Nur ein Drittel kann angenommen werden - Nachfrage nach Drug-Checking in Berlin größer als Angebot

Mi 28.06.23 | 14:54 Uhr
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Symbolbild: Ein Harm-Reduction-Manager beim Drug-Checking (Quelle: dpa/Michael Bell)
Bild: dpa-Symbolbild/Michael Bell

Anfang Juni ist das Drug-Checking in Berlin im Routinebetrieb angelaufen. Die Nachfrage ist so hoch, dass viele Drogen nicht angenommen werden können. Ein Drittel der eingereichten Substanzen ist überdosiert, fehldeklariert oder verunreinigt.

  • Drug-Checking kann wegen hoher Nachfrage viele Substanzen nicht annehmen
  • Festival- und Partygänger nutzen Angebot mehrheitlich
  • Warnungen werden auf Webseite veröffentlicht

Die Analyse-Angebote für das neu eingeführte Drug-Checking in Berlin können kaum die Nachfrage stillen.

Wie die Senatsverwaltung für Gesundheit rbb|24 am Mittwoch mitteilte, konnte an den Standorten für die Drogentests lediglich ein Drittel der Proben angenommen werden. Das deckt sich mit den rbb-Recherchen: Demnach sind an einem Tag an den drei Standorten für das Drug-Checking insgesamt 37 Proben angenommen und analysiert worden. Weitere 94 Proben mussten abgewiesen werden.

Viele Partygänger, wenige Heroin-Kranke

Die Drogenhilfe Fixpunkt e.V., einer der Träger des Drug-Checking teilte mit, dass zum Drug-Checking bisher in der Mehrheit Festival- und Partygänger kämen. "Das sind Menschen, die wissen möchten, ob die Substanzen gestreckt oder gefährlich sind, die Substanzen sehr bewusst und hedonistisch konsumieren", sagt Fixpunkt-Suchtberaterin Anette Hofmann. Sie hofft, künftig auch mehr Suchtkranke auf der Straße, wie Heroin-Konsumenten, mit dem Projekt zu erreichen, um auch diese Menschen vor dem Konsum auffälliger Substanzen zu schützen. Neben der Analyse der Substanzen werden an den Annahmestellen auch Beratungen vermittelt, auch das werde laut Fixpunkt gut angenommen.

Seit dem 6. Juni läuft das Drug-Checking in Berlin im Routinebetrieb. An den drei regulären Sprechstundentagen wurden mit Stand 26. Juni insgesamt 120 Proben zur Analyse entgegengenommen. Etwa ein Drittel dieser Proben zeigte Auffälligkeiten, teilte der Drug-Checking-Projektkoordinator Tibor Harrach mit. "Als auffällig deklariert werden Proben, die fehldeklariert, gesundheitsgefährdend verunreinigt oder überdosiert werden", so Harrach.

Warnung vor gesundheitlich gefährdenden Stoffen auf Webseite

Laut Senat seien acht der insgesamt 120 Proben als gesundheitsgefährdend verunreinigt identifiziert worden. Nachgewiesen wurden demnach dreimal Procain und zweimal Tetramisol in Kokain, zweimal iso-cmc in CMC und einmal iso-LSD in LSD. Bei Procain handelt es sich um ein Lokalanästhetikum, das als Schmerzmittel oder zur Betäubung bei Panikzuständen zum Einsatz kommt. Tetramisol wurde ursprünglich zur Behandlung von Wurminfektionen bei Tieren eingesetzt. Bei iso-cmc und iso-lsd handelt es sich um psychoaktive bzw. psychedelische Substanzen.

Alle Proben, die mit gesundheitlich gefährdenden Stoffen verunreinigt oder fehldeklariert waren, sowie hochdosierte Ecstasy-Tabletten werden auf der Projekt-Homepage www.drugchecking.berlin als kommentierte Warnungen veröffentlicht.

Aber sowohl die Senatsgesundheitsverwaltung als auch Projektkoordinator Harrach warnen davor, dass grundsätzlich von jeder Droge eine Gesundheitsgefährdung ausgehen kann.

