Queere Sichtbarkeit und CSD - Berlin und Brandenburg starten in die Pride-Saison
Der Juni ist seit vielen Jahren in der queeren Szene als "Pride-Monat" etabliert. Dabei geht es um Sichtbarkeit, Toleranz und Selbstbewusstsein von LSBTI-Personen. In Berlin und Brandenburg finden zahlreiche Veranstaltungen und Demos statt.
Mit dem Juni beginnt auch in Berlin und Brandenburg der sogenannte Pride-Monat. "Pride" – englisch "Stolz" – steht dabei für die Sichtbarkeit und das Selbstbewusstsein von Schwulen, Lesben, Bisexuellen sowie trans* und intergeschlechtlichen Menschen (abgekürzt: LSBTI).
In vielen Städten sowie Ländern der Welt gibt es deshalb vorrangig im Juni, aber auch anderen Monaten Umzüge, Demos und Veranstaltungen rund um LSBTI-Themen. Wichtiger Bestandteil des Pride-Monats Juni sind auch Demonstrationen anlässlich des Christopher Street Day (CSD). Damit wird an Auseinandersetzungen im Stonewall Inn, einer Bar mit schwulem und trans* Publikum in der New Yorker Christopher Street, im Juni 1969 erinnert.
In Berlin und Brandenburg finden deshalb zahlreiche Veranstaltungen statt. Den Auftakt machte in diesem Jahr Potsdam – hier wurde bereits am 11. Mai der CSD gefeiert. Am 1. Juni folgte der erste CSD in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin). Gut 300 Menschen zogen unter dem Motto "Aufstehen, Hand in Hand – Es gibt ein queeres Hinterland" vom Bahnhof aus durch die Stadt zum Triangelplatz, gegenüber vom Rheinsberger Schloss.
Weitere CSD-Demonstrationen 2024 in Berlin und Brandenburg
- 8. Juni: CSD in Eberswalde (Barnim)
Erstmals wird es in Eberswalde einen Pride-Umzug geben. Start soll 13 Uhr am Bahnhofsvorplatz sein.
- 15. Juni: Regenbogen-Fahrrad-Demo in Potsdam
Wer den Pride am 11. Mai in Potsdam verpasst hat, bekommt am 15. Mai eine zweite Chance – um 15 Uhr wollen sich radelnde Demonstrierende auf dem Alten Markt zwischen Landtag und Nikolaikirche treffen.
- 15. Juni: Marzahn-Pride
Russischsprachige LSBTI-Personen rund um Quarteera e.V. organisieren zum fünften Mal die Marzahn-Pride durch Berlin-Marzahn. Start soll 12:30 Uhr sein.
- 15. Juni: CSD in Prignitz/Wittenberge
Der CSD 2024 wurde abgesagt.
- 22. Juni: CSD in Bernau (Barnim)
Nach der Premiere 2023 geht der CSD in Bernau in diesem Jahr in die zweite Runde. Um 11 Uhr ist der Start geplant, Treffpunkt ist der Bahnhofsvorplatz.
- 28. Juni: CSD in Falkensee (Havelland)
Der erste CSD fand in Falkensee 2019 statt. Am 28. Juni soll die Demo wieder stattfinden.
- 29. Juni: CSD in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin)
Erstmals wird in Neuruppin 2024 der CSD gefeiert. Gestartet werden soll um 11 Uhr.
- 29. Juni: CSD in Cottbus/Niederlausitz
Der CSD in Cottbus gilt als einer der politischsten in Brandenburg und findet 2024 zum 16. Mal statt. In diesem Jahr lautet das Motto: "Wer sich nicht bemerkbar macht, wird nicht mitgedacht". Neben der Demo ab 15 Uhr vor der Stadthalle gibt es vom 17. bis 29. Juni Aktionsswochen mit etwa 30 Veranstaltungen.
