Gewerkschaft setzt auf Regierung - In Brandenburg bröckeln die Polizeistationen weg
Bei der Brandenburger Polizei fehlen fast 1.000 Beamtinnen und Beamte. Marode Gebäude und mangelhafte IT-Ausstattung machen den Beruf aus Sicht der Polizeigewerkschaft nicht attraktiver. Sie fordern mehr Investitionen. Von Birgit Raddatz, Markus Woller und Torsten Sydow
Der Holzwurm hat ganze Arbeit geleistet. Aus einer Wand in der Polizeiwache Kyritz (Ostprignitz-Ruppin) ragt ein zerfressener Holzbalken, ein Stromkabel liegt frei. Im Flur und in der Küche zeigt sich ein ähnliches Bild. In der Cottbuser Polizeiwache am Bonnaskenplatz hatte man sich zwar an eine mit dem Brandschutz konforme Deckenkonstruktion gewagt. Allerdings hängen seitdem die Kabel nackt von der Decke. Die Bilder wurden rbb|24 zugespielt. Das zuständige Innenministerium schreibt, man schließe die Bauarbeiten bald ab. "Außerdem wird für das laufende Jahr eine Fertigstellung des Neubaus der Polizeiinspektion Flughafen angestrebt", schreibt ein Sprecher.
Es sind nur einige Beispiele von maroden Gebäuden der Brandenburger Polizei. Auch auf dem Gelände in Seelow (Märkisch-Oderland) seien einige Gebäude nicht mehr begehbar, sagt der zuständige Bauamtsleiter Jörg Krüger. "Die letzte Sanierung des Polizeigebäudes war vielleicht vor 25 Jahren, und das nur von außen." Laut Krüger kommt hier nur der Umzug in ein anderes Gebäude in Frage.
Fast 130 Millionen Euro sind im aktuellen Doppelhaushalt 2025/2026 für Investitionen in die Ausstattung und Ausrüstung angemeldet, schreibt ein Sprecher des Innenministeriums auf rbb-Anfrage. Bisher war der Gewerkschaft der Polizei (GdP) das Geld zu wenig.
Nun gibt es eine neue Landesregierung: Katrin Lange (SPD) wechselte als Ministerin vom Finanz- zum Innenministerium. Den Brandenburger Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB), der für die Vergabe von Aufträgen für Sanierungen von landeseigenen Gebäuden zuständig ist, nahm sie gleich mit. Bei rbb|24 Brandenburg Aktuell sagte Lange am Mittwochabend: "Es liegt nicht nur allein am Geld, sondern oftmals auch an den Rahmenbedingungen, die wir auf dem Bau haben."
Brandenburger Polizeigewerkschaft fordert mehr Geld
Die GdP richtet ihre Forderungen deshalb nun noch einmal dezidiert an die Innenministerin. Man wolle vor allem mehr Geld. Die Gewerkschaft bemängelt zum Beispiel, dass aktuell nur 90 bis 100 Streifenwagen der Brandenburger Polizei rund um die Uhr bereit stünden - weil Personal und geeignete Fahrzeuge fehlen. Das sei im Flächenland Brandenburg "völlig inakzeptabel", kritisiert die Führung der Polizeigewerkschaft. Vor Jahren seien noch 120 Streifenwagen unterwegs gewesen.
Doch nicht nur den Zustand der Gebäude und die technische Ausstattung bemängelt die Gewerkschaft, allen voran brauche man neue Kräfte - ausgebildet oder angeworben. "Wir müssen die Möglichkeit schaffen, auch Seiteneinsteiger, Experten und Tarifangestellte anzuwerben, die uns bei der polizeilichen Sachbearbeitung unterstützen", sagt Anita Kirsten, Chefin der GdP Brandenburg. Dafür müsste das sogenannte Laufbahnrecht geändert werden.
Mehr Unterrichtsräume für den Nachwuchs
Außerdem müsse die Polizeihochschule ausgebaut werden, um mehr Personal auszubilden, so Kirsten. Derzeit lernen in Brandenburg 440 Polizeianwärterinnen und -anwärter jedes Jahr am Campus in Oranienburg (Oberhavel). Man sei räumlich voll ausgelastet, sagt der stellvertretende GdP-Landesbezirksvorsitzende für den Bereich Hochschule der Polizei, Mathias Ziolkowski. "Wir federn das Platzproblem derzeit verstärkt über Onlineunterricht ab, aber der Beruf hat ja vor allem etwas mit Teamwork zu tun."
Im Koalitionsvertrag der rot-lila Landesregierung ist die Zielmarke von 9.000 Polizistinnen und Polizisten festgeschrieben. Zum Stichtag im August waren bei der Polizei nach Angaben des Innenministeriums 8.200 Stellen besetzt. Die Gewerkschaft geht davon aus, dass allein in diesem Jahr 350 Beamte in den Ruhestand gehen werden.
Technik schon bei Anschaffung wieder veraltet
Damit sich mehr Menschen für den Polizeiberuf entscheiden, müsse dieser auch attraktiv sein, findet Gewerkschaftschefin Kirsten. Das fange bei modernen Gebäuden an. Hier fehle oft ein stabiler WLAN-Zugang.
Es mangele zudem an mobiler IT-Technik. Erst vergangenes Jahr seien alle Brandenburger Polizeibeamtinnen und -beamten mit dienstlichen Smartphones und Tablets ausgestattet worden. Aber: "In dem Moment, wo wir eine Technik anschaffen, ist sie eigentlich auch schon veraltet", sagt Kirsten.
Was der Brandenburger Polizei außerdem fehle, seien flächendeckende, gesicherte Serververbindungen. Im vergangenen Jahr waren Unbekannte in das IT-System des Landeskriminalamtes eingebrochen. Ein Bürger hatte die Behörde auf das Datenleck aufmerksam gemacht. Der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende für den Bereich Kriminalpolizei, Alexander Poitz, fordert auch deshalb den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Datenauswertung. "Alles, was sich im Vorfeld online im kriminellen Milieu abspielt, darüber haben wir keine oder kaum Kenntnisse."
Cyberkriminalität gehört erst seit 2021 zum Aufgabenbereich der Brandenburger Polizei. Hier geht es vor allem um Prävention. "Und hier werden die Kollegen aber auch immer zuerst abgezogen, wenn es um andere Einsätze, etwa im Bereich des Wachschutzes, geht", bemängelt GdP-Chefin Kirsten.
Neu sind die Forderungen der Gewerkschaft nicht. Weniger dringlich scheinen sie jedoch auch in einer neuen Legislaturperiode nicht zu werden.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 15.01.2025, 19:30 Uhr