Reaktionen zu Kindergrundsicherung - "Die Frage ist: Kommt das Geld wirklich bei den Kindern an?"
Politiker aus Berlin und Brandenburg sowie Hilfsvereine wie "Die Arche" haben die Pläne zur Kindergrundsicherung teilweise deutlich kritisiert. Es sei zu wenig Geld eingeplant und unklar, wie die Hilfen bei den Kindern ankommen sollen.
Die geplante Kindergrundsicherung hat teils kritische Reaktionen bei Sozialverbänden und Politikern in Berlin und Brandenburg ausgelöst.
Der Plan der Bundesregierung sieht vor, von 2025 an rund 2,4 Milliarden Euro dafür bereitzustellen [tagesschau.de]. Die bisherigen Förderleistungen wie Kindergeld und Kinderzuschlag sollen dabei in einem Modell gebündelt werden. Ziel soll sein, bürokratische Hürden abzubauen. Anlaufstelle soll der Familienservice der Bundesagentur für Arbeit sein. Die Kindergrundsicherung soll aus einem einkommensunabhängigen Kindergarantiebetrag (bisher Kindergeld) und alters- und einkommensabhängigen Kinderzusatzbeträgen bestehen.
Redmann: Mehr Förderung statt Geld
Der Fraktionsvorsitzende der Brandenburger CDU, Jan Redmann, sagte rbb24 Brandenburg aktuell, Kinderarmut sei nicht allein eine finanzielle Frage, sondern vor allem eine Frage der fehlenden Förderung. "Wir müssen es schaffen, dass Kinder aus sozial schwachen Familien die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten haben wie Kinder aus anderen Familien", so Redmann. Es bräuchte dafür mehr Förderung für Nachhilfe in der Schule und Verbesserung von Teilhabemöglichkeiten.
Auch die Berliner Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe sieht den Ampel-Kompromiss zur Einführung einer Kindergrundsicherung kritisch. "Nur eine starke und auskömmliche Kindergrundsicherung verhindert Kinderarmut", erklärte die SPD-Politikerin am Montag. "Die Bundesregierung hat einen Kompromiss gefunden, doch er ist geprägt von den Folgen des sturen Festhaltens der FDP an der Schuldenbremse. Das Volumen der Kindergrundsicherung bleibt so ein gutes Stück hinter den Forderungen der Verbände zurück." Grundsätzlich begrüße sie aber die Einigung, sagte die Senatorin dem rbb. "Die soziale Mobilität ist niedrig und man ist, wenn man aus diesem Teufelskreis nicht heraus kommt, für ewig geprägt in seinem Bildungsweg", sagte Kiziltepe der rbb24 Abendschau.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen in Brandenburg, Pedra Budke, hob hervor, dass die Antragsstellung für betroffene Familien erleichtert würde. Sie gab allerdings zu bedenken, dass nach wie vor viel zu wenig Geld bei den Familien ankomme, das sei insbesondere in Zeiten der Inflation schwierig.
Verbände kritisieren Höhe und Umsetzung
Das christliche Kinder- und Jugendwerk "Die Arche" zeigte sich nicht zufrieden mit der Kindergrundsicherung. "Die Frage ist: Kommt das Geld tatsächlich bei den Kindern an oder wird es vielleicht eher genutzt, um Löcher in den Familien zu stopfen?", sagte der Gründer der Arche, Bernd Siggelkow in der rbb24 Abendschau. Er schlug stattdessen vor, dass Vereine wie der seine oder Schulen mehr Geld bekommen, dort würde die Hilfe unmittelbar bei den Kindern ankommen, zum Beispiel durch kostenloses Schulessen.
Für den Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, ist vor allem der Betrag ein Problem. "2,4 Milliarden sind eine schlichte Enttäuschung. Was hier verabschiedet wurde, ist eine Verwaltungsvereinfachung, die bisherigen Leistungen werden neu zusammengestellt. Aber, wie der Finanzminister sagte, es gibt keine wirkliche Leistungsverbesserung für die Kinder", sagte Schneider dem Fernsehsender Phoenix.
Der Einigung zur Kindergrundsicherung war ein monatelanger Streit in der Bundesregierung zwischen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) vorhergegangen. Im nächsten Schritt werden nun Verbände und Länder beteiligt, Mitte September will die Bundesregierung dann einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorlegen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 28.08.2023, 19.30 uhr