Berliner Verkehrsverwaltung - Weniger Geld für Kiezblocks und Verkehrsberuhigung

Fr 15.03.24 | 06:01 Uhr | Von Jan Menzel
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Symbolbild: Poller und Sperren für den Durchgangsverkehr in Berlin-Neukölln. (Quelle: IMAGO/Jürgen Held)
Audio: rbb24 Abendschau| 15.03.2024 | Vanessa Materla | Bild: IMAGO/Jürgen Held

Gelder für geplante Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in mehreren Bezirken hat die Berliner Verkehrsverwaltung gekürzt. Die Stadträte aus vier Bezirken zeigen sich entsetzt über die Entscheidung. Von Jan Menzel

Zahlreiche Berliner Bezirke haben vom Senat Absagen für Projekte zur Verkehrsberuhigung und für mehr Verkehrssicherheit bekommen. Allein in Friedrichshain-Kreuzberg geht es um fast 300.000 Euro. In Tempelhof-Schöneberg ist ein Kiezblock betroffen, den sich Anwohner wünschen und den die Bezirksverordnetenversammlung beschlossen hat. Die Verkehrsverwaltung begründet ihre Entscheidung in einer Mail mit knappen Haushaltsmitteln.

"Jetzt schlägt voll durch, dass die schwarz-rote Koalition eben keinen belastbaren Haushalt beschlossen hat, sondern nachträglich kürzen muss", sagte die Verkehrsstadträtin von Tempelhof-Schöneberg, Saskia Ellenbeck (Grüne), dem rbb. Ihr Bezirk hatte den Antrag gestellt, einen Kiezblock rund um die Akazienstraße einzurichten. Damit sollen unter anderem Schulwege sicherer und der Abkürzungs-Verkehr durch das Viertel reduziert werden.

Anwohner:innen sammelten Unterschriften

Für den Kiezblock hatten Anwohner:innen Unterschriften gesammelt. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschloss das Projekt daraufhin. Das Bezirksamt beantragte die Maßnahme Anfang des Jahres. 200.000 Euro werden für ein Gutachten, Planung und das Konzept gebraucht. Dieses Geld kommt nun nicht. "Hochproblematisch" nennt Stadträtin Ellenbeck das. Schließlich hätten Anwohner und BVV den "klaren demokratischen Willen" artikuliert.

Eine Absage-Mail der Verkehrsverwaltung hat auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bekommen. Dort wurden Mittel für Projekte nicht bewilligt, mit denen unter anderem in der südlichen Friedrichstadt Vorhaben geplant waren. Insgesamt geht es um 299.000 Euro, die der Bezirk nicht erhält. "Damit macht der Senat einmal mehr deutlich, dass Verkehrssicherheit für ihn ein reines Lippenbekenntnis ist", so Verkehrsstadträtin Annika Gerold (Grüne). Sie geht nach eigener Aussage davon aus, dass beschlossene und bereits gestartete Projekte und Maßnahmen abgebrochen werden müssen.

Damit macht der Senat einmal mehr deutlich, dass Verkehrssicherheit für ihn ein reines Lippenbekenntnis ist.

Annika Gerold, Verkehrsstadträtin (B'90/Die Grünen)

In Lichtenberg wiederum fiel von zwei beantragten Projekten eins hinten runter. Für den Kaskelkiez genehmigte die Senatsverwaltung 50.000 Euro. Dort sollen die Ampelschaltungen untersucht werden. Dagegen steht der Kiezblock rund um die Weitlingstraße auf der Kippe. Der Bezirk hatte hier 80.000 Euro beantragt. Verkehrsstadträtin Filiz Keküllüoglu (Grüne) will zwar prüfen, ob nicht doch noch kleinere Maßnahmen realisiert werden können. Doch auch sie spricht von einem "fatalen Signal".