Sendung: rbb Fritz, 28.06.2023, 12 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Super, kostenloser Drogencheck für Partygänger. Und gleichzeitig meldet Neukölln, es fehle Geld bei der Sucht- und Obdachlosenhilfe. Ich fände mehr Aufklärung sinnvoll, wer aus dem Drogenhandel den größten Nutzen zieht und wieviel Blut an dem ganzen Zeugs klebt. Hedonistischer und bewußter Drogenkonsum ist doch Blödsinn. Wer daran glaubt, soll seine chemische Analysen selber bezahlen.

  2. 11.

    Alles schön und gut mit dem Ziel der Gefahrenminimierung, allerdings stünde doch eigentlich das BtmG-Bundesgesetz da drüber. Ich glaube nicht, dass die Polizei da nach Gütdunken verfahren soll bzw. kann.

  3. 10.

    Hier sind alle gefragt für Aufklärung zu sorgen und unsere Kinder/Jugendlichen zu sensibilisieren daß dieses Zeug gefährlich ist. Ich verstehe auch nicht wieso man Cannabis frei geben will in kleinen Mengen dieses öffnet den Drogenmisbrauch Tür und Tor. Statt Werbung sollte man in allen Medien Spotts schalten die auf die Gefährlichkeit von Drogen hin weißt auch in den sozialen Netzwerken.

  4. 9.

    Wie das ganze finanziert wird, würde mich auch interessieren. ?! Allerdings finde ich die Aktion Drug-Checking super. Eine Inhaltsstoff-Analyse der Drogen kann dazu beitragen, dass Konsumenten sich tatsächlich mehr mit der Thematik auseinandersetzen. Im Hinblick auf die potenziell geplante Legalisierung von Cannabis in DE, sehe ich das als eine Chance an, diejenigen die bewusst psychoaktive Substanzen zu sich nehmen wollen entweder verantwortungsvolleren Umgang erlernen oder davon abkommen .

  5. 7.

    In der Tat ein Problem.
    Allerdings macht es wenig Sinn, die Konsumenten festzunehmen, wenn das Ziel Gefahrenminimierung ist.
    Da die Politik für die großen Kriminellen Fische die notwendigen juristischen und personellen Kapazitäten nicht vollumfänglich schafft, macht es keinen Sinn, jetzt noch Polizeikräfte an die Drogenteststelle zu schicken.

  6. 6.

    Ich habe nichts gegen die Drogenprüfung.
    Allerdings sollten Konsumenten diese selbst bezahlen.

  7. 5.

    Interessante Frage. Spätestens bei der "Weitergabe von Drogen an Minderjährige" erfüllt sich ein Verbrechenstatbestand. Sprich gibt der Tester das Zeug zurück an den Konsumenten und ist dieser nicht volljährig, ist er wirklich fällig, wenn es raus kommt. Eine Frage der Zeit. Was folgt dann? Wegschauen, Strafvereitelung?

  8. 4.

    Der Besitz sowie der Handel mit entsprechenden Drogen ist gesetzlich verboten! Ich frage mich deshalb, wieso dann bei diesen "Drug-Checking", Leute in Drogenbesitz so einfach und unbehelligt dort ein- und ausgehen dürfen? Polizei und Staatsanwaltschaft müssten dem Treiben dort eigentlich Einhalt gebieten. Oder handelt es sich dabei um einen rechtsfreien Raum?

  9. 3.

    Erspart der Allgemeinheit einen Haufen Geld wenn nur eine gesundheitsgefährdende Pille aus dem Verkehr gezogen würde, sodass die Leute keine Krankenhausbehandlung brauchen. Und laut Artikel waren es seit Beginn vor drei Wochen schon acht

  10. 2.

    Ich würde mich freuen, wenn der rbb für meine Mutter, Oma und sonstiges Unbeteiligte, aber Interessierte die Begriffe erst einmal erklären würde...

  11. 1.

    Werden jetzt auf Kosten der Steuerzahler Drogen von Partygängern analysiert? Oder wie wird dieses kostenlose Angebot finanziert?
    Hauptsache dafür ist Geld da, alles andere ist ja nicht so wichtig.

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