Integrationsbeauftragte vor Ort - "Ausreisezentrum" auf Oder-Insel bleibt umstritten

Fr 14.06.24 | 18:59 Uhr
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Die Oderinsel in Küstrin-Kietz. Bild: Philipp Gerstner/rbb
Audio: Antenne Brandenburg | 14.06.2024 | Klaus Lampe | Bild: Philipp Gerstner/rbb

Auf der Oder-Insel Küstrin-Kietz soll ein "Ausreisezentrum" entstehen. Der Landkreis befürwortet das Projekt. Die Brandenburger Integrationsbeauftragte machte sich am Freitag vor Ort ein Bild und zeigte sich eher skeptisch.

  • Kreis und Land wollen "Ausreisezentrum" auf Oder-Insel errichten
  • Ausreisepflichtige Ausländer sollen so Deutschland schneller verlassen
  • "Ausreisezentrum" umstritten: Gelände ist schadstoffbelastet, teils Naturschutzgebiet
  • Brandenburger Integrationsbeauftragte machte sich am Freitag vor Ort ein Bild

Die neue Brandenburger Integrationsbeauftragte, Diana Gonzalez Olivo, hat am Freitag Küstrin-Kietz (Märkisch-Oderland) besucht, um sich über den Planungsstand eines möglichen sogenannten Ausreisezentrums auf der Oder-Insel zu informieren. Dabei besichtigte sie das abgesperrte Gelände an der polnischen Grenze von außen und tauschte sich in einer Sitzung mit Mitgliedern der "AG Flucht und Asyl" des Landesintegrationsbeirates sowie Vertreter des Landkreises aus.

Verseuchtes Militärgelände seit 30 Jahren ungenutzt

In einem geplanten Ausreisezentrum auf der abgelegenen Oder-Insel - ein verlassenes Gelände mit alten Militäranlagen - sollen ausreisepflichtige Ausländer untergebracht werden, die keine Bleibeperspektive haben und das Land verlassen müssen. Der Landesflüchtlingsrat kritisierte, es werde ein "menschenfeindliches Abschottungssystem" etabliert.

Bis in die 1990er Jahre wurde die Oder-Insel von den Nachfolgern der Sowjetarmee genutzt. Dem Landkreis Märkisch-Oderland zufolge sind die Liegenschaften mit Asbest verseucht und der Boden kontaminiert. Es besteht demnach Betretungsverbot, einige Areale sind als Naturschutzgebiet gesperrt.

14.06.2024, Küstrin-Kietz: Diana Gonzalez Olivo, Landesintegrationsbeauftragte Brandenburg, steht vor einem verschlossenem Tor zu einem Gelände mit alten Kasernenanlagen. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)Diana Gonzalez Olivo in Küstrin-Kietz

Gonzalez Olivo zeigte sich kritisch gegenüber den Plänen, das Gelände als sogenanntes Ausreisezentrum zu nutzen. "Es geht hier ganz klar um härtere Regelungen, was Abschiebung angeht", sagte sie. Es müsse eher mehr für Integration getan werden. Gleichzeitig räumte Gonzalez Olivo ein, sie finde es schwierig, "ganz dafür oder ganz dagegen zu sein". Es gebe noch viele offene Fragen - etwa zur Ausgestaltung und zum rechtlichen Rahmen der geplanten Einrichtung.

Seit Mai hat die Deutsch-Mexikanerin Gonzalez Olivo das Amt der Integrationsbeauftragten inne.

Viele Einwohner von Küstrin-Kietz lehnen Pläne ab

Vor Ort hatten sich am Freitag einige Einwohner versammelt, um mit einem Plakat ihre Ablehnung gegen das Vorhaben zu zeigen. Eine Mehrheit der Küstrin-Kietzer lehne den Standort ab, sagte der neugewählte Ortsvorsteher Wolfgang Henschel, Teil der Wählergruppe "Schöner Leben" in Küstrin-Kietz. Eine Petition gegen das Projekt zählt derzeit knapp 500 Unterschriften.

Ortsvorsteher Henschel sagte, es gebe Sorgen bezüglich der Sicherheit; einige Einwohner fürchteten auch negative Auswirkungen auf den Oder-Tourismus. Er ehe aber vor allem kritisch, so Henschel, dass das Zentrum auf der Insel als Abschreckung dienen solle. Und: "Das Betreten dieses Geländes ist lebensgefährlich. Es ist irrsinnig, solch eine Einrichtung überhaupt in Erwägung zu ziehen", sagte er.