Keine nachvollziehbaren Entscheidungen

Keküllüoglu kritisiert insbesondere, dass die Verkehrsverwaltung ihre Entscheidungen nicht nachvollziehbar begründet. Es würden keine Kriterien übermittelt, nach denen entschieden werde. Erst kürzlich hätten die Verkehrsstadträtinnen und -räte mit Mobilitätssenatorin Manja Schreiner (CDU) zusammengesessen, ohne dass die Kürzungen bei den Kiezblocks angesprochen worden wären. "Ich hätte mir da eine Kommunikation der Senatorin gewünscht", so Keküllüoglu.

Mehr Geld beantragt als verfügbar

Die Mobilitätsverwaltung hat in einer Mail, die dem rbb vorliegt, mitgeteilt, dass die Bezirke mehr Geld für Projekte beantragt hätten, als verfügbar sei. Deswegen könnten "nicht alle angemeldeten Maßnahmen berücksichtigt werden", heiß es weiter. Ein Sprecher der Verwaltung präzisierte auf Anfrage, dass im entsprechenden Haushaltstitel "Entwicklung von Verkehrskonzepten und Begleituntersuchungen in den Bezirken" für dieses Jahr 400.000 Euro veranschlagt seien. Davon sei aber rund die Hälfte durch laufende Projekte aus dem Vorjahr "vorbelastet"- das Geld ist also schon gebunden und kann nicht neu ausgegeben werden.

Hinzu kommt noch, dass der Titel im vergangenen Jahr mit 700.000 Euro noch deutlich besser ausgestattet war. Trotz der Absage von zehn Projekten können aber laut Verkehrsverwaltung neun Vorhaben in Angriff angenommen werden. Dazu zählen der Kiezblock an der Winsstraße in Prenzlauer Berg, der Kiezblock Kungerkiez in Treptow-Köpenick und die Verkehrsberuhigung am Bahnhofsvorplatz Lichterfelde West. Der Sprecher der Verkehrsverwaltung verwies auch darauf, dass die "Kiezblock-Offensive" in Mitte und die Umgestaltung des Bergmannkiezes vom Land gefördert werde.

Die große offene Frage bleibt aber für die Lichtenberger Verkehrsstadträtin Keküllüoglu, ob die Gelder für neue Verkehrskonzepte nur in diesem Jahr ausbleiben oder ob nun generell Vorhaben und Kiezblocks vor dem Aus stehen.

Diese Sorge treibt auch den Neuköllner Verkehrsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) um. Sein Bezirk muss zwar nur auf 20.000 Euro verzichten, mit denen Verkehrsmessungen untersucht und fertige Projekte evaluiert werden sollten.

Keine Planungssicherheit für das kommende Jahr

Aber der Stadtrat weiß auch, dass im Landeshaushalt für das kommende Jahr erneut ein Milliardenloch klafft. Daher fragt er sich, wie es mit der Einrichtung des Kiezblocks im Schillerkiez und dem von der Neuköllner BVV beschlossenen Kiezblock für den Kranoldkiez weitergehen kann. "Große Sorgen" bereite ihm, dass schon in diesem Jahr "so gut wie keine" neuen Radverkehrsprojekte und Vorhaben für mehr Verkehrssicherheit bewilligt worden seien, sagt Biedermann.

Auch seine Kollegin aus Tempelhof-Schöneberg, Saskia Ellenbeck, beklagt, dass den Bezirken jegliche Planungssicherheit genommen werde: "Wir werden ausgebremst." Von einer "erneuten Hängepartie" spricht der Neuköllner Verkehrsstadtrat Biedermann. Schon die vorläufige Haushaltswirtschaft 2022 und der Regierungswechsel im vergangenen Jahr hätten zu massiven Verzögerungen und Verschiebungen geführt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.03.2024, 19:30 Uhr

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Beitrag von Jan Menzel

144 Kommentare

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  1. 144.

    Berlin und das ewige "Meine Straße - Deine Straße" ist doch langsam nur noch peinlich. Irgendwie müssen die Hauptstadtautofahrer was mit Wölfen in Brandenburg zu tun haben.

