#wiegehtesuns | Der Klangkörper-Hersteller - "Im schlimmsten Fall entschließe ich mich, den Laden aufzulösen"

Mi 26.06.24 | 21:34 Uhr
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Bernhard Deutz, Klangkörperhersteller (Quelle: privat)
Video: rbb24 | 26.06.2024 | Chrsitina Rubarth | Bild: privat

Sein halbes Leben lang führt Bernhard Deutz seine Werkstatt für besondere Klangkörper. Jetzt sucht er jemanden, der das Unternehmen in Berlin-Prenzlauer Berg übernimmt - ein sehr schwieriges Unterfangen, wie er sagt. Ein Gesprächsprotokoll

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Leben gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

„Ich habe immer gerne mit Holz gearbeitet, obwohl ich kein professioneller Handwerker war. Dann habe ich mich entschieden, eine Werkstatt aufzumachen und anzufangen, Instrumente für die Musiktherapie zu entwickeln, weil es zu dieser Zeit noch wenig spezielle therapeutische Instrumente gab, die sehr einfach spielbar sind und wo mehr die Wirkung des Klangs im Vordergrund steht und nicht die Virtuosität, die einhergeht mit jahrelangem Üben.

Damit habe ich vor gut 35 Jahren begonnen, nachdem ich mir selbst als Teilnehmer in Baukursen zwei Musikinstrumente gebaut hatte. Ich kam selbst aus der pädagogisch-therapeutischen Arbeit und lebte mit einer Musiktherapeutin zusammen.

Ich werde nächstes Jahr 70 und habe mir als Ziel gesetzt, bis dahin möchte ich die Nachfolgefrage geregelt haben. Intensiv suche ich jetzt seit einem Jahr, aber eigentlich suche ich schon länger.

Ich habe meine Suche bei Next Change platziert. Das ist das größte Portal der Handwerkskammern und IHKs bundesweit. Darüber hat sich aber fast gar nichts getan. Zugleich bin ich in das musiktherapeutische Feld reingegangen und habe da auch intensiv bekannt gemacht, dass ich jemanden suche, auch über unseren eigenen Verteiler und Newsletter.

Ich habe festgestellt, dass es eigentlich kein Portal für das Feld Kultur und Kreativwirtschaft gibt, wo ich wirklich hingehören würde. Ein Portal für die Kultur- und Kreativwirtschaft, auf dem Kleinbetriebe, die abgeben wollen und Menschen, die interessiert sind, sich finden können, ist mir nicht begegnet.

Es gibt ganz viel Start-up-Geschichten für jüngere Leute, die was völlig Neues aufziehen wollen.

Es gibt ganz viel Start-up-Geschichten für jüngere Leute, die was völlig Neues aufziehen wollen. Aber mich würden ja gerade die jungen Menschen interessieren, die sich engagieren wollen, aber nicht unbedingt was Neues aufziehen müssen, sondern die sich vorstellen können, auch etwas schon Bestehendes zu übernehmen.

Unsere Arbeit hat drei Standbeine, also der Instrumentenbau, das ist abgedeckt durch meine Mitarbeiter. Das musikalisch-Therapeutische und das Unternehmerische. Bei den wenigen ernsthaften Interessenten, die es bisher gab, hat sich schnell rausgestellt, dass da zwei Beine von dreien fehlen und die haben dann auch sehr schnell einen Rückzieher gemacht.

Eine Ursache ist sicherlich, dass sich das Verhältnis der jüngeren Generation zur Arbeit verändert hat und diese Bereitschaft, die in meiner Generation, sehr stark zu finden war und ist - unbegrenzt viel Zeit in das eigene Projekt, in die eigene Arbeit reinzulegen - diese Bereitschaft ist bei jüngeren Menschen nicht mehr so stark ausgeprägt glaube ich. Das ist mit ein Hauptaspekt, warum viele sich dieses klassische "Selbst und Ständig" nicht antun wollen, sondern lieber in einem gesicherten Anstellungsverhältnis mit guter Bezahlung, die auch klar geregelt ist, zu sein.

Im schlimmsten Fall entschließe ich mich, den Laden aufzulösen und anzuerkennen, dass es vielleicht so sehr auf meinen Leib geschnitten war und es niemanden gibt, der in meine Haut schlüpfen will oder kann."

