rbb-Untersuchungsausschuss - Zwangsmaßnahmen gegen ehemaligen Verwaltungsratschef Wolf geplant

Fr 01.03.24 | 13:24 Uhr
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Archivbild: Wolf-Dieter Wolf, früherer Vorsitzender des rbb-Verwaltungsrates am 19.05.2022. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: Antenne Brandenburg | 01.03.2024 | Markus Woller | Bild: dpa/Soeren Stache

Der frühere Verwaltungsratschef des rbb, Wolf-Dieter Wolf, ist an diesem Freitag trotz Vorladung nicht im rbb-Untersuchungsausschuss im Brandenburger Landtag erschienen. Jetzt drohen ihm Zwangsmaßnahmen.

Der rbb-Untersuchungsausschuss im brandenburgischen Landtag will den früheren Verwaltungsratsvorsitzenden des Senders, Wolf-Dieter Wolf, per Zwangsmaßnahme vorladen. Wolf war trotz Vorladung an diesem Freitag nicht vor dem Ausschuss erschienen. Die Ausschussmitglieder hätten sich deshalb darauf verständigt, vor Gericht Zwangsmaßnahmen gegen Wolf zu beantragen, sagte die Ausschussvorsitzende Petra Budke (Grüne).

Der Ausschuss war nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die ehemalige rbb-Geschäftsleitung um Patricia Schlesinger eingesetzt worden. Die Mitglieder sollen klären, ob und wie die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg ihren Kontrollpflichten gegenüber dem Sender nachgekommen sind.

Ehemalige Leiterin der Intendanz sagt aus

Zur Sitzung war auch Verena Formen-Mohr, die ehemalige Leiterin der Intendanz geladen. Sie war nach den bekannt gewordenen Vorwürfen fristlos entlassen worden und klagt aktuell gegen den Sender. Formen-Mohr gehörte neben rbb-Chefredakteur David Biesinger zur Planungsgruppe für den Neubau eines digitalen Medienhauses an der Masurenallee. Während Biesinger nach eigener Aussage für die redaktionellen Belange zuständig war, kümmerte sich Formen-Mohr nach Erkenntnissen des rbb-Rechercheteams eher um Auftragsvergaben und organisatorische Fragen.

Formen-Mohr sagte vor dem Ausschuss, dass die Finanzierung des geplanten digitalen Medienhauses offen war. Nach ihrer Aussage ist es in der Senderleitung allen bewusst gewesen, dass der Bau ein hohes finanzielles Risiko darstellte. Auch seien die Kosten für die Medientechnik nur geschätzt worden.

Vorlage an den Verwaltungsrat über 125 Millionen Euro

Trotz der offenen Fragen hatte die Geschäftsleitung im März 2022 den Verwaltungsrat des Senders gebeten, einem Kreditrahmen von bis zu 125 Millionen Euro zuzustimmen. Für diesen Preis wollte ein Generalunternehmer das neue Gebäude errichten.

Die Gesamtinvestitionssumme und die Gesamtfinanzierungskosten wurden in der Vorlage nicht erwähnt. Der rbb-Finanzchef war dagegen im November 2021 in einer ersten Modellrechnung von 186 Millionen Euro Gesamtkosten ausgegangen. Etwaige Risikozuschläge nicht einberechnet. Die frühere Senderchefin Patricia Schlesinger habe jedoch im Januar 2022 eine Obergrenze von 160 Millionen Euro für das Projekt festgelegt, so Formen-Mohr.

Vorwurf fehlender Informationen über Kosten zurückgewiesen

Formen-Mohr sagte weiter, nach ihrem Eindruck sei allen in der Senderspitze bewusst gewesen, dass man für das Projekt Kostensicherheit brauchte. Auch um der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) einen entsprechenden Plan vorlegen zu können und die Finanzierung durch die Beitragseinnahmen abzusichern. Nach der Corona-Zeit und der damit verbundenen Preisexplosion beispielsweise von Bauholz soll es dann jedoch erste Überlegungen gegeben haben, aus dem Projekt auszusteigen.

Gestoppt wurde das Projekt allerdings erst durch die spätere Interimsintendantin Katrin Vernau. Nach ihren Berechnungen hätten die Gesamtkosten – also inklusive Zinsen und anderer Finanzierungskosten - bei bis zu 311 Millionen Euro gelegen.

