"Nummer gegen Kummer" - Berliner Sorgentelefon steht vor dem Aus

Mo 17.03.25 | 15:44 Uhr
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Schüler in einer Grundschule lesen ihre Zeugnisse. (Quellle: dpa)
dpa
Audio: rbb24 Inforadio | 17.03.2025 | Schenten, Ann Kristin | Bild: dpa

Die Förderung des Berliner Sorgentelefons, auch bekannt als "Nummer gegen Kummer", soll von der Bildungsverwaltung komplett gekürzt werden. Damit soll es künftig weder das Kinder- und Jugendtelefon noch das Elterntelefon geben können.

Die Berliner "Nummer gegen Kummer" ist vom Aus bedroht. Ab April streicht die Bildungsverwaltung der Diakonie alle Mittel für das Kinder- und Jugendtelefon sowie für das Elterntelefon. Das geht aus einem Schreiben des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hervor, das dem rbb vorliegt. Damit wird das Angebot laut Diakonie-Direktorin Ursula Schoen vollständig weggekürzt. Zuerst hatte die "B.Z." berichtet.

Förderung von 100.000 Euro soll entfallen

Bisher wurde das Angebot von der Bildungsverwaltung mit jährlich 100.000 Euro gefördert. Alternativen würden die hohen Standards des Sorgentelefons nicht erfüllen, da diese den notwendigen anonymen Schutzraum nicht gewähren würden, hieß es. Zudem sei keine andere Nummer so bekannt wie die bundesweite "Nummer gegen Kummer" (116 111), über die das Berliner Angebot erreichbar ist.

Laut "Tagesspiegel" [Bezahlinhalt] appelliert nun auch das Bundesfamilienministerium an die Berliner Bildungsverwaltung, das Sorgentelefon zu erhalten.

In Berlin gehen laut Diakonie dort jährlich etwa 10.000 Anrufe anonym ein, die von etwa 100 Ehrenamtlichen entgegengenommen werden. Alle Themen können besprochen werden, sie reichen von Zeugnissorgen bis hin zu Suizidgedanken. Sollte das Berliner Angebot wegfallen, müssten andere Regionen einspringen. Diese seien jedoch nicht mit den Berliner Hilfsstrukturen vertraut, so die Diakonie.

Kritik von SPD und Grünen

Kritik an der Entscheidung kommt von den Vorsitzenden der Berliner SPD, dem Koalitionspartner der CDU auf Landesebene. So kommentierte Nicola Böcker-Giannini die Streichung in einer Mitteilung als "herben Schlag und einen Rückschritt". Für die SPD sei das nicht hinnehmbar. Die SPD fordere die CDU-geführte Bildungsverwaltung auf, die Finanzierung sozialer Projekte nicht ausnahmslos zu streichen, so Martin Hikel. "Es braucht jetzt Klarheit für alle Beteiligten und verträgliche Lösungen", sagte der Landesvorsitzende.

Auch die Grünen kritisierten die Entscheidung der Bildungsverwaltung. Das sei ein "fatales Signal an Berliner Kinder, Jugendliche und Familien in Krisensituationen", sagte Marianne Burkert-Eulitz, Sprecherin für Bildung und Familie. "Die Kürzung bedeutet nicht nur das Ende eines einzigartigen Hilfsangebots, sondern auch den Verlust einer tragenden Struktur für den gesellschaftlichen Zusammenhalt." Damit reiße der Senat den Boden unter einer "bewährten und dringend benötigten Initiative" weg.

Eine Sprecherin der Bildungsverwaltung teilte auf Nachfrage des rbb mit, dass Berlin bereits eine "umfassende, anonyme und 24/7 erreichbare Beratungsinfrastruktur" habe, die auch Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehe. Die Kürzung von 100.000 Euro entspreche allerdings in der Tat der Höhe der jährlichen Fördersumme, so die Sprecherin weiter. Zumindest die Mittel für das erste Quartal seien aber ausgezahlt worden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.03.2025, 13:42 Uhr

Kommentar

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31 Kommentare

  1. 31.

