Riesen-Solarium und Schneeflocken - Neue Technik im Klärwerk Ruhleben soll für sauberes Wasser in Spree und Havel sorgen

Fr 16.08.24 | 16:52 Uhr
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Licht leuchtet im Klärwerk Ruhleben in einer kleinen UV-Anlage, mit der das Wasser behandelt wird. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Video: rbb24 Abendschau | 16.08.2024 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Das Klärwerk Ruhleben in Berlin-Spandau wird für über 250 Millionen Euro modernisiert. UV-Strahlen und andere moderne Technik sollen mehr schädliche Stoffe und Bakterien aus dem Wasser filtern. Von Thorsten Gabriel

Das Berliner Klärwerk Ruhleben wird mit zusätzlicher Technik ausgerüstet, um Wasser besser von Keimen und Phosphor zu reinigen. Dafür investieren die Berliner Wasserbetriebe 250 Millionen Euro in die Anlage.

UV-Desinfektion und Schneeflocken-Technik

Das Werk erhalte unter anderem eine sogenannte Flockungsfiltration, mit der der Nährstoff Phosphor nahezu komplett entfernt werden könne, sagte Wasserbetriebe Vorstand Christoph Donner bei einem Besuch der Klärwerks-Baustelle in Spandau. "Im Prinzip erzeugen wir mit Polymeren eine Schneeflocke im Wasser. Diese Schneeflocke wächst, weil sie Stoffe, die im Wasser sind, aufnimmt und einbindet", erklärte der Wasserbetriebe-Vorstand. "Dann senkt sie sich und wird zu Schlamm und wir filtrieren sie ab."

Allerdings würden schon mit der bestehenden Technik 98 Prozent des im Wasser enthaltenen Phosphors beseitigt, betonte Donner.

In einem weiteren Schritt werden künftig in einer UV-Anlage - "das ist eine Art Riesen-Solarium" - noch im Wasser enthaltene Keime und Bakterien unschädlich gemacht. Dabei handele es sich um ein Verfahren, für das die Sonne auf natürlichem Wege eine viel längere Fließstrecke als bis zu den Badestellen zwischen Grunewaldturm und Gatow brauchen würde, so Donner.

Ab 2028 saubereres Wasser für Spree und Havel

"Die riesige UV-Desinfektion wird dafür sorgen, dass das Wasser wirklich so keimfrei gemacht wird, dass es nahezu Trinkwasserqualität hat", zeigt sich Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) beim Besuch des Klärwerks erfreut. Sie ist Aufsichtsratschefin und hatte in dieser Funktion das millionenschwere Investitionsprogramm mit genehmigt. "Die neue Technik sorgt dafür, dass ab 2028 noch saubereres Wasser in Spree und Havel abgeleitet werden kann, was unter anderem den Algenwuchs im Sommer reduziert."

Zwar wird sich damit die Gewässerqualität, vor allem auch an den Badestellen der Havel und dem Wannsee, verbessern - doch eine durchgängige Badewasserqualität in der Spree kann damit laut BWB-Vorstand Donner nicht gewährleistet werden. "Was wir sehen, ist, dass es deutlich besser wird. Aber wir haben das gerade auch in Paris gesehen, bei den Olympischen Spielen, welche Herausforderungen man hat."

Die Baustelle der neuen Filter- und einer UV-Anlage im Klärwerk Ruhleben der Berliner Wasserbetriebe hinter Nachklärbecken. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)Ein Teil des Klärwerks Ruhleben aus der Luft.

Schwimmen in der Spree? "Kann ich nicht sagen"

Die Herausforderung sei, dass jedes Jahr mindestens ein Prozent innerstädtische Fläche entsiegelt werden müsste, damit Regenwasser ablaufen und Überschwemmungen vermieden werden können. "Das Thema ,Schwammstadt' ist uns sehr wichtig." Allerdings erinnert Donner daran, dass gleichzeitig auch zehntausende neue Wohnungen gebaut werden sollten, was gerade innerhalb der Stadt oft in Konflikt zur Entsiegelung steht.

