"Schulfrieden wahren" - Günther-Wünsch verteidigt Symbolverbote an Berliner Schulen

Mi 01.11.23 | 09:08 Uhr
  37
Archivbild:26.10.2023, Berlin: Katharina Günther-Wünsch (CDU), Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, spricht bei einer Pressekonferenz.(Quelle:dpa/C.Soeder)
Audio: rbb24 Inforadio | 01.11.2023 | Katharina Günther-Wünsch | Bild: dpa/C.Soeder

Die Berliner Bildungssenatorin Günther-Wünsch hat das Verbot von palästinensischen Symbolen an Berliner Schulen verteidigt. Der Schulfrieden müsse gewahrt werden. Beim Schulbeginn nach den Ferien müsse "mit allem" gerechnet werden.

Die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat das Verbot von palästinensischen Symbolen an Berliner Schulen verteidigt. Im ZDF sagte Günther-Wünsch am Mittwochmorgen, es gebe weiter Schülerinnen und Schüler, die beispielsweise Palästinenser-Tücher tragen. Das könnten sie auch weiterhin.

Es gehe darum, auszuschließen, dass "diese Symbole in Verbindung mit dem Verherrlichen der Terrortaten der Hamas" getragen werden. Das sei an den Schulen jetzt ausgeschlossen.

Schulen wollten rechtssichere Möglichkeit

Es sei also kein pauschales Verbot, so die Bildungssenatorin. Die Schulen hätten aber um eine rechtssichere Möglichkeit gebeten. Sollten diese Symbole den Schulfrieden gefährden, dann hätten die Schulleitungen jetzt die Möglichkeit, sie rechtssicher zu verbieten. Günther-Wünsch räumt aber auch ein, dass man so Antisemitismus nicht bekämpfen könne. Aber Präventions- und Aufklärungsarbeit sei etwas mittelfristiges.

"Das was wir jetzt besprechen ist, den Schulfrieden zu wahren, um dann danach tatsächlich Begegnung und Austausch möglich zu machen und mit den Schülern ins Gespräch zu kommen", so Günther-Wünsch weiter.

Schreiben an Schulen verschickt

Mitte Oktober hatte die Senatsbildungsverwaltung ein Schreiben an die Berliner Schulen geschickt. Es soll den Schulleitungen aufzeigen, was bei Sympathiebekundungen von Schülern rechtlich möglich ist und was nicht.

Neben dem "Verbreiten von Videos mit verherrlichenden oder verharmlosenden Darstellungen von grausamen Gewalttätigkeiten gegen Menschen, die strafrechtlich relevant und damit ohnehin verboten" seien, sollen laut dem Schreiben auch "Symbole, Gesten und Meinungsäußerungen, die die Grenze zur Strafbarkeit noch nicht erreichen" darunter fallen.

Als Beispiele wurden das Tragen des Palästinensertuchs genannt, Aufkleber und Sticker mit Aufschriften wie "Free Palestine" oder eine Landkarte Israels in den Farben Palästinas.

Bei einer Zuwiderhandlung könnten die Schulen mit "Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen" reagieren, hieß es in dem Schreiben weiter. Darüberhinaus werden die Schulen angehalten, Verdachtsfälle von Straftaten unmittelbar der Polizei zu melden.

Kritik kommt vom Koalitionspartner. Die SPD spricht von einem "undifferenzierten Verbot" und schätzt es als verfassungsrechtlich zweifelhaft ein. Nach Einschätzung von Verfassungsrechtsexperten im Gespräch mit rbb|24 schaffte das Rundschreiben der Berliner Bildungssenatorin Günther-Wünsch mehr Unsicherheit, als dass es Sicherheit schaffte.

Senatorin rechnet mit Antisemitismus an Schulen

Berlins Bildungssenatorin rechnet nach den Herbstferien erneut mit einer angespannten Lage an den Schulen wegen des Krieges im Nahen Osten. "Wir haben momentan eine Verschnaufpause an den Schulen", sagte die CDU-Politikerin im ZDF-Interview. Beim Schulbeginn nach den Ferien am kommenden Montag könne man "mit allem rechnen".

"Wir gehen davon aus, dass wir auch wieder Hass-Bekundungen haben und antisemitische Äußerungen. Da werden wir vorbereitet sein", so Günther-Wünsch weiter. Für Lehrkräfte sei das Ganze eine "herausfordernde Situation".

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.11.2023, 9:00 Uhr

37 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 37.

    Danke :-)

  2. 36.

    Und das lösen wir mit dem Verbot von "Palästinensertüchern"? Der unfähigste Senat aller Zeiten macht weiter was er am besten kann. Probleme schaffen statt zu lösen.

  3. 35.

