Kriminalität - Brandenburger Polizei zählt mehr Betrugsfälle mit "Enkeltrick"

Di 02.04.24 | 17:35 Uhr
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Symbolbild: Eine über 90-jährige Dame führt mit ihrem Smartphone ein Telefongespräch. (Quelle: dpa/Balk)
Audio: rbb24 Antenne Brandenburg | 03.04.2024 | Domaschke, Josephin | Bild: dpa/Balk

Die Täter haben es vor allem auf Senioren abgesehen, sie geben sich am Telefon als Familienangehörige aus und nutzen teils massive psychologische Druckmittel. In Brandenburg gibt es immer mehr Fälle von Betrug durch den "Enkeltrick".

Die Polizei in Brandenburg hat im vergangenen Jahr rund 1.520 Betrugsfälle mit dem sogenannten Enkeltrick registriert. Das sind knapp 60 Prozent mehr gemeldete Delikte als im Jahr zuvor, wie aus der Antwort des Innenministeriums in Potsdam auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Uwe Adler hervorgeht. Im Jahr 2019 lag die Zahl der erfassten Straftaten noch bei rund 520.

Der Parlamentarier vermutet zudem eine hohe Dunkelziffer dieser Delikte. Viele Opfer schämten sich die Polizei einzuschalten, nachdem sie auf die Betrüger hereingefallen seien, sagte Adler. Laut Polizei sind Angaben über eine Dunkelziffer nicht möglich.

Täter geben sich als Verwandte in Notsituation aus

Der gelernte Kriminalbeamte Adler verweist in seiner Anfrage auf eine in den letzten Monaten vermehrt registrierte neue Masche des "Enkeltrick-Betruges", den "Kaution-Trick". Dabei geben sich die Betrüger bei ihren Telefonanrufen insbesondere bei älteren Menschen als Staatsanwälte oder Polizisten aus und behaupten, dass Kinder der Angerufenen einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hätten. Eine Gefängnisstrafe könne aber durch Zahlung einer Kaution vermieden werden, die noch am selben Tag abgeholt werden soll.

Bei der bislang bekannten Variante dieser Betrugsform, dem "Enkeltrick", geben sich die Täter bei ihren Telefonanrufen als Verwandte des Opfers aus. Unter Vorspiegelung einer Notsituation wird der Geschädigte veranlasst, einen bestimmten Geldbetrag an den Täter zu zahlen.

Opfer in sozialen Netzwerken ausgespäht

Die meisten der registrierten Betrugsversuche wurden laut Polizei aus dem Ausland organisiert. Bei rund 85 Prozent der Fälle blieb es allerdings bei dem Versuch, es wurde kein Geld erbeutet.

In seiner Anfrage verweist der SPD-Abgeordnete Adler darauf, dass die Betrüger gut geschult seien und planvoll sowie arbeitsteilig vorgingen. In den sozialen Medien werde im Umfeld der späteren Opfer recherchiert. Bei ihren Telefonanrufen erzeugten die Täter einen hohen psychologischen Druck auf ihre Opfer. Die Gesamtorganisation weise auf ein größeres kriminelles Netz hin.

Senioren im Mittelpunkt polizeilicher Prävention

Wegen der negativen Folgen für das Sicherheitsgefühl und das Vertrauen in die Brandenburger Polizei und Staatsanwaltschaft sei eine schnelle Reaktion des Staates auf die Zunahme und Professionalisierung des Enkeltrickbetruges dringend erforderlich, betont Adler.

Laut Innenministerium stehen Seniorinnen und Senioren als Opfer von Betrugsdelikten "im besonderen Mittelpunkt der polizeilichen Präventionsarbeit". Mit dem Brandenburger Seniorenrat sei ein spezielles Informationsblatt erarbeitet und an Vertreter der Zielgruppen verteilt worden. Zudem soll auf der Homepage des Seniorenrates ein Bereich eingerichtet werden, auf dem über das Thema Seniorensicherheit informiert werde. Auch auf der Internetplattform der Polizei in Brandenburg gebe es verschiedene Warn- und Verhaltensweisen zu aktuellen Formen der Kriminalität, darunter auch zum sogenannten Enkeltrick.

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 03.04.2024, 07:33 Uhr

29 Kommentare

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  1. 29.

    Meine Mutter hat einen solchen Anruf erhalten und sich von den Behauptungen nicht beeindrucken lassen. Angeblich ein Unfall, "überall Blut". Sie gab dem Anrufer den Rat, einen Krankenwagen zu rufen. Im Hintergrund hörte sie eine Frau flüstern, "Leg auf!"

    Die Angerufenen könnten sich ein Gaunerpärchen vorstellen, das gespannt dem Anruf lauscht. Vielleicht hilft es ja.

  2. 28.

    Meiner Meinung nach sind die Strafen für dingfest gemachte Enkeltrickbetrüger völlig zu harmlos. Das sind in meinen Augen Verbrecher der übelsten Sorte und sie sollte lebenslänglich für Ihre schlimmen, nicht wiedergutzumachenden Aktivitäten bekommen, das finde nicht nur ich.

  3. 27.

