Türkei-Wahl - Erdogan in Berlin nur knapp vor Kilicdaroglu - Konsulat öffnet ab Samstag für Stichwahl

Di 16.05.23 | 16:45 Uhr | Von Philipp Rother
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Gäste des Shisha Café Deplasman in der Wollankstraße sehen sich die Berichterstattung zur Präsidenten- und Parlamentswahl in der Türkei am 14.05.2023 auf einem Fernseher an.(Quelle:dpa/J.Carstensen)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.05.2023 | Kenan Kolat & Stephan Ozsvath | Bild: dpa/J.Carstensen

Erdogan und Kilicdaroglu müssen in der Türkei zur Stichwahl antreten. In Berlin lagen zwischen den Kandidaten wohl nur wenige Stimmen. Die in Berlin lebenden Türken können ab Samstag wieder an die Wahlurne.

Die Präsidentenwahl in der Türkei geht in die zweite Runde. Am 28. Mai treten in der ersten Stichwahl in der Geschichte des Landes Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan und sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu gegeneinander an. Im ersten Durchgang am vergangenen Sonntag hatte keiner der beiden die nötige Mehrheit erhalten. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 89 Prozent.

Stimmabgabe in Berlin von Samstag bis Mittwoch

Die 60,7 Millionen Wähler im Inland können daher in zwei Wochen erneut ihre Stimme abgeben. Auch die 3,4 Millionen Wahlberechtigten im Ausland - darunter 1,4 Millionen in Deutschland - können erneut an die Urne treten.

In Berlin sind wieder etwa 101.000 Menschen mit türkischem Pass stimmberechtigt. Sie können ab dem kommenden Samstag bis Mittwoch - wie im ersten Durchgang auch - im türkischen Konsulat in der Heerstraße in Charlottenburg-Wilmersdorf ihre Stimme abgeben. Auch die 5.300 Stimmberechtigten aus Brandenburg müssen dort wählen. Das Konsulat wird an allen fünf Tagen von 8 bis 22 Uhr geöffnet sein.

Im ersten Wahldurchgang lag Erdogan in der Türkei am Ende laut Wahlkommission mit 49,5 Prozent der Stimmen vor Kilicdaroglu, der 44,9 Prozent der Stimmen auf sich vereinte.

In Berlin kam Erdogan nach Daten der türkischen Zeitung Yeni Safak [yenisafak.com], die der Regierungspartei AKP nahesteht, auf 49,2 Prozent, Kilicdaroglu auf 48,8 Prozent. "Nur 226 Stimmen" lagen zwischen Amtsinhaber und Herausforderer, sagte Kenan Kolat von der oppositionellen CHP in Berlin.

65,4 Prozent der Stimmen in Deutschland für Erdogan

In allen anderen deutschen Städten gewann klar der 69 Jahre alte Präsident - in Essen mit 77,6 Prozent, in Stuttgart mit 69,5 Prozent und in München mit 62,2 Prozent. In ganz Deutschland stimmten 65,4 Prozent für Erdogan. Die Wahlbeteiligung lag bei 48,3 Prozent.

In Frankreich stimmten 64,2 Prozent für Erdogan, in Belgien sogar 72,3 Prozent.

Dass Erdogan von im Ausland lebenden Türken mehr Stimmen bekommen hat, habe psychologische Gründe, erklärte Kolat am Dienstagmorgen im rbb24 Inforadio: Er nutze den Umstand, dass es beispielsweise in Deutschland Türkei- und Islamfeindlichkeit gebe. Er verkaufe sich als "Vater aller Türken" im Ausland und gebe den Menschen eine Art Nestwärme.

Auch durch die Schaffung des Amts für Auslandstürken habe er gepunktet. So seien einige Probleme gelöst worden. Die Anhängerschaft Erdogans sei rational aber nicht zu erklären, sagte Kolat.