Landkreis befürwortet den Standort

Der Landkreis spricht sich für die Errichtung des Ausreisezentrums aus, um die geltende Asylpolitik umzusetzen. Landrat Gernot Schmidt (SPD) kann die Kritik in Teilen nachvollziehen, er sehe aber keine Alternative als Standort, erklärte er vor Ort dem rbb. "Es wird an jedem Standort Kritik geben", sagte Schmidt, betonte aber auch: "Die Notwendigkeit der Errichtung eines solchen Zentrums steht außer Frage."

Rund zehn Millionen Euro aus dem Doppelhaushalt 2025/2026 soll das "Ausreisezentrum" kosten und 2025 dafür die ersten Container aufgestellt werden. Das Land rechnet mit insgesamt 200 bis 250 Plätzen. Für andere Räume etwa zum Essen oder für Sport sollen bestehende Gebäude umgebaut werden.

Integrationsbeauftragte warnt vor enttäuschten Erwartungen

Die Landesintegrationsbeauftragte Gonzalez Olivo warnte vor einer Verschärfung der Debatte um Zuwanderung durch solche Projekte. "Man weckt in der Gesellschaft große Erwartungen, dass wir hier groß abschieben werden", sagte sie. "Wenn das aber nicht realisierbar wird, wird das zu einer weiteren Spaltung in der Gesellschaft führen." Es mache ihr Sorgen, da es "auf Kosten der Menschen" gehe, "die hier seit Jahren alles machen, um in Deutschland anzukommen und sich zu integrieren, einen Job zu finden".

Kreis erwartet Entlastung bei Unterbringung

Aktuell gehört die Fläche dem Land Brandenburg. Die Kreisverwaltung plane, einen Teil der Flächen für die Einrichtung eines "Ausreisezentrums" zu nutzen, erklärte Sozialdezernent Friedemann Hanke (CDU)Ende März dem rbb. "Wir haben 1.700 Flüchtlinge aufgenommen oder untergebracht. Und wir müssten dieselbe Zahl als Soll in diesem Jahr haben. Das ist gar nicht schaffbar. Ich kann die Unterbringung nicht verdoppeln", so Hanke zur Begründung.

Mit einem möglichen Ausreisezentrum würde sich der Druck auf Märkisch-Oderland entspannen, unterstrich der Sozialdezernent, denn die dort untergebrachten Menschen würden auf das vom Land vorgegebene Aufnahme-Soll angerechnet. Der Sozialdezernent erhofft sich so auch, dass im Zuge der Aufbereitung Teile des Geländes entkernt und dekontaminiert werden.

Im Aufenthaltsgesetz heißt es zu den sogenannten Ausreisezentren: "In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden." Sie können per Wohnsitzauflage verpflichtet werden, sich dort aufzuhalten, dürfen die Einrichtung aber auch vorübergehend verlassen. Familien, allein reisende Frauen, Paare oder pflegebedürftige oder kranke Personen sollen dort laut Innenministerium nicht untergebracht werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 14.06.2024, 16:40 Uhr

Mit Material von Martin Krauss und Corinna Cerruti

31 Kommentare

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  1. 31.

    Das ist nicht "meine AfD". Kritik an der aktuellen Regierung ist nicht Rechts! Ich habe unter anderen von bezahlbaren Mieten und Rentnern gesprochen. Das ist das Gegenteil von AfD. Die haben nämlich mit sozialen Dingen nichts am Hut. Die AfD ist eine Partei für Besserverdiener! Könnte man eigentlich wissen.

  2. 30.

    Na das sagen Sie mal Ihren Etablierten AfD-Nazis. Die machen es nach der Wahl besser? Glauben Sie doch selbst nicht. Die stecken sich die Kohle in die eigene Tasche, wie jetzt schon und streichen alles soziale! Wirste sehen!

  3. 28.

    Sie haben es nur nicht verstanden: Mit etc.waren ALLE Arbeitnehmer gemeint. Und dann hab ich nicht von zu hohem Bürgergeld gesprochen, sondern von der NÄCHSTEN Erhöhung. Jetzt verstanden?

  4. 27.

    Falsch, Sie lügen. Die ,,unterste Schicht'' der Geringverdiener (Pflege, Reinigung, Sicherheit, Produktion usw.) hält den Laden am Laufen! Und wenn Sie vom ,,zu hohem Bürgergeld'' reden, Vorsicht! Viele dieser Menschen kriegen zu ihrem Arbeitslohn noch Bürgergeld. Das wissen Sie zwar, leugnen es aber und arbeiten zersetzend weiter. Eben der AfDgemäß.