    Man darf sie nicht erlegen, nur vergrämen.

  2. 143.

    "Richtig, die anderen wollten nicht unterschreiben! "

    Ist das wieder so eine "gefühlte" Realität oder haben sie 4000 angebliche Nachbarn alle gefragt?

  3. 142.

    Ob ein Laden aufgeben muß weil seine Kunden nicht mehr verbotswidrig parken können konnten auch sie nicht schlüssig beweisen.

    Vermutungen, unbewiesene Unterstellungen und "gefühlte" Realitäten. Auf dieser Grundlage versuchen sie zu diskutieren.

  4. 141.

    Richtig, die anderen wollten nicht unterschreiben!
    Sie können Luft ablassen ... andere und auch ich sammeln bereits kräftig!

  5. 140.

    .....für Ihren Kommentar, Sie haben voll ins Schwarze getroffen, aber irgendwie wollen das die wenigsten wahrhaben. Ich hab auch keine Ahnung, wie man das besser ins Bewusssein rücken könnte, aber jedenfalls ist das die traurige Wahrheit, leider. Nichtsdestotrotz vielen Dank für Ihren Kommentar, irgendjemand muss das ja ansprechen. Ein kleiner Lichtblick könnten neben allem, was Sie schon erwähnt haben, Mietautos sein, denn die teilen sich wenigstens mehrere Menschen.

  6. 139.

    "Und der Matratzenladen hat aufgegeben weil seine Kunden nicht mehr in zweiter Reihe parken konnten oder eher aus wirtschaftlichen Gründen?"

    Beides hängt ja wohl zusammen.
    Können die Kunden nicht mehr parken oder müssen Umwege fahren, bleiben diese aus und dann entsteht eine ungünstige wirtschaftliche Lage.
    Der Matratzenladen mit Bettfederreinigung ist übrigens umgezogen.

  7. 138.

    Die anderen hat das anscheinend nicht interessiert oder wollten nicht unterschreiben. Es liegt an ihnen Gegenstimmen zu sammeln. Sie meckern aber lieber auf Grundlage von " gefühlten Realitäten".

  8. 136.

    Na weil' in der Frankfurter Allee stinkt!
    Kevin: ,,Laut UBA emittiert ein neuer Kaminofen üblicher Größe, wenn er bei Volllast betrieben wird, in einer Stunde etwa 500 mg Staub. Das entspricht rund 100 km Autofahren mit einem PKW der Abgasnorm Euro 6. Die hohe Feinstaubbelastung entsteht selbst unter Idealbedingungen, wenn der Ofen ordnungsgemäß betrieben wird und das Holz mit idealer Luft-Zufuhr verhältnismäßig "sauber" verbrennt. ,,,"
    Soviel zu ,,umweltfreundlich'' Das ist der reinste Horror. Und dafür 14000,-Ero? Perlen vor die Säue sag ick nur.

  9. 134.

    Wir können uns ja mal im Kreis drehen:
    Kiezblöcke abschaffen und Fahrradspuren durch Busspuren ersetzen!

  10. 133.

    Es gibt einfach immer mehr und immer größere Autos in Deutschland (neuer Rekord: fast 49 Millionen Autos aktuell in Deutschland) bei gleichbleibend viel Platz: Deutschland ist nicht größer geworden, Berlin auch nicht. Damit sich nicht alle mit ihren Autos gegenseitig auf den Füße stehen, brauchen wir in Ballungsräumen, wo sehr viele Menschen pro Quadratkilometer wohnen, andere Regeln. Hier kann nicht jeder ein Auto im öffentl. Raum abstellen und nutzen (in Berlin hat nur jeder Dritte eines. Wenn die anderen ihr Recht auf ein Auto verwirklichen, hätten wir 3x so viele Autos wie jetzt in der Stadt. Wo sollen die alle parken und fahren?) Damit alle von A nach B kommen muss der öffentliche Massenverkehr (Bus, U-Bahn, Tram, Bahn, Fahrradwege, Fußwege)weiter ausgebaut werden, damit viele gleichzeitig auf wenig Fläche mobil sind. Autos raus! Anders geht's nicht, denn die Physik bleibt: Es passen nicht 3 Autos auf einen Parkplatz. Fuß- und Radwege vor der Rekord-Blechlawine besser schützen!

