Wiedereröffnung noch offen - Wie Berlins Eissportvereine unter der Schließung des Erika-Heß-Stadions leiden

Mi 18.10.23 | 06:59 Uhr | Von Jan Ole Behrens
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Das Erika-Heß-Eisstadion in Berlin-Wedding (Quelle: imago images/Schöning)
Audio: rbb24 Inforadio | 11.10.2023 | Jan Ole Behrens | Bild: imago images/Schöning

Seit Monaten ist das Erika-Heß-Stadion in Berlin-Wedding geschlossen - auf unbestimmte Zeit. Die angespannte Situation bedroht nicht nur den Trainings- und Spielbetrieb zahlreicher Eissportvereine, sondern auch deren Existenz. Von Jan Ole Behrens

Lucien Aicher ist fassungslos. Der Präsident des Eishockeyvereins FASS Berlin befürchtet: Sollte sich die Schließung des Erika-Heß-Stadions weiter in die Länge ziehen, dann ist die Existenz seines Vereins akut gefährdet. Denn das Stadion ist die Heimat des Klubs, hunderte Mitglieder können es schon seit Monaten nicht nutzen, und wohl noch einige Zeit mehr.

Im vorigen Winter, im Dezember 2022, hatte die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klima und Umwelt das Stadion als "Einrichtung mit besonderem Gefahrenpotential" eingestuft. Grund ist die Kälteanlage der Halle, die mit Ammoniak betrieben wird. Im Falle einer Betriebsstörung könne es aufgrund der vorhandenen Menge von rund 4,5 Tonnen des Kältemittels zu "lebensgefährlichen Umständen für eine Vielzahl an Menschen" kommen, verlautbart die Senatsverwaltung dem rbb schriftlich.

Sie verweist auf die Umgebung der Eishalle, in der sich etwa das Bundeswehrkrankenhaus, die Grundschule am Nordhafen und Wohnhäuser befinden. Im März 2023 wurden dann bei der in die Jahre gekommenen Kälteanlage diverse Mängel festgestellt und der Betreiber der Anlage, das Bezirksamt Mitte, zur Behebung aufgefordert. Das Bezirksamt schloss daraufhin das Stadion.

Heimat zahlreicher Eissport-Vereine

FASS Berlin ist nicht der einzige Verein, der unter der aktuellen Situation leidet. Das Stadion gilt als eine der wichtigsten Veranstaltungshallen im Berliner Eissport. Die Halle wird nicht nur zum Eishockeyspielen verwendet: So sind auch der Weddinger Eislauf- und Rollsport-Club (kurz WERC) und die Eiskunstlauf-Abteilung des Berliner SV 1892 hier beheimatet.

Zudem ist das Erika-Heß-Stadion das einzige in Berlin, in dem man Curling spielen kann. Die Halle wird die gesamte Woche über für Vereins- und Schulsport genutzt und sollte eigentlich der Austragungsort der diesjährigen Deutschen Meisterschaften im Eiskunstlauf sein.

Nicht zu vergessen sind die Freizeitsportler, die die Außenfläche im Winter gerne besuchen.

Folglich wäre es verheerend, sollten die Angebote der im Wedding beheimateten Eissportvereine allesamt wegfallen. Laut Alexander Hedderich, Präsident des Berliner Eissportverbandes, kann die Schließung des Erika-Heß-Stadions nur schwer kompensiert werden. "Da ist das Hemd natürlich immer zu kurz", bewertet er die Umstände. "Wettkämpfe fallen aus, Trainingseinheiten finden nicht statt und damit ist insbesondere die Nachwuchsarbeit der Vereine an allen Standorten negativ betroffen."

Selbst wenn teilweise auf Eisstadien wie die Eissporthalle P09 in Charlottenburg ausgewichen werden kann, bringt das logistische Herausforderungen mit sich. Die Vereine müssen die Sportausrüstung transportieren, Eltern ihre Kinder erheblich längere Strecken zum Training fahren.

