#wiegehtesuns? | Wegzug nach Polen - "Die Menschen hier in Swinemünde sind nicht so frustriert"

So 14.01.24 | 10:14 Uhr | Von Magdalena Dercz
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#wiegehtesuns: Ein Traumhaus in Polen. (Quelle: rbb)
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Video: rbb Fernsehen | 09.01.2024 | M. Dercz und M. Schibilsky | Bild: rbb

Die Rentnerin Elke Rollenhagen aus Wandlitz will ihren Lebensabend an der polnischen Ostsee verbringen. Die Wohnung in Swinemünde ist schon gekauft. Sie mag die polnische Mentalität – und fühlt sich sicherer. Ein Gesprächsprotokoll.

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Elke Rollenhagen ist Rentnerin und kommt aus Wandlitz. Zuvor hat sie lange Jahre als Krankenschwester in Bernau gearbeitet. Im Jahr 2020 hat sie sich eine Wohnung in der polnischen Ostseestadt Swinemünde gekauft, der endgültige Umzug steht noch an. So geht es Elke.

Ich bin ein Ostseekind. Wir sind schon immer mit der Familie in den Ferien an die Ostsee gefahren, irgendwann habe ich Swinemünde entdeckt – nur sechs Kilometer entfernt von Ahlbeck. Und immer als ich hierherkam, habe ich mich glücklich gefühlt – dieses Meeresrauschen, die Gemütlichkeit der kleinen Stadt, die Polen – die sind herzlich.

Die Menschen hier in Swinemünde sind nicht so frustriert. Wir in Deutschland müssen immer drei Autos haben, dreimal im Jahr in den Urlaub fahren und wenn das runtergefahren wird, sind wir gleich unzufrieden. Die Polen leben bescheidener, aber irgendwie sind sie fröhlich.

Als ich in Rente ging, konnte ich den Schritt wagen, hierher zu ziehen. Ich bin alleinstehend, meine Töchter sind schon aus dem Haus, haben ihre eigenen Familien. Also habe ich mein Haus in Bernau verkauft und mir eine schöne 85 Quadratmeter große Wohnung in der Stadtmitte von Swinemünde gekauft. Ich war überrascht, wie schnell es ging – zwei Tage hat das gedauert, natürlich mit einem Dolmetscher.

Dass ich nur ein paar Brocken polnisch kann, empfinde ich als gar kein Problem. Erstmal sprechen viele Polen deutsch, und ich bin unabhängig davon sehr interessiert Polnisch zu lernen. Das sagt mir auch meine Ehre gegenüber den Polen, wenn ich in ihrem Land lebe, möchte ich die Sprache erlernen und ihre Kultur und Lebensweise respektieren.

Die Wohnung habe ich schon 2020 gekauft – da waren die Preise noch attraktiver als jetzt. 160.000 Euro habe ich für die Immobilie bezahlt. Von meiner Wohnung aus gibt es viele Einkaufsmöglichkeiten und alles ist fußläufig oder mit dem Fahrrad schnell zu erreichen.  Ich wäre auch schon längst umgezogen, aber ich muss mich noch um meine Mutter in Bernau kümmern.

Sie ist 89 Jahre alt und kommt ganz oft mit nach Swinemünde. Sie sagte auch schon, ich solle mich glücklich schätzen, dass ich die Wohnung hier in Polen habe. Meine Mama hat ihr eigenes Zimmer in der Wohnung, aber auf Dauer wird sie mehr Raum brauchen. Denn sie will mit hierherziehen. Also suche ich nach einer kleinen Wohnung für sie.

Man kann im Dunkeln als Frau allein durch Swinemünde gehen ohne Angst.

Elke Rollenhagen

Aber wir bereiten uns vor für den Umzug – ich bin schon Stadtbürgerin von Swinemünde, mein Auto werde ich demnächst ummelden. Ich habe mich nicht nur wegen der Preise entschlossen hierherzuziehen – ich fühle mich hier einfach wohl. Ich fühle mich verstanden und respektiert.

Ein großer Punkt ist auch die Sicherheit. Man kann im Dunkeln als Frau alleine durch Swinemünde gehen ohne Angst. Es ist ein angenehmeres Leben hier – man spürt den Zusammenhalt, die Polen haben Nationalstolz. Und sie lachen mehr, bei uns in Deutschland können die Menschen oft nicht mehr lachen – das macht mich traurig.

