Analyse | Herthas Niederlage bei Dardai-Rückkehr - Noch schwach?

Sa 22.04.23 | 20:45 Uhr | Von Ilja Behnisch
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pal dardai hertha bsc werder
Audio | rbb24|Inforadio | 23.04.2023 | Stephanie Baczyk | Bild: IMAGO / Nordphoto

Auch beim Comeback von Trainer Pal Dardai zeigt Hertha BSC einmal mehr ein über weite Strecken erschreckendes Gesicht. Hoffnung auf Besserung besteht kaum. Es sei denn, Dardai schafft es in die Köpfe der Spieler. Von Ilja Behnisch

Sollte Pal Dardai irgendwann tatsächlich einmal genug haben von seiner Hertha und weder dem Nachwuchs noch der Profimannschaft dienen und auch nicht im Limbo dazwischen verweilen, er hätte gute Karriere-Aussichten als YouTuber. Real-Talk heißt ein Format-Evergreen auf der Video-Plattform. Das grobe Konzept dahinter: ungeschönt vorgetragene Ansichten auf mehr oder minder große Probleme der Menschheit.

Hertha BSC zählt eher zu den größeren Problemen, daran dürfte spätestens nach dem 2:4 (0:2) gegen Werder Bremen wenig Zweifel bestehen. Doch während man in den letzten Minuten der Partie, die seltsam vor sich hin plätscherten, statt den großen Schlussakt eines Berliner Aufbegehrens abzubilden, große Fragen wälzte wie zum Beispiel, woran es gelegen hat - da trat Dardai auch schon vor das Mikrofon des Senders Sky und machte Real-Talk. "Nach dem Spiel muss man nicht labern. Ich glaube, es ist viel Kopfsache", sagte der Ungar. Die mentalen Probleme bei Hertha seien größer, als er sie eingeschätzt habe und wenn man ehrlich sei, "sind wir mit einem Bein..." Da unterbrach sich Dardai schließlich selbst, zu viel Real-Talk ist nicht gut für die Gesundheit.

Hertha ist aktuell nicht wettbewerbsfähig

Es war dennoch erstaunlich, wie gefasst Dardai bei seinem Vortrag wirkte. Eher wie ein Familienvater, der auf dem Heimweg vom Wochenendausflug die falsche Autobahn-Ausfahrt genommen hat und nun darüber informieren muss, dass es nun halt vier Minuten länger dauern wird. Weniger wie einer, der befürchten muss, dass sich seine Hertha nach dieser Saison nicht in der ersten, sondern in der zweiten Bundesliga wiederfindet.

Ein Verbleib im Oberhaus scheint nach dieser Darbietung gegen Werder Bremen jedenfalls mehr als fragwürdig. Die Hanseaten hätten dieses Spiel schließlich deutlich höher gewinnen können, sogar müssen. Hertha zeigte sich in den elementaren Dingen des Fußballs nicht wettbewerbsfähig.

Dabei war Dardai vor dem Spiel noch so optimistisch, sagte: "Wenn wir das, was wir uns ausgedacht haben, gut machen, gewinnen wir." Ausgedacht hatte sich der Ungar bei seiner Rückkehr auf den Trainerposten der Hertha dann ein klassisches 4-2-3-1, mit Peter Pekarik als Rechtsverteidiger. Womit sich der Ursprung der Überlegungen vermutlich ins Holozän zurückverfolgen ließe.

Wer bin ich? Was mache ich hier? Und: Hä?

Die Idee dahinter jedenfalls lag auf der Hand: Kompakt stehen und ohne allzu großes Risiko zu gehen, auf den richtigen Umschaltmoment warten. Gefahr sollte vor allem über die schnellen Außenspieler Derry Scherhant und Dodi Lukebakio entfacht werden. Im Sturmzentrum sollte der wuchtige Jessic Ngankam Räume schaffen oder am besten selbst verwerten. Hinter ihm postierte Dardai mit Marco Richter in Abwesenheit des dafür prädestinierten aber verletzten Steven Jovetic einen fussballerischen Freigeist, gut für die besonderen Momente.