    Der Staat hat sehr wohl die Aufgabe die Schwächsten zu schützen. Das gilt für Trickbetrüger jeder Colleur. sei es falsche Handwerker, Betrüger die die Konten abräumen, falsche Polizisten, Enkeltrick und was den Verbrechern sonst noch so alles einfällt.

  4. 26.

    Es gibt ältere Menschen, die viel allein sind und sich freuen, wenn überhaupt mal jemand anruft. Wenn sie dann mit einer Schockansage konfrontiert werden, geraten sie unter heftigen Stress und können nicht klar denken. Von den Tätern wird Druck und Hektik erzeugt.

    Einige Menschen sind dement und verstehen die Welt nicht mehr, aufgrund ihrer Krankheit. Sie können auch leicht zu den Opfern gehören.

    Das Thema ist komplex, es sollte nicht mit einem verächtlichen „selber schuld“ abgetan werden. Nicht umsonst werden gerade ältere Menschen von den Tätern kontaktiert.

    Die Angerufenen könnten z.B. nachfragen, welcher Enkel denn gerade anruft.
    Oder, wie hier schon erwähnt, mit der Familie ein Codewort ausmachen. Und sofort auflegen, wenn der angebliche Enkel behauptet, das Codewort in der Aufregung vergessen zu haben.
    Oder den Telefonhörer ein Stück weghalten, um sprichwörtlich Abstand zu gewinnen.
    Oder einen Zettel mit Reaktionsmöglichkeiten neben das Telefon legen.

  5. 25.

    Das ist ja genau der Trick! Die Verbrecher wollen unter allen Umständen verhindern, dass das Opfer auflegt und selbst die angeblich hilflose Person kontaktiert. Dem kann man nur vorbereitend begegnen, indem zum Beispiel Codewörter als Erkennungsmerkmal vereinbart werden oder bereits vorher festgelegt wird, dass immer aufgelegt und selbst zurückgerufen wird, egal was der Anrufer behauptet. Wenn der angebliche Verwandte anrufen kann, dann ist er auch telefonisch mit einem Rückruf erreichbar.

  6. 24.

    Dass solche Enkeltricks immer wieder funktionieren, liegt an den psychologischen Methoden, die die Täter inzwischen ziemlich perfekt anwenden. Davor ist erst mal niemand absolut sicher geschützt, selbst wenn er oder sie gut über das Phänomen informiert ist. Deshalb sollte man auch nicht überheblich über die Opfer richten. Diese werden in aller Regel durch eine fingierte Story derart unter Schock gesetzt, dass das normale Denken faktisch aussetzt und das Opfer in einen Tunnelblick versetzt wird und dann nur noch darauf fixiert ist, dem angeblich in großen Schwierigkeiten steckenden Angehörigen so schnell wie möglich zu helfen. Dieser Druck wird kontinuierlich aufrecht erhalten. Unter diesem Stress sind keine logischen Entscheidungen möglich.
    Daher ist es wichtig, bereits vorher dafür zu sorgen, dass das Opfer von einem Dritten aus dieser Spirale herausgeholt wird, zum Beispiel indem immer zuerst ein naher Angehöriger oder eine andere Vertrauensperson kontaktiert wird.

  7. 23.

    Hallo rbb24, auf dieser Seite wird die Kommentarfunktion freigeschaltet- in einem vorherigen Beitrag nämlich dass der Anteil über 80 jährigen steigt, ist es euch nicht wert, kommentiert zu werden??? Sehr schade.

  8. 21.

    "Im Vordergrund steht der psychologische Aspekt Der Wunsch nach Kontakt zur Familie. "
    Wie kommen Sie darauf, dass der Wunsch nach Familienkontakt für das Hereinfallen verantwortlich ist?

  9. 20.

    Im Vordergrund steht der psychologische Aspekt Der Wunsch nach Kontakt zur Familie. Das nutzten diese Verbrecher gnadenlos aus. Meine Eltern waren nach dem Anruf zu 90 Prozent sicher, dass es nicht ihr Enkel war, aber sie haben sich trotzdem bei mir versichert, ob er in der Nähe ist und Schwierigkeiten hat. Der Samen war gelegt. Beim nächsten Versuch haben sie clever reagiert und gesagt, daß sie jetzt in einer Seniorenresidenz wohnen und die Pfleger zur Unterstützung benötigen. Danach war Ruhe und die Polizei wurde informiert. Der wirksamste Schutz ist glaube ich, reden ,reden, reden. So haben wir es jedenfalls gemacht. Viele ältere Menschen schämen sich, weil sie darauf reingefallen sind. Wie gesagt, der psychologische Aspekt ist ihre Waffe.

  10. 19.

    Möglich, dass die Verbrecher keine Zeit zum Nachdenken geben wollen. Wer sich die nehmen lässt, hat eine hohe Mitschuld am Betrogenwerden. Ebenso die verbal Inkontinenten, die jeden Urlaub nebst Zeit, jedes gekochte oder bestellte Essen ins Netz stellen (furchtbar) usw. Warum machen sich solche Leute so transparent? Warum ziehen sie unerlaubt ihre älteren Verwandten in diese Transparenz?