Ich gehe immer feiern, wenn ich in Swinemünde bin, oft kommt meine Mutter sogar mit. Wir haben unseren Lieblingslokal hier, das jeden Abend für Senioren Tanzabende veranstaltet. Jedes Mal ist es ein Riesenspaß und das Bier ist auch deutlich günstiger als bei uns in Deutschland.

Im Vorfeld war die Überlegung oft genug da, wenn ich nach Polen gehe – was wird aus meinen Freunden und der Restfamilie. Damit habe ich meinen Weg und Frieden gefunden. Es sind gute zwei Autostunden entfernt. Also gar kein Problem, wenn ich mal Sehnsucht habe wird sich ins Auto gesetzt und ab nach Hause.

Es ist Grenznah und gibt mir damit ein gutes Gefühl. Und meine Freunde sind sowieso lieber in Swinemünde.

Gesprächsprotokoll: Magdalena Dercz

Beitrag von Magdalena Dercz

18 Kommentare

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  1. 18.

    Echt jetzt, zuverlässige Bahnverbindung?
    Ansonsten, ich glaube es Ihnen gern, denn ich bin sehr gern in Polen.
    Danke.

  2. 17.

    Zitat: ". . . Seien wir alle guter Hoffnung."

    Ich weiß ja nicht, für welche "alle" Sie hier zu schreiben meinen oder ob Gott dem Tusk irgendwie Gram sein könnte, bezweifele allerdings beides, Anna.

  3. 16.

    Zitat: "Ich befürchte tatsächlich das der Tusk-Regime mit zu viel Brutalität gegen PiS vorgeht. Es soll doch reichen, der Wahl gewonnen zu haben"

    Wo bitte geht das von Ihnen so bezeichnete "Tusk-Regime" viel zu brutal gegen die PiS vor, Deborah? Es war doch die PiS, der es nicht gereicht hat die Wahl in 2015 zu gewinnen, sondern sich den Staat ab da zur Beute gemacht hat. Institutionen, die die Demokratie in einem Rechtsstaat gewährleisten sollen, wurden kontinuierlich nach dem Gusto der Ein-Partei-Regierung umgebaut. Dass das neue Regierungsbündnis dieses Modell der "Russischen Demokratie", das auch bspw. in Ungarn zelebriert wird, wieder zurückfährt, ist doch nur zu begrüßen und muss Ihnen sicher keine Angst machen.

  4. 15.

    Der Ort heißt auf polnisch "Swinoujscie" (übersetzt: Mündung der Swine), auf deutsch "Swinemünde", gehört seit 1945 de facto, spätestens seit 1990 de jure zu Polen. Wo ist das Problem? Die Polen nennen Leipzig "Lipsk", die Franzosen Köln "Cologne" usw. Na und? Wichtig ist doch wohl, dass Klarheit über die staatliche Zugehörigkeit besteht!
    Die Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit in Polen würde ich im Übrigen nicht als "Brutalität des Tusk-Regimes" bezeichnen.

  5. 14.

    Und im Himmel ist Jahrmarkt.Sie übersehen die nicht sichtbaren Armut auch auf zum Beispiel Mallorca .Wenn das Geld fehlt gibt's nur zahnlos unterm Orangenbaum sitzen wenn man einen hat ,denn die Grundstücie sind alle eingezäunt ,die Lebenshaltungskosten höher als bei uns und Wartezeiten in den großen Krankenhäusern bis zu 1 Jahr .Ich liebe diese Insel , habe dort auch Freunde ,aber diese oberflächlichen,realitätsverklärenden Vergleiche nötigen mir immer ein lächeln ab.

  6. 13.

    @Anna
    Ich habe gelernt (von Frau Joanna Maria Stolarek, bitte selbst googeln), dass Polen vor der PiS einen europa- und marktkonformen Weg bestritten hat, der vielen polnischen Bürgern die durchaus kritikwürdigen (neo-)kapitalistischen Aspekte um die Ohren gehauen hat. Ob der Umkehrschluss unter der PiS dem poln. Volk besser getan hat, wage ich aber zu bezweifeln. Letztlich haben sie nur eine vorgebliche Bevormundung aus Brüssel und (noch abenteuerlicher) aus Berlin gegen die Nötigungen aus einer einzigen, rückwärtsgewandten Partei getauscht. Nationalistische Tendenzen mögen bei vielen Polen auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein, für mich unverständlich, dass man auch in Polen nichts aus der deutschen Nazivergangenheit und deren Zustandekommen gelernt zu haben scheint. Eine geschlossene polnisch-katholische-nationalistische Gesellschaft statt einer offenen europäischen angestrebt zu haben, ist an Anachronismus kaum zu überbieten.