Formen-Mohr wies den Vorwurf fehlender Informationen über die tatsächlichen Kosten des geplanten Medienhauses zurück. "Es waren ganz viele Dinge noch völlig unklar", sagte Formen-Mohr. In Bezug auf rbb-Chefredakteur David Biesinger, mit dem sie gemeinsam die Lenkungsgruppe leitete, sagte Formen-Mohr, dass sie ihn im März 2022 über die damals bekannten Kosten in Höhe von 125 Millionen Euro für den Generalunternehmer informiert hätte. Sie erklärte, Biesinger habe vor einer entscheidenden Sitzung des Verwaltungsrates im März 2022, an der er teilgenommen habe, eine "komplette Vorbereitung" bekommen. Biesinger selbst hatte bei seiner Aussage vor dem Ausschuss erklärt, er sei damals nur bruchstückhaft mit Finanzierungszahlen vertraut gewesen.

Mehrere Führungskräfte, die wegen des rbb-Skandals entlassen wurden, sind vor dem Arbeitsgericht dagegen vorgegangen und zunächst gescheitert. Dazu zählt auch Formen-Mohr - sie war in Berufung gegangen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags fehlte die Quellenangabe für die Information, dass Frau Formen-Mohr sich in der Planungsgruppe um organisatorische Fragen kümmerte. Wir haben diesen Absatz präzisiert und deutlich gemacht, dass die Quelle dafür Erkenntnisse des rbb-Rechercheteams sind.

18 Kommentare

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  1. 17.

    Es ist schon traurig mit anzusehen, dass einige Menschen denken, sich über die Gesetze stellen zu können.

    GUT, dass dies nicht möglich ist.

  2. 15.

    Auszugsweises Zitat aus einer Veröffentlichung vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages:
    "Gemäß Art. 44 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) finden die Vorschriften über den Strafprozess auf die
    Beweiserhebung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss sinngemäß Anwendung. Regelungen zum Beweisverfahren finden sich in §§ 17 ff. des Untersuchungsausschussgesetzes(PUAG).
    Zeugniszwang
    Bei einer Zeugnisverweigerung ohne gesetzlichen Grund sind nach § 27 PUAG Zwangsmittel anwendbar. Gemäß § 27 Abs. 1 PUAG kann ... gegen ihn ein Ordnungsgeld bis zu 10.000 Euro festsetzen. Gemäß § 27 Abs. 2 PUAG kann der Ermittlungsrichter ... des Bundesgerichtshofes auf Antrag des Untersuchungsausschusses ... zur Erzwingung des Zeugnisses die Beugehaft anordnen.
    Kommentar
    Kaum zu glauben aber wahr, was diese Volksvertreter so alles dürfen. Gänsehaut pur - und Liebermann läßt grüßen.

  3. 14.

    Muß entweder durch die Verfassung oder per Gesetz, wie beispielsweise dem Untersuchungsausschussgesetz, geregelt sein, dann besitzen PUA‘s, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt, einige Sonderrechte, wie beispielsweise die Zwangsanordnung von Anwesenheit.
    Allerdings bedeutet Zwang hier lediglich die Sanktionierung mit Bußgelder oder Haft.
    Und eine physische Anwesenheit impliziert ja noch keine Aussage. Da kann man max. auch wieder nur mit Bußgeldern oder Beugehaft drohen.
    Also mit „etwas“ Geld und Geduld wird Wolf sowieso alles aussitzen, zumal Wolf ja nicht am Hungertuch leidet und natürlich im Vorfeld sowieso alle Rechtsmittel ausschöpfen wird.

  4. 13.

    Einfach unfassbar, was sich die Leute mit unserem Geld so erlauben. Die Regionalsender sollten noch stärker zusammengelegt werden. Meines Erachtens sind etwa drei Viertel der Sendungen verzichtbar, bzw. laufen ohnehin parallel in mehreren Sendern oder werden im Rigtausch durch die Anstalten geschickt. Jetzt sofort brauchen alle solche öffentlichen Einrichtungen eine unabhängige Kontrollinstanz, die genau auf die Verwendung der Millionen und Millionen schaut.

  5. 12.

    "Das schafft der ÖRR schon ganz alleine, keine Sorge. " Deswegen habe ich mich ja bei Schlesinger und Konsorten "bedankt". Gier zerstört aber nicht nur die Reputation der ÖR. Wie bereits erwähnt ist das in der freien Wirtschaft gang und gäbe. Das sieht man schon daran dass überhaupt kein Unrechtsbewußtsein existiert.

