Protest und Gegenprotest - Breites Bündnis demonstriert in Berlin gegen Antisemitismus
Zwei Monate nach dem Angriff auf Israel haben mehr als 3.000 Menschen im Berliner Tiergarten gegen Antisemitismus demonstriert. Zugleich zog ein ähnlich großer pro-palästinensischer Demonstrationszug durch die Stadt.
Mehrere Tausend Menschen haben am Sonntag im Berliner Tiergarten gegen Antisemitismus, Hass und Rassismus demonstriert. Unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt" liefen sie bei teils strömendem Regen vom Großen Stern zum Brandenburger Tor, wo es eine Kundgebung gab. Die Polizei sprach von etwa 3.200 Teilnehmern, die Veranstalter gingen von 11.000 aus.
Zur gleichen Zeit zogen in Berlin-Mitte rund 2.500 Menschen bei einem Gegenprotest durch die Stadt. Das Motto der Demonstration lautete "Solidarität mit Palästina - Keine Waffen für Genozid".
Unterstützung durch viele Prominente
Die Demonstration am Brandenburger Tor gegen Antisemitismus war unter anderem von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterstützt worden. Der Publizist Michel Friedman sagte mit Blick auf die Teilnehmerzahl unter Beifall: "Es sind zu wenige, die gekommen sind."
Hinter einem Banner "Nie wieder ist jetzt - Deutschland steht auf" zogen die Menschen über die Straße des 17. Juni. In der ersten Reihe waren unter anderem Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der Schlagersänger Roland Kaiser und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dabei.
"Ich erkenne zuweilen dieses Land nicht wieder. Es ist etwas aus den Fugen geraten", sagte der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster. "Es ist noch die Gelegenheit, dies zu reparieren, doch dafür muss man sich auch eingestehen, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist, was man nicht hat sehen können oder wollen."
Unterstützung dafür gab es von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). "Wir sind viele, aber zu viele Anständige sind zu leise", sagte der SPD-Politiker. "Wir brauchen keine anständige, schweigende Mehrheit. Wir brauchen eine deutlich laute Mehrheit, die jetzt aufsteht und nicht später." Es müsse Schluss sein mit Antisemitismus. "Wir müssen Ernst machen damit", sagte Heil.
Als Schirmherrin der Veranstaltung sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD): "Jüdinnen und Juden haben Angst und sie fühlen sich alleingelassen. Nicht nur Hass erzeugt dieses Gefühl, auch Schweigen und Gleichgültigkeit." Daher sei "ein kraftvoll sichtbares und lautes Zeichen" wichtig.
Der israelische Botschafter Ron Prosor forderte mit Blick auf die weiter von der terroristischen Hamas in Gaza festgehaltenen Geiseln aus Israel mit einem Sprechchor: "Bring them home!"
Auch der Schlagersänger Roland Kaiser sprach von der Hoffnung, "dass von diesem Tag ein Signal ausgeht".
Politikerinnen und Politiker fast aller Parteien standen hinter dem Aufruf, ebenso laut Webseite der Veranstalter [www.niewiederistjetzt.de] Künstler wie Hape Kerkeling, Iris Berben und Tim Bendzko, sowie die Moderatoren Sascha Hingst, Günther Jauch, Sandra Maischberger, Barbara Schöneberger, Johannes B. Kerner, Cherno Jobatei und Sonya Kraus.
Hintergrund ist der Terrorangriff der Hamas auf Israel und die steigende Anzahl antisemitisch motivierter Übergriffe in Deutschland. Vom Veranstalter angemeldet waren 3.000 Teilnehmende.
Palästina-Demo zur selben Zeit in der Nähe
Bei der pro-palästinensischen Gegendemonstration nahmen nach Angaben der Polizei zwischenzeitlich rund 2.500 Personen teil, Straftaten seien nicht registriert worden. Die Demo war von einer Einzelperson mit 3.000 Teilnehmern angemeldet worden.
Diese Route führte laut der Berliner Polizei von der Wilhelmstraße (zwischen Willy-Brandt-Haus und Hallesches Ufer) zur Leipziger Straße, wo es vor dem Bundesfinanzministerium eine Zwischenkundgebung geben sollte. Anschließend sollte der Zug über die Friedrichstraße und Unter den Linden zum Lustgarten führen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 10.12.23, 19:30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 11.12.2023 um 08:54 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.