  11. 132.

    Am Anwohner-Treffen auf dem Tuchollaplatz konnte ich leider nicht teilnehmen und habe nur per Mail dagegen gestimmt.
    (Evtl. auch der effektivere Weg?)

    Es waren wohl ca. 60 Anwohner dort und eher eine 50:50-Stimmung.
    Also kann man auch m.E. nicht von Mehrheit sprechen.

    Meine Hoffnung nach-wie-vor: Kein Geld für einen "Umbau", der Platz ist so schön mit seinem kleinen Kiosk!

  12. 131.

    Da freut sich eine Firma welche den Planungsauftrag erhält.

  13. 130.

    Und der Matratzenladen hat aufgegeben weil seine Kunden nicht mehr in zweiter Reihe parken konnten oder eher aus wirtschaftlichen Gründen?

    Ihre Ausreden sind haarsträubend. 2019 wurde die Initiative für einen Kiezblock im Kaskelkiez gegründet. Mitte 2022 fand die Übergabe der durch die Kampagne gesammelten 1420 Unterschriften für einen “Einwohnerantrag” an die Vorsteherin der BVV statt.

    Soviel zu dem Unterschied zwischen der Realität und ihren gefühlten "Zweifeln".

  14. 129.

    Ich stimme Ihnen absolut zu.
    Die Kiezblock- Gutachten und Umfragen gehen an den Bewohnern vorbei. Es braucht eine andere Lösung als Zäune um „Kieze“ zu bauen und es ärgert mich dass nur für Analyse und Planung 200000€ verballert werden. Diese könnten sinnvoll eingesetzt werden.

  15. 128.

    Die Stadträtin meint: "Die Mehrheit der Anwohner wünschte sich die Maßnahme".
    Wenn ich mir den Kaskelkiez anschaue, bezweifle ich, dass die Mehrheit es wünschte. Sind denn wirklich alle Anwohner befragt worden?
    Gewerbetreibende haben sich jetzt beklagt. Ein Matratzenladen hat schon aufgegeben. Das Ordnungsamt wurde jetzt von der Stadträtin aufgefordert die Ladezonen der Geschäfte zu kontrollieren um Kundschaft die Möglichkeit zum halten zu geben. Oder um den Parckdruck zu erhöhen?

  16. 127.

    "Erst sollte ein attraktiver ÖPNV geschaffen werden, um freiwillig Autofahrten auf ein Minimum zu reduzieren und erst im zweiten Schritt den Individualverkehr durch (sinnvolle/-lose) Kiezblöcke ect. "einschränken". "

    Wie wollen sie einen attraktiven ÖPNV schaffen wenn der ständig im Stau des MIV steht? Finde den Fehler.

  17. 126.

    Danke, Nachbar! ;-)
    Die Marktstr und Karlshorster Str. kollabiert. Selbst Anwohner haben keine Möglichkeit auszuweichen.
    Den Bus (zw. Ostkreuz und Rummelsburg) sollte man meiden und zu Fuß gehen ... 3x schneller!

    Die neue sinnlose Idee den Tuchollaplatz zu entsiegeln (besteht aus kleinen Pflastersteinen - keine Platten - viele Bäume, Bänke - gerade rüber Rasenfläche) und zu begrünen, wird hoffentlich auch wegen Geldmangel abgeblasen.

  18. 125.

    Die cDU und Schreiner nehmen bewußt Tote und Schwerverletzte in Kauf, da ist ist mir eine "grüne" Verkehrspolitik doch tausend Mal lieber.

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