Berlin sei im Vergleich zu anderen Städten ein Leuchtturm der Opposition: "Wir haben hier einen größeren Anteil an Aleviten und kurdischen Menschen als in anderen Bundesländern, die traditionell links wählen", so Kolat weiter.

Wie entscheiden sich die Wähler von Sinan Ogan?

Die meisten Experten sind der Ansicht, dass es für Kilicdaroglu und sein Oppositionsbündnis schwierig wird, den Vorsprung Erdogans in den beiden Wochen bis zur Stichwahl aufzuholen. Entscheidend wird unter anderem sein, wie sich die Wähler vom drittplatzierten Sinan Ogan von der ultranationalistischen Ata-AllianzOgan entscheiden, der nicht in die Stichwahl zieht.

Auch der im Berliner Exil lebende türkische Journalist und Oppositionelle Can Dündar sieht bei der Stichwahl kaum Chancen für einen Sieg des Oppositionsführers Kilicdaroglu. Er erwarte keinen Sieg der Opposition in der zweiten Wahlrunde, "da Erdogan die Mehrheit nur sehr knapp verfehlt hat und der mögliche Königsmacher Sinan Ogan der Regierung näher steht als der Opposition", sagte Dündar der Nachrichtenagentur AFP.

Zudem sei die Enttäuschung bei den Wählern, die am Sonntag für den Sozialdemokraten Kilicdaroglu gestimmt haben, so groß, "dass es schwierig werden könnte, sie zu einem erneuten Urnengang zu bewegen", ergänzte Dündar.

Der Wahlausgang überraschte Dündar, der in der Türkei unter anderem wegen angeblicher Spionage zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt worden war, nicht: "Wir wussten, dass es nicht leicht werden würde, da der Wahlkampf unfair war und komplett von der Regierung kontrolliert wurde", sagte der ehemalige Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet".

Erdogan in der Türkei seit 20 Jahren an der Macht

Erdogan ist in der Türkei seit 20 Jahren an der Macht. Sollte er die Stichwahl gewinnen, wird er das Land weitere fünf Jahre regieren. Bei der letzten Wahl 2018 hatte Erdogan auf Anhieb mit 52,6 Prozent der Stimmen gesiegt. Schon damals schnitt er bei den Deutsch-Türken überdurchschnittlich gut ab, holte etwa 420.000 Stimmen (64,8 Prozent, Wahlbeteiligung: 48 Prozent). In Berlin votierten vor fünf Jahren 52 Prozent für Erdogan, der Rest wählte die Gegenkandidaten der Opposition.

Auf Youtube: Wahlen in der Türkei: Holt Erdogan in Berlin wieder die meisten Stimmen?

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.05.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Philipp Rother

17 Kommentare

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  1. 17.

    "Evtl. vielleicht doch zurück zum Sultan als konstitutionellen Herrscher - also analog z.Bsp. UK oder Japan?"
    Also sowohl in Japan als auch UK existiert keine konstitutionelle Monarchie, sondern in beiden Fällen eine parlamentarische Monarchie, in der der Monarch rein repräsentative Aufgaben als Staatsoberhaupt hat. Gut, der britische König hat zwar offiziell immer noch ein Vetorecht gegen vom Parlament erlassene Gesetze - diese ist aber seit mehr als 300 Jahren nicht mehr wahrgenommen worden. Und sollte er dies heutzutage doch noch wagen, gingen die Briten sicherlich massenweise auf die Barrikaden. Also bitte vorher informieren, bevor man hier solche 'Halbwahrheiten' verbreitet! Welchen Sinn es für einen Staat bzw. dessen Bevölkerung macht, sich solch teure Grüßauguste zu halten, steht auf einem anderen Blatt.

  2. 16.

    Rallen Sie echt nicht, oder? Versuchen Sie doch mal zu lesen und zu verstehen, bevor Sie in üblicher Manier hier immer das Forum vollmüllen. Aber viel hilft viel, was? Sorry, aber das nervt langsam richtig ab.

  3. 15.

