Der Aufsichtsrat der Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM) hat beschlossen, drei Varianten für die Zukunft des Gebäude-Ensembles am Bogensee bei Wandlitz in Barnim zu prüfen. Das Areal, auf dem ehemals der NS-Propagandaminister Goebbels seinen Landsitz hatte, liegt zwar bei Wandlitz gehört aber dem Land Berlin.
Ein wenig verwunschen sieht es aus, das Gelände der früheren FDJ-Hochschule und ehemaligen Goebbels-Villa am Bogensee. Nun kommt aus Berlin die Idee, die historischen Gebäude abzureißen. Denn die kosten viel Geld. Von Dorit Knieling
Berlin für, Gemeinde gegen den Abriss
Die BIM bietet der Gemeinde Wandlitz an, sich beim Förderprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus" zu bewerben, wie aus einem Papier hervorgeht, dass dem rbb vorliegt. Dieser Schritt verfolge das Ziel, das Areal gemeinsam mit dem Bund und dem Landkreis Barnim weiterzuentwickeln.
Eine weitere Möglichkeit sei, das Gebiet in eine Aufforstungsfläche umzuwandeln. Dazu müssten Gelder für den nächsten Berliner Doppelhaushalt angemeldet werden.
Außerdem könne mit der Bundespolizei vereinbart werden, das Grundstück als Trainingsstätte zwischenzunutzen und sich an den Kosten zu beteiligen.
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"Die Stadt Berlin hat ihrem Gauleiter Dr. Goebbels ein besonderes Geburtstaggeschenk gemacht", schreibt 1936 der "Völkische Beobachter", die Parteizeitung der NSDAP. Gemeint war damit ein Blockhaus am Bogensee. Es wurde Goebbels zur Nutzung zu Lebzeiten zur Verfügung gestellt, und gar nicht wirklich geschenkt, so Irmgard Zündorf, vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam (ZZF). Goebbels nutzte das Haus ab Ende Oktober 1936 als privates Wochendendhaus und Dienstsitz. Die Kosten für den Bau und auch die laufenden Kosten wurden aus Berliner Steuergeldern finanziert. Dieses Blockhaus wurde als einziges Gebäude auf dem Areal vor wenigen Jahren abgerissen.
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Das Blockhaus aber war Goebbels schnell zu klein. Deshalb ließ er 1939 den sogenannten Waldhof auf der gegenüberliegenden Seite des Bogensees bauen. Das kleinere Blockhaus wurde damit zum Gästehaus. Die Gebäude des Waldhofes sind bis heute unverändert und stehen unter Denkmalschutz. "Zu Anfang nutzte er es ohne seine Familie, an den Wochenenden. Zum Schluss, als Berlin gefährlicher wurde, hat er auch seine ganze Familie dorthin geholt und Berlin ganz verlassen, weil der Krieg immer näher rückte", berichtet Zündorf.
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1945 fanden sowjetische Truppen das Anwesen von Goebbels verlassen vor. "Er war damals schon mit seiner Familie in den Führungsbunker zu Hitler gezogen", so Zündorf. Das sowjetischen Militär nutzte die Räumlichkeiten während des Vormarschs auf Berlin als Lazarett. Das sei kurzfristig sinnvoll gewesen, denn immerhin gab es dort Strom und eine Heizung, wie die Historikerin meint. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Areal an die Freie Deutsche Jugend (FDJ) übergeben. Damals gab es laut der Historikerin kaum Alternativen an intakten Gebäuden.
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"Außerdam war es aus FDJ-Sicht ein attraktiver Standort: keine Ablenkung, völlig abgeschieden", so Zündorf. Ab März 1946 startete dort die FDJ-Jugendhochschule mit der Ausbildung von Funktionär:innen. In den 50ern wurde das Areal dann um das große Gebäudeensemble der späteren Hochschule erweitert. Benannt wurde sie nach Wilhelm Pieck.
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Neben den Räumen für Seminare und einer Bibliothek wurden auch mehrere Wohnhäuser für die Studierenden gebaut.
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Das Areal der Kaderschule wurde zu DDR-Zeiten umzäunt und streng bewacht. Zu erreichen war es über einen Waldweg außerhalb von Wandlitz. Man musste sich an einer Pforte anmelden und nicht jeder wurde eingelassen. Die Studierenden kamen von dort auch gar nicht einfach weg, wie die Historikerin Zündorf erzählt: "Sie wurden teilweise nach Berlin geschafft, zum Beispiel für Paraden am 1. Mai", erählt sie. Ansonsten hielten sie sich in den Unterkünften auf dem Anwesen auf.