  5. 26.

    Na dann, wenn alle AfD-Wähler rechtsextrem sind, erzählen Sie uns doch mal, wie es möglich ist, daß in relativ kurzer Zeit Millionen Menschen auf einmal rechtsextrem werden. Was ist der Grund?

  6. 25.

    Ok, Du Erdbewohner, welche krank ist. Was ist nach der Machtübernahme der AfD? Was sind ihre ersten MaSSnahmen? Bitte um Ihre Antwort.

  7. 24.

    Stimmt nicht Köllnkreuz: Die Wähler der AfD-Nazipartei sind Nazis, weil Sie es wissen!

  8. 23.

    " Diese "Alternativen " werden von Menschen gewählt , die d. Nase voll haben. "

    Die Ausrede zählt schon lange nicht mehr. Rechtsextremisten werden von rechtsextremen Wählern gewählt!

  9. 22.

    Irgendwo kommt nachts die Tagesschau vor 10 oder 20 Jahren. Ist wie satire. Da sieht man, was die letzten Bundesregierungen einfach nie ordentlich reformiert hat. Ob marode Bahn, gesundheitssystem, Rentenversicherung, Pflegeversicherung, bildungssystem, Eingliederung von ausländischer Einwanderung. Note 5. Die Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben in den letzten Jahrzehnten einfach nicht gemacht. Fertig. Aber der gemeine steuzahler muss trotzdem bezahlen. Jede Firma müsste Insolvenz anmelden.

  10. 21.

    Knapp daneben: Diese "Alternativen " werden von Menschen gewählt , die d. Nase voll haben. Die jahrelang von den Etablierten erzählt bekommen das Wohnungen gebaut werden, das die Digitalisierung vorankommt, das es Verbesserungen im Gesundheitswesen gibt (Haha)...Unsere Infrastruktur ist am Boden. Denken Sie Menschen sind blöd? Erzählen Sie mal den tausenden Armutsrentnern, das sie weiterhin die Etablierten wählen sollen, dann wird alles gut. Obwohl sie seit Jahren das Gegenteil erleben.

  11. 20.

    "Der Europawahl oder der Kommunalwahl für MOL? Wohlgemerkt hat die eine damit nichts und die andere eher wenig zu tun..."
    Na dann warten sie mal ab wie sich der Wähler im September entscheidet.
    Bei einem "weiter so" wie bisher könnten noch mehr Bürger AFD und BSW wählen.
    Ein Ausreisezentrum, so weit vom BER entfernt, ist n.m.M. unsinnig zumal Auf- und Umbau der Insel wahrscheinlich Jahre in Anspruch nimmt.

  12. 19.

    @ 15 und 18 :
    Meine volle Zustimmung. Nur so und nicht anders.

  13. 18.

    Genau darum geht es! Man könnte Ihre Aufzählung noch erweitern....ÖPNV, Bildungssystem, Gesundheitssystem etc. unendlich viele Baustellen...Ihr Politiker: Entlastet die Mittelschicht, die in diesem Land ALLES bezahlt. Sorgt dafür, daß Polizisten, Krankenschwestern, Feuerwehrleute etc. noch ihre Mieten bezahlen können, ihre Stromkosten und zwar BEVOR ihr wiedermal das Bürgergeld erhöht, oder irgendwelche Drogenlegalisierungen in Windeseile durchpeitscht.

  14. 17.

    Na ja… Die „Alternativen“ werden ja gerade gewählt… Eben von Menschen, die auf komplexe Fragen leider nur einfache Antworten verstehen wollen. Und leider wären die Antworten darauf sehr komplex…

  15. 16.

    Ich verstehe die Diskussion nicht. Wer kein Bleiberecht hat, gehört schnellstens abgeschoben, daher ist eine zentrale Unterbringung sinnvoll. Damit können die Betroffenen auch schlechter untertauchen. Es kann doch nicht darum gehen, Menschen dort optimale Bedingungen zu schaffen. Unter ihnen sind auch Kriminelle. Zu was die fähig sind erleben wir häufig genug.

  16. 15.

    Natürlich gibt es einfache Antworten.

    Kein Bleiberecht = Flüchtlingsunterkunft verlassen u. Ausreise vorbereiten.

