Gefährdungsbewertung zu 1. Mai - Berliner Polizei ermittelt intern wegen Verrats von Dienstgeheimnissen

So 28.04.24 | 16:23 Uhr
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Archivbild:Einsatzkräfte der Polizei bei der Revolutionären 1.Mai-Demonstration am 01.05.2023.(Quelle:imago images/Future Image)
Audio: Inforadio | 28.04.2024 | Anette Kufner | Bild: imago images/Future Image

Nach einem Bericht der "B.Z." ermittelt die Berliner Polizei gegen Kollegen. Die Zeitung hatte aus einem internen Papier zitiert. Darin wird das Gefährdungspotenzial einer Demo bewertet, zu der am 1. Mai viele Linksextreme erwartet werden.

  • Die Zeitung "B.Z" veröffentlichte einen Bericht, in dem es um Gefahrenpotenzial der sogenannten "Revolutionären 1. Mai-Demonstration" geht
  • Bericht wurde von der Polizei als Verschlusssache eingestuft
  • Polizei ermittelt jetzt in eigenen Reihen wegen Verdacht auf Verrat von Dienstgeheimnissen
  • Erwartete Teilnehmerzahl bei Demonstration im "unteren fünfstelligen Bereich"

Die Berliner Polizei hat interne Ermittlungen aufgenommen, nachdem ein Bericht, der als Verschlusssache eingestuft wurde, an die Presse gelangt war. Ein Polizeisprecher sagte rbb|24 am Sonntag, dass die zuständige Dienststelle den Fall untersuche. "Es besteht der Verdacht, dass ein Verrat von Dienstgeheimnissen verwirklicht wurde." Zuvor hatte die Deutsche Presse-Agentur (DPA) über die Ermittlungen berichtet.

Konkret geht es um einen Bericht der "B.Z.", der am Sonntag veröffentlicht wurde. Darin wird das Gefahrenpotenzial der sogenannten "Revolutionären 1.-Mai-Demo" analysiert. Als Verschlusssache werden Dokumente kategorisiert, wenn die darin enthaltenen Informationen nach Einschätzung der entsprechenden Behörden im Interesse der Öffentlichkeit geheim gehalten werden sollen.

Mit welcher Strategie sich die Berliner Polizei auf den 1. Mai vorbereitet, könnte aus Sicht der Behörde erhöhte Geheimnhaltung rechtfertigen. Die "B.Z." hatte am Sonntag unter anderem berichtet, dass die Polizei mit gewaltbereiten Teilnehmern rechne sowie mit einem "aktionsorientierten linken Klientel".

Einschätzungen zu Teilnehmerzahl

Wie die Polizei dem rbb am Sonntag mitteilte, werden zu der Demo zwischen tausend und mehreren tausend Teilnehmende erwartet. Die "B.Z." hatte berichtet, intern gehe die Polizei von einer Teilnehmerzahl "im unteren fünfstelligen Bereich" aus.

Weiter soll es darin heißen: "Besondere Relevanz dürfte von gewaltorientierten Linksextremisten des autonomen und postautonomen Spektrums sowie aktionsorientierter linker Klientel ausgehen." Es sei mit Stein-, Flaschen- oder Böllerwürfen auf Einsatzkräfte aus dem Aufzug heraus zu rechnen.

Ein "gefährdendes Ereignis" im Kontext mit dem Nahost-Konflikt oder der verbotenen Palästinenserorganisation Samidoun hält das Landeskriminalamt (LKA) demnach trotz Ausschreitungen bei propalästinensischen Demonstrationen für "wenig wahrscheinlich". Das gilt auch für die Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette im Februar in Berlin sowie die andauernde Fahndung nach ihren mutmaßlichen Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub.

Polizeipräsidentin will sich am Montag äußern

Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes will sich die linksradikale Demonstration am 1. Mai in diesem Jahr angesichts des eskalierten Nahost-Konflikts gezielt auch an arabischstämmige junge Menschen wenden. "Die Strecke der Demonstration durch das migrantisch geprägte Neukölln dürfte nicht ganz zufällig gewählt sein, sondern vielmehr in der Hoffnung, durch den Nahost-Konflikt politisierte Jugendliche in die Demonstration entsprechend einzubeziehen", sagte Innen-Staatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) kürzlich.

Nach dem "B.Z."-Bericht bezweifelt die Polizei, dass die Demonstration die komplette Strecke bis zu ihrem geplanten Endpunkt geht. Innerhalb der linken Szene bestehe "aufgrund befürchteter repressiver polizeilicher Maßnahmen kein Interesse, mit dem Aufzug bis zu einem vorbereiteten Endplatz zu laufen", zitiert das Blatt. Die Staatsschützer rechneten deshalb mit einem frühen Ende "nach der 2. Zwischenkundgebung am Hermannplatz oder im Bereich der Hasenheide".

In den vergangenen Jahren wurde die sogenannte "Revolutionäre 1.-Mai-Demo" regelmäßig vorzeitig abgebrochen. Die DPA berichtet, Polizeipräsidentin Barbara Slowik werde an diesem Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses über den geplanten Einsatz der Polizei berichten.

Sendung: Inforadio, 28.04.2024, 19 Uhr

15 Kommentare

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  1. 14.

    Ick versteh die Uffrejung nich. Wat is dadran jeheim? Dit weeß doch jeda hier, det dit am 1. Mai Stress jibt. Wie jedes Jahr...

  2. 13.

