Bündnis "Wir haben es satt" - Mehrere Tausend Menschen demonstrieren für Agrarwende in Berlin
Für eine umweltfreundliche und soziale Landwirtschaft haben am Samstag mehrere Tausend Menschen im Berliner Regierungsviertel demonstriert. Aufgerufen hatte das Bündnis "Wir haben es satt".
Parallel zur Messe "Grüne Woche" sind am Samstag mehrere Tausend Menschen im Berliner Regierungsviertel für eine Wende in der Agrarpolitik auf die Straße gegangen. Aufgerufen hatte das Bündnis "Wir haben es satt" mit rund 80 Organisationen. Die Demonstranten forderten unter anderem eine bäuerliche Landwirtschaft, artgerechte Tierhaltung, konsequenten Klimaschutz und gentechnikfreie Lebensmittel.
Wie ein Sprecher des Aktionsbündnisses dem rbb sagte, nahmen etwa 10.000 Menschen an der Demonstration teil. Die Polizei hatte am Mittag zunächst von 1.000 Teilnehmenden gesprochen, gegen Ende der Demonstration nannte die Polizei die Zahl von 7.000.
Protestnote an Landwirtschaftminister übergeben
Am Vormittag übergaben Aktivisten zunächst Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eine Protestnote. Das Bündnis fordere faire Erzeugerpreise, Sozialleistungen, die ökologischen Konsum möglich machten, und mehr Ackerflächen für den Anbau menschlicher Nahrung statt für Futter, sagte eine Sprecherin des Bündnisses. "Wir erwarten deutlich mehr von Agrarminister Özdemir und der Bundesregierung", erklärte Bündnis-Sprecherin Inka Lange mit Blick auf ein Jahr Agrar- und Ernährungspolitik der Koalition von SPD, Grüne und FDP.
Begleitet wurden die Aktivisten mit einem Korso aus knapp 50 Traktoren, die von Blankenfelde zum Auswärtigen Amt fuhren, wo sie Özdemir ihr Papier übergaben. Im Auswärtigen Amt findet der Agrarministergipfel statt.
Kundgebung vor einer Bühne am Brandenburger Tor
Der anschließende Protestzug durch Berlin startete gegen Mittag am Brandenburger Tor und führte dorthin zurück. Die Fahrzeuge schlossen sich dem Demonstrationszug im Regierungsviertel an. Für eine Abschlusskundgebung wurde auf der Seite zum Tiergarten eine Bühne aufgebaut, angrenzende Straßen wurden teilweise abgesperrt.
An der Initiative "Wir haben es satt" sind Vertreter von rund 80 ökologisch und konventionell wirtschaftenden Bauern beteiligt, Natur-, Umwelt- und Tierschutzverbände sowie kirchliche Hilfswerke.
Die Demonstration findet bereits seit mehreren Jahren anlässlich der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin statt, die seit Freitag für Besucher offen steht. Bis zum 29. Januar präsentieren hier rund 1.400 Aussteller aus Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie ihre Produkte in den Berliner Messehallen, zugleich ist das Branchentreffen ein Ort für den politischen Austausch über die Zukunft der Landwirtschaft.
Brandenburgs Agrarminister fordert Wandel der Landwirtschaft
Brandenburgs Grünen-Agrarminister Axel Vogel zeigte sich im Vorfeld der Demonstration Sympathien für die Forderungen. In einem rbb-Interview sagte er am Samstag, in der Landwirtschaft müsse es ein Umdenken geben. Rund 80 Prozent der Bäuerinnen und Bauern in Brandenburg und auch in Deutschland würden bisher konventionell wirtschafteten; sie könnten für die Bio-Landwirtschaft nur dann gewonnen werden, wenn sie damit genug Geld verdienten, um ihre Familien zu ernähren und ihre Höfe zu betreiben.
Vogel beklagte in diesem Zusammenhang fehlende Wertschöpfungsketten in Brandenburg. So hätten in den 1990er Jahren u.a. viele Kartoffelverarbeitungsbetriebe oder Schlachtereien geschlossen. Mühsam werde das zurzeit wieder aufgebaut. Diese Strukturen seien wichtig, um den Landwirten höhere Einnahmen zu verschaffen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 21.01.2023, 19:30 Uhr