Verfassungsschutzbericht - Stübgen: Rechtsextremismus stellt in Brandenburg weiter große Gefahr dar
Die Zahl der Menschen, die der Verfassungsschutz in Brandenburg dem Rechtsextremismus zuordnet, hat im Jahr 2022 zugenommen - das zeigt der neue Bericht der Behörde. Einfluss darauf hat auch der Krieg in der Ukraine.
Der Rechtsextremismus bleibt der mit Abstand größte Extremismusbereich in Brandenburg. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2022 hervor, der am Mittwoch in Potsdam von Innenminister Michael Stübgen (CDU) und Verfassungsschutzchef Jörg Müller vorgestellt wurde.
"Von Rechtsextremisten geht weiterhin die größte Gefahr für unsere Demokratie aus. Hierbei bildet der rechtsextremistische Verdachtsfall Alternative für Deutschland (AfD) zusammen mit dem rechtsextremistischen Magazin 'Compact' und dem rechtsextremistischen Verein 'Zukunft Heimat' eine verfassungsfeindliche, politisch-mediale Formation", sagte Stübgen. Deren gemeinsames Ziel sei, die Gesellschaft fundamental umzuwandeln. Wachsende Teile der Gesellschaft drohten, in eine Art Hasszustand wegzukippen.
Verfassungsschutz-Chef: Russischer Angriffskrieg hat Verfassungsfeinde "regelrecht elektrisiert"
Dem Bericht zufolge stieg das rechtsextremistische Personenpotenzial im Vergleich zum Vorjahr leicht um 25 auf 2.855 [mik.brandenburg.de]. 1.260 Anhänger der rechtsextremen Szene gelten nach Angaben des Verfassungsschutzes als gewaltorientiert, 15 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der damit zusammenhängenden registrierten Gewaltstraftaten sank allerdings auf 90, 18 weniger als im Vorjahr. 2020 zählte der Verfassungsschutz 2.860 potenzielle Rechtsextremisten und damit den bisherigen Rekordwert.
Der Leiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Müller, sagte, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe im vergangenen Jahr gerade die Akteure der verfassungsfeindlichen politisch-medialen Formation "regelrecht elektrisiert." Nicht weil diese mit den Ukrainern mitfühlten, sondern weil sie darauf hofften, dass der Krieg zu ökonomischen Verwerfungen in Deutschland führe. "Sie träumten davon, Deutschland einen heißen Herbst und einen heißen Winter aufzuzwingen", sagte Müller. Das Ergebnis sei für die Szene ernüchternd, es sei bei zahlreichen, teilweise krampfhaften Versuchen geblieben.
Rückgang beim Linksextremismus, Zahl der Islamisten und "Reichsbürger" konstant
Beim Linksextremismus sei dagegen ein deutlicher Rückgang um 100 auf 530 Angehörige der Szene festzustellen. Als gewaltorientiert stuften die Verfassungschützer davon 200 Personen ein, 40 weniger als im Vorjahr. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) kommen in Brandenburg laut des Verfassungschutzes zusammen nach einem weiteren Rückgang auf noch etwa 35 Mitglieder, sie seien nicht mehr handlungsfähig.
Islamische Extremisten wurden im Jahr 2022 wie im Jahr zuvor 210 gezählt. Darunter befänden sich weiterhin 80 Personen mit Bezügen zur "Islamistischen Nordkaukasischen Szene" in Tschetschenien, von denen manche Gruppen sich dem terroristischen sogenannten "IS" zugehörig erklärt hatten. In Brandenburg versuchten sie, junge Tschetschenen für ihre terroristischen Ziele zu gewinnen, heißt es im Verfassungsschutzbericht.
Die Zahl sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter liegt laut Verfassungsschutzbericht unverändert bei 650. Die fremdenfeindliche Gruppe "Provinz Brandenburg – Freistaat Preußen" beispielsweise fordere eine Rückkehr Deutschlands zu den Grenzen von 1914 und verlangte in einem im Juli 2022 veröffentlichten Schreiben "jeder Rasse ein Territorium zuzuweisen und durch geografische Barrieren voneinander zu trennen".
Verfassungsschutz warnt vor zunehmenden separatistischen Tendenzen
Der Verfassungsschutz hatte am vergangenen Samstag vor zunehmenden separatistischen Tendenzen in der rechtsextremen Szene gewarnt. Die Debatten liefen darauf hinaus, bestimmte Territorien zu besetzen, sie abzuspalten oder Deutschland ganz aufzugeben - wie mit dem Fantasiestaat "Königreich Deutschland" in Lychen-Rutenberg (Uckermark).
Der Chef des Verfassungsschutzes warnte am Mittwoch außerdem vor russischer Spionage. "Natürlich setzen die russischen Dienste jetzt erst recht alles daran, mit Spionage gegen Einrichtungen und Personen an sensible Informationen zu gelangen", erklärte Müller. Der Bundeskanzler und zwei Bundesministerinnen kämen aus Brandenburg, im Raum Potsdam befänden sich das Präsidium der Bundespolizei und das Einsatzführungskommando der Bundeswehr. "Wir müssen uns darauf einstellen, Angriffsziel zu sein", erklärte Müller.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 19.04.2023, 19:30 Uhr