#wiegehtesuns | Der Klangkörper-Hersteller - "Im schlimmsten Fall entschließe ich mich, den Laden aufzulösen"
Sein halbes Leben lang führt Bernhard Deutz seine Werkstatt für besondere Klangkörper. Jetzt sucht er jemanden, der das Unternehmen in Berlin-Prenzlauer Berg übernimmt - ein sehr schwieriges Unterfangen, wie er sagt. Ein Gesprächsprotokoll
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Leben gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
„Ich habe immer gerne mit Holz gearbeitet, obwohl ich kein professioneller Handwerker war. Dann habe ich mich entschieden, eine Werkstatt aufzumachen und anzufangen, Instrumente für die Musiktherapie zu entwickeln, weil es zu dieser Zeit noch wenig spezielle therapeutische Instrumente gab, die sehr einfach spielbar sind und wo mehr die Wirkung des Klangs im Vordergrund steht und nicht die Virtuosität, die einhergeht mit jahrelangem Üben.
Damit habe ich vor gut 35 Jahren begonnen, nachdem ich mir selbst als Teilnehmer in Baukursen zwei Musikinstrumente gebaut hatte. Ich kam selbst aus der pädagogisch-therapeutischen Arbeit und lebte mit einer Musiktherapeutin zusammen.
Ich werde nächstes Jahr 70 und habe mir als Ziel gesetzt, bis dahin möchte ich die Nachfolgefrage geregelt haben. Intensiv suche ich jetzt seit einem Jahr, aber eigentlich suche ich schon länger.
Ich habe meine Suche bei Next Change platziert. Das ist das größte Portal der Handwerkskammern und IHKs bundesweit. Darüber hat sich aber fast gar nichts getan. Zugleich bin ich in das musiktherapeutische Feld reingegangen und habe da auch intensiv bekannt gemacht, dass ich jemanden suche, auch über unseren eigenen Verteiler und Newsletter.
Ich habe festgestellt, dass es eigentlich kein Portal für das Feld Kultur und Kreativwirtschaft gibt, wo ich wirklich hingehören würde. Ein Portal für die Kultur- und Kreativwirtschaft, auf dem Kleinbetriebe, die abgeben wollen und Menschen, die interessiert sind, sich finden können, ist mir nicht begegnet.
Es gibt ganz viel Start-up-Geschichten für jüngere Leute, die was völlig Neues aufziehen wollen. Aber mich würden ja gerade die jungen Menschen interessieren, die sich engagieren wollen, aber nicht unbedingt was Neues aufziehen müssen, sondern die sich vorstellen können, auch etwas schon Bestehendes zu übernehmen.
Unsere Arbeit hat drei Standbeine, also der Instrumentenbau, das ist abgedeckt durch meine Mitarbeiter. Das musikalisch-Therapeutische und das Unternehmerische. Bei den wenigen ernsthaften Interessenten, die es bisher gab, hat sich schnell rausgestellt, dass da zwei Beine von dreien fehlen und die haben dann auch sehr schnell einen Rückzieher gemacht.
Eine Ursache ist sicherlich, dass sich das Verhältnis der jüngeren Generation zur Arbeit verändert hat und diese Bereitschaft, die in meiner Generation, sehr stark zu finden war und ist - unbegrenzt viel Zeit in das eigene Projekt, in die eigene Arbeit reinzulegen - diese Bereitschaft ist bei jüngeren Menschen nicht mehr so stark ausgeprägt glaube ich. Das ist mit ein Hauptaspekt, warum viele sich dieses klassische "Selbst und Ständig" nicht antun wollen, sondern lieber in einem gesicherten Anstellungsverhältnis mit guter Bezahlung, die auch klar geregelt ist, zu sein.
Im schlimmsten Fall entschließe ich mich, den Laden aufzulösen und anzuerkennen, dass es vielleicht so sehr auf meinen Leib geschnitten war und es niemanden gibt, der in meine Haut schlüpfen will oder kann."
Gesprächsprotokolll: Christina Rubarth
Sendung: rbb24 Abendschau, 26.06.2024, 19:30 Uhr