Jahresbericht - Brandenburger Landesrechnungshof kritisiert Schuldenmanagement

Mo 27.11.23 | 17:19 Uhr
  13
Saniert im frischen Klinker-Rot zeigt sich am 19.06.2001 ein Teil der "Roten Kaserne" in Potsdam. Der Landesrechnungshof Brandenburg bezog seine Räumlichkeiten in zwei Gebäuden der Roten Kaserne (Hausnummer 1) im September 2019. (Quelle: dpa-Zentralbild/Nestor Bachmann)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 27.11.2023 | Stephanie Teistler | Bild: dpa-Zentralbild/Nestor Bachmann

Schuldenbremse nicht eingehalten und Altschulden nicht getilgt - die Kritik des Brandenburger Landesrechnungshofs an der Regierungskoalition ist deutlich. Auch beim Landessportbund und dem Wolfsmanagement moniert er Unstimmigkeiten.

Der Brandenburger Landesrechnungshof kritisiert, dass die Regierungskoalition den Haushaltsüberschuss von 343 Millionen Euro aus dem Jahr 2022 nicht zur Schuldentilgung verwandt hat. Das geht aus dem Jahresbericht des Rechnungshofs hervor, der am Montag von Rechnungshofpräsident Christoph Weiser vorgestellt wurde. Die Prüfer bemängeln zudem, dass im Jahr 2021 die Schuldenbremse nicht eingehalten wurde, weil zu hohe Kreditermächtigungen in Anspruch genommen wurden.

Schulden müssen getilgt werden

Allein für die Notlagenkredite der Jahre 2020 und 2021 werde das Land die nächsten 30 Jahre jährlich 85 Millionen Euro an Tilgungszahlungen in seinen Haushalten einplanen müssen, teilte Weiser am Montag zur Vorstellung des Jahresberichts mit.

Hinzu käme das sogenannte Brandenburg-Paket mit bis zu zwei Milliarden Euro Schulden, mit dem die Landesregierung in diesem und im kommenden Jahr die Folgen des Ukraine-Krieges abfedern will, rechnete Weiser vor. Damit würden für drei Jahrzehnte weitere Tilgungen von 66 Millionen Euro pro Jahr fällig.

Die AfD klagt gegen den Doppelhaushalt 2023/24 und das "Brandenburg-Paket" vor dem Landesverfassungsgericht. Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts sei es zweifelhaft, ob das Landesverfassungsgericht die als verfassungskonform ansehen werde, so Weiser.

Fehlerhafte Ortsumgehung und Wolfsmanagement

Der Landesrechnungshof zweifelt zudem daran, ob die Ortsumgehung des Dorfes Breese in der Prignitz 15,3 Millionen Euro kosten musste. Die erforderliche Verkehrsbelastung von werktäglich 5.000 Fahrzeugen wurde um mehr als 2.000 unterschritten. Außerdem sei die Landestraße 11, die teilweise auf einem neuen Deich verläuft, dort fehlerhaft gebaut worden. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass trotz Mängeln die Baumaßnahme abgenommen wurde.

Fehlerhaft nennt der Landesrechnungshof auch das Wolfsmanagement des Brandenburger Landwirtschaftsministeriums, das ohne elektronische Aktenführung arbeitete. Die Förderung von Präventionsmaßnahmen wie Elektrozaunbau und Ausgleichszahlungen an Viehhalterinnen und -halter bezeichnen die Prüfer als durchgehend fehlerhaft und sehr langwierig. Schadensausgleich aus Steuergeldern sei gezahlt worden, ohne dass hinreichend ein Wolf als Verursacher festgestellt wurde.

Das Umweltministerium räumte Optimierungsbedarf im Wolfsmanagement ein. Man habe Fehlerquellen und Verfahrensabläufe analysiert und beseitigt, so eine Sprecherin auf rbb|24-Anfrage. So seien Verwaltungsvorgänge zwischenzeitlich digitalisiert und das Management zentralisiert worden. Mit Handakten habe man lediglich in der Aufbauphase gearbeitet. Wenn möglich, werde eine hundertprozentige Förderung gewährt, um die Weidetierhaltung mit Nutztieren dauerhaft zu sichern und die Akzeptanz der Tierhalter gegenüber dem Wolf zu fördern, so das Ministerium.

