Queere Sichtbarkeit und CSD - Berlin und Brandenburg starten in die Pride-Saison

So 02.06.24 | 16:40 Uhr
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Menschen mit Regenbogenfahnen beim Queensday Straflenfest im Holländischen Viertel im Rahmen des Christopher Street Days in Potsdam, 11. Mai 2024.(Quelle:imago images/M.Müller)
Bild: imago images/M.Müller

Der Juni ist seit vielen Jahren in der queeren Szene als "Pride-Monat" etabliert. Dabei geht es um Sichtbarkeit, Toleranz und Selbstbewusstsein von LSBTI-Personen. In Berlin und Brandenburg finden zahlreiche Veranstaltungen und Demos statt.

Mit dem Juni beginnt auch in Berlin und Brandenburg der sogenannte Pride-Monat. "Pride" – englisch "Stolz" – steht dabei für die Sichtbarkeit und das Selbstbewusstsein von Schwulen, Lesben, Bisexuellen sowie trans* und intergeschlechtlichen Menschen (abgekürzt: LSBTI).

In vielen Städten sowie Ländern der Welt gibt es deshalb vorrangig im Juni, aber auch anderen Monaten Umzüge, Demos und Veranstaltungen rund um LSBTI-Themen. Wichtiger Bestandteil des Pride-Monats Juni sind auch Demonstrationen anlässlich des Christopher Street Day (CSD). Damit wird an Auseinandersetzungen im Stonewall Inn, einer Bar mit schwulem und trans* Publikum in der New Yorker Christopher Street, im Juni 1969 erinnert.

In Berlin und Brandenburg finden deshalb zahlreiche Veranstaltungen statt. Den Auftakt machte in diesem Jahr Potsdam – hier wurde bereits am 11. Mai der CSD gefeiert. Am 1. Juni folgte der erste CSD in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin). Gut 300 Menschen zogen unter dem Motto "Aufstehen, Hand in Hand – Es gibt ein queeres Hinterland" vom Bahnhof aus durch die Stadt zum Triangelplatz, gegenüber vom Rheinsberger Schloss.

Weitere CSD-Demonstrationen 2024 in Berlin und Brandenburg

  • 8. Juni: CSD in Eberswalde (Barnim)
    Erstmals wird es in Eberswalde einen Pride-Umzug geben. Start soll 13 Uhr am Bahnhofsvorplatz sein.

  • 15. Juni: Regenbogen-Fahrrad-Demo in Potsdam
    Wer den Pride am 11. Mai in Potsdam verpasst hat, bekommt am 15. Mai eine zweite Chance – um 15 Uhr wollen sich radelnde Demonstrierende auf dem Alten Markt zwischen Landtag und Nikolaikirche treffen.

  • 15. Juni: Marzahn-Pride
    Russischsprachige LSBTI-Personen rund um Quarteera e.V. organisieren zum fünften Mal die Marzahn-Pride durch Berlin-Marzahn. Start soll 12:30 Uhr sein.

  • 15. Juni: CSD in Prignitz/Wittenberge
    Der CSD 2024 wurde abgesagt.

  • 22. Juni: CSD in Bernau (Barnim)
    Nach der Premiere 2023 geht der CSD in Bernau in diesem Jahr in die zweite Runde. Um 11 Uhr ist der Start geplant, Treffpunkt ist der Bahnhofsvorplatz.

  • 28. Juni: CSD in Falkensee (Havelland)
    Der erste CSD fand in Falkensee 2019 statt. Am 28. Juni soll die Demo wieder stattfinden.

  • 29. Juni: CSD in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin)
    Erstmals wird in Neuruppin 2024 der CSD gefeiert. Gestartet werden soll um 11 Uhr.

  • 29. Juni: CSD in Cottbus/Niederlausitz
    Der CSD in Cottbus gilt als einer der politischsten in Brandenburg und findet 2024 zum 16. Mal statt. In diesem Jahr lautet das Motto: "Wer sich nicht bemerkbar macht, wird nicht mitgedacht". Neben der Demo ab 15 Uhr vor der Stadthalle gibt es vom 17. bis 29. Juni Aktionsswochen mit etwa 30 Veranstaltungen.

  • 6. Juli: CSD in Brandenburg an der Havel
    "Gemeinsam für ein vielfältiges Brandenburg" ist das Motto des vierten CSD in Brandenburg an der Havel. Die Demo soll um 15 Uhr am Hauptbahnhof beginnen.

  • 27. Juli: CSD in Berlin
    Der 46. Berlin Pride findet unter dem Motto "Nur gemeinsam stark – Für Demokratie und Vielfalt“ statt. Die Demo soll um 12 Uhr in Berlin-Mitte von der Leipziger Straße / Ecke Spittelmarkt starten mit dem Ziel Brandenburger Tor.

