Flucht von Sicherungsverwahrtem - Brandenburger Justizministerin prüft Verschärfungen für begleitete Haft-Ausgänge
Mitte Februar floh ein Brandenburger Sicherungsverwahrter bei einem begleiteten Ausflug nach Berlin. Die Landesjustizministerin will nun die Regeln für solche Ausgänge überprüfen. Gleichzeitig verteidigt sie die Entscheidung für den Ausflug.
Die Brandenburger Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) will die Regeln für begleitete Ausgänge von Häftlingen überprüfen. Das sagte sie am Donnerstag im Rechtsausschuss des Landtages. Anlass ist die Flucht eines Sexualstraftäters, der sich in Sicherungsverwahrung befand, am 15. Februar. Der Mann war 13 Tage nach seiner Flucht gefasst worden.
Sicherungsverwahrung als "Sonderopfer"
Geprüft werde müsse beispielsweise, ob begleitete Ausgänge für Straftäter in der Sicherungsverwahrung auch nach Berlin führen sollten oder ob sie nicht nur innerhalb Brandenburgs stattfinden könnten, so Hoffmann. Dort seien die Örtlichkeiten übersichtlicher.
Gegen die beiden Begleiter, die den Straftäter beim Gang auf die Toilette unbeaufsichtigt ließen, seien dienst- und arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen worden, berichtete die Ministerin.
Generell wolle Brandenburg aber an begleiteten Ausgängen für Straftäter in der Sicherungsverwahrung festhalten, so Hoffmann. Dies schreibe das Bundesverfassungsgericht vor. Wer in der Sicherungsverwahrung sei, habe seine Strafe verbüßt und erbringe ein, so das Gericht, "Sonderopfer für die Gesellschaft".
Der Staat sei daher verpflichtet, seine Lebensweise an die der Gesamtgesellschaft anzugleichen. Seine Lebenstüchtigkeit müsse erhalten werden, um eine mögliche spätere Entlassung vorzubereiten, betonte die CDU-Politikerin. "Zu diesen Maßnahmen gehört etwa die Orientierung in großen Menschenmassen und der Umgang mit verschiedenen Verkehrsmitteln", sagte Hoffmann. Daher sei der Mann in die nahe gelegene Großstadt Berlin ausgeführt worden. Hoffmann hatte den Ausflug des Mannes bereits im Februar gerechtfertigt.
Gutachter sah keine Fluchtgefahr
Die vier den Sicherungsverwahrten in Brandenburg jährlich zustehenden Ausflüge dürften nur gestrichen werden, wenn die Gefahr bestehe, dass der Straftäter entweichen und neue erhebliche Straftaten begehen könnte, konkretisierte die Ministerin jetzt noch einmal. Bei dem jüngsten Fall des entflohenen Sicherungsverwahrten habe ein Gutachter im April vergangenen Jahres keine Fluchtgefahr gesehen. Mehrere vorherige Ausgänge des Mannes seien ohne Zwischenfälle verlaufen.
Hoffmann verteidigte auch die Entscheidung, erst zwei Tage nach der Flucht mit einem Fahndungsfoto nach dem Mörder zu suchen. Eine Öffentlichkeitsfahndung stelle einen sehr schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Gesuchten dar, so die Justizministerin.
Der 64 Jahre Mann hatte drei Frauen vergewaltigt und eine von ihnen ermordet. Das Gericht stufte ihn im Urteil als weiterhin gefährlich ein. Nachdem er 15 Jahre Haft verbüßt hatte, kam er 2017 in Sicherungsverwahrung. Mitte Februar nutzte er einen Toilettengang im Berliner Europa-Center, um zu flüchten. Gut zwei Wochen später wurde er auf einem Hochsitz in Nauen gefasst.
Bevölkerung soll so geschützt werden
Die Fraktion BVB/Freie Wähler hatte das Thema auf die Tagesordnung des Rechtsausschusses setzen lassen. Fraktionschef Péter Vida sagte im Ausschuss, die Öffentlichkeitsfahndung hätte sofort beginnen müssen. Das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung wiege schwerer als die Persönlichkeitsrechte des Straftäters. Widerspruch kam von den Linken.
Die Linken-Abgeordnete Marlen Block sprach dagegen von "Empörungspoiltik" und sagte, es sei gut möglich, dass der Entwichene überhaupt nicht mehr gefährlich sei.
Die Sicherungsverwahrung soll die Bevölkerung vor besonders gefährlichen Tätern schützen, die ihre Strafe bereits abgesessen haben, aber weiterhin als gefährlich gelten. In Brandenburg sind laut Justizministerium derzeit 13 Sicherungsverwahrte untergebracht, der nun Gefasste eingerechnet.
Sendung: Antenne Brandenburg, 09.03.2023, 18:20 Uhr