- 6. Juli: CSD in Brandenburg an der Havel
"Gemeinsam für ein vielfältiges Brandenburg" ist das Motto des vierten CSD in Brandenburg an der Havel. Die Demo soll um 15 Uhr am Hauptbahnhof beginnen.
- 27. Juli: CSD in Berlin
Der 46. Berlin Pride findet unter dem Motto "Nur gemeinsam stark – Für Demokratie und Vielfalt“ statt. Die Demo soll um 12 Uhr in Berlin-Mitte von der Leipziger Straße / Ecke Spittelmarkt starten mit dem Ziel Brandenburger Tor.
- 14. September: CSD in Frankfurt (Oder)
Grenzüberschreitend ist der Pride in Frankfurt (Oder) und der polnischen Nachbarstadt Slubice. Das genaue Programm ist noch nicht bekannt, aber es soll wieder eine Demo-Route über die Oderbrücke zwischen den beiden Ländern geben.
- 21. September: CSD in Oberhavel/Oranienburg
Der letzte CSD in diesem Jahr in der Region findet in Oranienburg statt. Geplant ist eine Demo ab 13 Uhr an der Lehnitzstraße/Lindenstraße.
Queere Projekte in Brandenburg auf der Kippe
Die Lage für LSBTI-Personen ist in Brandenburg aktuell nicht ideal – ein Kernproblem ist vor allem die Finanzierung.
So wurde der CSD in Wittenberge (Prignitz) wenige Wochen vor dem Start abgesagt. Zu wenig Geld und Personalsorgen wurden als Gründe genannt. Der CSD sollte am 15. Juni zum dritten Mal in Wittenberge mit einer Parade stattfinden. Für das kommende Jahr wollen die Organisatoren aber wieder Aktionen auf die Beine stellen, wie es Mitte Mai 2024 hieß.
Das Berliner Queer-Magazin "Siegessäule" [externer Link] weist zudem darauf hin, dass es gerade im Wahljahr 2024 in Brandenburg an Geld für queere Anliegen fehle. Zum Vergleich: In Berlin gebe man rund 180.000 Euro für eine Kampagne und einen Festakt zum ersten landesweiten Magnus-Hirschfeld-Tag aus. In Brandenburg sei dies praktisch schon das halbe Budget für Maßnahmen gegen Queerfeindlichkeit für ein ganzes Förderjahr.
Laut dem Magazin sei auch die Weiterfinanzierung und Fortführung des seit 2016 beschlossenen "Aktionsplan Queeres Brandenburg" [msgiv.brandenburg.de] aktuell unklar. Im Weiteren sei die kontinuierliche Förderung der Landeskoordinierungsstelle für LGBTIQ*-Belange ungewiss.
Organisatoren und Beratungsstellen in Brandenburg versichern jedoch, dass es gerade auf dem Land wichtig sei, unter anderem mit einem CSD präsent zu sein. Denn dort gebe es oft keine offen queer lebende Community und weniger öffentliche Treffpunkte.
Berliner Queer-Szene beschäftigt Gewalt im öffentlichen Raum
In Berlin ist derzeit vor allem das Thema Gewalt gegen queere Personen ein Thema. So hatte Anfang April ein Angriff auf zwei händchenhaltende Frauen die Debatte um Sicherheit für LSBTI-Personen erneut entfacht.
Im vergangenen Jahr wurden laut Staatsanwaltschaft Berlin 791 queerfeindliche Angriffe zur Anzeige gebracht. Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl fast verdoppelt. Das Dunkelfeld ist höher – auch wenn laut Staatsanwaltschaft mehr Vorfälle angezeigt werden als noch vor zehn Jahren. Die meisten queerfeindlichen Angriffe mit einer darauffolgenden Anzeige fanden laut polizeilicher Kriminalstatistik 2022 in den Bezirken Neukölln, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg statt. Die häufigsten angezeigten Straftaten seien Beleidigungen und Bedrohungen. Danach folgen Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.06.2024, 11:12 Uhr