Unverständnis beim Berliner Eissportverband

Aus Sicht des Berliner Eissportverbandes herrscht darüber Unverständnis. Nach eigenen Angaben handelt es sich bei den neuen Auflagen ausschließlich um Dokumentations-Aufgaben: "Es ist nichts kaputt in dem Stadion. Da ist technisch und baulich alles in Ordnung. Es geht ausschließlich um Dokumentationsthemen und wir verstehen nicht, warum es nicht möglich sein soll, das zu erledigen, wenn gleichzeitig das Stadion geöffnet ist", sagt Alexander Hedderich.

Auf Anfrage des rbb dementiert die Senatsverwaltung diesen Vorwurf. Es gebe zusätzlich zu fehlenden Dokumentationen "eine Reihe technischer und organisatorischer Abweichungen von der […] technischen Regel". So hätten Sachverständige des TÜV erstmals im Jahr 2007 das Fehlen einer Ventilanlage festgestellt, die im Havariefall die Freisetzung des gefährlichen Ammoniaks begrenzen soll.

Unter anderem diese Umbaumaßnahme forderte die Senatsverwaltung nun im März ein. Hierzu erklärte sie, dass die Eishalle nur dann betrieben werden könne, wenn die Kälteanlage technisch einwandfrei funktioniere. Die Anordnung sei "erforderlich und angemessen". Die Gesundheit der Menschen in der Halle und der näheren Umgebung der Halle sei stark gefährdet.

Noch hat das Bezirksamt Mitte die Anforderungen der Senatsverwaltung nicht vollständig umsetzen können. Ursprünglich sollte das bis September geschehen sein. Auf Anfrage des rbb verwies es auf externe Institute und Sachverständige, die für bauliche Maßnahmen sowie Gutachten beauftragt worden sind. "Gemeinsam mit allen Beteiligten arbeiten wir mit Hochdruck an der Erfüllung der Auflagen", so ein Sprecher. Wie lange die Maßnahmen noch andauern, die Eishalle noch geschlossen bleibt und welche Kosten das mit sich zieht, ließ das Bezirksamt offen.

Verein bangt um Existenz

Es ist der nächste schwere Schlag für die Berliner Eissportszene. Auch das Eisstadion Neukölln ist aus ähnlichen Gründen gesperrt, was die Verknappung der Eiszeiten weiter intensiviert. Zudem hat das "Erika Heß" während der Corona-Pandemie als Impfzentrum herhalten müssen, konnte da also auch schon länger nicht sportlich genutzt werden.

Die Folgen bekommt nun unter anderem FASS Berlin zu spüren. Der Verein besitzt eine große Jugendabteilung bestehend aus elf Mannschaften. "Wir gehen auf die 500 Mitglieder zu", sagt Lucien Aicher und fügt hinzu: "Ich weiß nicht, wie man eine Kooperation mit einer Schule oder einer Kita aufrechterhalten will, wenn wir keine Eishalle haben. Ich glaube nicht, dass die Eltern da mitmachen. Wir machen uns da große Sorgen." Im kommenden Dezember feiert der Eishockeyclub seinen 61. Geburtstag. Sollte die Schließung des Erika-Heß-Eisstadions weiter andauern, könnte es der letzte sein, den der Verein feiert.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.10.2023, 11:15 Uhr

Beitrag von Jan Ole Behrens

11 Kommentare

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  1. 11.

    Die Darstellung im Artikel ist etwas verkürzt. Gefordert ist eine Ausbreitungsrechnung für einen Störfall, bei dem an Überdruckventilen im Maschinenraum freigesetztes Ammoniak über die Raumentlüftung ins Freie gerät. Momentan weiß niemand, wohin sich eine giftige Ammoniakwolke bewegen und wer dadurch geschädigt werden könnte.
    Sachverständige, die eine solche Ausbreitungsrechnung erstellen und ggf. Hinweise für Schutzmaßnahmen geben können, sind dünn gesät und meist terminlich überlastet.
    Unter diesen Vorzeichen würde wohl niemand das Risiko eingehen wollen, den Betrieb im Stadion und auf der Eisbahn in vollem Umfang wieder aufzunehmen.