Auch Landessportbund wird kritisiert

Dem Landessportbund (LSB) wirft der Landesrechnungshof Verstöße gegen das Besserstellungverbot vor. Den Vorständen des LSB seien zusätzlich zum Gehalt Zulagen zwischen 900 und 2.000 Euro gezahlt worden. Vier LSB-Spitzenleute sind in Tochtergesellschaften als Geschäftsführer tätig. Weitere Auskünfte dazu verweigern laut Landesrechnungshof sowohl der Sportbund als auch das Sportministerium. Verstöße gegen das Besserstellungsverbot sieht der Landesrechnungshof bei Besuchen von zwei Eishockey-WM-Spielen sowie einem Champions-League-Spiel in Leipzig durch Beschäftigte des Sportbundes.

Der LSB wies die Vorwürfe des Landesrechnungshofs zurück. Die Feststellung, dass gezahlte Zulagen an die Vorstandsmitglieder durch das Bildungs- und Sportministerium untersagt wurden, sei falsch, heißt es in einer am Montagabend veröffentlichten Mitteilung. Der LSB sei mit der Vergütung seiner Vorstandsmitglieder "sehr transparent" umgegangen. Eine Vergleichbarkeit zu Positionen im öffentlichen Dienst (Besserstellungsverbot) sei "durch die bestehende persönliche Haftung des Vorstandes kaum gegeben" Im Umgang mit Reisen, Präsenten und Veranstaltungen werde der LSB "in Zukunft noch detailgetreuer vorgehen."

Auch vom Bildungsministerium hieß es, man könne der Kritik des Landesrechnungshofes am Ministerium nicht in allen Punkten nachvollziehen wie etwa die Vergabe von Tickets zu Sportveranstaltungen, Bewirtungen oder Reisen. Hier habe es keine Förderung aus Landesmitteln gegeben.

Verschollene Pistolenmunition

Nicht nachvollziehen kann der Landesrechnungshof den Kauf mehrerer Sportpistolen im Wert von rund 20.000 Euro für das polizeiliche Sportschießen. Nicht erkennbar sei, für welche Schützen sie beschafft worden seien. Keine Erklärung bekamen die Rechnungshofprüfer, warum zehntausende Kleinkaliber-Patronen und Zentralfeuermunition für Tausende Euro gekauft wurden, obwohl noch zehntausende Schuss Munition vorhanden waren. Der angegebene Munitionsverbrauch für Schießveranstaltungen sei nicht plausibel, so der Bericht des Rechnungshofs. Der Verbleib von mehreren Tausend Schuss Pistolenmunition ist nicht geklärt.

Das Innenministerium räumte nach der Kritik des Landesrechnungshofes bereits Unstimmigkeiten ein. Der Sprecher des Innenministeriums, Martin Burmeister, sagte rbb|24: "Auch wir sind der Meinung, dass Munition nicht korrekt verbucht wurde. Wir haben die Staatsanwaltschaft um Prüfung gebeten." Es sei klar, dass bei Munition keine Zweifel im Verbrauch aufkommen dürften. Die Dokumentation werde auf Herz und Nieren geprüft. Ergebnisse wolle Innenminister Michael Stübgen (CDU) noch in dieser Woche verkünden, so Burmeister.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 27.11.2023, 19:30 Uhr

13 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 13.

    Zinsen zahlen statt Schulden mit dem Überschuss tilgen/abbauen? Wer denkt sich so etwas aus? Die Gleichen, die Schulden umbenennen in das Brandenburgpaket?

  2. 12.

    Was haben "AFD Fans" mit event. unsolider Haushaltspolitik in Land und Bund zu tun?
    Auf solche Mißstände aufmerksam zu machen sollte eigentlich Aufgabe jedes Demokraten sein denn es sind die Steuergelder der Bürger die diese täglich erwirtschaften.
    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

  3. 11.

    Man verteilt lieber "Geschenke" (bezahlt natürlich vom arbeitenden Bürger), anstatt eine seriöse und nachhaltige Politik zu machen. Ich finde es gut, dass grundsätzlich falsche Politik jetzt nicht mehr so einfach mit unserem Steuergeld übertüncht werden kann.
    Wenn die jetzige Bundesregierung tatsächlich ihre unverantwortliche Finanzpolitik mit einer "Notlage" begründen will, klagt hoffentlich die Union vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen.