    Mir als Konservativem sind hier leider enge Grenzen gesetzt, doch hätten Sie Beispiele für "unverhältnismäßige Polizeigewalt", in denen nicht ermittelt wurde?
    Halten Sie Verrat von Dienstgeheimnissen für legitim oder für eine Bagatelle?
    Und sind Sie nicht auch der Meinung, dass Dinge, welche die alljährlichen Erste-Mai-Randale betreffen, momentan eine gewisse Dringlichkeit haben?
    Mein Standpunkt ist der, dass es moralisch gesehen wohl sehr vom eigenen Standpunkt abhängt, ob jemand ein Whistleblower oder ein Verräter ist.
    Nur in den seltensten Fällen (also nur wenn es gar nicht mehr anders geht) ist Geheimnisverrat hinnehmbar.

  3. 12.

    Da wird plötzlich eifrig ermittelt, aber nicht gegen die Rechtsextremen in den eigenen Reihen oder bei völlig unverhältnismäßiger Polizeigewalt.

  4. 11.

    Die Wahrung von Dienstgeheimnissen ist eine Sache, die ich durchaus ernst nehme.
    Aber der Euphemismus "aktionsorientierten linken Klientel" ist Satire pur.
    Ist diese Personengruppe Bestandteil der "Party- und Eventszene"?
    Oder ist es umgekehrt?

  5. 10.

    Die Qualität der Berliner Polizei leidet zusehends. Kein Wunder, wenn die Einstellungstests immer einfacher werden….

  6. 9.

    .... dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet..... 1.) Also ich sehe hier keine wichtigen öffentlichen I. gefährdet.
    2. Darf es Whistleblower nur außerhalb des ÖD geben? Was wären Infos über kriminelle o. diskriminierende, von Vorgesetzten, geduldet o. gewünschte Handlungen - auch ... wichtige ....-von wegen der Glaube an die Polizei könnte verloren gehen? ;-) 3. Was ist jetzt mit der B.Z.? wird die jetzt geschlossen? Wegen Staatsgefährdung. Waren da Russen o. Chinesen im Spiel? ......

  7. 8.

    Wogegen sollen denn die Polizeikräfte durchgreifen? Wenn Netanyahus Politik kritisiert wird, auf Anweisung von Hartlinern wie Wolffsohn? Wenn schwäbische Erben Ommas Häuschen und westliche Cybernormaden den Mietmarkt Und den Immobilienmarkt bestimmen und die ehemals ausreichenden Löhne von Einheimischen und Zuwanderern ohne diesen Background zu Bittstellern machen. Was hat die CDU, FDP und besonders die AfD gemeinsam? Spitzensteuersatz senken, keine Erbschaftssteuer, von Vermögenssteuer ganz zu Schweigen. Hauptsache es gibt noch Leute, denen es schlechter geht.

  8. 7.

    Ich könnte kotzen, back to the 80ties. Repressalien bis es explodiert. Ja das ist nach dem Willen von Giffey und Wegner. Hat denn keiner bemerkt, daß alles wogegen wir damals auf die Straße gegangen sind, wahr geworden ist, und nun wo es Neumieten für junge Familien und selbst für Studenten, die ja Heutzutage, wenn von außerhalb, eher aus gutsituierten Mittelstandsfamilien stammen, Wie bei mir im Haus, zu zweit oder zu dritt, in "möblierten" 1 Zimmerwohnungen für 850€ unterkommen müssen. Umverteilung von Unten nach Oben.

  9. 6.

    .BerlinBerlinSonntag, 28.04.2024 | 18:12 Uhr
    "Hoffe die Polizei greift hart durch, wenn dies nötig werden sollte. Keine Toleranz gegenüber den linken und rechten."

    Und Sie sind bitte was? Die güldene, die blumig frisch riechende, einzig legitime, irgendwas mit Mitte?

    In den Geschichtsbüchern die ich kenne, verbündete sich die Mitte irgendwann immer mit der Rechten. Die sie gar nicht mehr so rechts fand. Weil sie ja selbst höchst rechts geworden war. Das aber immer noch mittig empfand.
    Und dann griffen die echt krass hart durch. Gemeinsam. Gegen alles was die von da aus für links hielten.
    Weil für nötig hielten sie es ja dann.

    War schon erstaunt, wo die diesjährige Tradition der 1.-Mai-Berichterstattung bleibt. Schauerlich-fröstelnd-zitternd. Vor dem Schutt und der Asche. In die die Stadt versinkt.

  10. 5.

    Was an der Information neu ist? Die ist brandaktuell und stand gestern wohl noch nicht im Raum. Informationen, die neu veröffentlicht werden, sind niemals aus dem vergangenen Jahr. Steht doch alles im Text, die Überschrift reicht da nicht, um die neuesten Infos aufzusaugen.

  11. 4.

    Bei der Polizei in BE gibts es einen Whistleblower. Nach § 353b StGB ist die Verletzung des Dienstgeheimnisses strafbar.
    Für die Information der Öffentlichkeit gibt es Pressesprecher.

  12. 3.

    Was ist neu? - Ich möchte nicht davon ausgehen, dass das Durchstecken von dienstlichen Interna an die Medien normal ist.

  13. 2.

    Hoffe die Polizei greift hart durch, wenn dies nötig werden sollte. Keine Toleranz gegenüber den linken und rechten.

  14. 1.

    Ich verstehe die Brisanz des Themas nicht wirklich! Was genau ist an diesen Informationen neu?

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