Allein, Marco Richter gelangen nicht einmal die einfachsten Momente. Immer wieder versprang ihm der Ball bereits bei der Annahme, hatte er ihn doch einmal unter Kontrolle gebracht, meinte man Rauchschwaden über seinem Kopf aufsteigen zu sehen wegen der Frage, was denn nun am besten zu tun sei. So blieb das offensive Spiel der Berliner durchsichtig wie Glas und ebenso leicht zu durchbrechen. Weil überhaupt ausnehmend alle Hertha-Spieler nach Übereignung des Balles von existenziellen Einwürfen übermannt schienen: Wer bin ich? Was mache ich hier? Und: Hä?

Die schlechte Nachricht: Sie haben sich mindestens bemüht

Herthas Fans mögen diese Fragen im Laufe der Partie ebenfalls anheim gefallen sein. Dabei hatten sie vor den Anpfiff ein gehöriges Ausrufezeichen in den Nachmittag gestellt. Ein riesiges Banner überspannte die Breite der Ostkurve im ausverkauften Olympiastadion. "Zerreißt euch endlich für Hertha BSC!", war darauf zu lesen. Nun mag man darüber streiten, wann und wie genau sich ein Profi-Fußballer tatsächlich für seinen Verein zerrissen hat. Die schlechte Nachricht muss aber doch lauten: Sie haben sich mindestens bemüht.

Selbst Dodi Lukebakio, der in der Vergangenheit auch schon mit dem Maximum an Lustlosigkeit aufwartete, lief und versuchte alles, was der liebe Fußballgott ihm in die Wiege gelegt hatte. Was allerhand ist, weshalb Hertha wenn, dann über den belgischen Nationalspieler für Gefahr sorgte. Immer wieder nahm er es mit mehreren Bremern auf. So er denn überhaupt den Ball bekam, schließlich hatte Werder Lukebakio offenbar als größte Gefahrenquelle ausgemacht und massiv beschattet. Auch deshalb zog es den 25-Jährigen mal in die Mitte, mal bis in die eigene Hälfte und mithin in ein Gebiet, das er lange Zeit seiner Karriere wohl nur vom Hören-Sagen kannte.

Dardai muss nicht an die Taktiktafel, sondern in die Köpfe der Spieler

Hertha lief mehr als der Gegner (115 zu 113 Kilometer), hatte eine bessere Passquote (78 zu 71 Prozent), mehr Ballbesitz (54 zu 46 Prozent) und eine bessere Zweikampfquote (54 zu 46 Prozent). Und war doch komplett chancenlos. Weil in jedem Moment aufkommender Gefahr jeder einzelne Spieler auf sich allein gestellt und damit heillos überfordert schien.

Weshalb zu konstatieren ist: Herthas Trainer muss nicht an die Taktiktafel, sondern in die Köpfe der Spieler. So schlecht, wie sich Herthas Profis in den entscheidenden Situationen zuletzt zeigten, können sie schließlich gar nicht sein. Immerhin: Noch sind es nur drei Punkte bis auf den Relegationsplatz. Mit Stuttgart und Bochum warten zudem noch direkte Duelle auf die Hertha. Und auf Pal Dardai: jede Menge Real-Talk.

Sendung: rbb24, 22.04.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

20 Kommentare

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  1. 20.

    Und? Was soll das heißen? Windhorst kann keine Ziele formuliert haben, die nicht im Einklang mit der Hertha-Führung standen. 50 + 1 - Regel im deutschen Profifußball. I. Ü. war das nicht mein Thema. Ich frag(t)e, welchen Sinn der Neubau eines Stadions macht, welches die Kapazität des FCK-Stadions haben soll u ob das nicht Beleg für eine Akzeptanz, ein Ausweis ewiger Mittelmäßigkeit sei. Der Traditionsverein Hertha der Bundeshauptstadt u des Bundeslandes Berlin sollte doch wohl nach Höherem streben.
    Ich war oft bei Hertha. Wenn die zuvor gut gespielt hatten, war's voll u die Stimmung super.
    Noch mal: Es gilt das Leistungsprinzip. Also: Was soll diese neue kleinere Stadion?!
    Rajko Peter Petrow

  2. 19.

