Berliner Projekt -
Eine spezielle Schutzwohnung für Opfer von Ausbeutung und Menschenhandelt ist am Montag in Berlin offiziell eröffnet worden. Dort sollen sie sicher sein vor Übergriffen oder Einschüchterung durch die Ausbeuter.
Diese sei eine sichere und anonyme Anlaufstelle für Betroffene, sagte Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) bei der Vorstellung des Projekts. Arbeitsausbeutung sei eine oft verborgene, aber weit verbreitete Ausbeutungsform. "Wir zeigen den betroffenen Menschen, dass sie nicht allein sind."
Betroffene würden oft in ihrer Not ausgenutzt und müssen unter miserablen Bedingungen arbeiten, teilte die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales mit. Arbeitsausbeutung gebe es von der Bau- und Landwirtschaft bis zur häuslichen Pflege und der Gastronomie in vielen Bereichen.
Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte seien besonders gefährdet. Bisher habe es an einer sicheren Unterkunft für Betroffene gefehlt, nachdem illegale Beschäftigung beendet und Täter ermittelt seien.
2023 wurden in Berlin laut Polizeilicher Kriminalstatistik 20 Fälle von Menschenhandel und Ausbeutung registriert. Das sei aber nur die "Spitze des Eisbergs", betont die Senatsverwaltung. Sie geht von einer sehr hohen Dunkelziffer aus. Die Betroffenen kommen nach Behördenangaben sowohl aus Europa, aktuell am häufigsten aus Rumänien und Bulgarien, als auch aus Drittstatten, dabei vor allem Indien und Vietnam.
Sicherer Rückzugsort für Betroffene
Betroffene seien oft psychisch erheblich belastet, häufig verbunden mit Angstzuständen oder Depressionen, sagte Peter Hermanns, Sprecher des Internationalen Bundes (IB) Berlin-Brandenburg, eines Trägers der Sozialarbeit. Die Schutzwohnung sei ein sicherer Rückzugsort und soll Menschen neue Perspektiven öffnen. Das IB bietet gemeinsam mit dem "Berliner Beratungszentrum Migration und Gute Arbeit" (Bema) professionelle soziale und psychologische Beratung.
Finanziert wird das Projekt vollständig von der Sozialverwaltung mit 450.000 Euro im Jahr. Insgesamt stehen dort zehn Unterbringungsplätze zur Verfügung, derzeit sei ein Platz belegt, heißt es. Drei Fachkräfte bieten soziale und psychologische Betreuung an. Die Adresse der Schutzwohnung wird aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht. Berlin ist nach Angaben von Kiziltepe das erste Bundesland, das eine solche Schutzwohnung anbietet.
Betroffene vermeiden oft Kontakt mit Behörden
Senat und Polizei hoffen nach eigener Angabe, dass der sichere Anlaufort mit professioneller Unterstützung mehr Opfern die Angst nimmt, bei der Polizei und später vor Gericht gegen die Ausbeuter auszusagen. Arbeitsausbeutung und Menschenhandel seien schwierig nachzuweisen, sagte Gregor Ott, stellvertretender Dezernatsleiter beim Landeskriminalamt. "Die Zeugenaussage ist für uns das absolut wesentliche Element in den Ermittlungen." Wenn Opfer unbetreut blieben, würden Täter versuchen, sie zu beeinflussen und von einer Aussage abzubringen. "Ohne Zeugenaussage in der Hauptverhandlung gibt es keine Verurteilung", betonte Ott.
Es sei ein wiederkehrendes Problem, dass betroffene Menschen oft nicht oder nur in einem kurzen Zeitraum zu Aussagen bei Polizei und Zoll bereit seien, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel. "Denn die Täterinnen und Täter stammen meist aus dem privaten sozialen Umfeld und versuchen regelmäßig, ihre Opfer während der Dauer der Ermittlungsverfahren in ihrem Sinne unter Druck zu setzen und zu beeinflussen." Slowik Meisel bezeichnete die Schutzwohnung daher als "absoluten Gewinn" für die Ermittlungsarbeit des Zolls und der Polizei.
Um Arbeitsausbeutung und Menschenhandel zu bekämpfen, gibt es in Berlin seit Jahresbeginn eine gemeinsame Ermittlungsgruppe von Zoll und Polizei. Auch diese ist bislang bundesweit einmalig.
Sendung: rbb24 Inforadio, 17.03.2025, 13:30 Uhr