  • 14. September: CSD in Frankfurt (Oder)
    Grenzüberschreitend ist der Pride in Frankfurt (Oder) und der polnischen Nachbarstadt Slubice. Das genaue Programm ist noch nicht bekannt, aber es soll wieder eine Demo-Route über die Oderbrücke zwischen den beiden Ländern geben.

  • 21. September: CSD in Oberhavel/Oranienburg
    Der letzte CSD in diesem Jahr in der Region findet in Oranienburg statt. Geplant ist eine Demo ab 13 Uhr an der Lehnitzstraße/Lindenstraße.

Queere Projekte in Brandenburg auf der Kippe

Die Lage für LSBTI-Personen ist in Brandenburg aktuell nicht ideal – ein Kernproblem ist vor allem die Finanzierung.

So wurde der CSD in Wittenberge (Prignitz) wenige Wochen vor dem Start abgesagt. Zu wenig Geld und Personalsorgen wurden als Gründe genannt. Der CSD sollte am 15. Juni zum dritten Mal in Wittenberge mit einer Parade stattfinden. Für das kommende Jahr wollen die Organisatoren aber wieder Aktionen auf die Beine stellen, wie es Mitte Mai 2024 hieß.

Das Berliner Queer-Magazin "Siegessäule" [externer Link] weist zudem darauf hin, dass es gerade im Wahljahr 2024 in Brandenburg an Geld für queere Anliegen fehle. Zum Vergleich: In Berlin gebe man rund 180.000 Euro für eine Kampagne und einen Festakt zum ersten landesweiten Magnus-Hirschfeld-Tag aus. In Brandenburg sei dies praktisch schon das halbe Budget für Maßnahmen gegen Queerfeindlichkeit für ein ganzes Förderjahr.

Laut dem Magazin sei auch die Weiterfinanzierung und Fortführung des seit 2016 beschlossenen "Aktionsplan Queeres Brandenburg" [msgiv.brandenburg.de] aktuell unklar. Im Weiteren sei die kontinuierliche Förderung der Landeskoordinierungsstelle für LGBTIQ*-Belange ungewiss.

Organisatoren und Beratungsstellen in Brandenburg versichern jedoch, dass es gerade auf dem Land wichtig sei, unter anderem mit einem CSD präsent zu sein. Denn dort gebe es oft keine offen queer lebende Community und weniger öffentliche Treffpunkte.

Berliner Queer-Szene beschäftigt Gewalt im öffentlichen Raum

In Berlin ist derzeit vor allem das Thema Gewalt gegen queere Personen ein Thema. So hatte Anfang April ein Angriff auf zwei händchenhaltende Frauen die Debatte um Sicherheit für LSBTI-Personen erneut entfacht.

Im vergangenen Jahr wurden laut Staatsanwaltschaft Berlin 791 queerfeindliche Angriffe zur Anzeige gebracht. Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl fast verdoppelt. Das Dunkelfeld ist höher – auch wenn laut Staatsanwaltschaft mehr Vorfälle angezeigt werden als noch vor zehn Jahren. Die meisten queerfeindlichen Angriffe mit einer darauffolgenden Anzeige fanden laut polizeilicher Kriminalstatistik 2022 in den Bezirken Neukölln, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg statt. Die häufigsten angezeigten Straftaten seien Beleidigungen und Bedrohungen. Danach folgen Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.06.2024, 11:12 Uhr

34 Kommentare

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  1. 34.

    Freundchen, meist stehen Gesetze am Anfang und bis es in der Gesellschaft ankommt, dauert es ne Weile und solange Schwule, Lesben u.a. Nicht-Heteros auch in Berlin fast täglich auch tätlich angegriffen werden, wird es auch den CSD und andere Sichtbarkeitsveranstaltungen geben, bis es einfach niemanden mehr juckt, wer mit wem. Sie können sich derweil ja anderen Dingen zuwenden. Jeder nach seiner Façon, alles klar, Freundchen!?

  2. 33.

    Berlin ist zwar arm, aber wie sich zeigt immer noch nicht sexy.

    Beispielsweise, bereits anfanfgs der 70..Jahre des 20.Jahrhunderts hatte ich Homosexuelle unter meinen Freunden in Hessen, in München war man noch viel weiter, da gab es eine richtige Szene, beispielsweise auch eine Transvertie- Bar etc., die liebte der Freddy Mercury sehr, war oft da, feierte wilde Partys , und sogar sein Geburtstag in dieser besagten Transvertie - Bar.
    Übrigens, in München hat sich an der Einstellung "Leben, und leben lassen" nichts geändert, grundsätzlich.

    Lieber Berliner nehmt nicht nur das Geld der Bayern an, sondern auch die Gelassenheit an, es hilft..

  3. 31.

    Tja, das ist aber kein rechtliches Problem, sondern, manchen Menschen die sexuelle Ausrichtung anderer Menschen nicht egal ist, leider.
    Übrigens, ich glaube nicht, dass eine demonstrative Sichtbarmachung durch Demos etc. an dieser Einstellung was ändern wird.