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Nach der Wiedervereinigung löste sich die FDJ auf, das Areal wurde vom Internationalen Bund für Sozialarbeit (IB) übernommen. "In diesem Zug hat beispielsweise eine Hotelfachschule die große Küche dort zu Ausbildungszwecken genutzt", wie Zündorf berichtet. Zwischendurch war ihr zufolge auch mal eine Polizeiausbildungsstätte dort untergebracht.
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Seit 1998 stehen die meisten Gebäude leer. Ein Nebengebäude der Goebbels-Villa wird heute noch von der Waldschule Bogensee für Schulkinder und Jugendgruppen genutzt. Die Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM), die Verwalterin des Geländes, überlegt derzeit, die Gebäude abzureißen und das Gelände zu renaturieren. Berlin stecke pro Jahr rund 250.000 Euro in die Bewirtschaftung der leerstehenden Gebäude. Weitere Überlegungen sind, sich beim Förderprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus" zu bewerben, oder das Grundstück als Trainingsstätte zwischenzunutzen.
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"Ein Abriss, das darf nicht sein", findet Zündorf. Eine Nutzung wäre Ihrer Meinung nach wünschenswert, zum Beispiel, wenn wieder eine Hochschule die Räume nutzen würde. Goebbels "Waldhof", so ihr Vorschlag, könne in eine Dokumentationsstätte der NS-Zeit verwandelt werden.
Das Bogensee-Areal steht seit über 20 Jahren weitgehend leer. Jährlich zahlt Berlin rund 250.000 Euro für den Unterhalt und hat mit mehr als vier Millionen die Sanierung, unter anderen der Dächer, finanziert.
Deshalb haben sich sowohl die BIM als auch Berliner Politiker für einen Abriss und die Renaturierung der jetzt bebauten Fläche ausgesprochen. Der Landkreis Barnim und die Gemeinde Wandlitz sind strikt dagegen und haben kürzlich ein Abrissmoratorium über fünf Jahre verabschiedet. Der Bund will ein Engagement für den Erhalt prüfen.
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ich Frage also nochmals wieso wurde in Berlin für 1 Milliarde der BND Gebaut auf wertvollem Hausbaugrund Stadtmitte und nicht dorthin angesiedelt. Das Areal wäre doch Ideal gewesen Abgeschirmt, leicht zugänglich, weitestgehend ungestört.
5.
Wenn es keiner braucht, dann kann es auch weg. Gibt ja in vielen Orten Häuser, die irgendwie dahin rotten. Wahrscheinlich verstrittene oder unauffindbare Erben(gemeinschaften). Hier scheint alles klar: Der Besitzer braucht es nicht, einen Käufer als Nachnutzer ist nicht in Sicht. Wer jetzt nach so vielen Jahren aus der Deckung kommt und meint, er hätte ein "Konzept", verzögert den Untergang wahrscheinlich nur. Also platt machen und gut ist.
4.
Wirklich lustig: Berlin prüft Nutzungsvarianten !
Wieviel Jahrzehnte denn bis zu einem bestimmt nutzosen Ergebnis?
3.
Die Bilder zeigen doch ein imposantes Ensemble, bei dem der isolierte Aspekt der Goebbels-Villa doch völlig verblasst!
Es ist wirklich schwer sich vorzustellen, dass für dieses repräsentativ und offenbar solide gebaute Ensemble nichts bleiben soll als die "Renaturierung"....
2.
Weil Berlin mit über 4 Millionen saniert hat soll jetzt abgerissen werden? Das liest sich wirklich merkwürdig……gut der Unterhalt ist auch ne Hausnummer, aber die 4 Millionen Sanierung und die damit erfolgende Verschwendung von neu verbautem Material wiegen mE schwerer und sprechen gegen einen Abriss.
1.
Vorschlag 1 ist wie ein Lottogewinn. Nur - was wäre der Plan B, falls der Gewinn ausbleibt?
Vorschlag 2 ist kein neuer Vorschlag, Berlin spart einfach Geld, statt Ideen zu entwickeln.
Vorschlag 3 könnte Vorschlag 2 auf Raten sein, da das Areal nur weiter abgenutzt wird.