    "Es ist der teuerste ÖRR der Welt - finden Sie das angesichts der Qualität angemessen? "

    Es ist auch der umfangreichste ÖRR der Welt und eindeutig, ja. Die Qualität kann sich sehen lassen, Dokumentation und investigativen Journalismus werden sie so in der Form bei Privaten nie finden, da nehme ich auch "Ausrutscher" wie Fussball und Mutantenstadl hin.

    Kritik ist immer wichtig aber die die den ÖRR abschaffen oder zumindest stark beschränken wollen, das sind keine Kritiker. Das sind die die investigativen Journalismus zu befürchten haben oder grundsätzliche keine unabhängige Berichterstattung mögen.

    Ein Blick nach Ungarn oder Polen sollte Warnung genug sein.

  6. 11.

    Wieso Wegner und Wünsch, haben die sich auch Bonuszahlungen gegönnt? Ich dachte das Gehalt des Regierenden und der Senator/Innen wird an anderer Stelle bestimmt. Also lassen Sie einfach solche Vergleiche, weil diese in dieser Angelegenheit nicht passend sind. Und mein Eindruck ist, dass Einige private Vorgänge benutzen um politischen Amtsträger grundsätzlich in den Schmutz zu ziehen.

  7. 10.

    "Der rbb-Untersuchungsausschuss im brandenburgischen Landtag will den früheren Verwaltungsratsvorsitzenden des Senders, Wolf-Dieter Wolf, per Zwangsmaßnahme vorladen." Geht da überhaupt? Ein Untersuchungsausschuß ist doch kein unabhängiges Instrument der Rechtspflege. Liest hier ein Jurist mit, der sich damit auskennt?

  8. 9.

    Laut Umfragen nimmt die Zustimmung zum ÖRR immer weiter ab. Und das ist nicht nur Schlesinger &Co geschuldet. Diese waren nur der endgültige Auslöser den ÖRR in seinem Handeln zu hinterfragen. Und der ÖRR ist eben nicht mit der freien Wirtschaft zu vergleichen.

  9. 8.

    Man muss die Schuld auch mal bei den anderen suchen!

  10. 7.

    Das schafft der ÖRR schon ganz alleine, keine Sorge. Es ist der teuerste ÖRR der Welt - finden Sie das angesichts der Qualität angemessen?

    Mit etwas mehr Bescheidenheit wäre es vielleicht noch ein paar Jahrzehnte länger so weitergegangen, aber nun sind die Kritiker nicht mehr ruhig zu stellen.

  11. 6.

    Darum geht es denen, die den ÖRR an sich kritisieren, überhaupt nicht.

    Was die Selbstbedienungsmentalität beim rbb betrifft hatte ich mich eindeutig geäußert. Das sind Auswüchse wie sie in der freien Wirtschaft üblich sind und sich auch immer mehr in der Politik durchsetzen, siehe u.a. Wegner und Günther-Wünsch.

  12. 5.

    Halten Sie die Einkommensverteilung des ÖRR denn für gerecht und angemessen?

  13. 4.

    Und mein Eindruck ist, dass hier einige die Vorgänge benutzen um den ÖRR grundsätzlich in den Schmutz zu ziehen.

    Schlesinger und Co. haben der Demokratie schweren Schaden zugefügt.

  14. 3.

    Und unsere Landesregierung ist ihrer politischen Verantwortung natürlich zu 100 % nachgekommen, indem sie die letzte Gebührenerhöhung im Parlament einfach durchgewunken hat. Auf meine kritischen Hinweise an unseren Ministerpräsidenten und die Parlamentspräsidentin 2021 habe ich nie eine Reaktion bekommen. Jetzt beginnt das ganze Theater von neuem. Na, dann winken Sie mal, werte Landesparlamentarier, aber bitte in die richtige Richtung. Auf meiner Ausgabenliste gibt es nach Bekanntwerden des Umgangs mit den Gebühren in die falschen Taschen keine Erhöhung ab 2025.

  15. 2.

    Schön, daß dazu eine Meinung möglich ist, hier.
    Mich macht das ganze Desaster immer mehr betroffen.

  16. 1.

    Oh, die Gebührenzahler dürfen heute einen Kommentar zum RBB abgeben. Danke. Mein Eindruck ist, der RBB ist nicht fähig sich solide und komplett neu aufzustellen. Die nächste Gebührenerhöhung steht schon so gut wie fest. Und nur die Zwangseinnahme sichert die weitere Existenz. Es bleibt wie es ist, Neutralität weit weg, Medienstaatsvertrag und Neutral dein ist schon der grundlegende Widerspruch. Die Gebührenzahler zahlen nicht für ein gutes Programm sondern für ausufernde Ruhestandsgehälter und Missmanagement.

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