Gesprächsprotokolll: Christina Rubarth

Sendung: rbb24 Abendschau, 26.06.2024, 19:30 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Achwas, der Herr Schulz wieder mit seinen ,,Tipps''!? Dichtmachen, Schluß , Aus! Sagen Sie mal gehen Ihre Gedanken nicht etwas tiefer? Man kann doch gemeinsam überlegen, ob und wie man helfen könnte. Sie kann man nicht verstehen.

  2. 11.

    Ich kann den Herrn sehr gut verstehen und finde es traurig, aber es ist ein sehr spezielles und schönes Gebiet. Und deshalb lassen Sie bitte Ihre Belehrung, er wird schon genau wissen, was am besten für Ihn ist!

  3. 10.

    Kann ich zustimmen. Egal, was es noch für Hürden(z.b.siehe Beitrag 9) gibt.
    Das es diese Datenbank für die Problematik gibt, ist mir erst seit diesem Beitrag überhaupt bekannt.

  4. 9.

    Im Artikel wird es nicht angesprochen, aber ein Problem ist sicherlich auch, dass viele Unternehmer eine größere Ablösezahlung für ihr Unternehmen erwarten.
    Die ist zwar grundsätzlich gerechtfertigt, man bekommt z.B. eine ausgestattete Werkstatt, ausgebildete Mitarbeiter und einen Kundenstamm, aber viele potentielle Nachfolger haben das Geld einfach nicht.

  5. 7.

    Das wäre so toll: "Ein Portal für die Kultur- und Kreativwirtschaft, auf dem Kleinbetriebe, die abgeben wollen und Menschen, die interessiert sind, sich finden können". So etwas erwarte ich mir von "Arbeitsvermittlern" und "Arbeitsagentur" statt diese Bürokratie-Papierberge, die sie allen aufnötigen und von der Arbeit abhalten.

    Meine Güte, eine KI-Matching-Plattform und gut. Es könnte so simpel sein.

  6. 6.

    Schade, wenn so viel Erfahrung verloren geht, aber irgendwann hat jeder Mensch ein Recht auf den Ruhestand.

  7. 5.

    Wenn kein Nachfolger/keine Nachfolgerin alle drei Säulen mitbringt, dann müsste man als Geschäftsführer eventuell diese Teile voneinander lösen, dann bliebe Instrumentenbau+Geschäftsführung und Therapie+Geschäftsführung.
    Bevor ich mein Lebenswerk komplett wegwerfe und das Licht ausmache, wäre diese Art der „Zerschlagung“ ein schmerzhafter aber sinnvoller Weg.
    Es kann natürlich sein, dass die Marge derart gering ist, dass sich ein herauslösen von Teilbereichen nicht lohnt, aber dann ist es wahrscheinlich wirklich ein Fall der Liebhaberei und die besondere Situation der Eheleute zum Gründungszeitpunkt.

    Nebenbemerkung: Von der Nachfolge-Datenbank der IHK habe ich kürzlich zum ersten Mal erfahren, bei einer Veranstaltung für Unternehmer aus der Region.
    Eigentlich eine gute Sache, ich kann den Effekt aber nicht einschätzen, hoffe es diese tatsächlich hilft Nachfolgeregelungen umzusetzen.

  8. 4.

    Wo liegt eigentlich das Problem?
    Wenn sich niemand findet... Schluss und Aus, wie überall.

  9. 3.

    Ich habe Ende der 90er mein Abitur am Gymnasium gemacht, und die Berater vom BIZ lagen uns damals permanent damit in den Ohren, daß wir doch "alle später mal unser eigener Chef werden" wollen. Selbständig sein wäre ja ach so toll - man braucht nur zu arbeiten, wenn man Lust hat, kann seine Arbeitszeiten selber bestimmen, hat keinen nervigen Chef über sich und verdient goldene Berge. In der Theorie ...
    Hab mich dann doch lieber für ein sicheres Angestelltenverhältnis entschieden!

  10. 2.

    Man muss akzeptieren, dass es Tätigkeiten gibt, die so eng auf eine einzelne Persönlichkeit zugeschnitten sind, dass es nicht möglich ist, sowas 1:1 an einen Nachfolger zu übergeben. Dadurch enden einfach bestimmte Dinge, wenn derjenige aufhört. Ist schade, aber nicht zu ändern.

  11. 1.

    Ich würde gerne übernehmen. Aber ich bin noch älter. Es ist eine tolle Aughabe. Ich wünsche, dass ein StartUp die Firma übernimmt.

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