    Soweit ich weiß, war das Olympiastadion erst zum dritten Mal in dieser Saison ausverkauft. Und das lag nicht unwesentlich an den mitgereisten Werder-Fans, die auch in erster Linie für die gute Stimmung verantwortlich waren...

  3. 18.

    Also, und auch gerne für Sie zum Mitschreiben: der Einzige, der dieses dämliche „Big-City“-Gedöns in den Raum geworfen hat, war ein gewisser Lars W., der, wie anscheinend auch die zum damaligen Zeitpunkt sowie die Heute handelnden Personen, keine Ahnung vom Business hatten oder haben.

  4. 17.

    Hi.
    Sehe ich im Prinzip auch so. Ich hege nur die Befürchtung, dass Herthas Zweitliga-Aufenthalt ein längerer wird. Etliche Gelder brechen weg - Halbierung d garantierten TV-Einnnahmen usw..
    I. Ü. werden sicher - leider - etliche Mitarbeiter gehen müssen, der Kostenersparnis wg.. Ich frage mich seit einiger Zeit, was dieser Blödsinn mit dem neuen Stadion soll: 45.000 Leutchen soll es fassen. Hä? Nannte man sich jüngst nicht Big City Club? Ist eine solch' geplante Kapazität nicht das Eingeständnis geplanter ewiger Mittelmäßigkeit? Wenn 1. Liga, dann stets Platz 13? Und sollte es dann - überraschend - besser laufen, zöge man dann wieder ins benachbarte 75.000 Zuschauer-Olmpiastadion?
    Das Gerede ü den angeblich. Stimmungskiller O-stadion ist dämlich. Gegen den SVW war's schließlich (auch) ausverkauft. Brächte Hertha stabil gute, beklatschenswerte Leistungen, wäre die Hütte meist voll. Ganz sicher. Berlin hat fast 3,8 Mio Einwohner. So schaut's aus!
    Rajko Peter Petrow

  5. 16.

    Ein wirklich sehr treffender Kommentar der aber auch impliziert das der jetzige Vorstand eine Mitschuld am Niedergang der Profimannschaft trägt. Wer sehenden Auges trotz zweier krachender Niederlagen nach der Winterpause nicht erkannt hat das dieser Trainer die Mannschaft nicht weiterbringt, statt dessen den Sportdirektor feuert, keine neuen Spieler holt die eigentlich schon fest eingeplant waren weil es 777 so wollte trägt Mitschuld. Wenn nun immer wieder gesagt wird aber die finanziellen Möglichkeiten hätten es nicht hergegeben sollte mal überlegen was dieser vermeintliche Abstieg bedeutet. Wesentlich weniger Fernsehgelder, keine höher dotierten Sponsoren Gelder Werbewirksamkeit fragwürdig. volle Abhängigkeit von 777. Dieser Vorstand ist überfordert und agiert Amateurhaft.
    Was bleibt ist ein zerrissener Chaosverein der wahrscheinlich nächste Saison Zweitklassig spielt. Die Hoffnung stürbt zuletzt.

  6. 15.

    das endet so in liga 3... schade....

  7. 14.

    Da die Saison gelaufen ist und fest für Liga 2 geplant werden kann, könnte man doch in den letzten Abschiedsspielen die U19-Mannschaft spielen lassen.
    Die erste Mannschaft und der gesamte Kader ist nicht bundesligatauglich; klarer Fakt. Der Abstieg ist mehr als fällig und ist aus sportlicher Sicht klar.

  8. 12.