  7. 12.

    Der Ort heißt eigentlich Swinoujscie (Buchstaben mit Akzente habe ich leider nicht)

    Ich befürchte tatsächlich das der Tusk-Regime mit zu viel Brutalität gegen PiS vorgeht. Es soll doch reichen, der Wahl gewonnen zu haben

  8. 11.

    Auch sollte man als Rentner die mögliche Versteuerung beachten! Es kann sein, dass keine Freibeträge berücksichtigt werden = 100% Versteuerung = weniger Netto. Auch mit der Kranken-/Pflegeversicherung sprechen.

  9. 9.

    Bald werden sie nichts mehr zu lachen haben,Tusk gerade dabei den polnischen Staat zu demontieren und zu schwächen.Sei denn erbarmt sich wieder Gott über Polen und verjagt ihn wieder ,wo der Pfeffer wächst.Seien wir alle guter Hoffnung.

  10. 8.

    Die Bahnverbindung gibt es doch : ich habe auf Usedoms Nachbarinsel Wolin eine Wohnung in Misdroy gekauft - Freunde aus Berlin fahren gratis mit dem Deutschlandticket auf DB und der Usedomer Bäderbahn bis Station Swinemünde, direkt am Polenmarkt (von wo aus per Auto durch den neuen Tunnel nur noch 20 Minuten bis Misdroy sind.
    Die Ostseeküste ist traumhaft und das Leben und Urlauben am polnischen Strand noch dazu viel günstiger als im Westen.

  11. 7.

    Als ob das kranke deutsche Gesundheitswesen noch ein Grund wäre hier zu bleiben.
    Ich bin auch bald weg aber natürlich nicht mehr mit grauen Wetter, aber jedem das seine.

  12. 6.

    Ein Umzug zur Rente nach Swinemünde war auch bei uns geplant.
    Die Wohnung haben wir seit 2017.
    Nun sind wir noch keine Rentner aber beide schwer krank geworden. Leider ist das Gesundheitswesen, obwohl in Polen ein Krankenhaus ist, bei weitem nicht mit dem deutschen Möglichkeiten vergleichbar.
    Und auch die Insel Usedom verfügt über kein Krankenhaus, das nächste ist in Wolgast.
    Das sollte man sich bei einer Auswanderung beachten.

  13. 5.

    Wünscher Dame alles Gute und Gesundheit. Könnte mich auch eher mit der polnischen Ostsee anfreunden, als mit der bei Rentnern beliebten Mittelmeerregion. Brauche den Wechsel der Jahreszeiten und auch den Winter. Ob alle deutschen Rentner am Mittelmeer glücklich sind, möchte ich bezweifeln. Viele wollen auch dort ihr deutsches Essen, ob Schnitzel, Currywurst, Eisbein und deutsches Bier. Gibt es auch dort. Also, dass die Menschen wegen der gesunden Ernährung dorthin ziehen, bezweifle ich.

  14. 4.

    Jedes mal, wenn ich im Ausland bin, vor allem Richtung Mittelmeer, denke ich, den deutschen Meckerrentnern fehlen einfach Wärme und Licht. Hier gibt man sich gern seinen Gebrechen hin. Passend im Dederon-Rentner-Look in Grautönen. Dazu Rollator und gern ungesundes, entzündungsförderndes Essen. Während man in Sizilien oder Kreta bis ins hohe Alter fröhlich unterm Orangenbaum mit der Familie sitzt und Spaß am Leben hat.

  15. 3.

    Ja so geht es viele in meinem Umkreis. Wollen alle an die Polnische Ostsee auswandern. Bloß raus hier.

  16. 2.

    Ja, warum denn nicht? Eine "Raketenwissenschaft" ist es jedenfalls nicht.
    Das ist jedenfalls keine schlechte Entscheidung, wenngeich es wohl auch Glückssache ist.
    Wenn dann endlich einmal eine zuverlässige Bahnverbindung in die Ostseestadt zu erwarten ist, würde ich sehr gern zu einem Besuch starten.

  17. 1.

    Die Dame will Polnisch lernen! Sehr gut

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