    Die Schüler geben und spiegeln doch nur das wider, was ihnen zuhause und im Freundeskreis vermittel und vorgelebt wird. Dort anzusetzen und zu sanktionieren wurde seitens der Politik jahrzehntelang versäumt. Wenn Vater, Bruder, Onkel etc. selbst antisemitisch ticken, weil ihnen niemals Einhalt geboten und/oder Strafen dafür auferlegt wurden - woher soll´s denn kommen?
    Nun mit Verboten von palästinensischen Symbolen um die Ecke zu kommen - was für ein Unsinn! Man verhindert radikales Denken nicht, indem man nur Verbote ausspricht. Im Gegenteil: M.M. nach schafft das eher nur weitere Konflikte und Radikalisierungen im Verborgenen, weil dadurch ein Unrechtbewusstsein weiter geschürt wird. Kein gleiches Recht für alle...

  4. 34.

    Glaubenssymbole habe in Schulen nichts verloren, es sei denn, sie dienen zur Vermittlung von Wissen. Trennung von Kirche u. Staat und mit allem, was dazugehört - war da nicht mal was? Wie wäre es denn stattdessen damit, den Geschichtsunterricht an das weltliche, auch kirchliche Geschehen anzupassen oder - wie früher - Geschichte chronologisch zu vermitteln? Die Gegenwart kann doch nur jmd. verstehen und ggf. nachvollziehen, der dazu eine gute Bildung erfahren hat. Themen wie:
    Wie entstand d. Nahostkonflikt? Konflikte in Europa - vom Mittelalter bis heute, Franz. Rev., Weberaufstand, 1. u. 2. WK? Das setzt allerdings gut gebildete Pädagogen voraus. Wenn man sich mit Jugendlichen unterhält, haben diese keinen blassen Schimmer. Es reicht eben nicht, nur immer Verbote auszusprechen. Um sie verständlich zu machen und begründen zu können, sollte an der Bildung unserer Kinder etwas geändert werden. Nur mit dem Wissen um geschichtl. Zusammänge kann Antisemitismus nachhaltig bekämpft werden.

  5. 33.

    "Es sei also kein pauschales Verbot, so die Bildungssenatorin. Die Schulen hätten aber um eine rechtssichere Möglichkeit gebeten. Sollten diese Symbole den Schulfrieden gefährden, dann hätten die Schulleitungen jetzt die Möglichkeit, sie rechtssicher zu verbieten." Weil ein Verbot eben nicht juristisch legitim ist, ist es kein Verbot. Die Schulen haben also mal wieder den schwarzen Peter und sollen verbieten, wenn der Schulfrieden gefährdet sei. Was für eine obskure Kategorie! Sie werden dann nicht gemaßregelt, im Zweifel wird das Verbot aber kassiert. Tolle Rechtssicherheit und noch bessere Rückendeckung!

  6. 32.

    Liebes blühendes Herz, seit dem 7.10. haben unsere jüdischen Mitbürger Angst und jüdische Kinder möchten auch sicher und neutral Unterricht erleben können. Das können Sie sicher verstehen. Das Mitfühlen und das Mitdenken ist so eine Sache für sich. Antisemitismus ist so eindeutig erkennbar, auch, wenn er sich gut versteckt.

  7. 31.

    Auf den Punkt gebracht! Bravo! Mein Herz blüht, wenn ich solche Kommentare lese! Kommentare von reflektieren, (mit-)denkenden und (mit-)fühlenden! Danke! Seit dem 7.10. scheint man offensichtlich sein Hirn ausgeschaltet zu haben vielerorts in Deutschland!
    Sie sind richtig in ihrem Beruf, Sie sind Mensch! Vielen vielen Dank!

  8. 30.

    Wer Sympathie-Bekundungen für eine Terrororganisation in die Schule trägt, damit den Schulfrieden stört, muss das Tuch ablegen. Es geht um die Neutralität der Schule, eine Selbstverständlichkeit, dass die Schule ein weltanschaulich neutraler Ort bleibt. Wundert mich, dass das nicht allen bewusst ist.
    Ja, in der DDR, zu Zeiten der PLO war das Tuch schick und jene wurden romantisiert. Das liegt mindestens 30/40 Jahre zurück und heute sollten wir tatsächlich dieses Tuch besser einordnen können, Zeit zum Lernen hatten wir ausreichend.

  9. 29.

    Die Lehrkräfte sind nicht für die Erziehung der Schüler zuständig, Schüler haben Eltern. Der Senat hätte die Ferienzeit nutzen können, um Flyer für die Eltern zu drucken, am besten mehrsprachig, diese flächendeckend zu verteilen, damit jeder sich sofort darauf einstellen kann. Offenkundig ist es aber einfacher, den Lehrer bei Windstärke 11 und Sturmflutwarnung auf den Deich zu schicken.

  10. 28.

    Das ist im Grunde korrekt, kann aber durchaus durch die Hausordnung weiter eingeschränkt werden, wenn es dafür berechtigte Gründe gibt. Außerhalb der Schule darf Jeder jede Meinung vertreten, sofern sie nicht gesetzlich verboten ist. Innerhalb der Schule hat der Schulfrieden Vorrang, um einen normalen Lehrbetrieb gewährleisten zu können. Die Schule ist nicht der passende Ort, politisch-territoriale Meinungsverschiedenheiten auszufechten, zumal hier durchaus eine Gefahr von Gewalt und Unterdrückung gegeben ist. Dafür ist nicht mal Deutschland der richtige Ort, aber das ist ein anderes Thema.