  4. 27.

    Habe davon nicht wirklich was verstehen können, obwohl es dich nicht allzu kompliziert „anhört“

  5. 26.

    Wenn für Sie ein Menschenleben so unwichtig ist, frage ich mich, wie es mit Ihrem Leben steht?
    Die Sexualität ist ein wichtiger Teil des Lebens und Einschränkungen und unwürdige Haltungen wirken ein Leben lang.
    Daher ist es wichtig!

  6. 25.

    Toll so eine Übersicht wo was gemacht wird. Anders als zum Kindertag.

  7. 22.

    "Der "Pride" – englisch "Stolz" – steht dabei für die Sichtbarkeit und das Selbstbewusstsein von Schwulen, Lesben, Bisexuellen sowie trans* und intergeschlechtlichen Menschen (abgekürzt: LGBT)."

    Vielleicht sollten die Foristi noch einmal den Text lesen und erst dann kommentieren, ich habe das Empfinden, der Text, in dem es um eine Minderheit geht, die immer noch diskriminiert wird, Gewalt erfährt, sollte eigentlich dazu führen, menschlich zu denken und zu fühlen, mit den Mitmenschen. So wie jeder möchte, dass er von anderen akzeptiert wird, von anderen respektiert wird, in seiner Unversehrtheit. Für mich sind Opfer von Gewalt und Diskriminierung immer schützenswert Ein Urinstinkt des Menschseins.

  8. 21.

    Heute schäme ich mich für Menschen, die hier nichts weiter zu tun haben, als Ihre eigene Unfähigkeit in Worte zu fassen und aufzuschreiben. Die Unfähigkeit der Toleranz, der Augenhöhe, des Respektes und der Empathie mit Mitmenschen. Wie traurig muss das eigene Leben sein, wenn man die Liebe zu allen Mitmenschen verliert und nur noch eines kann, andere abwerten, um sich besser zu fühlen. Ich kann euch nur eines sagen, besser fühlt man sich nur, wenn man menschlich handelt, die einzig wirksame Medizin gegen Homophobie.

  9. 20.

    Ich weiß nicht, warum dieser hässliche homophobe Kommentar hier stehen darf, aber ich finde ihn furchtbar verletzend für alle Menschen, die schon Gewalt erfahren haben, besonders aus dem rechten Spektrum wird ja gern anonym homophob argumentiert, um Menschen zu stigmatisieren und abzuwerten. Da die Würde aller gleich ist, sollte jemand, der anderer Leute Würde verletzt, wenigstens hier nicht noch eine Plattform für anonym verfasste Bedrohungen und Hässlichkeiten gegen Minderheiten bekommen.

  10. 19.

    Im vergangenen Jahr wurden laut Staatsanwaltschaft Berlin 791 queerfeindliche Angriffe zur Anzeige gebracht. Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl fast verdoppelt. Das Dunkelfeld ist höher – auch wenn laut Staatsanwaltschaft mehr Vorfälle angezeigt werden als noch vor zehn Jahren.

    Das sollte Sie doch furchtbar schockieren, oder?

  11. 18.

    "Die Pride Sesion ist in den Medien doch das ganze Jahr! Warum den jetzt noch extra?"

    Was stört Sie daran? Aber einen Kommentar schreiben Sie trotzdem, warum? Schreiben Sie doch einfach mal etwas Nettes über Minderheiten, was Freundliches, Aufwertendes. Seien Sie freundlich zu allen Mitmenschen. Ich fände es auch toll, wenn man einfach schweigt, wenn man mit seinen Worten Menschen verletzen könnte. Das gehört zum Anstand dazu.

  12. 17.

    Ich verstehe aber auch nicht, warum Sie sich gerade besonders herausheben müssen, mit Ihrer Meinung gegen andere Menschen, die tatsächlich mit enorm vielen Anfeindungen zu tun haben. Da wir das Jahr 2024 schreiben, sollte es selbstverständlich sein, dass wir keine abwertenden und weltfremde Kommentare lesen müssen. Wenn Sie diese Kommentare nicht mehr schreiben und Menschen akzeptieren können, wie diese sind, dann muss man das auch nicht mehr sichtbar machen.

  13. 16.

    Als queerer Mensch möchte ich eben NICHT etwas Besonderes sein. Ich möchte eben mit meinem Partner "normal" durch die Straßen gehen. Jeder kann das mal ausprobieren: Lauft doch mal mit dem besten Freund/der besten Freundin gleichen Geschlechts Hand in Hand herum, umarmt und streichelt euch. Und danach mit dem eines anderen Geschlechts. Und dann schaut euch Reaktionen fremder Leute an. Und danach außerhalb von Berlin. Es ist eben doch etwas Besonderes für andere. Und genau das ist das Problem!!!

  14. 15.

    Genau @Lisa. Brutale Gewalt gegen Menschen, nur weil sie anders sind, wird überbewertet. Wirklich sehr sympathisch...

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