Fragen und Antworten - Das sind die wichtigsten Fakten zum Berliner 29-Euro-Ticket
Ab 1. Juli gibt es in Berlin ein neues 29-Euro-Ticket, das sogenannte "Berlin-Abo". Wohin darf ich damit fahren? Wie bekomme ich das neue Ticket? Und: Warum steht es schon vor seinem Start unter solcher Kritik?
Warum wird das neue Ticket eingeführt?
Das Angebot richtet sich laut Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) an Menschen, für die das 49-Euro-Ticket zu teuer sei oder die kein vergünstigtes Firmenticket hätten. Das 29-Euro-Ticket war ein zentrales Wahlkampf-Thema der Berliner SPD in der vergangenen Wiederholungswahl.
Ab wann ist das neue Ticket erhältlich und ab wann gilt es?
Wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf ihrer Homepage mitteilen, startet der Vorverkauf für das künftig "Berlin-Abo" genannte Ticket am 23. April. Nutzbar ist es dann ab dem 1. Juli. Das Ticket wird nicht am Automaten erhältlich sein, sondern im Online-Abo-Bereich der BVG beziehungsweise in den BVG-Kundenzentren. BVG und S-Bahn bieten das Ticket sowohl als Handyticket als auch als Chipkarte an. Das neue "Berlin-Abo" soll es dauerhaft, nicht zeitlich begrenzt geben.
Inwieweit unterscheidet sich das neue Ticket vom bisherigen 49-Euro-Ticket?
Das 29-Euro-Ticket gilt nur für den Tarifbereich AB. Für Fahrten ins Umland oder etwa zum Flughafen Berlin-Brandenburg brauchen Reisende also ein Zusatzticket. Das "Berlin-Abo" hat eine Mindestlaufzeit von zwölf Monaten. Das 49-Euro-Ticket (Deutschlandticket) hingegen gilt für den gesamten ÖPNV im Bundesgebiet und ist monatlich kündbar.
Bei beiden Tickets ist die Mitnahme eines Hundes oder eines Kindes unter sechs Jahren inklusive. Außerdem sind für das neue 29-Euro-Ticket keine Ermäßigungen verfügbar. So gibt es etwa kein Firmenticket wie beim Deutschlandticket Job für Fahrgäste, deren Arbeitgeber das Ticket zum Teil mitfinanzieren.
Wie kann ich zum neuen Ticket wechseln, wenn ich bereits ein anderes Abo habe?
Auf ihrer Homepage verspricht die BVG, dass der Wechsel ins neue Abo problemlos online möglich sein werde. Im Online-Abo-Bereich der BVG kann das eigene Abo bearbeitet werden. Hier kann das Abo auch wieder gekündigt werden. Alternativ sei der Wechsel in einem der BVG-Kundenzentren möglich. Das "Berlin-Abo" muss dabei bis zum 10. eines Monats bestellt werden, damit es ab dem 1. des Folgemonats nutzbar ist.
Welche Kritik gibt es am neuen Ticket?
Seit der Ankündigung für das neue "Berlin-Abo" wird die schwarz-rote Landesregierung für ihren Vorstoß aus verschiedenen Richtungen kritisiert.
Das Bundesverkehrsministerium sprach am Mittwoch von einem "regionalen Konkurrenzprodukt" und teilte mit, das neue 29-Euro-Ticket konterkariere das Ziel des im vergangenen Jahr eingeführten Deutschlandtickets für 49 Euro, "komplexe Tarifsysteme radikal zu vereinfachen und Strukturen in den Verkehrsbünden zu verschlanken." Demnach würde durch die Begrenzung des Tickets auf die Tarifzonen A und B wieder eine Tarifgrenze eingezogen und Doppelstrukturen geschaffen.
Ganz ähnlich sieht es der Berliner Fahrgastverband IGEB. Dessen Sprecher Jens Wieseke teilte auf rbb-Anfrage mit, mit dem neuen Ticket würde eine "Insellösung" geschaffen. Diese sei nicht förderlich für den Verbundgedanken. Er fürchte außerdem, dass den Brandenburger Verkehrsunternehmen künftig Einnahmen verloren gehen werden. "Preiswerte Angebote sind gut. Grundsätzlich sollten sich neue Tickets aber immer am Deutschlandticket orientieren", sagt Wieseke und verweist auf Hamburg. Dort ist das bundesweit gültige Deutschlandticket für Berufstätige, Schüler und Sozialhilfeempfänger für einen rabattierten Preis von 19 Euro zu haben - ohne ein komplett neues Ticketformat.
Auch die Kosten für das neue Ticket werden kritisiert, vor allem aus Bayern. Der bayerische Verkehrsminister Bernreiter (CSU) sagte dem Tagesspiegel, Berlin als Hauptempfänger des Länderfinanzausgleiches finanziere nun mit bayerischem Geld einen Gesamtrabatt für alle Fahrgäste. Das ginge letztlich auch auf Kosten des Deutschlandtickets.
Auch der Soziologe und Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung kritisiert den Berliner Sonderweg, den er als "nicht zielführend" beschreibt. Die Einführung des 49 Euro-Tickets im vergangenen Jahr habe für viele Menschen, die ohnehin im ÖPNV unterwegs sind, zwar Entlastungen geschaffen, aber kaum neue Fahrgäste an den Nahverkehr gebunden. Das würde auch ein 29-Euro-Ticket nicht erreichen.
Knie verweist außerdem auf das schon existierende Berlin-Ticket S (seit Januar für neun Euro) für Berlinerinnen und Berliner, die Sozialleistungen beziehen. "Berlin hat schon für Menschen mit wenig Geld ein Ticket für Tarifbereich A und B. Das vergisst man immer wieder", so Knie im rbb-Interview. "Das 29-Euro-Ticket, das wir jetzt zusätzlich bekommen, kostet sehr, sehr viel Geld und das sollte man tatsächlich doch für andere Dinge verwenden." Auch Knie plädiert weiter für ein bundesweit einheitliches Tarifsystem. "Das neue Ticket schafft mehr Unruhe und macht das Leben im öffentlichen Verkehr unterm Strich wieder schwerer."
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.04.2024, 16:20