In einem Jahr -
Der Senat will in rund einem Jahr ein Rahmengesetz für die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen vorlegen. Das sagte Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) am Montag bei einer Anhörung im Fachausschuss des Abgeordnetenhauses. Innerhalb der nächsten zwei Wochen werde es die Auftaktsitzung aller an dem Vorhaben beteiligten Senatsverwaltungen geben.
In den ersten Schritten werde es um den Zeitplan für den Gesetzgebungsprozess und um die Struktur des geplanten Vergesellschaftungsrahmengesetzes gehen. An dem Verfahren seien mehrere Senatsverwaltungen beteiligt, die Federführung werde bei der Finanzverwaltung liegen.
Kritik am Rahmengesetzt von mehreren Seiten
Bei einem Volksentscheid im September 2021 hatten gut 59 Prozent der Wähler für die Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Eine vom Senat daraufhin eingesetzte Expertenkommission kam nach gut einjähriger Beratung im Juni zu dem Schluss, dass eine solche Vergesellschaftung - also eine Enteignung gegen Entschädigung - juristisch und verfassungsrechtlich möglich wäre. Demnach ermöglicht das Grundgesetz dem Land Berlin, die Vergesellschaftung von Grund und Boden in einem Gesetz zu regeln. Es komme aber auf die konkreten Bedingungen an, ob die Umsetzung tatsächlich mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Die CDU lehnt Vergesellschaftung ab.
Deutliche Kritik an dem Rahmengesetz kam nicht nur von der Opposition und den Initiatoren des Volksentscheids. Letztere warfen dem Senat vor, die Umsetzung weiter zu verschleppen.
Angesichts der anhaltenden Verschlechterung auf dem Berliner Wohnungsmarkt müsse der Senat die 2021 durch den Volksentscheid beschlossenen Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen unverzüglich umsetzen, forderte die Sprecherin der Initiative, Isabella Rogner. Nach dem Votum der Expertenkommission müsse auch dem letzten klar sein, dass eine Vergesellschaftung möglich, notwendig und das beste Mittel gegen die Wohnungskrise sei. "Wohnraum ist ein Grundrecht und kein Spekulationsobjekt." Dem schlossen sich Ausschussmitglieder von Linken und Grünen an.
Vergesellschaftung schafft keinen Wohnraum
Maren Kern, Vorständin des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), hielt dagegen. Aus ihrer Sicht dürfte eine Vergesellschaftung von Wohnraum wegen hoher Entschädigungszahlungen entweder unfinanzierbar oder aber verfassungsrechtlich nicht haltbar sein.
Nach der Arbeit der Expertenkommission seien außerdem viele konkrete Fragen eines solchen Vorgehens ungeklärt, sagte Kern im Ausschuss. Ein Beispiel seien Kredite, die Banken im Falle einer Eigentumsübertragung der Wohnungen kündigen könnten. "Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wohnungen in einer neuen Gesellschaft zu Wunschmieten ist wirtschaftlich nicht darstellbar", gab Kern weiter zu bedenken. Denn auch ein neuer Eigentümer - diskutiert wird über eine Anstalt öffentlichen Rechts – müsse wirtschaftlich arbeiten. Und: "Durch Vergesellschaftung ändert sich nichts am Wohnungsangebot in Berlin."
Professor: Rahmengesetz leuchte auch rechtlich nicht ein
Dass die schwarz-rote Koalition vor der Umsetzung des Volksentscheids ein allgemeines Rahmengesetz dazwischenschalten wolle, das vor einer möglichen Vergesellschaftung von rund 240.000 Wohnungen zunächst zwei Jahre lang durch das Bundesverfassungsgericht geprüft werden soll, leuchte auch aus rechtlicher Sicht "nicht ein", kritisierte auch FU-Professor Florian Rödel aus der Expertenkommission den Zwischenschritt. Sollte das Verfassungsgericht wie erhofft Stellung zu einem notwendigerweise allgemein formulierten Rahmengesetz nehmen, könne die Antwort nur nichtssagend sein: "Sie kriegen verlässliche Aussagen nur für das Umsetzungsgesetz."
Sendung: rbb24, 28.08.2023, 16:00 Uhr