rbb exklusiv - Obdachlosen-Ambulanz am Zoo in Berlin droht teilweise Schließung

So 03.09.23 | 08:40 Uhr | Von Angela Ulrich
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Symbolbild:Geöffnete Tür einer Notunterkunft für Obdachlose.(Quelle:imago images/S.Gudath)
Audio: rbb24 Inforadio | 03.09.2023 | Angela Ulrich | Bild: imago images/S.Gudath

Die medizinische Versorgung Obdachloser in Berlin steht vor deutlichen Einschränkungen: Die Caritas warnt vor Kürzungen im aktuellen Haushaltsentwurf des Senats. Die Opposition spricht von einem "Armutszeugnis". Von Angela Ulrich

  • Haushaltsentwurf der Koalition sieht Kürzungen bei medizinischen Angeboten für Obdachlose vor
  • Caritas-Ambulanz am Zoo und Krankenwohnung in Moabit betroffen
  • Gesundheitsverwaltung begründet Sparpläne mit Schuldenbremse

Die Caritas warnt vor drastischen Einschränkungen bei der medizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen in Berlin.

Durch Kürzungen im Haushaltsentwurf des schwarz-roten Senats drohten der Obdachlosen-Ambulanz am Berliner Zoo zwei wöchentliche Schließtage, warnt der Verband in einem Schreiben, das rbb|24 exklusiv vorliegt. Die ebenfalls von der Caritas betriebene Krankenwohnung für Wohnungslose mit 20 Plätzen in Moabit stehe ganz vor dem Aus, weil die Besetzung rund um die Uhr nicht mehr gewährleistet werden könne.

Obdachlosen-Ambulanz am Bahnhof Zoo soll weniger Geld erhalten

Die seit 29 Jahren bestehende Obdachlosen-Ambulanz der Caritas am Zoo wird in diesem Jahr noch mit 420.000 Euro aus dem Etat der Gesundheitsverwaltung gefördert. Im Haushaltsplan für das nächste Jahr sind nur noch 346.560 Euro vorgesehen, für 2025 sind 371.290 Euro eingeplant. Diese Kürzungen würden "dramatische Folgen für die medizinische Versorgung der Menschen" haben, so Caritas-Regionalleiter Frank Petratschek gegenüber dem rbb. Die Ambulanz müsste an zwei Tagen in der Woche schließen.

Auch Krankenwohnung der Caritas von Einsparungen betroffen

Die Ambulanz am Zoo ist eine zentrale Anlaufstelle für wohnungslose Menschen, die oft keine Krankenversicherung und auch keine Papiere haben. Sie werden dort von einem festangestellten Team aus Pflegenden, Sozialarbeiterinnen und ehrenamtlichen Ärztinnen und Ärzten betreut.

Kürzungen sind im Haushaltsentwurf auch für die von der Caritas betriebene Krankenwohnung für obdachlose Menschen auf dem Gelände des früheren Krankenhauses Moabit vorgesehen. Dort werden erkrankte Wohnungslose in 20 Betten rund um die Uhr versorgt und verpflegt, fünf Betten sind für Hospizpatienten reserviert. Statt bisher 1,1 Millionen Euro sind für die Krankenwohnung im kommenden Jahr nur rund 900.000 Euro angesetzt. Da sich in einer 24/7-Einrichtung die Öffnungszeiten nicht reduzieren ließen, stehe die Krankenwohnung damit vor der Schließung, heißt es bei der Caritas.

"Ambulanz und Krankenwohnung sind zentrale Säulen der medizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen und solcher ohne Krankenversicherung", sagte Caritas-Regionalleiter Petratschek. Ohne diese Einrichtungen würden diese Menschen nicht versorgt, und ihr Gesundheitszustand werde sich weiter verschlechtern. "Die Krankenwohnung versorgt Menschen auf deren Wunsch bis zum Tod. Dieses Angebot würde wegfallen."