  11. 27.

    Am Rande: Die Innenministerin Iris Spranger (SPD) sagte am Dienstag „Uns beiden [Spranger und Slowik] ist die Sensibilität mehr als bewusst, ebenso die Wirkung des Handelns. Sie ist schmerzlich, für Angehörige furchtbar und das bedauere ich von ganzem Herzen.“ Es sei, „Aufgabe der Polizei, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen und den gesellschaftlichen Frieden zu schützen“. Und weiter: „Im vorliegenden Fall haben sich die Einsatzkräfte der Polizei Berlin für die Entfernung der Plakate entschieden. Dies ändert nichts daran, dass der Schutz jüdischen und israelischen Lebens absolute Priorität hat.“ Das steht im offensichtlichen Gegensatz dazu, dass in Neukölln Plakate von Hamas-Unterstützenden Organisationen wie Samidoun im öffentlichen Raum toleriert und Fahnen von Terrororganisationen auf Demonstrationen akzeptiert werden. Entscheidend ist der Hinweis Sprangers auf die Sicherung des „gesellschaftlichen Friedens“. Fürchtet die Stadt die Reaktion der Islamisten?

  12. 26.

    Wie gut, dass meine Schulleitung uns mit diesem Schreiben nicht behelligt hat. Umsicht schlägt Panikmache.

    Selten wurde so pauschal, unsachlich sowie vorverurteilend mit Kindern und Jugendlichen umgegangen. Von einer Schulsenatorin!

  13. 25.

    Ich finde das wirklich komplett daneben,also wenn es kracht wird das Palästinensertuch verboten,was vorher nicht verboten war.Dies wird zu Eskalationen führen. Ich weiß nicht was sich manche Menschen so denken

  14. 24.

    Wenn sie mit einem vernünftigen und lebendigen Geschichts- und Politikunterricht auch so „fix“, wie mit Rund- und Drohschreiben wären…. Was mein Sohn davon am Gymnasium berichtet, erinnert mich eher an die 50er Jahre. Wie wird das Thema an den Berliner Schulen unterrichtet? Wird es überhaupt unterrichtet?? Hier hätte ich mir einen Vorstoß der Bildungssenatorin gewünscht. Verbote machen die Sache doch erst Recht spannend für Schüler, weil sich damit auch „hervorragend“ provozieren lässt.

  15. 23.

    "... Meinungsäußerungen, die die Grenze zur Strafbarkeit noch nicht erreichen..."
    Sind und bleiben Meinungsäußerungen. Will die CDU jetzt vll. Denkvorschriften einführen oder zu einer "Sprachpolizei 2.0" mutieren. Das ist ärmlich und reaktionär (konservativ wäre da schon fast ein Lob). Wie hilflos muss man für solche Eingriffe sein.

  16. 22.

    Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jedes Tuch, das wie ein Palästinensertuch aussieht, auch tatsächlich eines ist. Ähnliche Tücher im Stile dieser kamen vor 10 oder 15 Jahren kurzzeitig wieder in Mode und wurden bzw. werden einfach nur gerne getragen, ohne jeglichen politischen HIntergrund.

  17. 21.

    Und wenn Sie dann noch wieder Schuluniformen einführen, fallen auch viele Symbole über die Kleidung noch weg.

  18. 20.

    Auch wenn ich entschieden gegen die CDU bin, ist es richtig, dass alles, was nicht in den Schulbetrieb und Betriebsangehöriger ist ( Betriebsangehörige sind LehrerInnen, SchülerInnen und der Hausmeister) in Schulen nichts zu suchen hat, Religionsfreiheit für alle gilt und sich Schulen Neutralität erfreuen dürfen.
    Warum ist das im Interesse gerade der interkulturellen Dialoge - es vereinfacht es für die SchülerInnen ungemein sich mal fair und ehrlich, in aller Ruhe und Frieden, auszutauschen und auseinanderzusetzen.
    Von daher ist die Parteinahme der LehrerInnen, der Versuch Einfluss auf Meinungsbildungsprozeße von außen zu nehmen ein völlig fataler Fehler. Daraus folgt die angeblich starken Gesten und Symbole raus aus unseren Schulen, so auch die Vertreter aller Nichtbetriebsangehörigen...

  19. 19.

    Seit wann gilt denn hier in diesem Land gleiches Recht für alle ? Das mag vielleicht auf dem Papier so stehen, aber die Praxis sieht anders aus. Das fängt schon im Parlament an und zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Bandbreite der sog. Gesellschaft bis hin nach Neukölln.

  20. 18.

    Das ist doch selbstverständlich, dass alle gleich behandelt werden. Wenn einige Typen sich nicht benehmen können und glauben, über den Dingen zu stehen, gilt eben die Neutralität für alle!

Nächster Artikel