"Das heißt, ob man demnächst mal in der Spree schwimmen kann, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Aber temporär wird man es auf jeden Fall können." Nur wenn es wieder Regen- oder Starkregen gebe, werde man in Zukunft wohl, ähnlich wie in Paris, mit einem Ampelsystem darauf reagieren müssen, das einem anzeige, ob man in den nächsten drei, vier Tagen nach einem Starkregen in der Spree baden könne oder nicht. Ungeachtet der Wasserqualität ist das Baden in der Spree in der Innenstadt, auch wegen des Schiffverkehrs, bislang nicht erlaubt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND, begrüßt den Einbau der neuen Technik. Er kritisiert allerdings, dass die Umrüstung deutlich länger dauere, als ursprünglich vorgesehen. "Die Anlagen in Ruhleben sollen erst 2028 ihren Betrieb aufnehmen. Die Nachrüstung der weiteren fünf Berliner Klärwerke mit solchen Anlagen soll erst Ende der 2030er Jahre abgeschlossen sein", heißt es in einer Mitteilung des BUND.

Berliner Wasserbetriebe investierten 2023 fast 500 Millionen Euro

Unklar bleibe auch, wann an den Klärwerken die erforderlichen weiteren technischen Anpassungen erfolgten, um auch Spurenstoffe wie Arzneirückstände, Mikroplastik, Pflanzenschutzmittel oder Rückstände aus Flammschutzmitteln besser zu behandeln. Die Klärwerke der Berliner Wasserbetriebe seien heute nicht in der Lage, diese Stoffe aus dem Abwasser zu entfernen.

BWB-Vorstand Christoph Donner reagiert auf diese Kritik mit Verständnis, verweist aber auf die bereits getätigten Investitionen. "Allein im letzten Jahr haben wir 474 Millionen investiert. Das ist ein massives Wachstum und Transformationsszenario, das wir stemmen, und das sind natürlich große Herausforderungen - gerade in einer kompakten Anlage wie hier, wo wir nicht freie Wiese haben und einfach neu bauen können. Das ist an einer Bestandsanlage immer komplexer." Nach und nach würden auch alle Klärwerke vor 2040 eine Anlage zur Entfernung von Spurenstoffen erhalten.

Klärwerk Stahnsdorf wird komplett neu gebaut

Seit 2017 sind die Berliner Wasserbetriebe damit beschäftigt, ihre Klärwerke nach und nach um- und aufzurüsten. "Heute drehen sich in fünf unserer sechs Kläranlagen die Baukräne", so Donner. Das 1931 in Betrieb gegangene Klärwerk Stahnsdorf werde bis Mitte der 2030er Jahre sogar durch einen kompletten Neubau ersetzt.

Ein Teil des Klarwassers wird nach Angaben der Wasserbetriebe künftig noch ins Kraftwerk Reuter West am gegenüberliegenden Spreeufer geleitet. Dort werde aus der Restwärme des Wassers Fernwärme für Berliner Wohnungen gemacht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 16.08.2024, 19:30 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    Auch Mikroplastik bis zu einer bestimmten Partikelgröße kann entfernt werden, z.B. mit Mebramkläranlagen.

  2. 14.

    Bißchen spät, aber besser als nicht! Und das ist ja das Mindeste, was ich als Bürger erwarten darf, daß das Trinkwasser rein ist! Allerdings die Mikroplastikteilchen kriegen die nicht raus, die bleiben in unseren Körpern! Rbenso Pestizide+Glyphosat, dank der Bauern!

  3. 13.

    Wieso sollte man dies erst können, wenn „alle“ Kläranlagen nachgerüstet wurden?
    Das ist für jede einzelne getrennt nach allen möglichen Kriterien zu betrachten.
    Mancherorts ist die Wiederverwendung als Brauchwasser die bessere Alternative.

  4. 12.

    Wenn das WAsser jetzt nicht nur in die Flüsse abgeleitet wird, sondern, speziell im Frühjahr und Sommer, auch mal was für die Stadtbäume und Parks verteilt wird, das wäre ja mal sinnvoll.

  5. 11.