  2. 10.

    ach ja?? Darum haben die Eisbären einen riesigen Vorteil, da ist das ganze Jahr über Eis!!! In P9 trainieren derzeit gleichzeitig 60 Kinder auf dem Eis pro Stunde!! Immer nur ein Drittel steht zur Verfügung. Da geht nichts mit Taktik oder Trainingsspielen, Einüben von Spielsituationen und und und.....

  3. 9.

    Es gibt einfach zu wenig eisflächen also mal 2 oder 3 hallen bauen
    Gibt ja auch genug fussball Felder hier in berlin
    Aber nicht genug eishallen für den wintersport und das ist schon schade
    Also baut eishallen

  4. 8.

    Entschuldigen Sie bitte, aber haben Sie Erfahrungen mit einem Eishockeyverein in Berlin? Es wird natürlich NUR im Winter auf Eis trainiert! Im Sommer sind die Eisflächen in Berlin abgetaut!!! Also dann wäre es doch schön, wenn die Eisflächen auf im Winter funktionieren und die Vereine auf Eis trainieren können.
    Also: ja, es ist eine Wintersportart, die auch im Winter in Berlin trainiert wird (werden sollte…).

  5. 7.

    wenn Klarheit darüber herrscht welches Ventil da eingebaut werden soll - kann denn keiner in Berlin so was zügig besorgen und einbauen? Also das beeinflusst meine nächste Wahlentscheidung in jedem Fall!

  6. 6.

    Wenn man schon 2007 festgestellt hat daß an der Anlage Mängel vorhanden sind Frage ich mich wieso da nicht angefangen zu handeln. Hier in dieser Stadt wird immer erst gehandelt wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Für die Sportförderung in dieser Stadt ist es eine Schande und nur die Spitze des Eisberges.

  7. 5.

    Wenn ich den RBB Beitrag richtig verstanden habe, vergammelt das Erika-Heß-Stadion, weil kein Geld da ist, es zeitnah zu modernisieren. "Wie lange die Maßnahmen noch andauern, die Eishalle noch geschlossen bleibt und welche Kosten das mit sich zieht, ließ das Bezirksamt offen" klingt nach völliger Hilflosigkeit.

  8. 4.

    Man sollte auch hinterfragen warum im P09 (Beispiel letztes Wochenende) beide Eisflächen erst ab 12:00 genutzt werden konnten, davor war die Halle geschlossen. Mit Eisaufbereitung wären so zwischen 08:00-12:00 sicherlich insgesamt 6 Trainingsstunden für Eishockey und Eislauf möglich gewesen (bei vorhandenen und gekühlten Eisflächen und Mangel an Trainingsmöglichkeiten). Wenn es an Personalmangel liegt, womit sind aktuell die Eismeister im geschlossenen EHS beschäftigt?

  9. 3.

    Es gibt auch Eissportarten, die muss und will man schon das ganze Jahr über trainieren, damit es zu den Wettkämpfen klappt: Eiskunstlauf, Eishockey, Eisschnelllauf... Sie kaufen sicher auch Feinfrostware im Supermarkt mitten im Sommer? Fragt ja auch keiner, wie sinnvoll und nachhaltig diese gesamte Kühlkette im Hochsommer ist.

  10. 2.

    Na dann sollten die Eisdielen nur im Winter Eis herstellen,weil die Aussentempratur ja da ist um Eiscreme herzustellen.

  11. 1.

    Wann kommt ein Artikel "Wie das Klima unter künstlichen Eisflächen leidet"? Früher hat man im Winter, wenn es fror, Wintersport betrieben und das war auch genug. Vielleicht sollten alle mal wieder ein bisschen klar sehen!

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