Koalitionsstreit entschärft - Berliner Senat stoppt Abschiebung von Ausreisepflichtigen nach Moldau
Die Berliner Innenverwaltung lässt Pläne fallen, wonach rund 600 ausreisepflichtige Moldauer in ihre Heimat abgeschoben werden sollten. Grüne und Linke hatten das heftig kritisiert und auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag gepocht.
In diesem Winter sollen aus Berlin doch keine Flüchtlinge in die Republik Moldau abgeschoben werden. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) lässt entsprechende Pläne fallen und entschärft so einen Streit in der rot-grün-roten Koalition.
Spranger teilte dem rbb mit: "Nach Rücksprache im Senat haben wir uns darauf verständigt, dass Abschiebungen in den Wintermonaten nicht stattfinden". Zuerst hatte der "Tagesspiegel" über die Einigung berichtet.
Vereinbarung im Koalitionsvertrag
Die Innenverwaltung hatte angestrebt, in den nächsten Wochen 600 ausreisepflichtige Moldauer in ihre Heimat zurückzuschicken, um in Berlins Unterkünften dringend benötigten Platz für Geflüchtete aus der Ukraine zu schaffen. Grüne und Linke hatten die Pläne heftig kritisiert. Sie bewerten solche Abschiebungen als Bruch des gemeinsamen Koalitionsvertrags, in dem es heißt: "Im Winter soll auf Abschiebungen verzichtet werden, wenn Witterungsverhältnisse dies humanitär gebieten." In der Regel sind Gefährder und Straftäter allerdings vom Winterabschiebestopp ausgenommen.
Die Koalitionspartner reagierten erleichtert auf die Kehrtwende der SPD-Innensenatorin. Der linke Innenexperte Niklas Schrader sagte dem rbb: "Gut, dass Iris Spranger sich besinnt und in Richtung Koalitionsvertrag zurückbewegt." Beim nächsten Mal solle sie sich aber besser vorher abstimmen und keine Alleingänge machen. Schraders grüner Kollege Vasili Franco betonte: "Wir dürfen im Umgang mit Geflüchteten nicht mit zweierlei Maß messen. Aus humanitären Gründen sind Abschiebungen nach Moldau nicht vertretbar. Dort herrschen Minusgrade, nicht einmal die Stromversorgung ist gewährleistet. Wir begrüßen, dass die Regierungsrichtlinien jetzt gemeinsam umgesetzt werden."
Etwa 3.200 ausreisepflichtige Moldauer in Berlin
Scharfe Kritik an Sprangers Kurswechsel kommt dagegen von der AfD. Fraktionschefin Kristin Brinker betonte, das Asylrecht solle vor politischer Verfolgung schützen, nicht vor Winterwetter. "Innensenatorin Spranger ist vor den Asyl-Lobbyisten von Grünen, Linken und dem linken Flügel ihrer eigenen Partei eingeknickt," so Brinker. "Den Schaden haben nicht nur die Berliner Steuerzahler, die Hunderte Ausreisepflichtige weiter finanzieren müssen. Leidtragende sind auch Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber mit tatsächlicher Aussicht auf Anerkennung, für die nicht genug Unterbringungsplätze vorhanden sind."
In Berlin sind aktuell etwa 3.200 Moldauer ausreisepflichtig. Asylanträge von Menschen aus diesem Land werden so gut wie nie positiv beschieden, weil ihnen nach Einschätzung der Bundesregierung in ihrer Heimat keine gezielten Repressionen drohen. Moldau kämpft mit großen wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Um das Land zu unterstützen, hatte die Bundesregierung Moldau vor kurzem zusätzliche Hilfen in Höhe von gut 32 Millionen Euro zugesagt. Das Geld soll unter anderem für den Ausbau erneuerbarer Energien und kommunaler Infrastruktur sowie für die Versorgung von Flüchtlingen aus dem Nachbarland Ukraine eingesetzt werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.12.2022, 17:00 Uhr