Brandenburg - Geflüchtete: Kommunen am Limit, aber nicht in Notlage
Auch Brandenburg hat wachsende Probleme mit der Aufnahme Geflüchteter. Aber von einer Notlage ist nicht die Rede, Massenunterkünfte in Hallen oder Zelten gibt es nicht. Von Thomas Bittner
- 37.500 Geflüchtete wurden in diesem Jahr in Brandenburg erstaufgenommen
- Von 4.400 Erstaufnahme-Plätzen sind derzeit gut 3.600 belegt
- Kreis Elbe-Elster: kommen mit Kapazitäten bis Februar/März
Während die Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin immer problematischer wird, kann in Brandenburg von einer Notlage nicht die Rede sein.
Die Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende wurden in den vergangenen Monaten erweitert, teilte das Innenministerium auf rbb-Anfrage mit. Von den gut 4.400 Plätzen seien vor Weihnachten etwas mehr als 3.600 belegt. Dort bleiben die Ankommenden aber in der Regel maximal drei Monate. Eine längerfristige Unterkunft müssen Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge in den Kommunen finden.
37.542 in Brandenburg angekommene Menschen wurden in diesem Jahr vom Land aus der Erstaufnahme in die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. Im Januar und Februar lagen die Zahlen noch bei unter 200. Im März, unmittelbar nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine, schnellten sie nach oben. Im März und April waren es jeweils über 5.000, mit über 17.000 lag die Zahl im Mai am höchsten. Danach pegelten sich die Verteilungen durch die Zentrale Ausländerbehörde bei monatlich ein- bis zweitausend ein.
Zehnmal mehr Ukrainer:innen als Afghan:innen bei Erstaufnahme registriert
Während die meisten Geflüchteten in Übergangswohnheimen, Wohnverbünden oder angemieteten Wohnungen leben, sind ukrainische Geflüchtete zu einem Großteil privat untergebracht worden. Oft leben sie in selbst angemieteten Wohnungen. Das macht es auch schwer, sich einen Überblick zu verschaffen.
Nur diejenigen, die in Brandenburg keine Anlaufadresse hatten, wendeten sich an die Zentrale Ausländerbehörde (ZABH). Mit 9.306 bei der ZABH bis Ende November registrierten Ukrainerinnen und Ukrainern liegt die Zahl aber zehnmal so hoch wie bei der zweitgrößten Gruppe: 939 Asylsuchende kamen aus Afghanistan, 883 aus Syrien.
Die meisten Ukrainer:innen leben in der Landeshauptstadt Potsdam. Dass etwa 3.000 ukrainische Geflüchtete in die Stadt kamen, könnte auch damit zu tun haben, dass schon vor dem Krieg fast 1.000 Menschen aus der Ukraine in der Landeshauptstadt lebten. In Potsdam treffen sie auf eine lebendige Community und ein soziales Netzwerk.
Dennoch: Auch in Brandenburg sind vielerorts die Kapazitäten am Limit. In der Landeshauptstadt Potsdam lag das Aufnahmesoll für 2022 bei 2.342 Menschen. Zugewiesen wurden Potsdam durch das Land bisher 2.700 Menschen, darunter weit überwiegend Geflüchtete aus der Ukraine. Auch Frankfurt (Oder) liegt mit insgesamt 992 Aufnahmen 34 Prozent über dem Soll. Rathaussprecher Uwe Meier schätzt aber ein: "Ein geordnetes Verteilungsverfahren vorausgesetzt, ist davon auszugehen, dass Frankfurt (Oder) auch im Jahr 2023 seine Aufnahmeverpflichtung erfüllen kann."
27.500 Zuweisungen im nächsten Jahr prognostiziert
Nach der Prognose des Landes Brandenburg werden im kommenden Jahr landesweit 27.500 Zuweisungen erfolgen. Ob sich diese Prognose halten lässt, hängt nicht zuletzt vom Kriegsgeschehen in der Ukraine ab.
Aus dem Landratsamt von Elbe-Elster heißt es: "Sofern keine große Welle zum Jahresbeginn kommt, kommen wir mit den derzeit vorhandenen Kapazitäten noch bis Februar bzw. März. Diese Zeit müssen wir nutzen, um uns für die Folgemonate entsprechend aufzustellen." Der Herzberger Landrat Christian Jaschinski kündigte bereits an, einen Teil der vom Land betriebenen Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain zu nutzen. Bis Mitte des Jahres stünden dort 250 Plätze zur Verfügung.
Es gab aber auch im Jahr 2022 Menschen in Brandenburg, die Deutschland verlassen mussten. Bis Ende Oktober wurden 131 Menschen aus Brandenburg abgeschoben, 219 reisten freiwillig aus. Über 4.600 Menschen sind in in Brandenburg "vollziehbar ausreisepflichtig". Das bedeutet: alle Gerichtsverfahren sind rechtskräftig abgeschlossen und es gibt keinen längerfristigen Duldungsgrund. Auf einem anderen Blatt steht, ob die Ausreisepflicht faktisch umgesetzt werden kann. Denn viele dieser Menschen stammen aus Ländern wie Afghanistan, in die Deutschland nicht abschiebt, oder aus Ländern, die sich weigern, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, wie etwa Russland.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 22.12.2022, 19:30 Uhr