Kritik aus Berlin - Festnahme von RAF-Terroristin - Streit über Vorgehen der Polizei

Mo 18.03.24 | 15:45 Uhr
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Archivbild: Polizisten sichern den Eingang zum Wohnhaus der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette in der Sebastianstraße in Berlin-Kreuzberg. (Quelle: dpa/Carstensen)
Bild: dpa/Carstensen

Nach der Festnahme der RAF-Terroristin Daniela Klette hatte die Berliner Gewerkschaft der Polizei das Vorgehen der Einsatzkräfte aus Niedersachsen heftig kritisiert. Diese Vorwürfe wurden nun als "unsäglich" zurückgewiesen.

  • Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert Abläufe bei Festnahme von RAF-Terroristin Klette
  • Deutsche Polizeigewerkschaft und der Bund deutscher Kriminalbeamter in Niedersachsen weisen Kritik zurück
  • BKA-Präsident Holger Münch sieht keine Fehler der Ermittler, er spricht von "Routineüberprüfung"

Kritik der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Vorgehen der Einsatzkräfte aus Niedersachsen bei der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette sorgen weiterhin für Verstimmung zwischen den Behörden.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft und der Bund deutscher Kriminalbeamter in Niedersachsen teilte am Montag mit, es sei "unsäglich" und "unprofessionell", wenn in einem laufenden Verfahren Einzelne meinten, "das Handeln der Kolleginnen und Kollegen infrage zu stellen und kritisieren zu müssen". Eine kritische Betrachtung des Einsatzes werde "zeitnah und vor allem intern erfolgen".

Die Festnahme sei ein herausragender Erfolg der beteiligten Ermittlungsbehörden, hieß es. Alle Anstrengungen müssten der Ergreifung der Terroristen dienen, Nebenkriegsschauplätze seien "mehr als kontraproduktiv".

GdP fordert "selbstkritische Aufarbeitung"

Zuvor hatte die Berliner Gewerkschaft der Polizei die Kollegen in Niedersachsen in ungewöhnlich scharfer Form kritisiert und ihnen "Profilierungswünsche" vorgeworfen. Demnach müsse das federführende LKA Niedersachsen den Einsatz "selbstkritisch aufarbeiten".

GdP-Sprecher Benjamin Jendro schrieb am vergangenen Donnerstag: "In Anbetracht dessen, was bei Frau Klette alles gefunden wurde, ist es reines Glück, dass sie nicht mit der Panzerfaust hinter der Tür gewartet hat und keiner unserer Kollegen verletzt wurde." Bei der Untersuchung von Klettes Wohnhaus hatten Ermittler unter anderem eine Panzerfaustgranate gefunden. Für solche Festnahmen gebe es fähige Spezialeinheiten in der Hauptstadt, so Jendro.

Klette soll Komplizen gewarnt haben

BKA-Präsident Holger Münch sagte unterdessen, er sehe keinen Fehler der Ermittler, weil die ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette vor ihrer Festnahme noch einen Komplizen warnen konnte. "Ich will das nicht als Fehler bezeichnen", sagte der Präsident des Bundeskriminalamts am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Das sind einfach Dinge, die können Sie nicht ausschließen."

Es sei eine von über 1.000 Routineüberprüfungen gewesen, so Münch. "Da gehen Sie nicht gleich mit der Rampe durch die Tür, sondern es ging darum festzustellen: Ist diese Person, auf die eine Spur hindeutete, möglicherweise Frau Klette oder auch nicht?"

Münch führte aus: "Es ist so gewesen, dass man an der Tür geklopft hat und sich dann auch zu erkennen gegeben hat und es einen Moment gedauert hat, bis Frau Klette dann auch die Tür geöffnet hat." Diese habe gesagt, sie mache gleich die Tür auf. Und in diesem Zeitraum sei es Klette tatsächlich möglich gewesen, noch jemanden zu warnen. "Umgekehrt, wäre es nicht Frau Klette gewesen und man hätte die Tür eingerammt und jemanden zu Boden gebracht, dann hätten wir auch über einen Fehler gesprochen. Das heißt, hinterher sind Sie immer schlauer."

In den Medienberichten war die Situation abweichend geschildert worden. Dort hieß es, Polizisten hätten Klette erlaubt, in ihrer Wohnung noch die Toilette zu benutzen. Dabei soll sie eine Nachricht an ihren früheren Komplizen Burkhard Garweg geschickt und dann die Sim-Karte in die Toilette geworfen haben. Das Handy von Garweg soll danach nicht mehr benutzt worden sein.

Klette war am 26. Februar in Berlin-Kreuzberg festgenommen worden, inzwischen sitzt sie in Untersuchungshaft. Nach Burkhard Garweg wird mit aktuellen Fotos gefahndet. Klette, Garweg und der dritte gesuchte Ex-RAF-Terrorist Ernst-Volker Staub waren vor mehr als 30 Jahren untergetaucht. Alle drei gehörten der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion an, die bis 1991 zahlreiche Anschläge verübte und Menschen tötete.

