtung, aber eigentlich auch zu wenig", so Ellner weiter.

Trotzdem habe er noch Hoffnung in die neue Regierung. "Die neue polnische Regierung hat angekündigt, die Flüsse eher als Ökosystem zu betrachten, anstatt als Wasserstraße. "Wenn sie ihr Wort hält, dann habe ich die Hoffnung, dass eine neue Bewertung stattfindet und der Ausbau eventuell abgebrochen wird", so der Vorsitzende des Nabu Brandenburg.

Ausbau seit Jahren umstritten

In Polen gibt es seit Dezember eine neue Regierung. Ein Bündnis aus drei Oppositionsparteien unter der Führung von Donald Tusk von der liberalkonservativen Partei Bürgerplattform (PO) löste die PiS-Partei ab. Von der neuen Koalition hatten sich viele Umweltschützer entlang der Oder erhofft, dass sich die polnische Wasserbehörde nun an die Gerichtsbeschlüsse hält und die Ausbauarbeiten stoppt, von denen Naturschützer ökologische Schäden erwarten. "Der Stopp der Arbeiten ist vor allem wichtig, weil wir uns an Recht und Gesetz halten müssen", sagt auch Jacek Engel von der Greenmind-Foundation, die sich für den Schutz der Biodiversität in Polen einsetzt. "Wenn ein Gericht so etwas verhängt, ist der Staat auch verpflichtet das umzusetzen - egal, ob es ihm gefällt oder nicht."

Seit Jahren gibt es um die Vertiefung der Oder Streit: Befürworter argumentieren, der Fluss brauche mehr Fahrtiefe. Naturschützer fürchten den Verlust von Lebensräumen. Bisher hieß es von den polnischen Behörden, dass der Ausbau mit neuen Buhnen notwendig für Hochwasserschutz und Schifffahrt sei. Zuletzt wurde ein Oder-Abschnitt ab Flusskilometer 645 östlich des Landkreises Märkisch-Oderland bearbeitet. Als nächstes sollte es unter anderem im Einzugsbereich des Nationalparks Unteres Odertal weitergehen.

Korrektur: In einer ersten Fassung dieses Beitrags hieß es, dass die neue polnische Regierung einen vorläufigen Baustopp fordert. Das ist nicht korrekt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 08.02.2024, 19:30 Uhr

Mit Material von Michel Nowak und Fred Pilarski

19 Kommentare

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  1. 19.

    Die Oder ist insgesamt etwa 1000 km lang. Auf knapp 200 km liegt ein Ufer auf deutschem Staatsgebiet.

  2. 18.

    Interessant, haben Sie jetzt auch Fakten, auf die Sie sich beziehen? Oder eher Stammtisch? Ich bin wirklich daran interessiert, Fakten und die Quelle dazu von Ihnen zu bekommen, man lernt ja nie aus.

  3. 17.

    Auch in Polen geht es halt nur um den Machterhalt von Regierungen und Verwaltungen. Vernunft ist nicht gefragt.

  4. 16.

    Wenn man die Artikel und Kommentare so liest, könnte man den Eindruck bekommen, dass die Oder ein deutscher Fluss ist... Das sehen die Polen anders. Und es wirkt, von außen betrachtet, arrogant. Denn die Polen brächten dafür die Deutschen nicht. Nur weil es ein Grenzfluss ist, reden die überhaupt mit uns, um vielleicht doch noch ein gemeinsames Projekt daraus zu machen. So wie die Verträge es aussagen. Vertrag = vertragen. Vertragsuntreue = untreu!

  5. 15.

    "Polen baut natürlich die Oder so aus, wie es auch die Deutschen vor dem Kriege gemacht haben." Kommt dann auch der geplante Oder-Donau-Kanal? Projektierung war ja schon fertig und es gibt ja auch schon ein angefangenen Stück von der Donau. Würde sehr gut zu Polens Lage passen und würde die Nord-Süd-Warentrasse abdecken, da man dann von der Ostsee über Oder-Donau bis ins Schwarze Meer könnte auf kurzem Wasserwege.

  6. 14.

    "Polen baut natürlich die Oder so aus, wie es auch die Deutschen vor dem Kriege gemacht haben. Da war die Oder schiffbar von Cosel in Oberschlesien bis nach Stettin." Ich weiß - ein Großteil meiner Vorfahren kommt aus Schlesien und da wurde viel immer wieder erzählt.

  7. 13.

    Die Polen haben aus ihrer Sicht alles richtig gemacht. Der Miele-Chef sagte, dass er wegen hoher Energiekosten, Personal- und Bürokratiekosten nach Polen zieht und er nicht mehr in der Lage ist diese 3 Kostenblöcke gleichzeitig aufzufangen weil er gegen die Konkurrenz aus Asien nicht mehr mithalten kann.