Linke: Senat stellt sich "Armutszeugnis" aus

Tobias Schulze, Gesundheitspolitiker der Linken, nennt die Sparpläne des Senats bei Obdachlosen eine "falsche Prioritätensetzung und dramatischer, als sie auf den ersten Blick aussehen". Das Sparen bei der Versorgung von Obdachlosen und Drogenabhängigen sei ein "Armutszeugnis". "Die meisten der Angebote für Obdachlose beruhen auf ehrenamtlicher oder zivilgesellschaftlicher Initiative. Dass da noch mehr Geld herausgezogen wird, ist überhaupt nicht nachzuvollziehen", sagte Schulze dem rbb.

Die Linke will die medizinischen Leistungen stattdessen weiter ausbauen, und schlägt vor, zwei kommunal finanzierte Gesundheitszentren für Obdachlose einzurichten. Diese könnten am Bahnhof Zoo und in der Stadtmission in der Lehrter Straße entstehen.

Gesundheitsverwaltung: Schuldenbremse ist Schuld

Von der Gesundheitsverwaltung hieß es, man "bedauere" die Kürzungen, sie seien aber im Rahmen der Sparvorgaben notwendig. Eine Sprecherin von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra, SPD, erklärte, in Zeiten der Schuldenbremse sei der Senat gezwungen, an einigen Stellen weniger Mittel zur Verfügung zu stellen. "Die Sparvorgaben, unter denen wir den Entwurf erstellen mussten, bedauern auch wir sehr. Noch handle es sich aber nur um den Haushaltsentwurf, der vom Abgeordnetenhaus noch verändert werden könnte.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.09.2023, 6 Uhr

Beitrag von Angela Ulrich

81 Kommentare

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  1. 80.

    Wir haben nichts erduldet, wir haben uns lediglich angestrengt.

  2. 79.

    Lernen, die Möglichkeiten in der Schule nutzen, sich anstrengen, arbeiten, fleißig sein.
    Nichts anderes haben wir getan.

  3. 78.

    Neid habe ich Ihnen gar nicht unterstellt, werte Frau Erika. In unserem Ort gibt es nur wenige, die ihr Eigenheim nicht- wie wir- aus eigener (Arbeits-)Kraft geschaffen haben. Das bei den gewöhnlichen Eigenheimbesitzenden der übliche Weg. Und so war es auch bei unseren Eltern. Mit Nichts angefangen und sich alles erarbeitet. Und bei Rückschlägen sich erst einmal selbst aus dem Sumpf zu ziehen versucht.
    So wie Sie es- so nehme ich es wahr- ja auch versuchen. Ich bedauere, dass Sie keine neue Wohnung finden- vielleicht wäre ein Umzug aus der Stadt raus die Option? Arbeit gibt es dort auch.

  4. 77.

    Nur die willigen weil DE keine Staatsbürger gegen deren Willen umsiedeln sollte!
    Also macht man das via "nach 15 Jahren gehört es euch" Attraktiv.

    Mir ist unklar, worauf sie Anspielen…
    Ist jeder seines Glückes schmied?
    Wieviel wird uns in die Wiege gelegt?
    Gibt es einige die per se in einer indigenen Lebensweise besser zurechtkämen?
    Sind wir nur selbstlernende Intelligenzen, oder mehr als die Summe aller Erfahrungen?
    Warum scheitern Menschen, und wer definiert scheitern?
    Bei wie vielen hat es gesundheitliche Ursachen?
    Hätte der Staat, mit einem Theraphieplatz für jeden, Menschen frühzeitig helfen können?
    -> Viel zu kompliziert, wenn sie mich fragen :)

    Ich sehe das die wenigstens Wohnungslosen Nomaden sind, sie sind eher Sesshaft und bleiben i.d.R. an einem Ort, und einen sicheren Schlafplatz mit Hygenebereich hat jeder verdient!

    Gefängnisinsassen (z.B. Ersatzhaft!) kosten 180€/Tag, trotz Anti-Resoziallisierungsprogramm!
    Nach den Armen, gerne alle anderen!