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20 Kommentare

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  1. 20.

    "Für solche Festnahmen gebe es fähige Spezialeinheiten in der Hauptstadt, so Jendro." Das SEK ist ein Deppenverein, der schon oft die falsche Wohnung stürmte, ohne vorher zu fragen, ob sie dort richtig sind. Deren Opfer hatten große lang dauernde psychische Schäden. Das SEK hätte garantiert die Nachbarwohnung oder die falsche Etage gestürmt, aber keinesfalls die Wohnung von Daniela Klette. Folglich war es richtig, nicht das SEK ran zu lassen, sondern die niedersächsischen Kollegen. @Frieda 18.03.2024 18:21: Noch gar nicht sicher war, ob es wirklich Klette ist.

  2. 19.

    Erschreckend die Zielrichtung der Kommentare. Habe 1974 eine Razzia im Bahnhof Zoo erlebt, da hieß es Hände an die Wand, Beine breit, die Durchsuchung begann, allerdings noch nicht nach Handys.
    Hier kam der Bericht, Frau Klette hat um einen Toilettenbesuch gebeten wohl von der Polizei, oder? Hier liegt der Kapitale Fehler, wie war das noch? Hände an die Wand, Beine breit. Das alles nach über 30 Jahren Ermittlungen, peinlich oder auch versagen, Frau Klette war schließlich bereits festgenommen..

  3. 18.

    Wer, wann, was, wie erledigt oder unterlässt, ist Aufgabe und Thema einer Reflexion. Ob dann bestimmte Sachverhalt einer dienstlichen oder strafrechtlich Würdigung durchläuft, ist ein zweites Thema. Das in aller Öffentlichkeit, außerhalb eines ordentlichen Verfahren, zu beurkunden, zeigt deutlich dass es um eine andere Frage geht.
    Und der verschiedenfach genannte Chor und Geist ist wichtig für die Tätigkeit der Polizei. Wenn aber der Geist und der Chor über der Verfassung steht, wird es schwierig. Sehr diplomatisch formuliert.
    Zu dem verlängerten Armen und Sprachrohr einer was auch immer Organisation, Namen GDp, mag ich nicht sagen.
    Oder doch, sie haben stets & immer Recht.

  4. 17.

    Das Interessante kommt erst noch. Mal sehen was das Gericht daraus macht.

  5. 16.

    Was soll das? Buhlt man jetzt um den Erfolg oder was.
    Die Gewerkschafter machen seit Jahren/Jahrzenten keinen Dienst mehr auf der Straße und/oder waren nie in einer "Spezialeinheit" und wissen jetzt wieder alles besser. Hat eher was von Klugscheißer als konstruktiver Kritik. Nicht dabei gewesen, aber alles besser gemacht machen haben wollen.

  6. 15.

    Eine direkte Reflexion der Umstände zur/bei Festnahme von Frau Klette, hätte den beteiligten Einsatzkräften bestimmt etwas gebracht. Mehr, als die jetzt öffentlich zur Schau gestellte Unprofessionalität, dem Umgang mit der Situation. Sollte eine Reflexion erfolgt sein, dann möchte ich den Verlauf danach, als sehr amateurhaft bezeichnen. Nix gegen Amateure. Aber bitte nur beim Sport.

  7. 14.

    Die Aufgaben der Gewerkschaften ist die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und Tarifverhandlungen zu führen, nicht mehr und nicht veniger.
    Für Beamte, verden keine Tarifverhandlungen geführt, ergo sie haben auch kein Streirecht, sie sind Staatsdiener und Weisungsempfänger und an diese Weisungen gebunden, kurzum sie dienen den Staat und der Staat sorgt für sie und ihre Ehepartner bis zum Lebensende. Es gibt für Beamte den Beamtenbund, der deren Dienstverhältnis angemessen ist, ergo,eine Gewerkschaft der Polizei, die nennt sich zwar Gewerkschaft, sie ist von Kompetenzen her, und verfassungsrechtlich gesehen keine echte Gewerkschaft., vergleichbar beispielsweise mit DGB-Gewerkschaften.
    Das die Berliner Gewerkschaft der Polizei den BKA - Niedersachsen scharf kritisiert, das klingt nach "Mama" die sich preventiv vor ihre eigene Kinder stellt, da sie ahnt .....
    Einfach peinlich und anmaßend, diese Gewerkschaft.

  8. 13.

    Nein, ist in der Bundesrepublik Deutschland eher nicht übliche Praxis von Gewerkschaften. Zumal in der Folge der Weimarer Republik das Streikrecht, die Funktion von Gewerkschaften ja eher sehr eng und streng auf Tarifauseinandersetzungen und den Kampf um bessere Arbeitsbedingungen begrenzt wurde.