    Wenn man nicht mehr seinen Eltern vertrauen kann, Geschweige mit denen reden, bleibt nur noch das Kummertelefon. Sie wissen doch gar nicht, worüber Sie reden!

  2. 30.

    Stimme Ihnen zu.

    Das ist wohl eine Frage, WELCHE Prioritäten man setzt?
    Die CDU stellt jedenfalls deutlich klar, wo sie diese NICHT setzt: bei den Kindern, bei den Armen, kurz- den schwächsten der Gesellschaft.
    Dafür macht sie dann Politik für ihre Wählerschaft, so wie ehedem die fdp. HOFFENTLICH kriegt die CDU dann auch die passende Quittung bei der nächsten Wahl!!!

    @ 1.,4.,8.:
    Das sehe ich ganz genauso!

  3. 29.

    Kummer - Telefon, das ist ein schlechtes Zeugnis für die Eltern, aber die elterliche Verantwortung auf die Steuerzahler übertragen wollen, das funktioniert eh nicht..
    Die Eltern, was wird von den Selbigen heutzuatage darunter verstanden?
    Wenn die Öffis es abbilden sollten, dann ist das Handy wichtiger als die Kinder, die not gedrungen dabei sind!

  4. 28.

    Tja, da sprach man doch davon, dass die einst diskutierte Erhöhung der Parkgebühren NUR ca. 1 000 000 € Einnahmen generieren würde.
    Dann ist uns die Karre billig vorm Haus schön geparkt mehr wert als die Rettung von Kindern und Jugendlichen aus Verzweiflung und Not.
    Prima...wie war das noch mit dem Kaffee, der einem hochkommen könnte...
    Es ist nur noch zum Schähmen und ein Skandal, wer da warum welche Entscheidungen trifft.
    Pfui!

  5. 27.

    Also für Probleme der jungen Leuten sind die Eltern zuständig.
    Die heutigen Eltern sind eher das Problem, als die Jugend!!!

  6. 25.

    Ja liebes deutsche Land, schafft mal alles „ soziale „ ruhig weiter so ab, damit bald wieder eure Diäten erhöht werden können.
    Es ist irre, was zur Zeit bei uns und in der gesamten Welt abgeht.
    Man kann zur Zeit nur eins, nämlich jeden Tag bei guter Gesundheit genießen.

  7. 24.

    Die Hilfe ist zu klein oder gering. Problemlos können das andere mitübernehmen...
    10.000 ./. 100 = 100 Anrufe (nicht Telefonate)/a
    100 ./. 365 Tage = 0,27 Anrufe/Tag/Mitarbeiter (NICHT Telefonate)
    Tatsächlich konnte dann nach der 80/20 Regel 20% davon geholfen werden.
    20 Anrufer höchstens... Dafür 100.000 €?

  8. 23.

    Echt traurig. Hier werden gerade diejenigen übergangen, die keine Wählergruppe darstellen und sich am wenigsten wehren können, gerade im Social-Media-Zeitalter, wo sich jeder mit jedem vergleicht und in alte gesellschaftliche Formen gedrängt wird.

  9. 22.

    Das Gehalt der Politiker sollte mal gekürzt werden, da sie ihren Job nicht richtig machen!

  10. 21.

    Anstatt mich hier in den Kommentaren auszukotzen, habe ich einfach direkt an die Senatsverwaltung geschrieben:

    post@senbjf.berlin.de

    Das empfehle ich auch allen anderen hier - lassen Sie die Senatorin ihren Unmut spüren - das bleibt nicht ohne Wirkung und ist direkter als irgendwelche Kommentare oder Petitionen.

  11. 20.

    Komisch nur, wenn Vermögende hier in Deutschland trotzdem immer mehr Vermögen anhäufen?
    Während wir aus idiologischen Gründen den Strassenausbau vorantreiben, Dieselsubventionen wieder einführen, Dienstwagenprivileg behalten und Steuern für die Bundesländer verweigern, wird nur bei unteren und mittleren Einkommen eingespart!
    Es werden nur die falschen Menschen zur Kasse gebeten!

  12. 19.

