In einstweiligen Ruhestand versetzt - Brandenburger Innenminister Stübgen trennt sich von Staatssekretär Schüler
Überraschend hat Innenminister und Vize-Ministerpräsident Michael Stübgen seinen Staatssekretär Uwe Schüler entlassen. Die Entscheidung hinterlässt Fragezeichen. Hat die Koalition ein Vertrauensproblem? Von Thomas Bittner
- Innenminister hat kein Vertrauen mehr in Staatssekretär
- Staatssekretär Grünewald übernimmt Amtsgeschäfte
- Rätselraten über konkrete Entlassungsgründe
Es musste schnell gehen. Mit Wirkung vom Montag hat Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) seinen Staatssekretär Uwe Schüler in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Begründung lässt Raum für Spekulationen: "Nach einem intensiven Austausch mit Uwe Schüler bin ich zur Überzeugung gelangt, dass das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit im Dienste des Landes nicht mehr gegeben ist", heißt es in einer dürren Pressemitteilung.
Am Montagvormittag informierte der Innenminister den Ministerpräsidenten, der formell die Entlassungsurkunde unterschreiben muss. Weil Dietmar Woidke (SPD) Termine in Mecklenburg-Vorpommern hatte, wird der Ex-Staatssekretär wohl erst am Dienstag sein Entlassungsschreiben in den Händen halten. Die Personalie sorgt für Unruhe.
Staatssekretär für Polizei und Verfassungsschutz
Uwe Schüler war nicht irgendein Staatssekretär in der Kenia-Koalition. Der 53-jährige hielt im Innenministerium die Fäden zusammen. Er war für Polizei und Verfassungsschutz zuständig, in gemeinsamen Sitzungen hielt er den Draht zu den Koalitionspartnern bei Sicherheitsthemen. Im Innenministerium unterstand ihm auch die Zentralabteilung, die sich um Finanzen und Personal kümmert.
"In der Zusammenarbeit zwischen Minister und Staatsekretär ist das persönliche Vertrauen das A und O", schreibt CDU-Fraktionschef Jan Redmann in einer ersten Reaktion. Daher könne man Staatssekretäre als politische Beamte jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Klingt, als sei das normal im Umgang miteinander. Doch der Rauswurf eines politischen Beamten ist stets eine Zäsur, besonders in einem verfassungsrechtlich sensiblen Bereich.
Stübgen selbst dankt in der Pressemitteilung dem Staatssekretär "für seine geleistete Arbeit im Ministerium". Das war’s. Ende einer 22-jährigen engen Zusammenarbeit. Schüler und Stübgen galten lange Zeit als Vertraute. 2001 hatte Schüler im Büro des Bundestagsabgeordneten Stübgen als Mitarbeiter angefangen, blieb jahrzehntelang an seiner Seite, in der CDU-Landesgruppe, in der Fraktion, später im Staatssekretärs-Büro beim Landwirtschaftsministerium. Als Stübgen vom Bund ins Land wechselte, brachte er den Juristen gleich mit.
Polizeigewerkschafter erwarten schnell eine Nachfolge
Es ist schon der zweite jähe Personalwechsel auf dem Posten in der Ära Stübgen. 2020 ließ sich Schülers Vorgänger Klaus Kandt selbst aus persönlichen Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Offensichtlich auch wegen Streits im Ministerium.
Personalwechsel in der Führungsetage von Innenministerium und Polizeipräsidium haben die letzten Jahre geprägt. Sie haben viel Unruhe in die Organisation gebracht, merken Polizeigewerkschafter an. "Wir bedauern die Entscheidung sehr", sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Anita Kirsten, dem rbb. "Gerade die Polizei braucht Kontinuität. Wir haben viele Vorgänge, die über lange Zeit dauern, die eine Unterstützung durch eine starke Persönlichkeit brauchen." Die Erwartung sei, dass alsbald jemand nachkomme, der diese Aufgabe für das nächste Jahr meistern kann.
Das dürfte schwierig werden. Vorerst soll Staatssekretär Markus Grünewald, der für die Kommunen, den Brand- und Katastrophenschutz und die Digitalisierung zuständig ist, und damit auch ausgelastet schien, zusätzlich die Amtsgeschäfte von Uwe Schüler übernehmen. Dass sich ein erfahrener politischer Beamter mit regionaler Kenntnis und Polizeierfahrung findet, der sich auf lediglich ein Jahr als Staatssekretär verpflichten lässt, scheint fast aussichtslos.
Rätselraten über die Gründe
Stübgens Amtszeit endet nach der nächsten Landtagswahl 2024, das hat er selbst angekündigt. Den CDU-Landesvorsitz will er schon im März abgeben. Umso mehr rätselt man im politischen Potsdam, was den Innenminister jetzt zu diesem Schritt bewogen hat. Hatte Schüler zu viele eigene politische Ambitionen, vielleicht für die Zeit nach Stübgen? Oder gibt es Verwerfungen zwischen dem ambitionierten Nachfolger-Kandidaten Jan Redmann und dem Interims-CDU-Landesvorsitzenden Michael Stübgen? Warum eine solche Personalie wenige Wochen vor dem CDU-Wahlparteitag? War Schüler, der gut mit Jan Redman zusammenarbeitete, das Bauernopfer?
Bei den Innenpolitikern der Koalitionspartner SPD und Grüne werden solche Vermutungen gestreut. In der CDU will man davon nichts wissen. Doch niemand kann oder will die Frage beantworten, welche Eigenmächtigkeiten oder Vertrauensbrüche den Minister bewogen haben, seinen Amtschef aus dem Haus zu werfen.
Matthias Stefke, der innenpolitische Sprecher der Oppositionsfraktion von BVB/Freie Wähler stellt die Personalie gleich noch in einen anderen Zusammenhang: "Nach dem kürzlichen Rauswurf der Landesvorsitzenden der Grünen, Julia Schmidt, stellt sich die Frage, ob die Koalition aktuell noch voll arbeitsfähig ist." Man sei vor allem mit Personalproblemen beschäftigt, die aufgrund von gegenseitigem Misstrauen entstanden seien. Eineinhalb Jahre vor der Wahl stehen Personalquerelen ganz schnell im Rampenlicht.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 27.02.2023, 19:30 Uhr