  4. 10.

    Na AfD Fans....
    Bloß gut das Demokraten gemeinsam gegen rechte Demagogen stehen.
    Hört auf zu heulen, hört auf zu hetzen und schmeißt eure Nazis raus dann klappt es vielleicht auch mal irgendwann Verantwortung zu übernehmen.

  5. 9.

    >"Altparteien sind, wenn sie vor der Gründung der Freien Wähler und der AfD schon in Parlamenten vertreten waren."
    Nicht ganz. Nach überlieferter Definition sind "Altparteien" die klassischen Parteien ehemals "Volksparteien" der 1950er bis 1980er Jahre dem demokratischen Spektrum vor Neuaufstellung Deutschlands 1990: SPD, CDU, CSU, FDP, Grüne, Die Linke (mit ihren vormaligen Namen PDS...)
    >"vor der Gründung der Freien Wähler und der AfD"
    ist nicht ganz zutreffend, weil es noch andere Parteien gab seit 1990, z.B. Piraten, Bauernpartei, Tierschutzpartei usw. Bis 1990 war die Parteienlandschaft in Deutschland ja noch überschaubar mit ihren "Altparteien". ;-)

  6. 8.

    Schulden sind immer neue Inflation.
    Diese trifft dann vor allem Arme oder Normalverdiener mit wenig Geld.
    Die größten Schuldenprofiteure sind Großkonzerne, Kapitalisten, Superreiche und Oligarchen, die sich Parallelwerte wie Gold, Immobilien und Firmen kaufen und so die Inflation so umgehen, während von Armen die letzten Notgroschen entwertet werden.
    Schulden machen ist gegenüber kleinen Leuten völlig verantwortungslos.

  7. 7.

    Also mit den Themen Bildung und Finanzen wird Herr Woidke wahrscheinlich keine Werbung für seine Wiederwahl 2024 machen.

  8. 6.

    Altparteien sind, wenn sie vor der Gründung der Freien Wähler und der AfD schon in Parlamenten vertreten waren. Das wäre meine vereinfachte Definition.

  9. 5.

    Die Bundesregierung bat den Bundestag, nachträglich für das Jahr 2023 eine Notlage festzustellen, um die Schuldenbremse erneut aussetzen zu können. Die Altparteien werden sicherlich dieser erneuten Notlage zustimmen, da ja auch die CDU jetzt wohl der erneuten Schuldenmacherei zustimmt. In Ostdeutschland war in der jüngsten Vergangenheit zu beobachten, dass die Altparteien wie ein einziger Parteienblock bei der Besetzung von politischen Posten, wie etwa bei Landräten, auftreten. Wenn man sich nicht der Mühe unterwerfen will, alle Parteien des Parteienblocks aufzuzählen, ist der Begriff "Altparteien" eine rationale Zusammenfassung.

  10. 3.

    Die Altparteien nehmen sich da nichts. Auch Merz ist wieder umgefallen und Haseloff und Kretschmer sind für weiteren Pump. Die Landeshaushalte sind doch nur "ausgeglichen", wenn dort die ganzen "Sondervermögen" nicht wegfallen. Bin gespannt, wie das ganze Habeck "Ökosystem", von Subventionsabgreifern gebildet, das unbedingt weiter geschmiert werden muss, jetzt weiter finanziert werden soll. Habeck: "Eine Ökosystem des Aufbruchs." Das ist dann wohl die Phrase des Tages.

  11. 2.

    Der Landesrechnungshof ist sicher eine gute Einrichtung. Jedes Jahr legen die Kollegen ihren Bericht vor und sparen auch nicht mit Kritik. Das Problem sind die Adressaten. Es sind fast immer die Selben die mit den Steuergeldern unsolide wirtschaften und es passiert nix. Keine Konsequenzen, man macht weiter und geht zur Tagesordnung über. Sofort gibt es neue Ideen wie Steuergelder verschleudert werden. Schade um die Arbeit des LRH.

  12. 1.

    Es scheint also doch nicht alles so in Ordnung zu sein, wie Herr Woidke uns immer weiß machen will. Eine Stellungnahme von ihm zu diesem Bericht vermisse ich bis jetzt

Nächster Artikel