Interview - Handwerkskammern wollen junge Menschen für Betriebsübernahmen gewinnen

Brandenburger Handwerkskammern bemängeln Nachwuchsprobleme in der Führung von Betrieben und wollen mit einer Aktionswoche darauf aufmerksam machen. Anja Beck, Bereichsleiterin Unternehmensberatung der HWK Cottbus, über Vorteile und Hürden.
rbb24: Frau Beck, Handwerker in der Lausitz werden immer älter und suchen nach Nachfolgern, das aber schon seit einigen Jahren. Warum klappt es oft nicht mit der Übergabe, welches sind die größten Hürden?
Anja Beck: Die größten Hürden sehe ich im Finden des geeigneten Nachfolgers. Wir haben immer mehr Ältere, das ist ein demografisches Thema – das heißt, wir haben immer mehr abgebende Unternehmen, die einen Unternehmensnachfolger suchen und wir haben auch einen so guten Arbeitsmarkt, dass Gründung vielleicht nicht so das erste Thema ist. Das bedeutet ja auch viel Mut, möchte man diesen Schritt überhaupt wagen? Ist das attraktiv? Da sagen wir natürlich: Ja! Gerade jetzt ist es attraktiv. Wir haben so viele bestehende Unternehmen, die gerne weitergeführt werden möchten und das bietet natürlich ganz viel Potenzial für junge Menschen.
Das ist der erste Schritt. Und wenn den dann gegangen ist gibt es natürlich viele kleinere Sachen, wie steuerliche und rechtliche Themen. Aber man muss ja erst einmal den Kandidaten haben, um dann in die weiteren Verhandlungen gehen zu können.
Ein alter Handwerksmeister hat sich ja etwas aufgebaut und das ist auch eine Art Altersvorsorge für ihn – auf der anderen Seite sind die Jungen, die frisch ihren Meister gemacht haben und vielleicht einen Betrieb übernehmen wollen, denen fehlt das Geld – welche Rolle spielt das also?
Auf jeden Fall ist das ein Thema. Für den Alt-Inhaber ist das auch ein emotionales Thema – er hat sein „Baby“ die letzten 30 Jahre aufgebaut und da steckt natürlich viel, viel Herzblut drin und das möchte man sich natürlich auch ein bisschen vergolden lassen. Aber der Nachfolger oder der Gründer betrachtet das natürlich aus einer ganz anderen Brille und auf diesen Brillenwechsel versuchen wir auch ein bisschen hinzuweisen. Denn man kalkuliert natürlich nach den Zahlen – wie wirtschaftlich ist ein Unternehmen? – und da muss man dann beide Seiten zueinander führen.
Ansonsten ist das Startkapital bei einer Gründung am Anfang ein bisschen geringer als bei einer Nachfolge. Und der Vorteil einer Nachfolge ist natürlich auch, dass ich genau weiß, welche Einnahmen das Unternehmen überhaupt erzielt. Ich weiß gleich, welchen Kundenstamm ich habe, welche Verträge es schon gibt, was monatlich rein kommt, wie ich kalkulieren kann. Und so wird ja dann der Kaufpreis auch mit finanziert.
Sie haben es schon anklingen lassen – Emotionen spielen bei einer Betriebsübergabe eine große Rolle?
Eine sehr große Rolle, ja. Das merken wir ganz häufig in den Gesprächen, dass da wirklich viel Herzblut dabei ist. Weil man das halt über Jahre aufgebaut hat, man hat viel Schweiß und Zeit rein gesteckt, viel Engagement – und es ist dann auch schwer, loszulassen, dieser Prozess ist auch eine Hürde.
Aus vielen Betrieben hört man, dass die Arbeit Spaß macht, aber die Bürokratie ein großes Problem ist. Könnte man die nicht erleichtern – wäre das ein Ansatz?
Auf jeden Fall, dafür setzen wir uns als Handwerkskammer auch stark ein und haben schon viele Punkte gegenüber dem Land und dem Bund kommuniziert, was wichtig wäre, was man ändern sollte. Aber sowas passiert natürlich auch nicht von heut‘ auf morgen, sondern ist ein Prozess. Da bleiben wir auch dran. Trotzdem bietet so eine Selbstständigkeit ja auch viele Vorteile, die wir immer versuchen, in den Fokus zu setzen. Und es ist auch wichtig, dass man neue Geschäftsmodelle mit einbringt. Es heißt ja nicht, dass man ein Unternehmen, das die letzten zwanzig Jahre nach einem bestimmten Stiefel geführt wurde, genau so weiterführen muss. Man kann auch seine eigenen Ideen einbringen und Sachen ändern.
Auch die Digitalisierung ist heutzutage sehr wichtig. Damit kann man viele Prozesse schon modern anfassen, da gilt es neue Wege zu gehen und neue Ideen einzubringen.
Welcher ist denn der größte Vorteil an der Selbstständigkeit, mit dem Sie überzeugen wollen?
Den größten Vorteil – im Vergleich zu einer Neugründung – sehe ich darin, dass ich genau weiß, was jeden Monat rein kommt. Das Produkt oder meine Dienstleistung ist schon am Markt etabliert. Dafür muss ich bei einer Gründung erst einmal viele Jahre Engagement investieren. Auch Personal ist ja heute ein ganz großes Thema. Es ist zwar nicht die Masse, aber es kommt vor, dass bestehende Unternehmen auch wachsen wollen und einen anderen Betrieb übernehmen, um ein zweites Geschäftsfeld aufzubauen, den Markt zu erweitern – das können dann auch potenzielle Gründer für sich nutzen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview mit Anja Beck führte Iris Wußmann für Antenne Brandenburg.
Der Text ist eine redigierte und gekürzte Fassung.
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.06.2024, 15:00 Uhr
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