    [...] Eine Sprecherin der Bildungsverwaltung teilte auf Nachfrage des rbb mit, dass Berlin bereits eine "umfassende, anonyme und 24/7 erreichbare Beratungsinfrastruktur" habe, die auch Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehe.

    Echt? Kenn ich nicht. Die "Nummer gegen Kummer" kenne ich. Hätte es sowas in meiner Kindheit gegeben, wäre mir vllt. viel Leid erspart geblieben!

  13. 17.

    Tja, da lernen die jungen Leute mal, dass man für Leistungen bezahlen muss. Wenn die jungen Leute den Regierungsparteien nicht ihre Stimme geben, gibt es auch keine Politik für junge Leute.
    Achtung! Der vorangegangene Beitrag könnte Sarkasmus enthalten und könnte von ungeübten Lesern falsch verstanden werden.

  14. 16.
    Antwort auf [Hm???] vom 17.03.2025 um 14:20

    Sorry, aber Ihre Grundhaltung zu diesem Thema halte ich für vollkommen daneben!

    Theoretisch lässt sich fast alles in Aufwand und Nutzen, Kosten und Leistungen, geldwert in EURO Beträge umrechnen.

    Aber ist dies unbedingt notwendig? Nein, jeder Mensch hat seine eigenen guten Eigenschaften, Fähigkeiten, Stärken, Schwächen und irgendwo seinen Platz.

    Jeder seine Höhen und Tiefen, aber in unterschiedlicher Form und Zeit.

    Für die Hotline fallen keine Personalkosten (Ehrenamtler) an, sondern nur Betriebskosten an. Das bedeutet für jeden Bewohner Berlins der Aufwand beträgt nicht einmal die Summe von 2 Schrippen pro Jahr.
    100000€/a : 3850000 Ew=-0.259€/Ew./ a

    Wenn solche Dienste weggekürzt sind, werden viele Menschen früher psychiatrische und psychologische Therapien benötigen. Bei denjenigen die berufstätig sind, kommen Kosten u. Aufwendungen für die Arbeitsunfähigkeit hinzu. Vom wirtschaftlichen Schaden ganz zu schweigen.

    Dagegen sind die Hotlinekosten Peanuts!

  15. 15.

    Das ist ein erheblicher Einschnitt in die soziale Infrastruktur zur Kompensation gesellschaftlicher Missstände, da es weit über den Kontext von Schüler*innen hinausgeht. Auch wenn es teils ersetzt werden sollte durch andere Träger, zersetzt das gewachsene Hilfsstrukturen. Bezüglich Bildungspolitik passt es in das Gesamtkonzept von mehr Druck, mehr Selektion und Ausgrenzung von Hilfesuchenden, in Anlehnung an die sog. Probetage am Gymnasium zu dessen größerer Abschottung, ebenso im Delegieren von Integration und Inklusion an alle nicht-gymnasialen Schulformen. Eher erweckt man bei den Menschen den irrigen Eindruck, sie seien selbst für Unangepasstheit an systemische Probleme schuld. Sozialabbau - z.B. bei vulnerablen Gruppen, Bildungsarbeit und sozialen Berufen destruktiv zu kürzen - erodiert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das sorgt für einen weiteren Beitrag zur Entsolidarisierung. Das Sozialstaatsprinzip ist nicht verhandelbar. Demokratie lebt von gegenseitiger Hilfe.

  16. 14.

    Irrsinn! Skandalös! Das ist jetzt wirklich komplett an der falschen Stelle gespart. Wo bleibt die Weitsicht und die Verantwortung der Politiker*innen, die solche Entscheidungen treffen? Die Nummer gegen Kummer ist und sollte weiterhin für Jugendlichen eine feste Konstante sein und bleiben.

  17. 13.

    Streicht endlich das C aus dem Parteiakronym!!!

  18. 12.

    Die Erbärmlichkeit des schwarz-roten Senats ist durch deren Erbarmungslosigkeit kaum mehr zu unterbieten, selbst vor schutzbedürftigen Kindern machen die mit Ihrer sog. "Sparpolitik" nicht halt. Und die sPD schaut nur still schweigend zu?? Und dann wundern sich alle, wenn Antidemokraten gewählt werden.....