    Gewerkschaften der Polizei, auch die sogenannten Gewerkschaften, die eigentlich nur eingetragene Vereine sind, üben sich aber schon immer in der Praxis der gesellschaftspolitischen Allgemein-Statements. Gerne in Richtung des sogenannten "Law & Order" mehr Befugnisse, mehr Repression - und regelmässig nimmt die allgemeine, vorherrschende Presse solche Statements als besondere Expertise und Berechtigung auf.
    Das kennt man so von anderen Gewerkschaften nicht. Falls die überhaupt mal was zur Produktion, oder den Folgen der Produktion sagen, in deren Branchen sie gewerkschaftlich tätig sind. Was hätten wir sonst so alles zu hören bekommen müssen. Über die chemische, die Atomindustrie z.B

  9. 12.

    "... Räuber und Gendarm gespielt ..." Ehrlich gesagt, ja, so wie das abgelaufen ist. ;-)
    Aber danke für die Auskunft.

  10. 11.

    Es war das Bundesland, in dem die Straftat statt fand, mit der Aufklärung befaßt! Das war damals nunmal Niedersachsen! Oder dachten Sie, in Berlin wird Räuber und Gendarm gespielt …

  11. 10.

    Gehört es denn zu den Aufgaben einer Gewerkschaft sich öffentlich über die Arbeit von Kollegen auszulassen? Ich habe bisher gedacht , dass die Gewerkschaft die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Die Wortwahl "unsäglich" halte ich noch für sehr zurückhaltend.

  12. 9.

    Danke an die beteiligten Polizisten. Kenne es so, dass derzeitige Einsätze immer kritisch nachbearbeitet werden. Dies geschieht dann aber nicht in einer öffentlichen Diskussion sondern intern. Danke an die GdP, die wahrscheinlich polizeiliche Strategien öffentlich diskutieren und damit den eigenen Kollegen einen "Bärendienst" erweisen möchte.

  13. 8.

    "... und der Bund deutscher Kriminalbeamter in Niedersachsen teilte am Montag mit, es sei 'unsäglich' und 'unprofessionell', wenn in einem laufenden Verfahren Einzelne meinten, ..."
    Wenn etwas unprofessionell war, dann doch wohl die Performance der Einsatzkräfte aus Niedersachsen.
    Frag mich sws, was die Polizei aus NI hier zu schaffen hat. Für Festnahmen von Terroristen, auch von Terroristen im Ruhestand, sollten eigentlich SEKs zuständig sein.
    Und "vor allem intern"? Logisch - bloß nicht öffentlich zugeben, dass dilettantisch Mist gebaut hat!

  14. 7.

    Kritische "Kolleginnen"? Sind das diese, die am Schreibtisch sitzen oder gar im Homeoffice und den Einsatz von dort aus verfolgt haben?

  15. 6.

    Glückwunsch Ihnen. Sie haben zwar keinerlei gesicherte Information darüber, weshalb Frau Klette noch eine SMS-Nachricht verschicken konnte.
    Aber was macht das schon. In Sachen RAF laufen alle zu grosser Form und den buntesten Erzählungen auf. Was immer gerade im Eigeninteresse gebraucht wird oder nützlich erscheint.
    Kommt es zum Prozess, fällt auch niemanden die dürftigen Indizien und krummen Beweisaufnahmen mehr auf.
    Ist ja "RAF" da sind Fünfe immer gerade.

  16. 5.

    " Eine kritische Betrachtung des Einsatzes werde "zeitnah und vor allem intern erfolgen". "

    D.h. Verheimlichen und kritische Kolleginnen mundtod machen ?

    Oder wie soll man das sonst verstehen? Hilft jedenfalls nicht das Vertrauen in die Polizei zu fördern.

  17. 4.

    Die Gewerkschaften haben wohl ALLE den Hang zu Arroganz und Überheblichkeit und den Bezug zur Realität völlig verloren!

  18. 3.

    Eine Tragikkomödie ist das doch schon. Kein Dorfpolizist (nichts gegen Dorfpolizisten) hätte sich dümmer verhalten können. Ja, man hätte Frau Klette auch noch höflich anbieten können, „Möchten Sie nicht noch Ihre Kumpels informieren“? Oder Hilfe beim Vernichten der SIM-Karte anbieten.

  19. 2.

    Egal wie es nun gelaufen ist, eine polizeiliche Meisterleistung war es nicht. Diesen Ganoven kann man mit Höflichkeit nicht entgegenkommen.

  20. 1.

    Kommt jetzt nach jedem Shitstorm gegen die Ermittlungsbehörden eine neue Version der Geschichte?
    Nicht dass die Geschichte noch zur Krimikomödie mutiert……

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