    Auf einer Insel, die überflutet werden könnte, würde ich so ein Zentrum nicht bauen.

    Was die Europa- u. Kommunalwahl 2024 gezeigt hatte: die Parteien, die gegen die Mehrheit der Bevölkerung regieren, bekommen an der Wahlurne keine Stimme. Lasst bezahlbare Wohnungen bauen. Nicht nur für Flüchtlinge. Macht Energie und Wärme wieder bezahlbar. Tut etwas gegen die steigenden Preise!!!

  17. 14.

    Aha, "die Bevölkerung" bei "den letzten Wahlen".

    Der Europawahl oder der Kommunalwahl für MOL? Wohlgemerkt hat die eine damit nichts und die andere eher wenig zu tun...

  18. 13.

    Zum Glück haben nicht alle in der Bevölkerung die Denkweise der Mitläufer übernommen und können sich ein eigenes Bild von der Realität machen. Mir ist schleierhaft wie man den Aussagen vor dem Hintergrund des Grundgesetzes Glauben schenken kann.

  19. 12.

    Ich denke, dass es keine Vorschläge mehr geben wird, der die Breite der Bevölkerung zustimmt. Der Zug ist seit Jahren abgefahren. Städte und Gemeinden sind seit Langem damit überfordert, Flüchtlinge unterzubringen - egal ob mit oder ohne Bleibeperspektive. Zwischen Intergrationswille und - möglichkeiten klafft eine riesige Lücke. Integrationshilfe von denen zu erwarten, die selbst um Wohnung und finanzielles Überleben kämpfen, ist ein Wunschtraum. Wie schwer es wird, Fehler der Vergangenheit auszubügeln zeigen leider die Wahlergebnisse.

  20. 11.

    Für komplexe gesellschaftliche Fragen, gibt es keine einfachen Antworten und schon gar nicht ein Ja oder nein ohne Erklärung oder gar mit 3 Ausrufezeichen, was auch immer diese bedeuten.
    Vielleicht war die Frage zu einfach formuliert.
    Wozu braucht man diese Zentren? Wem nutzen sie? Sind die Kosten gerechtfertigt? Welche Alternativen wären möglich?

  21. 9.

    Wichtig ist aber auch das die Menschen jederzeit rein und raus gehen dürfen, und keine Aufenthaltsbeschränkung auf MOL haben.

  22. 8.

    Nur mal so überlegt, Integration findet doch statt mit Menschen, die hier bleiben dürfen. Was kümmert sich also die Integrationsbeauftragte um die Menschen ohne Bleiberecht? Genau das ist das Problem, es muss sich mehr um die Menschen gekümmert werden, die hier bleiben, da hat sie genug zu tun.

  23. 6.

    10 Millionen Euro veranschlagte Kosten, die bei den heutigen Baukosten mit Sicherheit noch höher ausfallen dürften. Ist ein sogenanntes Ausreisezentrum (wohl eher Abschiebezentrum) wirklich oberste Priorität in diesem Lande? Kann mal jemand der führenden Politikerinnen und Politiker erläutern, welchen Vorzug so ein Zentrum hat oder haben soll? Beschlossen wurde das auf dem Integrationsgipfel 2023! Integration meint aber was anderes...

  24. 5.

    Das sehe ich genauso. Vorschläge, die auch von der breiten Bevölkerung getragen werden, fehlen mir. Wie viele über diese Problematik denken, hat man an den wahlergebnissen gesehen.

  25. 4.

    Gegen etwas zu sein ist immer sehr einfach und bequem. Ich vermisse einen Vorschlag der Integrationsbeauftragten, wo ein solches Zentrum, welches dringend gebraucht wird, entstehen kann

  26. 3.

    Es ist qua Amt ihre Aufgabe, solche Reden zu schwingen. Wie die letzten Wahlergebnisse gezeigt haben, denkt die Bevölkerung anders.

  27. 2.

    Ausreisepflichtige Ausländer sollen das Land schneller verlassen, was den sonst?
    Eine Integrationsbeauftragte, ist für Ausländer mit Bleiberecht da, und damit hat man mehr als genug zu tun.
    Wenn die AfD-Wählerschaft minimiert werden soll, dann muss man diese 2 Regeln unbedingt umsetzen.

  28. 1.

    Menschen ohne Bleibeperspektive müssen früher gehen. Das ist fair und gerecht auch gegenüber den Geflüchteten. Dringend benötige Fachkräfte sollten besser und schneller integriert werden!

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