Vor 50 Jahren besuchte Martin Luther King Ost-Berlin - "Eine überwältigende Begegnung mit diesem Mann der Freiheit"
Spontan und ohne Pass reiste der US-Bürgerrechtler Martin Luther King 1964 nach Ost-Berlin. Es war ein Coup, mit dem er die DDR-Behörden überraschte. Am Sonntag wurde in der Marienkirche am Alexanderplatz an den Besuch erinnert. An dem Festgottesdienst nahm auch Bundespräsident Joachim Gauck teil, der damals den Gottesdienst mit Martin Luther King selbst miterlebt hatte.
Mit einem Festgottesdienst hat die evangelische Kirche in Berlin am Sonntag den Friedensnobelpreisträger und US-Bürgerrechtler Martin Luther King (1929-1968) gewürdigt. Genau vor 50 Jahren hatte der Baptistenpfarrer die damals geteilte Stadt besucht und auch in der Ost-Berliner Marienkirche gepredigt. An der Feier nahmen auch Bundespräsident Joachim Gauck und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) teil. Gauck hatte selbst den Gottesdienst mit Martin Luther King damals miterlebt.
King habe in der Stadt "die Sehnsucht nach Freiheit" geweckt, sagte der Berliner Bischof Dröge in seiner Predigt in der Marienkirche. Der Einsatz für Frieden und Freiheit sei auch heute dringend nötig, unterstrich Dröge. Er kritisierte, dass aktuell "despotische Regime mit religiöser Begründung ohne Rücksicht auf die elementarsten Menschenrechte nach Vorherrschaft streben." Deshalb sei etwa ein militärisches Eingreifen im Nordirak notwendig geworden, um Völkermord zu verhindern, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).
Doch auch wenn Militäreinsätze als letztes Mittel derzeit unvermeidbar seien, dürfe man sich nicht an diese gewöhnen, mahnte Dröge. "Wir brauchen Konzepte der Schutzverantwortung, die von der Völkergemeinschaft gemeinsam getragen werden, um in Zukunft hilflose Menschen wirksam vor Massenverbrechen schützen zu können." Nötig seien dafür auch Vorbilder wie Martin Luther King, "die realistisch sehen, was heute ist, die aber dennoch daran festhalten, dass etwas anders sein soll und sein kann".
Grenzübertritt kam für das DDR-Regime völlig überraschend
Die Kirche St. Marien am Alexanderplatz feiert, diskutiert und erinnert sich mit einer ganzen Reihe an Veranstaltungen, Diskussionsrunden, Vorträgen und Stadtführungen an den Besuch des US-Bürgerrechtlers im damaligen Ost-Berlin. Martin Luther King hatte vom 12. bis 14. September 1964 auf Einladung des damaligen Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt (SPD) West-Berlin besucht. Dabei hatte er am Abend des 13. September für das DDR-Regime völlig überraschend den Grenzübergang Checkpoint Charlie überquert. In der Marienkirche und in der Sophienkirche in Ost-Berlin predigte er vor zusammen 3.000 Menschen. Wenig später erhielt er in Oslo den Friedennobelpreis.
"Wir haben in den letzten Monaten immer mehr Anfragen bekommen. Das nahm von Tag zu Tag zu", beschrieb Roland Stolte, Theologischer Referent der Marienkirche, vor wenigen Tagen das Geschehen rund um die Feierlichkeiten in der Kirche.
Kings Visite in Ost-Berlin geriet in Vergessenheit
Das interessante dabei, so Stolte, ist die "stadthistorische Dimension" dieses Besuchs in einer Kirche in Ostberlin: "Der Einstieg in diese Geschichte war der Fund eines Tonbandes vor 15 Jahren. Dieser Fund war Anlass zu suchen und zu forschen. Und 2004 wurde dann das erste Mal an den Besuch erinnert." Dieses Tonband sei damals in einem Safe der Kirche gefunden worden. "Es war eine alte Spule in einer Papphülle mit der Aufschrift '13. September Martin Luther King.'"
Zwar sei der Besuch noch denen in Erinnerung gewesen, die dabei waren, aber in der Gemeinde, der Landeskirche oder in der Stadt nicht. "Martin Luther King in Westberlin, das wurde festgehalten", erklärt Stolte. Aber seine Abendvisite in Ost-Berlin, sein Auftritt in zwei Kirchen - das sei weitgehend vergessen gewesen.
Neben dem Gottesdienst veranstaltete die Marienkirche am Wochenende Diskussionsrunden und Vorträge. So sprach ein Historiker über Kings Besuch, Kinder der Evangelischen Schule Berlin-Mitte spielten in historischen Kostümen Szenen zur Bürgerrechtsbewegung und der Films "Der King Code" wurde gezeigt. Am Samstagabend wurde zudem die Predigt Martin Luther Kings gelesen und die Zeitzeugen Hannelore Weist, Irmtraut Streit und einige andere erinnerten an den Besuch.