    Und wie kommen die Betrüger an meine Stimme, wenn ich sie nicht selbst im Internet verbreitet habe?

    EIGENVERANTWORTUNG ist angesagt und nicht die Schuld bei anderen suchen. Leute, die Opfer werden, haben sich früher Mitgliedschaften in Buchclubs andrehen lassen. Nichtdenken kommt nicht über Nacht angeflogen.

    Das sagt ein ziemlich alter Mensch.

  11. 18.

    Also, wer's jetzt immer noch nicht kapiert hat ...

    Aber nach wie vor bemerkenswert, was und wie viel unsere Senioren so alles unterm Kopfkissen oder im Kleiderschrank gebunkert zu haben scheinen. Die Rentner, die ich kenne, kommen erst gar nicht in die Gefahr, um ein paar Zehn- oder Hunderttausend betrogen zu werden.

  12. 17.

    Die Verbrecher benutzen viele Tricks, damit sie als Verwandte glaubhaft wirken. Sie spionieren in sozialen Medien die Verwandtschaftsverhältnisse aus, imitieren mit KI die Stimme der Verwandten, lassen den Opfern keine Zeit nachzudenken usw. Wenn der Staat wirklich Geld haben will, holt er das nicht ab, sondern gibt ein Konto an, wohin zu zahlen ist. Erst wenn mehrere Mahnungen erfolglos sind, kommt der Gerichtsvollzieher. Kautionen gibt es in D für solche Dinge nicht. Die Polizei verlangt auch nicht, Geld und Wertsachen in Mülltonnen oder woanders zu tun, damit sie es abholt. Aber das bemerken manche erst, wenn es zu spät ist. Denn die Verbrecher lassen den Opfern keine Zeit nachzudenken.

  13. 16.

    Man kann nicht jede Verantwortung an den Staat abgeben. Sorry, aber auch im Alter kann man seinen Verstand einschalten und muss nicht blind vor Panik reagieren. Wir haben mit unseren Kindern ein Code-Wort ausgemacht. Erscheint dieses nicht in einer hilfesuchenden SMS, so ist es Fake.
    Das Alter hat nichts mit Vertrauensseligkeit zu tun. Ich bin alt, wurde aber zum Mitdenken erzogen. Das hilft.

  14. 15.

    Es ist schade und ärgerlich, daß man Netzwerke, die aus der EU heraus arbeiten nicht wirklich schnell und effektiv bekämpfen kann. Welches Land mit welcher Regierung, welche Gesetzgebung oder welche Behörde auch immer das aus welchem Grund verhindert weiß ich natürlich nicht. Wäre aber wünschenswert, wenn man da zu mindestens vorankommen würde.

  15. 14.

    >"Es gibt auch alte Menschen die an Demenz erkrankt sind und diese Personen sind einfach nicht mehr in der Lage sind Realität von Phantasie voneinander zu trennen. "
    Stimmt absolut. Daher haben wir eben solche Oma von nem Familienbekannten vor 3 Monaten in eine betreute Wohngruppe unterbringen können. Da gibts eine Telefonnummer für alle und die 24/7 Breuerinnen und Betreuer nehmen erstmal ab, horchen vor und stellen dann das Telefon durch. Seit dem ist Schluss mit obszönen Anrufen bei ihr. Und Sie hat dort super Alltagsbeschäftigung mit allen dort im Alltag ohne auf einen Kontakt zu warten. So einfach wie es klingt, ist es für die weit entfernten Angehörigen sicher nicht: An Demenz erkrankte Menschen sollten nie allein zu Hause sein.

  16. 13.

    Damit hast du Nagel genau auf den Kopf getroffen...
    Selbst erlebt, schnell reagiert, Polizei hat sich bedankt für den Hinweis...
    Passt gut auf unsere lieben Älteren auf!

  17. 12.

    Erstens sind dier Zahlen in BB und BE gestiegen und zweitens wird nicht jeder gemeldete Anruf in der PKS erfasst, sondern nur, wenn ein Opfer gezahlt hat und dadurch zu Schaden gekommen ist.
    Drittens weiß ich nicht, wem Sie was mit "gewünschte Statistik" unterstellen wollen. Klingt mir sehr nach Verschwörungstheorie.

  18. 11.

    Wenn alle vom Enkeltrick Betroffenen sich bei der Polizei melden würden, könnte die Polizei auch eine verlässliche Statistik erarbeiten. Leider melden sich offenbar viel zu wenige Opfer. Die Täter haben weiterhin leider leichtes Spiel.

  19. 10.

    Man kann nur allen, die ältere Menschen um sich haben (z.B. Familie, Nachbarn, Kunden) raten, dieses Thema immer wieder anzusprechen. Die Älteren sind empfänglicher für derartige Straftaten, weil sie vertrauensseeliger sind und ihnen das angebrachte Mißtrauen im Umgang mit Medien (auch Telefon) nicht in die Wiege gelegt wurde. Wiederholtes Thematisieren sensibilisiert und nur das hilft, den Gaunerbanden den Erfolg zu vereiteln.

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