    "Es wäre an der Zeit , dass dort eine neue moderne Regierung regiert." Was wäre nach Ihrer Meinung modern? Modern nach westlicher Art? Modern islamisch? Evtl. vielleicht doch zurück zum Sultan als konstitutionellen Herrscher - also analog z.Bsp. UK oder Japan? Könnte es auch sein, daß man hier etwas anderes unter 'modern' versteht, als viele Türken in ihrem Land? Die Argumente gelten auch für andere Länder, die sich teilweise solche EInmischungen verbieten aus Europa.

  4. 14.

    "Kein demokratischer Politiker der Welt würde bei 72% Inflation letztes Jahr wiedergewählt..." Was soll die Aussage sein? Wo steht geschrieben, daß ein Staat eine parlamentarische Demokratie westlicher Prägung sein muß? Können sich die Türken nicht selbst entscheiden, welchen Regierunsstil und mit welcher Person sie das Beste für ihren Nationalstaat Türkei sehen? Ich glaube nicht, daß die Türken da Beratung aus Deutschland brauchen.

  5. 13.

    Dominik: richtig lesen, das sagen die Türken die Erdogan wählen. Es wäre an der Zeit , dass dort eine neue moderne Regierung regiert. Ich kenn keinen Regent der sich einen Palast mit 110 Zimmer baut , wären das Volk sich mit 50% Inflation quält.

  6. 12.

    Ach echt?

    Komisch, dass im Rat für die Sperrung von EU Geldern für Ungarn gestimmt wurde.

    Ungarn ist bei der Ukraine auch ziemlich allein....

  7. 11.

    Ach echt?

    Komisch, dass im Rat für die Sperrung von EU Geldern für Ungarn gestimmt wurde.

    Ungarn ist bei der Ukraine auch ziemlich allein....

  8. 10.

    Was macht er denn so gutes?

    Kein demokratischer Politiker der Welt würde bei 72% Inflation letztes Jahr wiedergewählt...

    Auch geschickt: in allen Ländern in denen Erdogahn nicht vorne lag, hat die türkische Wahlbehörde den Zeitraum der Öffnungszeiten für die Stichwahl halbiert.

    Da werden echt alle Register gezogen, von der Medienlandschaft in der Türkei gar nicht angefangen.

  9. 9.

    Na wenn das ganze mal nicht getürkt ist.

  10. 8.

    Die einen sagen so, die anderen so. Und zur EU, da ist für andere Ländern nicht Ungarn sondern Deutschland das Problem. Immer mal lieber allen zuhören.

  11. 7.

    Artikel lesen, beantwortet die Fragen. Aber kurz, nein. Nicht alle in D lebenden Türken wählen ihn.

  12. 6.

    Erdogan macht ja so viel gutes für sein Land….nun frage ich mich warum leben1,5 Millionen Türken in Deutschland ? Und sie wählen Erdogan??

  13. 5.

    Als Deutsche können wir uns nur wünschen, dass es bleibt wie es war. Da wissen wir, womit wir rechnen können.
    Sonst kommt die Türkei doch noch in die EU und anschließend kommt wieder ein Autokrat an die Macht. Das kann keiner wollen.
    Ungarn macht schon genug Probleme in der EU.

  14. 4.

    Lass mich raten, wenn hier mehrheitlich nicht Erdogan gewählt werden würde, hättest Du nix dagegen…..

  15. 3.

    Das ist Sache der Türkei. Wer wahlberechtigt in der Türkei ist bestimmen weder Sie noch Deutschland

  16. 2.

    So dolle Schwachsinn ist das gar nicht. Auslandsdeutsche dürfen ja auch vom Ausland aus an Wahlen in Deutschland teilnehmen. Das ist international so üblich.

  17. 1.

    Wozu. Zählen die türkischen Stimmen aus Deutschland ? Was das für nen Schwachsinn? Denn sollen sie bitte in ihr Land und dort leben und dort auch ihre Stimme abgeben. Das der größte Schwachsinn, den es gibt

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