Wassertourismus im Oderland - Kanu-Verleiher und Naturschützer streiten um Paddel-Route durch Biosphärenreservat
Der Wassertourismus in der Region Bad Freienwalde würde sich gern breiter aufstellen. Zur Hauptsaison endet eine begehrte Paddelstrecke an den Grenzen des Naturschutzes. Jetzt soll eine Alternative her, die bislang aber im Schlamm stecken bleibt.
Karsten Förster ist Kanu-Verleiher aus Oderberg. Er bietet in der Region Barnim und Märkisch-Oderland geführte Paddel-Touren an. Einige davon beginnen am Hafen in Bad Freienwalde und führen über den sogenannten Landgraben. Für Förster ist die Stadt mit ihrem Anschluss an den Bahnverkehr ein idealer Startpunkt. "Man könnte zum Beispiel am Wochenende hier in Bad Freienwalde mit dem Zug ankommen und starten", sagt Förster. "Wir bringen die Boote und die Leute können zwei oder drei Tage paddeln. In Eberswalde kurz vor dem Bahnhof könnte man die Boote dann wieder einfangen."
Der Landgraben ist das einzige Gewässer, das die Stadt an die Wasserwege des Nieder-Oderbruchs anschließt. Theoretisch ließe sich dem Verleiher zufolge von Bad Freienwalde aus sogar bis zur Ostsee durchpaddeln.
Touren enden am Biosphärenreservat
Aber in drei Monaten im Jahr geht das nicht. Zwischen April und Juni ist nach circa drei Kilometern auf dem Wasser Schluss. Denn westlich der Stadt beginnen das UNESCO Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und ein EU-Vogelschutzgebiet. Um die Vögel während der Brut nicht zu stören, ist der Landgraben bis zur Mündung an die "Wriezener Alte Oder" gesperrt.
Kanu-Verleiher Karsten Förster zeigt dafür wenig Verständnis. "Es ist Frühling und die Natur ist in dieser Zeit am schönsten. Wir haben hier ein Paddelrevier, welches relativ konfliktfrei ist. Wir müssen den Leuten zeigen, was wir schützen wollen."
Umweltschützer: Vögel brauchen Ruhe zur Brut
In der Verwaltung des Biosphärenreservats sieht man das etwas anders. Zwar sind Reservats-Leiter Martin Flade und sein Team Befürworter des Naturtourismus. Allerdings möchten sie alle äußeren Einflüsse verhindern, die die Vögel während der Brutzeit stören könnten. "Selbst Paddler, die sich absolut vorbildlich verhalten und ganz still und vorsichtig sind, sind trotzdem während der Brutzeit eine Störung für die Röhricht bewohnenden Vogelarten. Dazu zählen die Rohrdommel oder die Rohrweihe."
Es sei schon ein großes Entgegenkommen, dass Paddler überhaupt außerhalb der Brutzeiten durch das Vogelschutzgebiet fahren dürfen. Um die Anzahl der Boote zu kontrollieren, vergibt der Landkreis eine begrenzte Anzahl an Vignetten. Nicht jeder Tourist darf einfach in ein Kanu steigen und lospaddeln. Auf dem Landgraben sind nur geführte Touren erlaubt, für die die Tourleiter an einer Naturschutz-Schulung teilnehmen müssen.
Alter Oder-Arm könnte ertüchtigt werden
Ein Kompromiss zwischen Touristikern und Naturschützern ist aber möglicherweise in Sicht. Das Biosphärenreservat plant die Wiedervernässung von Mooren. Dadurch könnte auch ein Altarm - der "Bauerngraben" - als Verbindung entschlammt und fahrtüchtig gemacht werden. Dieser zweigt nordwestlich von Bad Freienwalde vom Landgraben auf kurzem Weg direkt zur Wriezener Alten Oder ab. Ob das Vorhaben realistisch ist, soll nun eine Machbarkeitsstudie des Biosphärenreservats zeigen. "Was am Bauerngraben oder an den Kanälen zu machen ist, ist nicht so viel", sagt Flade. "Der kritische Teil ist der Übergang zur Alten Oder, weil die Lagen der Wasserspiegel unterschiedlich sind.“ Der Bau einer Schleuse sei allerdings zu teuer und zu aufwendig, so Flade. Denkbar sei dort eine Überführung der Bote auf einer Art Schiene.
Drei Jahre Wartezeit für Gutachten
Für Boot-Führer Karsten Förster wäre das aber keine Alternative. "Ich habe mir einen Kanu-Verleih gebaut und möchte den Leuten meine Philosophie übergeben: draußen sein und über die Natur sprechen. Wenn ich aber in so einem künstlichen Graben fahren soll und andere bestimmen, wie eine gute Kanu-Tour aussieht, dann schränke ich mein Kanu-Fahren ein, weil ich dann nicht mehr nach Bad Freienwalde fahren will."
Zeitnah wird sich an der derzeitigen Situation aber so schnell nichts ändern. Denn bis das Ergebnis der Machbarkeitsstudie vorliegt, könnten bis zu drei Jahre vergehen. Bis dato hat der Naturschutz im Frühjahr auch weiterhin Vorrang vor dem Tourismus.
Sendung: Antenne Brandenburg. 08.04.2024, 14:10 Uhr
Mit Material von Philipp Gerstner