    Genauso ist es. Erst hat Preetz den Höneß geschasst und dann den Verein auf Jahre geschwächt.
    Aber Preetz wird das so ziemlich egal sein.

    Auf ein neues in der 2. Liga.

  9. 11.

    Nein, die Veträge gelten alle auch für die 2. Liga.
    Trotzdem müssten natürlich viele hochbezahlte Spieler verkauft werden und einige Verträge enden im Sommer sowieso.
    Frage mich nur, welcher Verein bereit sein wird, solche desolaten Spieler zu kaufen.

  10. 10.

    Ich bin ganz bei dir. Was für ein dämlicher Beitrag... überzogen und arrogant. Da schreibt ein typischer Erfolgsfan. Die Fahnen werden weiter Wehen, auch wenn der Abstieg anscheinend unaufhaltbar bevorsteht. Bayern spricht schon nach einem verlorenen Spiel von einer Krise.... also Arroganz sollte man ganz anderen Vereinen vor den Latz knallen! HA HO HE

  11. 9.

    ich könnte mir gut vorstellen, dass die Mehrheit der Spieler nur Verträge für die 1. Liga haben. Für diejenigen ist ein Abstieg lukrativ. Ablösefrei raus bei Hertha und vom neuen Verein noch Handgeld kassieren. Motivation für Abstiegskampf gering.

  12. 8.

    Die Hoffnung stirbt doch zu letzt, sagt man doch! Man sollte am besten die Manschaft kpl. verkaufen, ab in die 2. Liga und ganz neu anfangen. Der Trainer tut mir Leid. Ach übrigens der Vorstand muss!! Auch ausgewechselt werden.

  13. 7.

    Wann versteht Hertha endlich, das sie in der Bundesliga nichts zu suchen haben.
    Hochnäsig, Arrogant dieser Verein.

  14. 6.

    Nein, lieber Herr Behnisch, Hertha gehört nicht zu den größeren Problemen der Menschheit. Dazu gehören u.a. die andauernden Kriege und der Klimawandel. Aber Hertha? Ist nur ein Ärgernis für uns Herthafans und eine Quelle üblen Spotts für viele andere. Selbst wenn Hertha auf ewig in der Unterklassigkeit verschwindet, wird das in den meisten Teilen der Welt nicht einmal bemerkt werden. Der Abstieg ist bitter, aber darüber sollte man nicht den Maßstab verlieren. Und sonst? Meine Herthafahne wird weiterhin die Terrasse zieren!

  15. 5.

    Das ist ein historisches Versagen von Hertha bsc - und nichts anderes !
    Michael Preetz hat Hertha auf Jahre ruiniert mit seiner Inkompetenz.

  16. 4.

    Jetzt fehlt nur noch, wenn die Spieler eine hohe Nichtabstiegsprämien aushandeln werden. Das wäre der Höhepunkt. Ausgeschlossen ist das nicht.

  17. 3.

    Zahlen, Zahlen, Zahlen - hallo!
    Die wichtigste Zahl steht auf der Anzeigetafel: 4:2 VERLOREN!
    Wie 17 Spiele zuvor!
    Und der Negativrekord des letzten Jahr ist legalisiert. Ab jetzt gilt es, den Rekord zu brechen und damit den BCC777 wenigstens in seiner Geschichte noch nie dagewesene Anzahl an Klatschen zu bescheren.

  18. 2.

    Klasse Texte immer.

    Schöne Schreibe. Auf den Punkt, frech und frei heraus.

    Respekt!

    Ich hoffe sie bleiben uns das nächste Jahr auch in Liga 2 erhalten.

    Dahin gehört die Trümmertruppe samt des Amateurpräsidenten und des Azubi Sportmanagers.

    Wir haben es verdient ein paar Jahre in Liga 2 zu spielen.

    Auf ein Neues, dann gegen Elversberg und Paderborn...

  19. 1.

    Was ist das für eine Überschrift, <noch schwach> Hallo? Seit Jahren schwach unter unterirdisch!

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