  8. 12.

    Es geht in erster Linie um die Umsetzung des rechtskräftigen polnischen Gerichtsbeschlusses. Auch die polnische Exekutive steht nicht über ihrer Judikative.
    Von PiS war nichts anderes zu erwarten. Aber bei einem Demokraten wie Donald Tusk hätte man schon erwarten dürfen, dass sich Polen wieder an rechtsstaatliche Prinzipien hält. Allerdings richtig ist auch, dass die neue polnische Regierung bei der Beseitigung der Altlasten nicht weiß, wo sie zuerst hinspringen soll. Insofern teile ich die Hoffnung von Nabu in diesem Artikel.

  9. 11.

    In Neuseeland versucht ein Stamm seit 170 Jahren den Whanganui River als lebendiges Wesen juristisch eintragen zu lassen. Es geht um Menschenrechte. Demzufolge bekäme ein Fluss die Rechte einer Person.

    Ich wünschte mir für alle Flüsse diese Rechte.

  10. 10.

    Polen baut natürlich die Oder so aus, wie es auch die Deutschen vor dem Kriege gemacht haben. Da war die Oder schiffbar von Cosel in Oberschlesien bis nach Stettin. Die linksgrünen Vorstellungen sind in Polen auch unter der neuen Regierung nicht relevant. Man sieht auch in Polen, wie in Deutschland mit dieser Politik die Wirtschaft ruiniert wird.

  11. 9.

    a) Danke für die schnelle Korrektur
    b) "Mit Material von Michel Nowak und Fred Pilarski" Wer sind Hr. Nowak und Hr. Pilarski? Sind die auch von der NGO Greenmind-Foundation?

  12. 8.

    Dazu gibts bereits praktische Lösungen mit Schiffen die sehr viel weniger Seegang haben, also auch die gleiche Tonnage durch flachere Gewässer bekommt.
    Das ist in Zeiten des Klimawandels sowieso illusorisch, immer weiter auf tiefe Wasserstraßen zu setzen. Auch ohne Umweltschutz laufen dann die Kosten für das ständige Ausbaggern irgendwann ins Uferlose.

  13. 7.

    "Die Oder gehört zur Hälfte Polen," Die Oder fließt fast vollständig in Polen - nur ein Stück ab der Quelle im Odergebirge ist in CZ und das Stück Unterlauf ist als Grenzfluß bis kurz vorm Haff teilweise auch in D, ab Haff läuft die Grenze nicht mehr entlang der Oder sondern weiter westlich und es ist wieder 100% Polen. Woher kommt dieser Zungenschlag in D, daß man über die Oder redet, wenn man doch nur den kleinen Teil Unterlauf meint?

  14. 6.

    "Die neue polnische Regierung hat angekündigt, die Flüsse eher als Ökosystem zu betrachten, anstatt als Wasserstraße." Aber brauchte/braucht Polen nicht ganz dringend die Oder als Wasserstraße? Auf polnischem Gebiet ist die Oder doch auch sehr gut als Wasserstraße nutzbar ausgebaut und mit vielen Staustufen versehen. Es wäre eine gute Anbindung zum Hochseehafen in Stettin analog dem Rhein - und ein Oderstrom als Wasserstraße würde für Auslastung des neuen Schiffshebewerkes sorgen (oder wozu hat man das neu und größer gebaut?). Der Oderstrom ist einer der größten Flüsse Deutschlands, warum sollte man ihn nicht wie den Rhein oder die Elbe nutzen?

  15. 5.

    Sehen sie sonst keinen Unterschied zum 18.-Jahrhundert?? Auch in und an dem Fluss Oder?

  16. 4.

    Die Oder gehört zur Hälfte Polen, d.h. auch die polnische Natur ist von diesem Baueingriff betroffen.

  17. 3.

    Da haben Sie natürlich recht. Deswegen hat ja auch das polnische Oberverwaltungsgericht geurteilt. Deutsche Gerichte wissen, dass Sie nur in Deutschland richten dürfen

  18. 2.

    Wozu Mitte des 18.Jhd.s bei Ausheben des Oderbettes der „Neuen Oder“ bereits Buhnen in die Oder gebaut wurden, während sie heute von Deutschland verteufelt werden anstatt sie zu pflegen/zu erneuern?^^

  19. 1.

    Bitte auch erwähnen, dass ein Verwaltungsgerichtsurteil aus der BRD keinerlei Bindung für einen anderen Staat hat. Wieso denken die Deutschen eigentlich immer sie sind der Nabel der Welt?

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