    Seit mehr als 10 Jahren läuft im Klärwerk Ruhleben eine Testanlage mit der UV Desinfektion für einen Teilstrom, von glaube 1000 Liter je Sekunde. Erfahrungen wurden also gesammelt.

  6. 10.

    Erst wenn alle Wasserwerke in Berlin und Brandenburg auch die Reststoffe filtern können, darf das Abwasser versickern. Dann sind alle Wasserprobleme hier gelöst, denn das geförderte Grundwasser kommt wieder in den Kreislauf zurück und fließt nicht über die Oberflächengewässer in die Nordsee ab. Denn eigentlich gibt es genügend Wasser in unserer Region - trotz Klimawandel. Wir dürfen es nur nicht ständig abfließen lassen. Dann erholten sich auch die Grundwasserstände / grundwassergespeisten Seen.

  7. 9.

    Daraus ergibt sich aber eine Ablauffolge der Verarbeitung: Die Ebene der Verarbeitungsprozesse über, dann geht man auf eine Ebene grundlegenderer Prozesse: man beschäftigt sich mit internalen Determinanten, die die Verarbeitung einer Vielzahl unterschiedlicher Situationen beeinflussen. das ist wichtig für das Prozessprotokoll und der Transparenz der Wasserklärung!

  8. 8.

    "UVC ist auf jeden Fall super funktional, wenig aufwändig, und super Effektiv! " Wenn man schon viel Energie reinstecken will, könnte man auch als vierte Stufe eine Elektrolyse mit speziellen mischoxidbeschichteten Elektroden betreiben, welche nicht nur Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen, sondern aus dem Chlorid im Wasser auch wesentliche Mengen Hypochlorid als starkes Oxidationsmittel und zur Desinfektion (sicher aus dem Schwimmbadbereich bekannt).

  9. 7.

    Es kommt die Definition an!
    Das 3-Stufen-Prinzip der Klärung, lässt Östrogene, Medikamenten und Drogenrückstände, sowie Pestizide, Herbizide, Fungizide, und Mikroplastik, Weichmacher, Antihaftbeschichtungen im Wasser, und sowohl Sie, als auch ich, und alle anderen, reichern diesen Mist im Körper an, ebenso die Tierwelt!

    UV-C Strahlung zersetzt zumindest DNA, und tötet Bakterien, Viren, und Pilze ab, und wirkt damit gegen Multiresistente Keime, welche (mit Ursprung Kläranlage) in sehr sehr vielen Gewässern in DE gefunden wurden (Panorama Doku von vor ein paar Jahren!)

    Um die weiteren Stoffe, die m.E. nicht ins Wasser gehören, bräuchte man Gigantische Wirbelstromabscheider, oder teure Aktivkohlefilter (müssen regelmäßig getauscht werden), oder ultra-teure Kohlenstoffnanoröhrchen o.ä., als Gitter die man Freibrennen kann.

    UVC ist auf jeden Fall super funktional, wenig aufwändig, und super Effektiv!
    Ich finde es super, das das endlich kommt!

  10. 6.

    Es ist schön, das endlich investiert wird, für unsere Wasserqualität/für unsere Flüsse, Viele Grüße.

  11. 5.

    Ein wichtiger und sinnvoller Schritt um die Wasserqualität in Spree und Havel zu verbessern.

  12. 4.

    Spree, Havel und Dahme haben nahezu stets Badewasserqualität bevor sie nach Berlin fließen.
    Woran liegt es wohl das dies in Berlin nicht immer geht aber hinter Potsdam dann doch wieder?
    Blöder Vergleich zwischen den größten deutschen Wasserversorger und der ländlichen Struktur in Brandenburg.

  13. 3.

    "UV-Desinfektion" Das braucht aber richtig viel Energie. Wird dafür auch gleich eine Solaranlage mit Speicher mitgebaut?

  14. 2.

    Richtiger Schritt. Das Wassermanagement läßt in Brandenburg zu wünschen übrig!!!

  15. 1.

    Ach? das Wasser ist da jetzt NICHT sauber? Oder was?

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