  5. 76.

    Sehr geehrte Frau Erika,
    bitte genau lesen. Es gibt in manchen Städten und Orten sicher weniger Wohnungen als Menschen, die sie bewohnen wollen. Dann muss man eben dort hinziehen, wo man etwas findet oder es sich leisten kann. Das haben wir seinerzeit auch getan und pendeln z. T. mit den Öffentlichen viele Stunden pro Wiche- alternativ müssten wir uns eine Arbeit in der Nähe suchen. Die würde man momentan ohne Probleme finden. Vielleicht nicht im Wunschberuf, aber wie gesagt: Initiative ergreifen, sich nach der Decke strecken und wenn es dann nicht geht, nach dem Staat rufen. Dr. P.K.

  6. 74.

    „Es geht nicht um Ihren Wohlstand, sondern um die medizinische Versorgung von Obdachlosen.“

    In einem Video des RBB teilt einer der Helfer mit, dass MINDESTENS einmal am Tag der Notarzt dort hin gerufen wird.

    Hat was von Privatpatiententum nach dem Motto „was kostet die Welt“?

  7. 72.

    Ich würden z.B. Analphabeten raten, schreiben und lesen zu lernen. Ähnliches gilt für Alkoholiker und einen Entzug. Ich glaube auch nicht, das in vielen Fällen unfair geboren wird, was immer man darunter verstehen soll. Eine Ministerin hat mal gesagt, der Staat gibt soviel Geld aus, da muss doch für jeden was dabei sein. Ein dummer wird natürlich nie Nobelpreisträger werden.

  8. 71.

    Soll jetzt das Bürgergeld ein schwer zu beschaffendes Gut sein?

  9. 70.

    Jup, mal führe sich nur die aktuelle Rüge des Bundesrechnungshofs zu Gemüte: Riesen-"Schatten"-Haushalt/=Schulden des FinM, vorneherum aber der Blütenweiß-Versuch.

  10. 68.

    Könnte man diese Einrichtung nicht einfach nach Spandau oder Marzahn umsiedeln? Dann wären hier in zentraler Lage auch wieder Flächen z.B. als Wohnraum frei.

  11. 67.

    Wenn ich Ihren Kommentar lese, kommen mir einfach nur die Tränen.
    Was mussten Sie doch erdulden und leiden bis Sie Ihr Eigenheim hatten.
    Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen?
    Es geht nicht um Ihren Wohlstand, sondern um die medizinische Versorgung von Obdachlosen.

  12. 66.

    Moment mal! Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass der Bundeshaushalt deutlich kleiner ist, als die Haushalte der Länder? Wir haben einen Föderalstaat, darauf bestehen die Bundesländer auch immer (was ich auch gut finde). Nur wenn es ums Geld geht, soll plötzlich der Bund wieder alles mögliche finanzieren. Es gibt eine klare Aufgabenteilung, wer wofür zuständig ist und wer die Aufgabe hat, muss die auch finanzieren. Alles andere sind doch eh nur Taschenspielertricks.

  13. 65.

    Jup, mal führe sich nur die aktuelle Rüge des Bundesrechnungshofs zu Gemüte: Riesen-"Schatten"-Haushalt/=Schulden des Herrn Lindner, vorneherum aber der Blütenweiß-Versuch.

  14. 64.

    Was sagen Sie den Analphabeten? Den Kindern aus dem Heim? Den Kindern von Alkoholikern/Drogenabhängigen, die bereits mit "unfairen" Karten geboren wurden? &&&

  15. 63.

    Nur kein Neid, das BGE beträgt für JEDEN gleich viel, auch für Sie. Übrigens erhalten finanziell sehr gut gestellte Menschen über ein Opern-Jahresabo bereits mehr Subvebtion als jeder H4/5-Bezieher, auch wenn diese in die Opern fließen. Vom H4/5-Satz unterhalb des realen Existenzminimums ist kein Abo auch nur ansatzweise finanzierbar.

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